Protokoll der Sitzung vom 20.09.2018

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie sitzen im Dreck. Sie sitzen selbst im Dreck, Herr Junge!)

ohne allerdings die verheerende Wirkung zu kennen, die sich gegen Sie richten wird, wenn immer mehr Bürger Ihre niederen Beweggründe erkennen. Ihre unverschämten Angriffe – auch gegen meine Person – sind durchsichtig und unglaubwürdig. Ich war mein halbes Leben lang Geheimnisträger mit der höchsten Geheimhaltungsstufe.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das war ein Fehler! – Unruhe bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin in diesem Saal sicherlich der, der am meisten auf Extremismus überprüft worden ist. Davon können Sie einmal ausgehen.

(Beifall der AfD)

Sparen Sie sich also die Kraft für politische Sachfragen, wenn Sie überhaupt noch daran interessiert sind.

Statt sich in der eifernden, geifernden, moralisierenden Hypertonie gegenüber der AfD zu ergehen, sollten Sie versuchen, Ihren eigenen Laden sauberzuhalten, meine Damen und Herren.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Haltung, Herr Junge!)

Herr Minister, Sie haben im Innenausschuss sehr deutlich gesagt – dafür war ich Ihnen auch dankbar und habe das gesagt –, wo die Grenzen für eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz sind. Diese Hürden sind sehr hoch gesetzt. Es gibt in Rheinland-Pfalz – für die AfD insgesamt und in Rheinland-Pfalz überhaupt – keinen Ansatzpunkt. Dann fragt man sich doch, warum Sie ständig mit diesem Damoklesschwert wedeln. Was soll das?

(Abg. Michael Frisch, AfD: Nur Einschüchterung!)

Ihre Dienstpflicht wäre es, hier korrekt zu sein und nicht anderes.

(Abg. Martin Haller, SPD: Wenn Sie selbst sagen, dass Sie jemanden in Ihrer Fraktion haben, der rechtsextrem ist? – Glocke des Präsidenten)

Ich bitte um mehr Ruhe. – Herr Junge, Sie müssen zum Ende kommen. Ihre Redezeit ist zu Ende.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, es gibt in unserer Partei in der Tat gelegentlich Abweichungen von klar beschlossenen Programmatiken,

(Heiterkeit bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

denen wir aber hier in Rheinland-Pfalz mit Entschlossenheit und Stringenz entgegentreten, wenn mit eindeutig verfassungsfeindlichen Gruppen gemeinsame Erklärungen abgefasst werden. Wir verfassen eben nicht mit eindeutig verfassungsfeindlichen Gruppen gemeinsame Erklärungen. Wir unterzeichnen keine gemeinsamen Aufrufe. Wir solidarisieren uns nicht mit Verfassungsfeinden und rufen zu gemeinsamen Aktionen auf.

(Beifall der AfD – Glocke des Präsidenten)

Ich bringe nur ein Zitat von Victor Hugo.

Herr Junge, Ihre Redezeit ist zu Ende. Kommen Sie zum letzten Satz.

Letzter Satz, Herr Präsident: „Nichts auf der Welt ist so mächtig wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist.“ Meine Damen und Herren, die Menschen haben die Schnauze voll von linken Utopien. Sie wollen endlich Realpolitik. Die ist Rechts, meine Damen und Herren.

(Beifall der AfD – Unruhe bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die erste Teil der Aktuellen Debatte beendet.

Wir kommen zum zweiten Thema der

AKTUELLEN DEBATTE

Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat auf Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 17/7256 –

Wer spricht für die Antragstellerin? – Herr Abgeordneter Frisch.

(Abg. Marin Haller, SPD: Sagen Sie mal was zur Bürogemeinschaft mit Herrn Ahnemüller, zur Bürogemeinschaft mit einem Rechtsextremisten! – Glocke des Präsidenten)

Sie können anfangen, Herr Frisch.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu Beginn ein kleiner Ratschlag: Lesen Sie einmal Matthäus 7,3.

In meiner Heimatstadt Trier gibt es eine kleine, zum Dom hin führende Gasse, die den eigenartigen Namen „Sieh um Dich“ trägt. Wenn man nach der Herkunft dieses Namens forscht, dann stößt man auf das Kirchenasyl; denn just an der Stelle, an der die genannte Straße beginnt, war jahrhundertelang die Grenze zwischen dem Rechtsbezirk der Stadt und der Domimmunität. Von städtischen Häschern verfolgte Personen, die es geschafft hatten, die Sieh um Dich zu erreichen, standen auf bischöflichem Boden und waren damit erst einmal in Sicherheit. Hier konnten sie sich umdrehen und ohne Gefahr über die Schulter blicken; denn der damals noch mauerumkränzte Bereich des Doms war ein vom städtischen Recht freier Raum.

Das ist inzwischen viele Jahrhunderte her. Das Kirchenasyl stammt aus einer Zeit, in der die Willkür eines Herrschers über Recht und Gesetz entschied und in der Menschen nicht selten zu Unrecht verfolgt wurden. Diese Zeiten sind zum Glück vorbei. Daher ist es nur folgerichtig, dass mit dem Aufbau einer geordneten Rechtspflege das Kirchenasyl zunehmend an Bedeutung verlor. Bis zum 19. Jahrhundert wurde es von allen europäischen Staaten aufgehoben. Auch im katholischen Kirchenrecht ist es nicht mehr enthalten.

