Protokoll der Sitzung vom 24.08.2018

Das muss natürlich immer nach Bedarf gegebenenfalls ausgebaut werden. Wobei ich auch sage: Nicht jede Statistik, die rein theoretisch denkbar wäre, ist auch sinnvoll und notwendig.

Ihre Vorstellung, dass jedwede Statistik mit einem Knopfdruck zur Verfügung zu stellen ist, lässt sich eben nicht mit der Arbeit der Behörden vor Ort vereinbaren, die sich um die richtigen Probleme, die vor Ort existieren, zu kümmern haben.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Zuruf des Abg. Dr. Timo Böhme, AfD)

Kurz noch etwas zu den sogenannten Untergetauchten. Zum einen, die 2.820 bezeichneten Personen ohne bekannten Aufenthaltsort sind die gesammelte Zahl aller Ausländer, von denen nach Ablauf ihrer Aufenthaltsgenehmigung der Aufenthaltsort unbekannt ist. Das heißt, darunter befinden sich auch Touristen, Geschäftsreisende, Studierende usw.

Es befinden sich zum anderen auch all diejenigen darunter, die zu bestimmten Terminen von Behörden einfach nicht angetroffen wurden. Das heißt aber noch lange nicht, dass sie alle untergetaucht sind.

(Glocke der Präsidentin)

Natürlich befinden sich aber unter den 2.820 auch welche, die sich einer drohenden Abschiebung entziehen. Wenn Sie aber mit dieser Zahl so unverantwortlich umgehen,

(Glocke der Präsidentin)

dann ist das nicht der sachliche Umgang, den Sie eben angemahnt haben.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Für eine Kurzintervention erteile ich Herrn Abgeordneten Joa das Wort.

Frau Binz, ich möchte aus Zeitgründen nicht mehr auf alles, aber auf einen Punkt eingehen. Sie haben das Thema „Kommunen“ angesprochen, und nicht jede Statistik sei für die Kommunen relevant. Da haben Sie natürlich recht.

Ich möchte Ihnen aber einmal nahebringen, was die Kommunen brauchen bzw. was den Kommunen aktuell fehlt. Wie sollen die Kommunen planen, wenn sie keine Zahlen haben, welche Asylkinder in Kindergärten und Schulen gehen? Wie soll die Planung erfolgen?

Das geht noch darüber hinaus. Das Thema geht über die Große Anfrage noch weit hinaus. Die Städte wissen aktuell selbst nicht, was die Gesamtbevölkerung angeht, wie hoch der Migrationshintergrund überhaupt ist. Wichtige Sozialstrukturdaten sind überhaupt nicht verfügbar.

Die werden nicht erhoben. Das heißt, wir müssen doch, auch wenn wir inhaltlich zu der Frage, was Integration bedeutet und ob sie nötig ist, unterschiedliche Ansätze haben, eines klar sagen: Wenn die Menschen, zumindest ein Teil, länger hierbleiben, dann muss doch den Kommunen eine Planungsmöglichkeit zur Verfügung stehen. Da müssen die doch wissen, was in der eigenen Stadt oder im eigenen Landkreis läuft, wie sich die Demografie entwickelt, sich Stadtviertel und die Schülerzusammensetzung entsprechend verändern. Und dies einfach immer abzutun und zu sagen, wir liefern alle Zahlen, und es können mal kleine Fehler passieren, das ist zu wenig. Das wird Ihrem Auftrag als Regierung nicht gerecht. Und darüber sollten wir sprechen und nicht Nebelkerzen werfen.

(Beifall der AfD)

Es gibt eine weitere Kurzintervention von Herrn Abgeordneten Junge. Frau Binz, möchten Sie direkt antworten, oder nehmen wir das wieder gebündelt? – Herr Junge, Sie haben das Wort.

Abg. Uwe Junge, AfD.

Frau Binz, ich verstehe ja sehr gut, dass Ihnen das peinlich ist und Sie versuchen, das in der Tat mit Nebelkerzen und mit Verschleierungstaktiken zu unterbinden. Aber wir müssen doch einmal logisch und normal nachdenken und sagen, wir haben keine Grundlagen. Wir haben die Grundlagen nicht, wenn Sie zum Beispiel keine Fluchtgründe ermitteln können, zum Beispiel in einer Datenbank. Das ist doch nicht schwierig. Wir reden andauernd über Digitalisierung. Nutzen Sie die doch einmal. Die Möglichkeiten gibt es ja.

