Protokoll der Sitzung vom 12.07.2016

Was übrig geblieben ist, das wissen wir.

(Vereinzelt Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Das ähnelt der Verteidigungslinie von Herrn Schweitzer. Er sprach neulich auch davon, es gebe keine Alternative zum chinesischen Käufer. Dass diese Aussage überholt ist, ich glaube, das gesteht selbst Herr Schweitzer jetzt zu.

Deshalb sage ich gerade an die Kollegen der FDP: Mehrheit bedeutet nicht immer Richtigkeit.

Frau Ministerpräsidentin, Sie haben in voller Kenntnis der Risiken gehandelt. Der Businessplan, über den wir hier nicht reden dürfen, hat Sie nicht stutzig gemacht. Die Warnungen und Hinweise von KPMG hatten keine Konsequenzen, keiner war vor Vertragsschluss vor Ort. Das schreit doch förmlich danach, als hätten Sie vieles gar nicht wissen wollen. Sie hätten es aber wissen können, wenn Sie gewollt hätten. Deshalb müssen Sie vieles erklären.

Wie ist es wirklich gelaufen? Sie saßen tief in der Schuldenfalle. Die Geschäftszahlen sind verheerend, und dann mussten Sie sehr schnell handeln; denn Kredite werden fällig, Sie brauchen dringend frisches Geld, Frau Dreyer. Dazu sollten Sie in dieser Öffentlichkeit auch einmal stehen.

(Beifall der CDU)

Sie hatten nur drei Angebote auf dem Tisch. Davon bringen zwei kein frisches Geld, und das Dritte verspricht frisches Geld mit vielen Versprechungen, die aber illusorisch sind, die man normalerweise nicht glauben sollte. Darauf haben Sie sich eingelassen.

(Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Dreyer, am Ende zählen aber nicht leere Versprechungen, Hoffnungen und Prognosen, sondern nüchterne Zahlen und Daten.

Frau Ministerpräsidentin, am Wochenende haben Sie der Presse gesagt, Sie seien jetzt auf Fehlersuche.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Ei! Ei! Ei!)

Dabei liegt der Fehler auf der Hand und vor Ihrer eigenen Tür. Es war absehbar, was sich hier abspielte. Es ging darum, dass Sie über die Wahl kommen wollten. Sie haben gar nicht dilettantisch gehandelt, Sie sind kein Opfer von Betrügern, nein, Sie haben hingeschaut. Sie haben sich bewusst für einen Weg entschieden, der höchst riskant und unsicher war und weiter ist. Viele haben davor gewarnt.

Sie haben eine ganze Region enttäuscht, und Sie täuschen weiterhin. Sie haben nach der Landtagswahl alles versucht, um den Eindruck zu erwecken, dass bald eine neue, eine bessere Zeit hereinbrechen werde. Sie haben bewusst einen Käufer ausgewählt, von dem klar war, dass er den Hahn niemals in eine gute Zukunft führen könnte. Warum? Darüber haben Sie die Öffentlichkeit noch nie informiert. Die Zeit drängte, Sie brauchten Geld, um auslaufende Kredite ablösen zu können. Es wurde immer enger für den Hahn und die Landesregierung. Da war Ihnen zum Schluss jedes Mittel recht.

Diesen Mühlstein wollten Sie loswerden, Sie wollten nichts mehr mit dem Hahn zu tun haben, Sie wollten ihn um jeden Preis vor dem Herbst abstoßen. Das war und ist bis heute Ihre Devise, Frau Dreyer.

(Beifall der CDU)

Das hat alles nichts mit verantwortungsvollem, mit vertrauenswürdigem Regierungshandeln zu tun. Frau Dreyer, deshalb vertrauen wir Ihnen nicht mehr, deshalb stellen wir den Misstrauensantrag; denn je mehr Details und Abläufe ans Licht kommen, desto klarer wird Ihre direkte, Ihre persönliche Verantwortung.

Noch bevor der Vertrag zum Verkauf des Flughafens an das chinesische Phantom unterschrieben war, gab es – ich will das heute noch einmal erwähnen, weil wir auch dieser Frage nachgehen werden – vom Finanzministerium Fragen ob der Seriosität, der Bonität und Liquidität des potenziellen Käufers, ob sie geprüft worden seien.

Uns würde der vollständige Prüfbericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG interessieren. Deshalb kann ich nur sagen, jeder Abgeordnete, der blindes Vertrauen hat, sollte in sich gehen. Ich bin mir sicher, in den nächsten Tagen wird das eine oder andere noch das Licht der Wahrheit erblicken.

Frau Dreyer, handeln Sie am Hahn wirklich als Sachwalter von Bürgerinteressen, oder ist Ihnen das eigene Image und das Ihrer Regierung und der SPD wichtiger?

Sind Sie das Risiko, den Hahn in eine ungewisse Zukunft zu schicken, bewusst eingegangen? Sie wussten doch die ganze Zeit, anders als die Öffentlichkeit, wie die Lage tatsächlich ist, auf welch dünnem Eis Sie sich bewegen. Aber Sie wollten sich rasch der Verantwortung für eines der wichtigsten Infrastrukturprojekte des Landes entledigen.

Das ist das Bedenkliche. Wenn das Klammern an der Macht stärker wird als das Verantwortungsgefühl für die Menschen, dann ist das sehr bitter, Frau Dreyer. Dann kann man kein Vertrauen mehr in eine Regierungschefin haben.

(Beifall der CDU und vereinzelt bei der AfD)

Frau Ministerpräsidentin, Sie haben geschworen, Ihr Amt zum Wohle des Volkes zu führen – zum Wohle. Dazu gehört auch, Schaden vom Land abzuwenden, aber Sie haben großen Schaden in Kauf genommen, und das nicht zum ersten Mal.

