Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist ein Fußballvergleich gemacht worden. Das fordert mich natürlich heraus.
Es ist gesagt worden, wenn man Kreisklassespieler mit Regionalligaspielern zusammen in einer Mannschaft trainieren lässt, werden die einen nicht besser und die anderen vielleicht schlechter.
Ich muss sagen – ich habe auch lange Zeit Fußball gespielt –: Das stimmt nicht; das ist nicht wahr. Ich habe ein bisschen höher als Kreisklasse gespielt, aber nur ein bisschen.
Es kamen dann auch Spieler, die hatten schon Erfahrung in höheren Ligen gesammelt, durchaus in der Regionalliga oder sogar schon in der Bundesliga. Natürlich hat man unfassbar davon profitiert, wenn man einen Spieler mit dieser Leistungsstärke in der Mannschaft hatte.
Auch die Spieler mit einer höheren Leistungsfähigkeit haben davon profitiert, dass sie im Prinzip schon ein bisschen Führungs- und Traineraufgaben mit übernommen haben.
Das heißt, wenn man das Bild schon anwendet, dann sollte man es auch richtig anwenden. Oder wie man sagt: Wer vom Fußball keine Ahnung hat, der soll zu Fußball schweigen.
Genauso ist es auch im Bildungsbereich. Wir brauchen mehr längeres gemeinsames Lernen und nicht weniger, meine Damen und Herren. Die Eltern haben seinerzeit darüber abgestimmt: An den Hauptschulen wurde nicht mehr angemeldet.
Mich wundert nicht, dass eine Partei, die immer wieder gerne in die Vergangenheit zurück will, jetzt wieder sozusagen den Rollback in die Hauptschule fordert. Das wird uns nicht in die Zukunft bringen.
Im Gegenteil: Wir wissen doch heute schon – es wundert mich, dass Sie, die immer sagen, man müsste eigentlich mehr für die Realschule plus machen, das nicht zur Kenntnis nehmen –, dass am Ende der Sekundarstufe I die oberen 10 % der Schülerinnen und Schüler der Realschule plus leistungsstärker sind als das untere Fünftel der Schüler des Gymnasiums.
Das ist die Realität. Das heißt, dieses Denken in Schubladen funktioniert in der Realität überhaupt nicht.
Jetzt ist gerade ein Zeitpunkt – das kann ich Ihnen aus eigener Anschauung sagen –, an dem die Kinder in der 4. Klasse eine Schulwahlentscheidung treffen müssen. Das ist für die Eltern, aber auch für die Kinder eine ganz, ganz wichtige Entscheidung. Das ist eine der ersten großen Lebensentscheidungen. Glauben Sie nicht, dass diese irgendwie verantwortungslos getroffen wird. Nein, ganz im Gegenteil.
Das ist auch für die Schulen eine ganz wichtige Zeit. Ich sage Ihnen eines: Wer eine Schulart wie die Realschule plus kaputtmachen will, der beantragt genau zu dieser Zeit eine solche Aktuelle Debatte, meine Damen und Herren.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich kann da anknüpfen, wo der Abgeordnete Köbler aufgehört hat.
Mit Ihrer Aktuellen Debatte zur Realschule plus stellen Sie diese Schulart kurz vor dem Anmeldetermin für die weiterführenden Schulen infrage.
Für eine Fraktion, die immer dafür eintritt und eintreten will, dass sie für Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung ist, finde ich es schon sehr bemerkenswert, dass Sie die Schulart, die für den Anschluss in beruflicher Bildung steht, hier schlechtmachen und schlechtreden.
(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Michael Frisch, AfD: Reden Sie doch mal mit der Wirtschaft! – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Es ist Aufgabe der Politik, die Probleme aufzugreifen!)
Herr Abgeordneter Frisch, ich rede nicht nur mit der Wirtschaft, sondern ich rede übrigens auch mit Eltern und Schulleiterinnen und Schulleitern, auch von den Realschulen plus. Da höre ich ganz andere Dinge als die, die Sie hier versuchen zu vermitteln.
Was mehr als 7.000 Lehrerinnen und Lehrer an unseren Realschulen plus jeden Tag an hervorragender Arbeit leisten, damit sie die Schule für Chancengleichheit
ja, das ist echt einen Applaus wert –, Durchlässigkeit und Aufstiegsorientierung ist, das reden Sie schlecht.
