Seit dem Beschluss des Landtags aus dem Jahr 2007 zu Bemühungen der Landesregierung zur Verbesserung des Opferschutzes in Rheinland-Pfalz erstellt die Landesregierung alle zwei Jahre einen Opferschutzbericht. Zuletzt haben wir im Februar 2017 über den 5. Opferschutzbericht im Plenum diskutiert. Leider finden sich keinerlei Hinweise auf die bereits existierenden Maßnahmen der Landesregierung zum Opferschutz in Ihrem Antrag. Das gehört zu einer ernsthaften Befassung mit dazu.
Opferschutz hat in unserem Rechtsstaat eine herausragende Bedeutung. Im Opferschutzbericht werden Maßnahmen vorgestellt; entsprechend wurde sich auch im Koalitionsvertrag geäußert: Die Stärkung der Hilfsangebote für Opfer von Straftaten sowie die Förderung von Einrichtungen des Opferschutzes setzen wir auch in der Koalition um. Hierzu gehören beispielsweise – wir haben es schon gehört – die polizeilichen Opferschutzbeauftragten, aber gerade auch im zivilgesellschaftlichen Bereich der WEISSE RING, die Stiftung Rheinland-Pfalz für Opferschutz oder die Vereine für Soziale Rechtspflege. Deren bedeutungsvolle Arbeit findet sich kaum in Ihrem Antrag wieder – schade.
Ich bin mir sicher, das wird auch negativ aufgefasst, dass diese wichtigen Initiativen mit ihrem Engagement in Ihrem Antrag ignoriert werden. Opferschutz ist wichtig, und deshalb ist es wichtig, sich ernsthaft damit zu befassen.
Einrichtungen wie der WEISSE RING engagieren sich seit Jahrzehnten im Opferschutz und der Opferhilfe. Hierzu existiert deutschlandweit ein Netzwerk aus ehrenamtlichen Opferhelferinnen und Opferhelfern und Hunderten Beratungsstellen. Zu den Hilfsmöglichkeiten zählen beispielsweise Beratungsangebote, Unterstützungsangebote bei Terminen mit Behörden, persönliche Betreuung, menschlicher Beistand, die Gewährung von Rechtsschutz oder finanzielle Unterstützung, um den Opfern bei der Bewältigung ihrer schwierigen Lebenslage zur Seite zu stehen. Der WEISSE RING übernimmt in diesem Zusammenhang eine Lotsenfunktion und zeigt Hilfsangebote auf.
Darüber hinaus gibt es in Rheinland-Pfalz eine Vielzahl von weiteren Maßnahmen und Projekten im Bereich des
Opferschutzes. Hierbei ist zwischen vorbeugendem Opferschutz, nämlich Präventionsarbeit, und nachsorgendem Opferschutz zu unterscheiden. Vorbeugender Opferschutz ist beispielsweise der Bereich Kriminalitätsprävention. Aber Ihr Antrag befasst sich mit dem nachsorgenden Opferschutz. Deswegen möchte ich mich auf diesen Aspekt beschränken.
Auch wenn der CDU-Antrag – ich habe es begründet – einige Schwächen aufweist, enthält er dennoch eine Forderung, die es notwendig erscheinen lässt, dass wir darüber diskutieren, nämlich die Frage nach einer stärkeren Koordination des Opferschutzes. Eine Opferschutzbeauftragte könnte auch eine Lotsenfunktion übernehmen und Präventions- und Hilfsangebote koordinieren.
Diese Forderung und die Frage nach ihrer Notwendigkeit wollen wir intensiver diskutieren und den Antrag zum Anlass nehmen, die vielen Maßnahmen, die die Landesregierung bereits ergreift, im Rechtsausschuss zu erörtern. Ich freue mich daher auf die weitere Befassung mit dem Antrag.
Vielen Dank für den Hinweis. Herr Staatsminister, einen kleinen Moment, es wurde noch eine blaue Karte gezückt: eine Kurzintervention des Kollegen Baldauf. – Bitte schön.
Frau Präsidentin, hallo, ich wusste nicht, ob ich noch Redezeit habe. Deshalb habe ich eine blaue Karte genommen.
