Protokoll der Sitzung vom 23.08.2018

(Abg. Martin Haller, SPD: Was reden Sie denn da?)

Ich habe sehr viele Schüler gehabt, die den Straßenverkehrsmeister als Berufskraftfahrer nicht machen konnten, weil ihnen das Geld gefehlt hat. Das sind die Tatsachen. Mit denen sollten Sie sich einmal auseinandersetzen und nicht immer nur mit Schulleitungen sprechen.

(Beifall der AfD)

Das gebe ich Ihnen mit auf den Weg.

Natürlich ist es ein gesellschaftliches Klima. Mir haben die Schüler immer wieder gesagt, sie würden gerne an die Hochschule gehen, da ist ein Trend, irgendetwas mit Medien oder etwas Soziales zu studieren. Das ist ein gesellschaftlicher Trend. Da waren die OECD oder Bertelsmann, die in roten Bildungsministerien ein- und ausgegangen sind, die falschen Freunde. Sie haben sich auf diese Menschen verlassen, die immer gesagt haben, wir brauchen mehr und mehr Akademiker.

(Beifall der AfD)

Sie haben sich von diesen Menschen beraten und in die Irre treiben lassen. Gerade für Sie als Partei – Sie sind ja nicht mehr Partei des kleinen Mannes –, war die geringe Wertschätzung des praktisch Begabten, des Tüftlers ein großer schwerer Fehler.

(Glocke der Präsidentin)

Dafür sind wir jetzt als Interessenvertretung da.

(Beifall der AfD)

Ich sage ganz klar: Mehr Betriebe in die Schulen, mehr Mittelständler zu den Schülern, sich nicht nur mit Fachmessen begnügen, sich nicht nur darauf zurückziehen, sondern es muss einen engen Austausch zwischen der Berufsschule und dem Mittelstand geben.

(Glocke der Präsidentin)

Dafür stehen wir ein.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Wir haben diesen Tagesordnungspunkt erledigt.

Wir treffen uns nach der Mittagspause um 14:30 Uhr zur Fortsetzung der Debatte.

U n t e r b r e c h u n g d e r S i t z u n g : 1 3 : 3 8 U h r

W i e d e r b e g i n n d e r S i t z u n g : 1 4 : 3 0 U h r

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lieben Kolleginnen und Kollegen! Wir setzen wie vereinbart die Sitzung fort.

(Unruhe im Hause)

Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf:

Artensterben stoppen – Biodiversität als Lebensgrundlage schützen Regierungserklärung von Staatsministerin Ulrike Höfken

Ich bitte Sie um die nötige Ruhe und Aufmerksamkeit, und wenn dem dann so ist, würde ich gerne der Staatsministerin Höfken das Wort erteilen. – Bitte schön, Frau Höfken.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe, mit dem Thema „Biodiversität als Lebensgrundlage schützen“ rufen wir eines auf, welches uns allen am Herzen liegt, und bei dem wir uns, wie ich glaube, alle einig sind, dass es großen Handlungsbedarf gibt.

„Wir befinden uns mitten in einem Albtraum“ titelte die F.A.Z. im Jahr 2017, als die Krefelder Studie zum Rückgang der Fluginsektenbiomasse um rund 80 % in den letzten 30 Jahren vorgestellt wurde. Das ist das, was wir immer an den Autoscheiben merken, es sind dort nämlich keine Insekten mehr, die wir sonst weggekratzt hätten.

Der „Living Planet Report 2016“ meldete bei weltweit über 14.000 untersuchten Tierpopulationen einen Rückgang der Bestände um fast 60 % in den vergangenen 40 Jahren.

Was sind die Ursachen? – Dieser Verlust an Lebensvielfalt lässt sich global auf Raubbau an unserem Planeten zurückführen. Unsere Lebens- und Wirtschaftsweise führt zur Übernutzung der Weltmeere, Rodung der Regenwälder, Zerstörung von Lebensräumen durch Flächenverbrauch, Überhitzung der Atmosphäre, zu Schadstoffausträgen und Müll, was wir jetzt an den Plastikeinträgen in den Meeren und ihren Wirkungen auf die Wasserlebewesen sehen, und auch dazu, dass jeder Deutsche dreimal mehr Ökosystemleistungen für sich in Anspruch nimmt als pro Erdbewohner zur Verfügung stehen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, darum reden wir heute über den Schutz der Biodiversität, und es kommt mir dabei auch darauf an, dass wir dieses Thema neu betrachten.

(Unruhe im Hause)

Nach der Biodiversitätskonvention, dem Erdgipfel, der im Jahr 1992 stattfand, bedeutet „Biodiversität“ die Vielfalt des Lebens. Sie umfasst die Vielfalt innerhalb und zwischen den Arten, den Ökosystemen, und auch die genetische Vielfalt.

(Glocke der Präsidentin)

Frau Ministerin, Entschuldigung, aber ich möchte noch einmal um Aufmerksamkeit und Ruhe bitten. Das ist einfach unheimlich störend. Hier oben kommt ein dauernder Geräuschpegel an. Wenn Sie Gespräche führen möchten – das gilt für alle Sitzplätze –, dann bitte ich Sie, das draußen zu tun. Vielen Dank. – Bitte fahren Sie fort.