Wenn man die Realschule plus vor Ort erlebt – ich war in den letzten zwei Jahren in über 30 Realschulen plus –, dann weiß man, welche hervorragende Arbeit dort geleistet wird und was die Schülerinnen und Schüler dort vermittelt bekommen. Die Realschule plus ist eine tragende Säule in unserem Bildungssystem. Sie ist nichts mehr und nichts weniger. Sie wird das bleiben. Sie ist eine Schule der Region, die mit ihrem Praxisbezug gerade im ländlichen Raum den Fachkräftebedarf unserer Betriebe sichert und mit individueller Förderung zu höheren Abschlüssen führt.
Die Realschulen plus mit ihren Fachoberschulen stehen für Aufstieg durch Bildung, für einen einzigartigen Wahlpflichtbereich, der Fähigkeiten und Neigungen mit den aktuellen Themen und Bedürfnissen unserer Gesellschaft zusammenbringt. Sie stehen für eine Verbindung von Theorie und Praxis, die Chancen eröffnet für das Leben nach der Schule.
Die Realschulen plus vermitteln Bildung, Werte und Chancen. Wenn Sie die Schulen vor Ort erleben, dann wissen Sie, dass bei Digitalisierung, Berufsorientierung und MINT gerade die Realschulen plus besonders weit sind.
Im vergangenen Jahr haben Hunderte Eltern mehr als noch im Jahr zuvor ihr Kind an einer Realschule plus angemeldet. Sie sollten vielleicht, wenn Sie hier Zahlen verbreiten, deren Richtigkeit vorher prüfen und einmal überlegen, warum es insgesamt zurückgehende Schülerzahlen gibt, nämlich weil es weniger Schülerinnen und Schüler gibt und es eine neue Schulform gibt, die IGS.
Das heißt, deshalb gibt es zurückgehende Schülerzahlen. Das wäre vielleicht auch gut gewesen und ein Teil der Wahrheit, die man hier nicht verschweigen sollte.
Die Realschule plus eröffnet den Schülerinnen und Schülern alle Wege: erfolgreich in die Ausbildung, zur Fachhochschulreife und dann ins Studium.
Mit dem Projekt „Keine/r ohne Abschluss“, das wir demnächst an 13 Realschulen plus haben, schaffen rund 74 % derer, die sonst möglicherweise keinen Abschluss erhalten würden, dank Praxisbezug und individueller Förderung den Abschluss. 90 % davon gehen dann entweder in eine Ausbildung, oder sie gehen weiter in die Schulen. Das ist eine der besonderen Stärken der Realschule plus. Die Landesregierung unterstützt sie nach Kräften.
Lassen Sie mich den gefühlten Wahrheiten vielleicht noch ein paar echte Fakten entgegenstellen: In der Orientierungsstufe haben die Realschulen plus mit 25 Schülerinnen und Schülern die kleinste Klassenmesszahl aller weiterführenden Schulen. Sie haben landesweit die kleinsten Klassen aller weiterführenden Schulen, nämlich zwischen 20 Schülerinnen und Schülern in der Klassenstufe 5 und 23 in der Klassenstufe 10.
Die Schüler-Lehrer-Relation hat sich in den vergangenen zehn Jahren stetig verbessert. Im Schnitt steht eine Lehrkraft für 13 Schülerinnen und Schüler zur Verfügung.
9.500 zusätzliche Stunden, das sind umgerechnet 351 Lehrerstellen, die allein für individuelle Förderung und Sprachförderung zur Verfügung stehen. Das ist ein Alleinstellungsmerkmal der Realschule plus, und das ist ein klares Bekenntnis zu dieser Schulart.
Wir haben die Rahmenbedingungen stetig verbessert. Wir wollen noch besser werden; denn uns ist natürlich aus unseren Gesprächen, aus dem, was wir tagtäglich mit den Schulen in den Schulen erleben, bewusst, die Herausforderungen für die Realschulen plus sind groß. Heterogenität, Integration und Inklusion sind dort Tag für Tag ganz wichtiger Teil der pädagogischen Arbeit. Deshalb gibt es künftig an allen Realschulen plus zusätzlich didaktische Koordinatorinnen und Koordinatoren, und an jeder Realschule plus arbeitet ein Sozialarbeiter oder eine Sozialarbeiterin.