Frau Dreyer, deshalb ist das Vertrauen in Sie erschüttert. Deshalb setzen wir ein Zeichen, um deutlich zu machen, Sie vertreten nicht neutral die Interessen der rheinlandpfälzischen Bürgerinnen und Bürger. Sie wenden Schäden für Rheinland-Pfalz nicht ab, sondern lassen sie bewusst zu. Sie handeln bei einem zentralen Infrastrukturprojekt des Landes grob fahrlässig.

Die CDU-Fraktion macht zugleich mit dem Misstrauensantrag deutlich, wie sehr wir Ihr Gebaren und Ihre Geschäftspraktiken am Hahn ablehnen. Wir dokumentieren die Distanz zu dem, was Sie tun, und das machen wir

übermorgen mit unseren Stimmen deutlich.

(Beifall der CDU)

Frau Dreyer, Gradmesser für einen Misstrauensantrag ist nicht der Zeitpunkt seiner Einbringung, sondern die Schwere der Verfehlungen der Regierungschefin. Sie sind leichtfertig mit Steuergeldern umgegangen. Sie haben das Vertrauen und die Hoffnung einer ganzen Region enttäuscht, von Menschen, die sich auf Sie und die Glaubwürdigkeit Ihrer Worte verlassen haben. Sie haben dieses Bild von sich gemalt, Frau Dreyer.

Artikel 99 unserer Landesverfassung sagt, der Ministerpräsident, die Landesregierung und die Minister bedürfen zu ihrer Amtsführung des Vertrauens des Landtags. Mit Ihrer Politik haben Sie sich selbst die wichtigste Regierungsgrundlage entzogen – das Vertrauen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir rufen Sie auf, in zwei Tagen das Handeln der Landesregierung und der Ministerpräsidentin Dreyer am Hahn zu bewerten. Damit entscheiden Sie, gerade Sie, Kolleginnen und Kollegen der FDP,

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die FDP hat keine besonderen Abgeordneten!)

über ein „Weiter so“ oder über ein Innehalten in der rheinland-pfälzischen Landespolitik.

Sie bekunden, ob Sie sich hinter das bisherige Vorgehen stellen oder Sie signalisieren, ja, es braucht einen Neustart, und den gibt es mit uns.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir alle haben bei der Wahl einen Auftrag vom Wähler erhalten. Bei der Mandatsausübung sind wir alle hier als frei gewählte Abgeordnete nur unserem Gewissen unterworfen. Das heißt, unsere persönliche politische Überzeugung ist wichtig, aber sehr wichtig ist, dass wir uns für das Gemeinwohl einsetzen und immer danach fragen, nicht was das Förderlichste für meinen eigenen Beruf, für meine eigene Stellung, sondern für diese und die kommende Generation ist.

Genau aus diesem Grund stellen wir als CDU-Fraktion einen Misstrauensantrag, weil Vertrauen eine wichtige Leitwährung in einer repräsentativen Demokratie ist. Wir haben alle den Auftrag, verloren gegangenes Vertrauen in Regierungen, in Politik und Institutionen wiederzugewinnen. Das sind wir dieser Generation, aber der kommenden Generation auch schuldig. Deshalb wird es zum vierten Mal in der Geschichte unseres Landes einen Misstrauensantrag geben.

(Anhaltend starker Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat deren Vorsitzender Alexander Schweitzer das Wort.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kolle

gen! Die CDU gibt uns heute in diesem Landtag mit ihrem Antrag die Gelegenheit, unserer Ministerpräsidentin Malu Dreyer das Vertrauen auszusprechen. Wir haben das am 18. Mai 2016 mit der beeindruckenden Wiederwahl als Ministerpräsidentin schon einmal zum Ausdruck gebracht. Wir sind bereit, es an diesem Donnerstag zu wiederholen.

Das Misstrauensvotum, das Sie heute stellen, Frau Klöckner, richtet sich gegen unsere Ministerpräsidentin. Es richtet sich gegen die politische Persönlichkeit Malu Dreyer. Ich denke, das ist in den Anwürfen deutlich geworden. Es richtet sich aber natürlich auch gegen die von Malu Dreyer geführte Landesregierung und gegen die Politik, für die sie steht.

Meine Damen und Herren, genau deshalb werde ich heute die mir zur Verfügung stehende Redezeit nutzen, um an vielen Themenfeldern zu begründen, warum wir Malu Dreyer und ihrer Politik vertrauen.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist zum Glück so, dass nicht nur wir Malu Dreyer vertrauen. Auch die Menschen in Rheinland-Pfalz tun es,

(Heiterkeit bei der AfD)

weil sie sie kennen und sie wissen, auf Malu Dreyer ist Verlass. Sie steht zu ihrem Wort und ihren Überzeugungen. Malu Dreyer hat einen klaren Kompass. Offenheit, Klarheit, auch Bodenständigkeit zeichnen sie aus, und sie wird dem gerecht. Vor allem aber verstellt sie sich nicht. Sie taktiert nicht, und sie laviert auch nicht. Das gilt auch mit Blick auf den Flughafen Hahn.

In der Krise – so weiß man – zeigt sich bekanntlich der wahre Charakter eines Menschen.

Ich bin geneigt, nach dieser Rede zu sagen, ja, meine Damen und Herren, das beziehe ich auf die Ministerpräsidentin. Aber ich glaube auch, ich kann es auch auf meine Vorrednerin beziehen.

In der momentan zweifellos schwierigen Situation zeigt Malu Dreyer genau das, was sie ausmacht, Haltung und Geradlinigkeit.

(Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)

Ja, ich sage das in aller Deutlichkeit. Wir alle hätten uns gewünscht, mit SYT einen seriösen und nachhaltigen Investor für den Flughafen Hahn gefunden zu haben.