Frau Kollegin, weil Sie sofort das Fass aufgemacht haben, wir hätten alle möglichen anderen Institutionen, die es noch gibt und sich auch darum kümmern – die Kirchen haben Sie übrigens nicht erwähnt –, vergessen oder Ähnliches, darf ich darauf hinweisen, hier steht „insbesondere vom Weißen Ring“ und damit sind selbstverständlich alle anderen Organisationen, die sich in dem Bereich bewegen und bei denen Sie sicherlich gerade auch welche vergessen haben, impliziert und sollen in einer Sammelfunktion zusammengeführt werden.
Frau Schellhammer verzichtet auf eine Erwiderung. Dann erteile ich der Landesregierung und Herrn Staatsminister Mertin das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Im Nachgang zu dem Terroranschlag in Berlin hat die Bundesregierung einen Beauftragten für die Opfer und die Hinterbliebenen eingesetzt. Dieses Amt
hatte unser früherer Ministerpräsident Kurt Beck übernommen, und er hat im letzten Jahr in der Herbstsitzung der Justizministerkonferenz einen Zwischenbericht gegeben und uns dort seine Eindrücke geschildert. Hierüber hatte ich auch kurz im Kabinett berichtet.
Später hat er seinen offiziellen Bericht vorgestellt und Empfehlungen gegeben, und danach hat zum Beispiel auch Herr Kollege Lewentz mit ihm das Gespräch gesucht. Deshalb hat das Kabinett im März eine interministerielle Arbeitsgruppe eingesetzt, an der das Innenministerium, das Sozialministerium, die Staatskanzlei und das Justizministerium beteiligt sind.
Das Ziel dieser Arbeitsgruppe ist, die Empfehlungen unseres früheren Ministerpräsidenten im Hinblick auf die Angebote, die es im Land gibt, und die bestehenden Strukturen zu überprüfen und eventuelle Optimierungsvorschläge zu erarbeiten. Das Innenministerium hat bereits zu einer solchen Sitzung eingeladen.
Dem Opferschutz – darauf möchte ich schon hinweisen – wird in Rheinland-Pfalz auf vielfältige und nachhaltige Art und Weise Rechnung getragen, und es wird auch gefördert. Ein Wichtiges ist die Erstanlaufstelle, die üblicherweise stattfindet. Deshalb ist es gut und wichtig und richtig, dass an allen fünf Polizeipräsidien in Rheinland-Pfalz ein Opferschutzbeauftragter da ist und das Innenministerium und die Polizeipräsidien mit dem WEISSEN RING zusammenarbeiten; denn aller Erfahrung nach kommen Opfer von Straftaten zuallererst mit der Polizei in Berührung und erwarten dort bereits eine entsprechende Hilfestellung.
Ich bin froh, auch im Namen der Landesregierung sagen zu können, wir arbeiten in diesem Bereich mit dem WEISSEN RING als verlässlichen Partner seit vielen, vielen Jahren zusammen. Deswegen wollen wir auch, bevor eine Neustrukturierung in diesem Bereich erfolgt, das Gespräch mit ihm suchen und nicht den Eindruck erwecken, als ob das, was dort geleistet wird, nicht ausreicht.
Wichtig ist bei schweren Straftaten auch, dass den traumatisierten Opfern geholfen werden kann. Insofern will ich darauf hinweisen, wir sind auch froh, dass es in RheinlandPfalz vier Traumaambulanzen gibt, an die sich Opfer hinwenden können und innerhalb kürzester Zeit Behandlungsangebote unterbreitet werden können.
Es gibt auch einen sogenannten Kurzantrag für Anträge nach Leistungen, die nach dem Opferentschädigungsgesetz zu zahlen sind, ein wichtiges Gesetz für Opfer von solchen schweren Straftaten. Zuständig ist insoweit das Landesamt für Jugend, Soziales und Versorgung. Dieses Landesamt hat auch einen Kriseninterventionsstab mit einem dahinter stehenden Konzept gegründet, das bei Großschadensereignissen in Kraft tritt und Soforthilfen leisten kann bzw. die erwähnten Anträge nach dem Opferentschädigungsgesetz bearbeiten kann.
Wir haben weiterhin die Stiftung Rheinland-Pfalz für Opferschutz, die ebenfalls Opfern ohne großen bürokratischen Aufwand kurzfristig Hilfe leisten kann. Schließlich hat es,
um den kleinen Auszug damit zu beenden, eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe gegeben, die es immer noch gibt – „FOKUS: Opferschutz“ –, die sich in den letzten Jahren insbesondere damit beschäftigt hat, die psychosoziale Prozessbegleitung in Rheinland-Pfalz und auch auf Bundesebene zu etablieren. Ein entsprechendes Gesetz haben wir vor einiger Zeit im Land beschlossen.
