Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrten Damen und Herren! Die Verkehrsministerkonferenz der Länder hat am 19. April dieses Jahres auf ihrer Frühjahrskonferenz in Nürnberg einen Vorstoß gebilligt, wonach Jugendliche künftig schon mit 16 Jahren begleitet Auto fahren könnten. Die Bundesregierung hatte zuvor ihre grundsätzliche Zustimmung erteilt. Sie wurde mit dem Antrag der VMK aufgefordert, die EU-Kommission davon zu überzeugen, in einzelnen Bundesländern die rechtlichen Voraussetzungen für einen derartigen Modellversuch zu schaffen.
Der Vorschlag ging auf die Länder Schleswig-Holstein und Niedersachsen zurück. In Schleswig-Holstein gab es bereits im Januar 2018, also vor einigen Monaten, dazu einen Antrag, der einstimmig, also von allen Fraktionen, beschlossen wurde. In diesem wurde aufgefordert, sich erst einmal bei der VMK und dann über den Bund für einen solchen Modellversuch einzusetzen. Brandenburg ist dem auch beigetreten. Ich denke, es würde uns gut anstehen, wenn Rheinland-Pfalz nicht dahinter zurücksteht.
Im Herbst dieses Jahres soll nämlich der EU-FührerscheinAusschuss zu diesem Thema tagen. Deswegen ist es wichtig, dass wir heute ein Signal abgeben, dass wir das unterstützen. Das EU-Recht als solches sieht ein Mindestalter von 17 Jahren für eine Fahrerlaubnis der Klasse B vor. Heute wird im Rahmen des sogenannten BF 17 eine vollwertige Fahrerlaubnis der Klasse B unter Auflagen erteilt.
Vor Vollendung des 17. Lebensjahres ist dies nach der EUFührerscheinrichtlinie nicht möglich. Diese EU-Richtlinie 2006/126/E6 datiert aus dem Jahr 2006. Es betrifft den Artikel 4 Abs. 6 Buchst. d. Es müsste für dieses Modellvorhaben ergänzt werden, dass einzelne Mitgliedsländer auch schon das begleitete Fahren ab 16 erlauben.
Erst nach einer entsprechenden Änderung dieses Artikels in der EU-Richtlinie wäre es den interessierten Ländern, wie zum Beispiel Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz oder Niedersachsen überhaupt erst möglich, einen solchen Modellversuch zu starten. Das geht vielleicht auch an die Kolleginnen und Kollegen, die nach dem Zeitrahmen gefragt haben.
Unter Experten – das haben wir gehört – wird die Idee grundsätzlich positiv aufgenommen, weil man mit dem begleiteten Fahren ab 17 gute Erfahrungen gemacht hat. Ich komme selbst aus einem Landkreis – Eifel, Mosel und Hunsrück –, der ländlich ist. Natürlich muss ich sagen, dass es total wichtig ist, dass Jugendliche verantwortungsvoll lernen, mit einem Gerät, wie es das Auto ist, umzugehen.
In der Stadt passieren auch Unfälle. Aber in der Stadt sind die Geschwindigkeiten ganz anders. Wenn Sie eine kurvige Strecke zwischen Binsfeld und Speicher oder am Quintbach herunter in Richtung Trier fahren und sich dort überschätzen, sind die Unfälle zum Teil auch tödlich.
Alles, was man dazu beitragen kann, ist, dass eine Sicherheit erlernt wird. In dem Zusammenhang sollte man auch an den natürlichen jugendlichen Übermut denken, den die Fahrer und Fahrerinnen ab 18 Jahren haben, wenn sie unbegleitet fahren können. Dass diese Sicherheit vorher schon einmal eingeübt wird, ist ein sehr überzeugendes Argument, um diese Initiative zu unterstützen.
