Protokoll der Sitzung vom 24.05.2018

Rheinland-Pfalz ist ein Land mit viel Geschichte, mit viel Herz für Demokratie und mit viel Zukunft und mit viel Beteiligung und Mitbestimmungsrechten. Daran arbeiten wir weiter.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der SPD)

Es liegt zunächst eine Kurzintervention von Herrn Dr. Bollinger vor, dann von Herrn Dr. Böhme.

Vielen Dank, Herr Präsident. Ich darf aus meinem Redemanuskript von eben zitieren. Ich sagte: Von Ihrer Seite kam auch keine konkrete Initiative, um Volksentscheide auf Landesebene zu erleichtern und praktisch überhaupt umsetzbar zu machen. Das ist Tatsache, weil sich nichts an der enormen Zahl von Unterschriften geändert hat, die gesammelt werden müssen, damit ein Volksentscheid durchgeführt wird. Es sind weiterhin 300.000 Unterschriften in sechs Monaten, vollkommen illusorisch. Daran hat sich nichts geändert. Das sind keine Fake News, sondern das ist die Realität.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD – Abg. Sven Teuber, SPD: Versuchen Sie es einmal mit 50 Euro!)

Frau Schellhammer, sollte zunächst auch Herr Dr. Böhme seine Kurzintervention machen? – Dann erteile ich ihm das Wort.

Liebe Kollegin Schellhammer, ich wollte noch etwas aus meinem persönlichen Leben berichten.

Sie treten für das Wahlrecht der Jugend ein. Per se klingt das auch wirklich gut, muss man sagen. Ich bin aber in einem Staat aufgewachsen, der sich demokratisch nannte. Ich war sehr jung. Ich sage Ihnen, in meinen Jugendjahren war ich überzeugter Sozialist; denn ich war genauso geprägt worden.

Ich habe erst später, so im Alter um die 18 Jahre, gelernt, dass irgendetwas faul ist. Erst dann habe ich das Gespür dafür entwickelt, was wirklich vor sich ging.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Vielleicht merken Sie auch, dass bei der AfD etwas faul ist! Irgendwann einmal!)

Ich muss ganz ehrlich sagen, auch noch zur Wende war ich ein Mensch, der von dieser Prägung, von diesen linken Ideen, überzeugt war. Aber erst im Laufe des Lebens mit der Lebenserfahrung haben sich diese Dinge ergänzt und kompensiert, und ich habe eine andere Meinung entwickelt.

Was will ich damit zum Ausdruck bringen? – Nicht die Jugend per se ist das Recht zum Wählen, sondern eine

gewisse Überzeugung, eine gewisse Erfahrung, die mich auch in die Lage versetzt, wirklich kompetente Entscheidungen zu treffen, für die ich dann auch Verantwortung übernehmen kann.

(Abg. Jens Guth, SPD: Umso erschreckender ist es, wo Sie jetzt gelandet sind!)

Das ist wichtig. Das müssen wir beachten, wenn es um das Wahlrecht geht.

Ich sage Ihnen noch etwas. Wir hatten das „Neue Hambacher Fest“. Ich habe den Tag darauf die RHEINPFALZ gelesen. Ich bin fast umgefallen. Dort haben gestandene Leute mit viel Lebenserfahrung, viel Philosophie und vielen Ideen gesprochen. Nicht ein Wort davon stand in der RHEINPFALZ. Bilder von jungen Leuten, kaum 18 Jahre alt, ein kleines Grüppchen, die auf dem Marktplatz gestanden haben und zur Gegendemonstration da waren, waren natürlich in der Presse. Junge Leute indoktriniert!

(Abg. Martin Haller, SPD: Das nennt sich Pressefreiheit!)

Das sind die Leute, die Sie als Wähler haben wollen. Darum geht es, um nichts anderes.

(Beifall der AfD – Abg. Martin Haller, SPD: Schauen Sie, wo Sie gelandet sind!)

Ich erteile Frau Kollegin Schellhammer das Wort zur Erwiderung.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Wer so viel Angst vor der Demokratie hat, der sollte sich vielleicht grundsätzlich etwas anderes überlegen! – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Sie haben Angst vor der Demokratie. Die Angst haben Sie! – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So viel Angst! – Zuruf des Abg. Dr. Bollinger, AfD – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Was haben Sie denn schon wieder getrunken? – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Sie haben was am Kopf! – Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Bollinger, Herr Kollege Böhme! Herr Kollege Bollinger hat behauptet, dass es keine Initiative auf Landesebene gegeben hätte, um Volksentscheide zu erleichtern. Das stimmt nicht. Es hat die Änderung des Landeswahlgesetzes gegeben, dass ich zukünftig Unterschriften auf freien Plätzen und Straßen sammeln kann.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Bei 300.000 Unterschriften! – Abg. Martin Haller, SPD: Sie mit Ihren Halbwahrheiten!)

