Protokoll der Sitzung vom 30.06.2018

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Dr. Gensch, die ärztliche Versorgung in Rheinland-Pfalz ist uns wichtig und war es schon immer. Mir fehlt heute der aktuelle Anlass zu dieser Aktuellen Debatte. Am vergangenen Donnerstag noch haben kluge Kollegen Ihrer Fraktion ihren eigenen Antrag zum Thema Hausärztefortbildung verschoben, damit wir eine Expertenanhörung führender Wissenschaftler einleiten können,

(Abg. Martin Brandl, CDU: Wenn wir es nicht thematisieren, passiert ja nichts!)

um die Frage zu erörtern – und zwar auf höchstem Niveau,

wie wir es von uns erwarten –, wie wir die Studienplätze in der Humanmedizin erhöhen können und eine Landarztquote in Rheinland-Pfalz einführen können, und zwar so, dass es in Rheinland-Pfalz bindet. Das ist ein Antrag, den die CDU vertagt hat, was völlig richtig ist.

(Abg. Hedi Thelen, CDU: Ja, für eine Anhörung!)

Letzte Woche vertagt, heute kommen Sie mit der Aktuellen Stunde. Verehrter Dr. Gensch, ich erinnere daran, dass Sie mit Ihrer missglückten Rede im April mit Ausbrüchen wie „Gendergedöns“, „Hausärztinnen und Hausärzte“ Herrn Dr. Braun angegriffen haben. Heute fressen Sie Kreide.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Können Sie mal was zum Inhalt sagen!)

Aber das nützt alles nichts; denn wir werden – wie wir es 2007 schon gemacht haben, und zwar als erstes Bundesland – im Oktober den Masterplan „Gesundheit und Pflege“ immer wieder weiter fortschreiben. Es werden sich immer wieder neue Bausteine ergeben. Natürlich hat man nicht einmal einen Masterplan, der für immer gilt, sondern man wird das fortschreiben müssen. Es ist ein demografischer Wandel in der kurativen Medizin. Dieser Wandel wird begleitet und hat einen ganz, ganz hohen Stellenwert in Rheinland-Pfalz.

Im Koalitionsvertrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SPD findet sich ein eigenes Kapitel „Medizinischen Nachwuchs sichern“. Das ist äußerst lesenswert. Dazu gehören zum Beispiel Positionen wie Zugang zum Medizinstudium und neben der Senkung des Numerus Clausus auch die Anerkennung von beruflichen Vorerfahrungen im medizinischen oder im pflegerischen Bereich. Wir, die Koalitionsfraktionen, haben vertraglich im Mai 2016 vereinbart, zu prüfen, inwieweit wir Medizinstudierende bevorzugt zum Studium zulassen und Verpflichtungen als Tätigkeit als Hausärztinnen in unterversorgten Regionen bzw. bedrohten Regionen aufnehmen können, und das verknüpft mit einer regionalisierten Ausbildung.

Sie stellen sich im April hierher, im Dezember, im April, im August und erklären uns immer wieder: Tun sie einmal etwas! – Wir haben es 2016 im Mai vertraglich fixiert. Wir arbeiten daran, und zwar mit der Anhörung, die wir gemeinsam beschlossen haben, mit Experten auf höchstem Niveau und ringen damit um eine gute hausärztliche Versorgung.

(Abg. Martin Haller, SPD: Das haben die alles schon wieder vergessen!)

Genau diese gute zukünftige hausärztliche Versorgung ist uns, der SPD-Fraktion, viel zu wichtig, um sich zu streiten.

Wir suchen Lösungen.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Wir geben Euch welche!)