(Beifall der AfD)

Wenn wir die Fluchtgründe nicht erfragen, wie wollen Sie denn dann die Fluchtursachen in irgendeiner Form angehen? Da greift doch eins ins andere eben nicht, und deshalb sagen wir, wir brauchen einfach mehr Informationen, damit Sie nicht glauben, etwas richtig zu machen, sondern damit wir einmal wissen, ob wir etwas richtig machen oder nicht.

(Beifall der AfD)

Dann sage ich Ihnen, wir sind – der Termin stand ohnehin – beim BAMF hier in Bingen gewesen. Es war sehr angenehm. Die waren sehr auskunftswillig, sehr auskunftswillig, ja. Man muss sie nur fragen. Man muss sie nur fragen, und das haben Sie offensichtlich gemacht. Und in der Anfrage steht als Antwort, Sie bekommen die nicht, weil Sie natürlich kein Fragerecht haben. Aber glauben Sie mir, das sind sehr nette Menschen, die machen einen tollen Job dort und sind durchaus bereit, Fragen zu beantworten. Und das sollten Sie einfach tun, einfach Fragen stellen.

Danke schön.

(Beifall der AfD)

Ich erteile der Abgeordneten Binz noch einmal das Wort für die Gelegenheit zur Antwort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Man fragt sich wirklich, ob Ihnen eigentlich bekannt ist, was eine Debatte ist, wenn Sie jedes Mal auf jeden Redebeitrag hier mit Kurzinterventionen reagieren.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Das ist ein Recht des Abgeordneten!)

Natürlich ist das Ihr Recht, das spricht Ihnen niemand ab. Herr Dr. Bollinger, das können Sie hier so oft wiederholen, wie Sie wollen, aber trotzdem kommt nichts dabei herum;

(Zurufe von der AfD)

denn Sie wiederholen jedes Mal gebetsmühlenartig Vorwürfe, die zu entkräften vorher jeder versucht hat.

(Abg. Matthias Joa, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein!)

Das nehmen Sie schlicht und ergreifend nicht wahr, weil es nicht in Ihr Bild passt, und dann frage ich mich, wer hier eigentlich die ganze Zeit diese Nebelkerzen wirft,

(Abg. Uwe Junge, AfD: Sie bekommen Widerspruch, und das gefällt Ihnen nicht!)

wenn Sie sich mit den 53 Fragen, die Sie gestellt haben, nur mit einigen explizit auseinandersetzen, nämlich mit denen, von denen Sie denken, daraus könnten Sie Ihr Süppchen kochen. Alle anderen ignorieren Sie einfach.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Die ignorieren Sie einfach, und nächste Woche werden Sie wieder die gleichen Anfragen stellen, und dann werden wir wieder die gleiche Debatte führen.

Herr Kollege Junge, Sie haben eben noch einmal darauf hingewiesen, dass Sie im Gespräch mit dem BAMF sind – das ist auch alles gut und schön – und das Ministerium anscheinend irgendwie etwas falsch macht, wenn es da anfragt.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Sie müssen die Realität zur Kenntnis nehmen!)

Ich will einfach nur noch einmal darauf hinweisen, was Ihnen als Aussage vom BAMF in Ihrer Großen Anfrage in den Antworten zur Verfügung gestellt wurde. Auch darauf sind Sie nicht eingegangen.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Ungeheuerlich, was die Opposition so macht!)

Sie haben es schlichtweg ignoriert bzw. hier unterschlagen. Ich zitiere die Seite 4 mit Genehmigung der Präsidentin: „Eine mögliche freiwillige Beantwortung sei in der Kürze der Zeit und aufgrund der sehr hohen Arbeitsbelastung beim Bundesamt gegenwärtig nicht möglich.“ Das heißt, es ist sehr wohl möglich, diese Daten zu bekommen, aber nicht in der Kürze der Zeit und nicht aufgrund der sehr hohen Arbeitsbelastung.

(Zurufe von der AfD)

Diese sehr hohe Arbeitsbelastung schaffen auch Sie mit Ihren Anfragen, und zwar nicht nur beim BAMF, sondern insbesondere auch bei den kommunalen Ausländerbehörden.

(Abg. Uwe Junge, AfD: Das sind Kerndaten, ohne die kann ich nicht arbeiten!)

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Bevor ich der Landesregierung das Wort erteile, freut es mich, dass wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verbandsgemeindeverwaltung aus Kirchberg im Hunsrück bei uns begrüßen können. Seien Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Für die Landesregierung erteile ich Staatsministerin Spiegel das Wort. Bitte schön, Frau Spiegel.