Dass grundsätzlich ein solcher Modellversuch genehmigt werden könnte, beweist die Tatsache, dass in Frankreich schon seit 1989 die Möglichkeit zum begleiteten Fahren ab 16 gestattet ist. Als Begleitperson ist dort auch ein Elternteil oder jemand vorgesehen, der mindestens fünf Jahre Fahrpraxis nachweisen kann. Hier soll es auch so sein, dass man nur einen Punkt haben darf.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mobilität ist ein wesentliches Merkmal der modernen Gesellschaft. Die Anforderungen an die Mobilität der Menschen sind heute
nicht nur größer, sie setzen auch schon viel früher ein. Gerade im ländlichen Raum ist das sehr deutlich zu spüren. Während es selbst in kleineren Ortschaften vielleicht noch möglich ist, einen Kindergartenplatz zu finden oder vor Ort eine Grundschule zu besuchen, wird spätestens mit dem Besuch einer höheren Schule gerade im ländlichen Raum schon von unseren Kindern Mobilität eingefordert.
Wer dann ein Studium aufnimmt oder eine berufliche Ausbildung beginnt, für den ist die eigene Mobilität ein Muss. Als Staat sollten wir die Mobilität der Jugendlichen deshalb nicht behindern, sondern sie verbessern und befördern, wo immer es möglich ist. Dazu gehört zum einen der Ausbau des ÖPNV, zum anderen aber auch die möglichst frühe Verbesserung der individuellen Mobilität, die gerade im ländlichen Raum eine unverzichtbare Rolle spielt.
Zu dieser Verbesserung der individuellen Mobilität gehört auch die Stärkung der eigenen Kompetenz im Bereich der Verkehrskompetenz. Leider sind gerade junge Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer sehr oft an Unfällen, besonders tragischen und auch an tödlichen Unfällen beteiligt.
Das Projekt „Begleitetes Fahren mit 16“ ist deshalb nicht nur ein Beitrag zur Verbesserung der Mobilität junger Menschen, sondern stärkt auch die Verkehrskompetenz von Jugendlichen. Diese werden an den Straßenverkehr herangeführt, lernen nicht nur die technische Beherrschung des Fahrzeugs, sondern auch, was mindestens genauso wichtig ist, eigenes vorausschauendes und verkehrssicheres Verhalten.
Meine Damen und Herren, diese Zusammenhänge führen direkt zu dem in letzter Zeit häufig diskutierten Projekt „Begleitetes Fahren mit 16“. Nachdem die Erfahrungen mit dem begleiteten Fahren ab 17 gerade im Hinblick auf die Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit äußerst positiv ausgefallen sind, wurde in den vergangenen Jahren immer öfter gefordert, dieses Erfolgsmodell zu erweitern; denn immer noch wird fast ein Fünftel aller Verkehrsunfälle von den jungen Führerscheinneulingen zwischen 18 und 24 verursacht.
Als Ursachen für die auch deutschlandweit überdurchschnittlich hohe Verwicklung junger Fahranfängerinnen und Fahranfänger in schwere Verkehrsunfälle wurden nicht nur eine erhöhte Risikobereitschaft sowie jugendliches Imponiergehabe ausgemacht, vielmehr spielt mangelnde Fahrpraxis eine mindestens genauso große Rolle.
Vor diesem Hintergrund bin ich auch mit vielen Verkehrsexperten der Meinung, dass das äußerst erfolgreiche begleitete Fahren ab 17 weiter ausgebaut werden sollte. Wie sinnvoll das begleitete Fahren ab 17 ist, haben einschlägige Untersuchungen belegt. Fahranfänger, die mit mentaler Unterstützung eines erfahrenen Kraftfahrers eine längere Fahrpraxis vor dem selbstständigen Start ins Verkehrsgeschehen absolvieren, verursachen deutlich weniger Unfälle.
Konkret wurde festgestellt, dass Fahranfänger, die sich am begleiteten Fahren beteiligt hatten, beim späteren selbstständigen Fahren um 19 % weniger an Unfällen beteiligt
Meine Damen und Herren, diese Zahlen sprechen für sich. Das ist ein Ergebnis, das sich sicher sehen lassen kann und mit dem auch beim Bund und bei den Ländern weiter gearbeitet werden wird. So werden derzeit diverse Strategien diskutiert, wie Fahranfängern mehr Fahrkompetenz vermittelt werden kann. Das aktuell besonders intensiv diskutierte begleitete Fahren mit oder ab 16 könnte ein wesentlicher Bestandteil dieser Strategien sein.