Wir möchten Positionen erarbeiten und nahe an den Menschen entwickeln, was die Menschen vor Ort brauchen, um in Rheinland-Pfalz sicher leben zu können:

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

den Wegfall der Residenzpflicht, sodass Ärztinnen und Ärzte familienorientiert leben und arbeiten können und ihre Praxis führen können,

(Zuruf der Abg. Hedi Thelen, CDU)

die Entlastung der Hausärzte durch die NäPA ist Modell Rheinland-Pfalz und mittlerweile bundesweit, die Praxisgemeinschaften, die leistungsstark immer mehr zusammenarbeiten und eine Versorgung für die Bevölkerung anbieten, die Möglichkeit, kommunale Medizinische Versorgungszentren, zum Beispiel in der Verbandsgemeinde Katzenelnbogen zu schaffen

(Zuruf der Abg. Hedi Thelen, CDU)

oder den jüngst höchst positiven Einsatz unserer Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler, die den Bundesgesundheitsminister Jens Spahn immer wieder angeschrieben hat,

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Kann mal anrufen! Ich kann mit Jens reden!)

um zu klären, dass es eine Gesetzeslücke gibt, und somit jetzt eine ärztliche Genossenschaft in der Eifel zu ermöglichen.

Der Trierische Volksfreund hat sinngemäß getitelt: „Bis der Genosse Arzt kommt“. Damit das möglich ist und die Ärzte wissen, wie man Genossenschaften in diesem Genossenschaftsland Rheinland-Pfalz gründen kann, gibt es dazu noch einen Genossenschaftslotsen von unserer Landeszentrale für Gesundheitsförderung mit Niederlassungsförderungen.

Meine Damen und Herren, das ist ein Masterplan, das ist ärztliche Versorgung auf dem Land, und das ist Gesundheitspolitik in Rheinland-Pfalz mit dieser Koalitionsfraktion.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn ich in der ersten Runde noch 15 Sekunden habe, noch ein Wort zur Vergütung der Hausärztinnen und Hausärzte: Natürlich ist es auch eine Frage, was ein niedergelassener Mediziner verdient. Mit den Bemühungen der Sozialdemokratie ist es im Koalitionsvertrag im Bund gelungen, für unterversorgte Regionen 30 % plus in der Vergütung für Hausärzte zu erzielen. Auch mit der Frage der monetären Vergütung löst sich zukünftig eine Angelegenheit.

(Glocke des Präsidenten)

Deswegen mehr in der zweiten Runde.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion spricht die Kollegin Dr. Groß.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Irgendwie geht mir das alles am Thema vorbei. Auf den Beitrag von Frau Anklam-Trapp will ich gar nicht eingehen.

Herr Dr. Gensch, bei allem Respekt, aber Sie enttäuschen auch mit Ihrer reinen Deskription der Geschichte. Was Sie gesagt haben, ist redundant hoch zehn. Das haben wir doch alles schon in den letzten Plenarsitzungen gehabt. Das bringt uns nicht weiter.

(Zuruf von der SPD: Pst!)

Genau, danke schön.

Der Hauptpunkt ist, dass wir uns doch Gedanken um die notwendigen Schritte zur Sicherung der ärztlichen Versorgung in Rheinland-Pfalz machen wollten. Mit den notwendigen Schritten haben wir uns genau einmal befasst.

Falls Ihnen das nicht bekannt ist, es gibt das sogenannte Berufsmonitoring der Medizinstudenten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Das bietet deutliche Ansatzpunkte, wo angesetzt werden muss, um die ärztliche Versorgung in den ländlichen Räumen voranzutreiben. Die Landesregierung hat hier Steuerungsmöglichkeiten im Rahmen ihrer Hochschulpolitik, um angehende Mediziner gerade auf das Land zu locken.

Im Übrigen – zur Aufklärung für Sie – gibt es das Berufsmonitoring seit 2010. Das heißt, seit beinahe acht Jahren stehen diese Informationen seitens der Medizinstudenten zur Verfügung. Man kann hier die Wünsche der Mediziner einsehen. Die nächsten Ergebnisse des Berufsmonitorings stehen ganz aktuell im September 2018 zur Verfügung. Vielleicht wollen Sie einmal hereinschauen.