Meine Damen und Herren, die Setzung und Durchsetzung von Recht ist in einem demokratischen Rechtsstaat ausschließlich Sache des Staates. So heißt es in Artikel 140 Grundgesetz in Übernahme der Weimarer Reichsverfassung wörtlich – ich zitiere –: „Die bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten werden durch die Ausübung der Religionsfreiheit weder bedingt noch beschränkt.“ Vor diesem Hintergrund ist klar, dass es kein eigenes kirchliches Asylrecht geben kann.

Was bleibt, ist eine rechtlich nicht definierte, seit den 1980er-Jahren geübte und im Zuge der jüngsten Massenmigration wieder vermehrt angewandte Praxis von Kirchengemeinden, von Abschiebung bedrohten Menschen Unterschlupf zu gewähren, um so eine angebliche Gefahr für Leib und Leben abzuwenden. Begründet wird diese Praxis mit der christlichen Nächstenliebe, aber auch mit der Glaubens- und Gewissensfreiheit in Artikel 4 Grundgesetz.

Kirchenasyl, so der ehemalige Bundesverwaltungsrichter Ralf Rothkegel, sei ein notwendiges Korrektiv zur Verwirklichung materialer Gerechtigkeit oder, wie es in einer Broschüre der Caritas heißt, Durchsetzung von versagtem Recht. – Solchen Bewertungen widersprechen wir als AfDFraktion ausdrücklich.

Wenn das BAMF als demokratisch legitimierte Bundesbehörde auf der Grundlage geltenden Rechts einen Asylantrag abgelehnt hat, wenn Einsprüche dagegen nach sorgfältiger Prüfung von mehreren Gerichten zurückgewiesen worden sind, wenn möglicherweise auch noch die Härtefallkommission unter Mitwirkung der Kirchen einen negativen Bescheid erlassen hat, dann kann es weder sein, dass sich eine Ministerin anmaßt, sich über diese Entscheidungen hinwegzusetzen, noch kann es sein, dass eine Kirchengemeinde glaubt, als Gerechtigkeitskorrektiv auftreten zu müssen.

(Beifall der AfD)

Natürlich begrüßen wir es, wenn sich die christlichen Kirchen ihrem Auftrag gemäß um in Not geratene und verfolgte Menschen kümmern, aber solches Engagement muss sich im Rahmen unserer Gesetze bewegen, und es muss den Vorrang staatlicher Gewalt gegenüber einer Religionsgemeinschaft uneingeschränkt respektieren. Man stelle sich einmal vor, der Bund der Steuerzahler würde Steuerflüchtigen Asyl gewähren und sie unter Hinweis auf angebliche, auch nach Ausschöpfung aller Rechtsmittel fortbestehende Ungerechtigkeiten der staatlichen Strafverfolgung entziehen. Niemand in diesem Hause käme auf die Idee, ein solches Verhalten zu akzeptieren oder gar zu einem geregelten Verfahren auszugestalten. Genau das aber machen wir beim Kirchenasyl, und damit betreiben wir die Aushöhlung des Rechtsstaats.

(Beifall der AfD)

Während wir peinlich genau darauf achten, dass staatliche Gesetze und richterliche Entscheidungen notfalls auch repressiv durchgesetzt werden, lassen wir hier zu, dass individuelle Moralvorstellungen rechtmäßiges staatliches Handeln zumindest vorübergehend verhindern. Das ist eines Rechtsstaates unwürdig, und deshalb lehnen wir ein solches Vorgehen ab.

(Beifall der AfD)

Gerade der Fall im Rhein-Hunsrück-Kreis hat eindrücklich gezeigt, zu welchen Konsequenzen das Kirchenasyl führt. Nicht nur, dass es hier wie in nahezu allen Fällen um eine Überstellung in ein europäisches Land geht, dessen Rechtsstaatlichkeit über jeden Zweifel erhaben ist. Nicht nur, dass die Kirchen selbst erhebliche Defizite bei der Durchführung des vereinbarten Dossierverfahrens einräumen. Nein, skandalös ist vor allem die Tatsache, dass das Ende dieses Verfahrens dann nicht definiert ist, wenn es trotz erneuter Prüfung durch das BAMF bei einer Ablehnung bleibt. Dafür, so musste Frau Spiegel im Integrationsausschuss eingestehen, gibt es keine Regelungen. Deshalb weiß niemand, wie es jetzt im Hunsrück weitergehen soll.

Der Landrat will zügig abschieben. Die Kirchengemeinde

möchte das nicht. Die Ministerin plant eine weitere Mediation in der Hoffnung auf eine Lösung. Meine Damen und Herren, das ist eine Bankrotterklärung des Rechtsstaats,

(Glocke des Präsidenten)

und es ist auch geeignet, das Rechtsempfinden unserer Bürger zu beschädigen, für die es bis ins letzte Detail hinein klare Regeln gibt und denen man im Zweifelsfall mit aller Härte des Staates begegnet, um diese Regeln durchzusetzen.

Mehr dazu in der zweiten Runde.

(Beifall der AfD)

Für die SPD-Fraktion spricht Herr Abgeordneter Sippel.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach dem, was wir im ersten Teil der Aktuellen Debatte gehört haben, ist es völlig unglaubwürdig, dass Sie sich hier als Hüter des Rechtsstaats aufspielen.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Herr Sippel, da hätte ich aber mehr erwartet! – Zuruf des Abg. Uwe Junge, AfD)

Um es vorweg deutlich zu sagen: Das Kirchenasyl steht nicht im Widerspruch zum Wesen eines demokratischen Rechtsstaats.