Bis dato mussten die Initiatoren auf einer Gemeindeverwaltung die Unterschriften zu den Öffnungszeiten sammeln. Das ist eine Erleichterung.

(Abg. Martin Haller, SPD: Man muss die Gesetze auch lesen!)

Wir haben alles möglich gemacht, was wir hier mit einer einfachen Mehrheit realisieren können.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Das ist eine Marginalie!)

Bei allen Dingen, für die wir eine Zweidrittelmehrheit brauchen, hat es keine Einigung mit der CDU an dieser Stelle gegeben. An diesem Punkt, finde ich, ist die CDU – das habe ich auch immer wieder betont –, auch was die Absenkung der Hürden für Volksbegehren und Volksentscheide angeht, genauso wie für das Wahlalter mit 16, unser Adressat, mit dem wir im Dialog bleiben wollen, mit dem wir die Argumente austauschen wollen, mit dem wir die Entwicklung beobachten wollen. Sobald sich hier eine Einigung abzeichnet, haben wir eine Zweidrittelmehrheit und können auch voranschreiten.

Es gibt aber eine klare Positionierung seitens der EnqueteKommission und eine klare Positionierung seitens der Koalitionspartner, dass sie an dem Ziel festhalten.

Von wegen, es hätte keine Erleichterung gegeben, das sind wieder Fake News gewesen.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Es geht um die Hürden! Da haben Sie nichts gemacht!)

Dann hat Herr Böhme gesagt, junge Menschen sind quasi nicht urteilsfähig.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Alles seine eigenen Erfahrungen!)

Man würde doch die Meinung im Laufe der Zeit ändern. Ich finde, jeder hat das Recht, seine Meinung zu äußern, seine Meinung zu bilden und seine Meinung zu ändern. Das hoffe ich bei Ihnen auch noch. Aber das ist wahrscheinlich vergebliche Hoffnung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Vergebliche Mühe! – Abg. Michael Frisch, AfD: Ach du lieber Himmel!)

Wir wissen auch, wenn man sich Kognitionswissenschaften usw. anschaut, was den Abstraktionsgrad anbelangt, dass Jugendliche in diesem Alter in der Lage sind, abzuwägen und allgemeinwohlorientierte Entscheidungen zu treffen. Aber junge Menschen haben das Recht, dass sich ihre politische Meinung auch im Willensbildungsprozess abbildet.

Wir merken, dass es immer schwieriger mit der Repräsentanz von jungen Menschen ist. Wir leben in einer älter werdenden Bevölkerung. Die jungen Menschen werden immer weniger. Ich finde, es muss in einer Demokratie mit

Zukunft so sein, die Meinung von jungen Menschen, auch wenn sie sie später noch einmal ändern sollten – das ist doch kein Gegenargument –, abzubilden.

Deswegen war Ihre Meldung vielleicht ein biografisch motivierter Einwurf, aber es bildet sich nicht damit ab, wie wir unsere Demokratie weiterentwickeln können und müssen. Das Wahlrecht ab 16 ist wichtig und richtig. Das hat die Erfahrung in den anderen Bundesländern gezeigt. Irgendwann wird es auch in Rheinland-Pfalz der Fall sein. Darauf freue ich mich.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Für die Landesregierung hat Herr Staatssekretär Professor Barbaro das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Bollinger, zunächst einmal haben Sie Ausführungen zum Hambacher Fest und zur historischen Bedeutung gemacht. Ich könnte lange elaborierte Worte suchen, um darauf zu antworten. Ich werde es aber kurz machen: Ich habe einen solchen Unfug noch nie gehört.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Böhme, ich habe gerade von Ihrer Auffassung über die mangelnde Reife junger Menschen Kenntnis genommen.

(Zurufe von der AfD)

Doch, dazu sage ich etwas. Herr Böhme, ich erlebe an vielen Stellen junge Menschen, die für ein freies Europa, die Erhaltung der Demokratie und einen respektvollen Umgang auf die Straße gehen.

Herr Böhme, all diesen jungen Menschen ist eines gemeinsam: Sie brauchten keine 50 Euro Prämie, um ihr Demonstrationsrecht wahrzunehmen.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So ist es!)

Herr Herber, ich will gern auf Ihren Wortbeitrag zumindest an einer Stelle eingehen. Sie haben ausgeführt, dass Sie sich manchmal an der Nähe des Wahnsinns befinden. Danach haben Sie ausgeführt, dass Sie es ablehnen, dass man, wie im Antrag formuliert, Menschen aus der Europäischen Union, die seit Jahrzehnten hier leben und arbeiten, das Wahlrecht für eine Landtagswahl gibt.

(Staatsminister Lewentz: Meine Frau zum Beispiel!)