Über viele Jahre haben die Naturschutzpolitik und auch die Naturschutzverbände auch bei uns Erfolge erzielt. Luchs und Lachs, Sumpfschildkröte und andere Tiere sind wieder da. Aber die dramatischen Verluste an Biodiversität sind alleine mit sektoralen Ansätzen nicht zu stoppen. Mit einem politischen Paradigmenwechsel setzen wir diese Erkenntnisse, auch die der Umweltverbände, weiter um.

Wir wollen stärker die Zusammenhänge der gesamten Artenvielfalt mit ihren komplexen Lebensraumansprüchen, dem gesamten Ökosystem und den Nutzungsweisen ins Auge fassen und diese stabilisieren.

Grundlage dafür ist unsere Biodiversitätsstrategie des Landes. Sie wurde im Jahr 2015 im Ministerrat verabschiedet, im Koalitionsvertrag noch einmal bekräftigt. Sie hat ein Leitziel, nämlich den Rückgang der biologischen Vielfalt bis 2025 zu stoppen. Das ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, mit der wir auch die UN-Biodiversitätskonvention und die EU-Biodiversitätsstrategie umsetzen.

Analog zur UN-Biodiversitätskonvention wurden verschiedene Indikatoren in unserer Strategie festgehalten. Ich nenne einige: die Nutzung freier Waldflächen, die Verbreitung von Arten, die Wasserqualität, die Flächengröße und der Erhaltungszustand unserer Schutzgebiete, die Entwicklung der Treibhausgasemissionen und auch die erneuerbaren Energien zur Verhinderung des Klimawandels.

Mit der „Aktion Grün“ haben wir ein Instrument zur Umsetzung unserer Biodiversitätsstrategie und zur gesellschaftlichen Verankerung mit Nutzern und Verbänden geschaffen. Und: Die „Aktion Grün“ kommt an. Es gibt wirklich viel Begeisterung. Die Ministerpräsidentin war gerade in Basberg, dort ging es um den Sonderpreis für das ökologische Dorf. Aber ob wir Frankenstein nehmen, Weiler oder Wilgartswiesen, in vielen Orten gibt es eine richtige Bewegung zur Unterstützung des Schutzes der Biodiversität. Das ist etwas, das mir sehr viel Hoffnung gibt.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Wir unterstützen bis 2020 diese Aktivitäten nach Kräften mit insgesamt 9 Millionen Euro zusätzlich für die „Aktion Grün“.

Ich will Ihnen einige Handlungsfelder nennen – die Biodiversitätsstrategie und die „Aktion Grün“ haben einige mehr. Ich greife den Klimaschutz heraus; denn wir sehen mehr und mehr, dass es einen engen Zusammenhang gibt zwischen Klimaveränderung, Klimazerstörung und dem Rückgang der Biodiversität. Wir müssen auch sehen, dass wenn wir den menschengemachten Klimawandel nicht stoppen, bald jede sechste Art von den Folgen betroffen sein wird. Wir müssen fürchten, dass es mit der „Heißzeit“, die ich heute Morgen mit Ihnen andiskutiert habe, auch zu katastrophalen Folgen für die Biodiversität kommen kann, wenn wir hier nicht umsteuern.

Wir haben aber auch viele Erfolge; wir werden morgen noch einmal darüber diskutieren. Während die Bundesregierung die Klimaschutzziele für 2020 leider verfehlt, sind wir in Rheinland-Pfalz ganz gut dabei.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Wir haben ja auch so viele Kohlekraftwerke! Witzbolde!)

Mit unserem Klimaschutzgesetz haben wir uns die Reduktion von 40 % der Treibhausgase vorgenommen. Wir sind da in greifbarer Nähe. Und mit jeder zweiten in RheinlandPfalz produzierten und jeder dritten verbrauchten Kilowattstunde aus erneuerbaren Energien sind wir auch beim Ausbau der erneuerbaren Energien spitze. Vor allem nutzen immer mehr Kommunen die Chancen des Klimaschutzes und der Energiewende, mit über 70 Klimamanagern und -managerinnen und über 200 Klimaschutzkonzepten.

Ich will von unseren Förderprogrammen ein kleines herausgreifen, das die Presse einmal lustig fand; gerade deshalb will ich es noch einmal erwähnen: „Leuchten für den Klimaschutz“. Es geht um Straßenlaternen, was vielleicht profan klingt, aber sie machen ein Drittel der Kosten einer Ortsgemeinde aus. Wir können mit dem kleinen Programm diese Kosten enorm senken, aber auch – das ist die Verbindung – nicht nur die Energiekosten und die Treibhausgase sparen, sondern etwa die Insektenverluste von 91 Milliarden pro Jahr um rund 83 % mit den neuen LED-Leuchten senken.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und vereinzelt bei der FDP)

Wir setzen auch neue Schwerpunkte. Wir stärken natürlich weiter den Klimaschutz und die Energiewende, auch mit neuen Haushaltsmitteln. Wir verbinden den Schutz der biologischen Vielfalt mit der Energiewende, dem Klimaschutz, dem Tourismus und regionaler Entwicklung. Solche integralen Ansätze fördern wir beispielsweise auch in der Nationalparkregion.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr gut!)

Zum Beispiel mit dem Moorschutz-Element der „Aktion Grün“ erhalten und schützen wir dort sowohl die seltenen Arten als auch das Klima. Und wir haben uns vorgenommen, 100.000 alte Quecksilberdampflampen durch LEDLeuchten zu ersetzen

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und vereinzelt bei der FDP)

sowie – ich schaue die Pfälzer an –