Derzeit steht dem noch das europäische Recht entgegen, weil die sogenannte 3. EU-Führerscheinrichtlinie eine Absenkung des Mindestalters zum Erwerb der Klasse B nur bis auf 17 Jahre zulässt. Um begleitetes Fahren ab 16 im Rahmen eines künftigen Modellprojekts in Angriff nehmen zu können, haben sich die Verkehrsministerinnen und Verkehrsminister der Länder einstimmig dafür ausgesprochen, dass die Bundesregierung die EU-Kommission bittet, eine solche Regelung zu ermöglichen.
In der Verkehrsministerkonferenz haben wir einen einstimmigen Beschluss erzielt, damit alle Anstrengungen unternommen werden, dass die EU-Kommission eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage zur Erprobung des begleiteten Fahrens ab 16 schafft. Dies soll es dann einzelnen Bundesländern ermöglichen, Modellversuche durchzuführen. Ich halte diesen Vorstoß für sehr sinnvoll und notwendig, um gerade dieser Gruppe an Fahrerinnen und Fahrern mehr und längere Chancen zum Einüben verkehrssicheren Fahrens zu bieten, also die aktive Begleitphase zu verlängern.
Das begleitete Fahren ab 16 kann hierfür ein Weg sein, um die Verkehrssicherheit bei den jungen Fahranfängerinnen und Fahranfängern weiter zu erhöhen. Das kann letztlich auch ein wichtiger Beitrag zum täglichen Einsatz unserer Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer sein, die sich mit kompetenter Schulung für unsere Anfängerinnen und Anfänger damit letztlich für die Sicherheit aller einsetzen.
Mobilität ist eine Voraussetzung für eine gute Ausbildung, für Selbstverwirklichung und gesellschaftliche Teilhabe. Wir sollten deshalb alles tun, um unsere jungen Menschen von den Vorteilen der eigenen Mobilität profitieren zu lassen. Wir sollten alles tun, um sie für die Gefahren des Straßenverkehrs früh zu sensibilisieren und auf eigenes unbegleitetes Fahren früh vorzubereiten.
Das begleitete Fahren mit 16 stärkt die persönliche Entwicklung der jungen Menschen, ihr Selbstvertrauen, und es hilft ihnen, sich sicher und verantwortungsbewusst im Straßenverkehr zu verhalten. Mit 16 ist man noch sehr jung. Das ist keine Frage. Aber man ist mit 16 nicht zu jung, um vorausschauendes verkehrssicheres Verhalten zu lernen. Das ist für mich eine zwingende Notwendigkeit.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Freude könnte nicht größer sein, nachdem ich alle Reden gehört habe.
Herr Ahnemüller, Sie haben so schön Frankreich zitiert. Ich kann Ihnen aus Erfahrung sagen, dass ich meinen Führerschein in Paris gemacht habe. Die Beulen an meinem Mini sind heute noch legendär.
Herr Dötsch, auch Ihre Rede hat mir gut gefallen. Ich sage Ihnen auch warum. Sie haben wirklich gezeigt, dass auch die CDU der Verantwortung der Jugendlichen nähergekommen ist.
Ich weiß es. Ich will trotzdem die Kurve kriegen. Deswegen sage ich es: Sie sagen begleitetes Wählen. – Da kommen wir uns sogar näher; denn ich sage schon: Wenn wir nur einfach Wahlalter ab 16 Jahre sagen, dann ist das zu wenig. Das ist zu kurz gegriffen. Da ist natürlich Begleitung wirklich wichtig; denn da muss in den Schulen begleitet werden. Da muss vorbereitet werden. Da müssen Konzepte entwickelt werden. Die Landesregierung lädt jetzt schon die Schulklassen ein, die kommen, auch die unter 16-Jährigen.
Herr Baldauf, die Tür steht offen, dass wir über beides diskutieren können, und zwar einmal über das begleitete Fahren ab 16 und auch über das begleitete Wählen, wenn Sie es so sagen.
Konzeptionslose Landesregierung – Einsatz der Freiwilligen Feuerwehren in Rheinland-Pfalz gefährdet auf Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/6565 –