Insofern gibt es bereits jetzt eine Vielzahl von Angeboten. Es macht deshalb Sinn, im Gespräch mit allen, die dort ehrenamtlich mitarbeiten, die Strukturen zu überprüfen. Das will die Regierung gern tun.
Auf die Anregungen von Herrn Kollegen Friedmann eingehend möchte ich kurz darauf hinweisen, dass es bereits heute für Opfer von schwersten Straftaten möglich ist, den Nebenklagevertreter sozusagen vom Staat – ebenso wie der Pflichtverteidiger vom Staat bezahlt wird – bezahlt zu bekommen. Man kann darüber nachdenken, ob man das weiter ausweist, aber wenn sie an das NSU-Verfahren in München denken, gehe ich davon aus, dass die Nebenklägervertreter allesamt dort weitgehend vom Staat bezahlt werden.
(Abg. Christian Baldauf, CDU: Es gibt auch Straftaten, da gilt das nicht! – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Richtig!)
Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss. Die Landesregierung wird jedenfalls das, was der Antrag bezweckt, gerne konstruktiv begleiten.
Weitere Wortmeldungen liegen dem Präsidium nicht mehr vor. Es wird vorgeschlagen, den Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/6247 – an den Rechtsausschuss – federführend – sowie an den Innenausschuss zu überweisen. Wer der Antragsüberweisung seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke. Das ist einstimmig der Fall, dann ist das so beschlossen.
(Abg. Christian Baldauf, CDU: Vielleicht sollte man erst einmal die Antragsteller fragen! – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Ihr wart doch auch dafür! – Abg. Christian Baldauf, CDU: Für uns wäre es besser gewesen, Ihr hättet es abgelehnt!)
Ausbreitung des Wolfes in Rheinland-Pfalz – Bestände kontrollieren und sichern, Gefahren für Mensch und Nutztiere abwenden, gesellschaftliche Akzeptanz sicherstellen Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 17/6254 –
dazu: Aufnahme des Wolfs in das Jagdrecht Antrag (Alternativantrag) der Fraktion der CDU – Drucksache 17/6298 –
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Wolf breitet sich langsam, aber sicher in ganz Deutschland aus. Da er unter strengem Schutz steht und ein vielseitiges Nahrungsangebot findet, ist seine Ausbreitung auch in Rheinland-Pfalz vorhersehbar.
Da der Wolf das größte in Deutschland lebende Raubtier ist, wird seine Ausbreitung erhebliche Folgen für die Tierwelt insgesamt sowie den Menschen und die Nutztiere haben. Darauf müssen sich die Landesregierung und der Landtag einstellen und Vorkehrungen für die Zukunft treffen.
Durch ein gründliches Monitoring müssen die Behörden und der Landtag immer einen Überblick über die Bestände und ihre Entwicklung haben. Der Schutz der Weidetiere muss vorbereitet und implementiert werden.
Für den Herdenschutz und auch für die Entschädigung bei Tierverlusten müssen Regeln und Finanzmittel bereitstehen. Die Fachbehörden müssen vorbereitet sein, Problemwölfe zuverlässig zu identifizieren. Um regulierende Eingriffe vorzubereiten, ist eine Einstufung des Wolfs als jagdbares Tier erforderlich.
Das Thema Wolf ist aber nicht neu. Es beschäftigt Naturschützer, Jäger und Weidetierhalter schon seit Jahrzehnten. Nachdem Wölfe und auch Wolfsrudel in vielen Teilen Deutschlands nachgewiesen werden, stellt sich die Frage nach den Regeln für den Umgang mit dieser Tierart. Bisher werden die Anforderungen aus der FFH-Richtlinie der EU abgeleitet, in der der Wolf unter strengem Schutz steht und daher für diese Tierart ein günstiger Erhaltungszustand erreicht werden soll. Schon darüber gehen die Meinungen weit auseinander.
Ein guter Beleg für die Befassung der fachlich verantwortlichen Minister war die Agrarministerkonferenz vom 15. bis 17. November 2017 in Potsdam. Dort wurde die Einstufung des Wolfs als jagdbares Wild erörtert.