Für das aktuelle Berufsmonitoring 2014 wurden bundesweit 11.462 Medizinstudenten befragt mit dem Ziel, Berufsperspektiven und die Wünsche junger Mediziner zu erheben, aber auch um Hürden für eine spätere, auch ambulante, Tätigkeit zu ermitteln. Hierbei kristallisierten sich insbesondere zwei Problemfelder heraus: einmal hinsichtlich des Ortes – wo die Mediziner arbeiten wollen –, aber auch hinsichtlich desssen, als was die Mediziner eigentlich arbeiten wollen.

Ort und künftiges Arbeiten: Insgesamt spielt die Herkunft bei der Wahl des Studienortes und des späteren Arbeitsortes eine ganz maßgebliche Rolle. Man studiert nicht nur im Herkunftsbundesland beziehungsweise heimatnah, sondern arbeitet nach Möglichkeit später auch dort. So strebten 85 % der Medizinstudenten eine berufliche Tätigkeit im Heimatbundesland und 78 % in der näheren Heimatregion an. Das Arbeitskräftepotenzial für eine künftige ärztliche Tätigkeit in Rheinland-Pfalz liegt bei den Medizinstudenten aus Rheinland-Pfalz bei 85 % und bei Medizinstudenten aus dem Saarland bei 51 %.

Meine Damen und Herren, diese Erkenntnisse sind bei den künftigen Maßnahmen zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung zwingend zu berücksichtigen, wenn diese von Erfolg gekrönt sein wollen. Dieser Heimateffekt macht deutlich, dass eine Erhöhung der Anzahl der Medizinstudienplätze bei nur einer medizinischen Fakultät in Rheinland-Pfalz für die Sicherung der ärztlichen Versorgung unabdingbar ist.

Zudem, das zeigt das Monitoring auch, besteht eine gewisse Aversion gegen eine Tätigkeit im ländlichen Raum. 41 % der Medizinstudenten können sich nicht vorstellen, künftig in kleinen ländlichen Gebieten mit weniger als 5.000 Einwohnern zu arbeiten und 33 % in Gemeinden mit bis zu 10.000 Einwohnern. Hier spielen die regionale Herkunft und räumliche Sozialisierung eine ganz entscheidende Rolle. Ländlich sozialisierte Medizinstudenten können sich signifikant häufiger vorstellen, auf dem Land zu leben und zu arbeiten als nicht ländlich sozialisierte. Aber auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist den Studenten wichtig.

Die medizinische Versorgung wird in dem Berufsmonitoring selbst als Teil einer lokalen Infrastruktur wahrgenommen – wie Kindergärten, Schulen, mittelständische Unternehmen und Einkaufsmöglichkeiten vor Ort. Insofern fällt Gemeinden, Kommunen und auch Landkreisen hier die schwierige Aufgabe zu, Rahmenbedingungen zu schaffen bzw. zu erhalten. Hier muss das Land den Kommunen ausreichend Mittel zur Verfügung stellen und sie auf keinen Fall ausbluten lassen: Stichwort Landesfinanzausgleich.

(Beifall der AfD)

Vielen Dank, und in der zweiten Runde noch ein bisschen mehr dazu.

(Beifall der AfD)

Für die FDP-Fraktion spricht der Kollege Wink.

Verehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Gensch, ich darf Sie auch fragen, warum wir letzte Woche auf sachlicher Ebene entschieden haben, die Auswertung zur Anhörung der Landarztquote genauso wie die Forderung nach mehr Medizinstudienplätzen zu verschieben.

Ich würde Sie fragen oder bitten: Erklären Sie doch, warum Sie letzte Woche diesen parlamentarischen Rahmen nicht genutzt haben. Erklären Sie doch, warum die sachliche Auseinandersetzung heute dringlicher denn je ist und dringlicher, als sie es in der letzten Woche war. Erklären Sie doch bitte, wo ein neuer aktueller Bezug für diese Thematik heute ist. Wenn Sie dies nicht können, diskreditieren Sie sich heute selbst.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)