Protokoll der Sitzung vom 19.06.2018

Vor einigen Wochen hat das Verwaltungsgericht Kassel entschieden, dass trotz Grenzwerten oberhalb der festgelegten Grenzwerte

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Grenzwerte oberhalb der Grenzwerte!)

Fahrverbote in Frankfurt nicht angemessen sind, weil eben nicht hinreichend nachgewiesen ist, dass sie gesundheitsschädlich sind. So viel dazu.

Meine Damen und Herren, ich würde nicht über einen Meter mehr oder weniger Abstand von Messstationen zur Straße reden, wenn mit den Falschmessungen nicht Fahrverbote für viele Kfz verbunden wären und eine solche kalte Enteignung vieler Dieselfahrer.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Genau!)

Sehr geehrte Frau Ministerin Höfken, die politische Verantwortung für das Landesumweltamt und für die Messstationen im Netzwerk ZIMEN liegt bei Ihnen. Sie haben in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage von mir mit Schreiben vom 31. Oktober 2018 geschrieben: „Alle Messstandorte des rheinland-pfälzischen Luftmessnetzes ZIMEN (...) erfüllen die Anforderungen an die Standortkriterien der EU-Luftqualitätsrichtlinie bzw. der (...) BundesImmissionsschutzverordnung“.

(Staatsministerin Ulrike Höfken: Genau! – Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sehr gut!)

Das war falsch, wie die Antwort auf meine Große Anfrage zeigt.

(Staatsministerin Ulrike Höfken: Nein, überhaupt nicht!)

Ihr Kollege, Minister Dr. Wissing, hat ebenfalls in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage von mir

(Staatsministerin Ulrike Höfken: Vielleicht sollten Sie die Antwort einmal lesen! – Zuruf des Abg. Marco Weber, FDP)

mit Schreiben vom 10. Oktober 2018 geschrieben: Hierbei gewährleistet das Landesumweltamt „mit seiner jahrzehntelangen Expertise die Einhaltung der Richtlinienkonformität (...) und dem Betrieb von Messstationen zur Luftschadstoffüberwachung“. Das war offensichtlich falsch.

Richtig ist dagegen, dass das Landesumweltamt offensichtlich von dem Ehrgeiz getrieben schien, möglichst hohe Messwerte zu liefern.

(Abg. Joachim Paul, AfD: So ist es! – Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Quatsch! – Weitere Zurufe aus dem Hause)

Man ist immer möglichst nah an die Hotspots gegangen und hat sich nicht darum gekümmert, ob die Ergebnisse überhaupt repräsentativ sein können.

(Beifall der AfD)

Ich muss Ihnen an dieser Stelle widersprechen, Herr Dr. Wissing, wir haben hier die Möglichkeit.

(Staatsministerin Ulrike Höfken: Selbstgestrickte Wahrheit!)

Die Messstationen müssen richtlinienkonform sein, und wir können den Abstand zur Straße bestimmen, bis zu 10 m. Hier liegt der große Hebel, meine Damen und Herren.

Ich komme zum Ende, Herr Präsident. In Hessen ist man diesen Weg schon gegangen. Ministerpräsident Bouffier hat sich – vielleicht auch auf der Basis der Berichterstattung über unsere Große Anfrage –

(Heiterkeit bei der SPD, der FDP und bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der SPD: Darauf hat er gewartet! – Unruhe im Hause)

dazu entschieden, die Standorte der Messstationen zu ändern.

(Glocke des Präsidenten)

Lassen Sie uns den Hessen folgen!

Vielen Dank.

(Beifall der AfD – Zurufe von SPD und CDU)

Für das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abgeordnete Blatzheim-Roegler.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Baldauf, ich gebe Ihnen recht, die deutsche Automobilindustrie hatte einen guten Ruf, den verliert sie gerade. Aber sie steht tatsächlich vor dem Problem, mögli

cherweise Arbeitsplätze in Deutschland zu verlieren, weil sie einfach zu spät dran ist.

(Zuruf des Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU)

Man muss sich einmal überlegen, dass sich die drei großen Firmen BMW, Mercedes und Audi zusammenschließen wollen, um jetzt erst gemeinsam neue Autos mit neuer Technologie zu kreieren, weil sie wissen, dass beispielsweise der asiatische Markt für ihre bisherigen Automobile überhaupt kein Absatzgebiet mehr ist. Das kritisiere ich. Wir könnten Arbeitsplätze ohne Ende schaffen, gerade auch in der Automobilindustrie, wenn die Automobilindustrie einfach die Signale der Zeit hören würde.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Noch ein Punkt zu dem Förderprogramm, das Sie angesprochen haben: Nur 0,1 % der 1 Milliarde Euro aus dem Dieselfonds wurde bislang überhaupt abgerufen. Die Gründe sind, dass das Verfahren offensichtlich viel zu bürokratisch und die Fristen für einzelne Fördertöpfe viel zu gering sind. Der Deutsche Städtetag kritisiert darüber hinaus, dass es beispielsweise keine Förderung von Wasserstoff oder anderen alternativen Antriebsmöglichkeiten gibt. Wasserstoff betrifft Mainz.

Er kritisiert auch, dass bei dieser Bundesförderung die Maßnahmen nur zu 50 % gefördert werden. Bei anderen Förderungen für Kommunen gibt es beihilfefreie Förderhöhen zwischen 80 % und 90 %. Deswegen kritisieren wir diesen sogenannten Dieseltopf der Bundesregierung als völlig unzureichend.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Wir kommen zu Punkt 6 der Tagesordnung:

Landesgesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes und des Landesfinanzausgleichsgesetzes (Abschaffung von Straßenausbaubeiträgen) Gesetzentwurf der Fraktion der AfD – Drucksache 17/7619 – Zweite Beratung

dazu: Beschlussempfehlung des Innenausschusses – Drucksache 17/8188 –

Hierzu hat die erste Plenarberatung in der 70. Sitzung am 12. Dezember 2018 stattgefunden. Die Ausschussüberweisung erfolgte an den Innenausschuss – federführend – und an den Rechtsausschuss. Die Ausschussempfehlung lautet auf Ablehnung.

Offensichtlich hat sich Herr Abgeordneter Dr. Bollinger gemeldet, der jetzt das Wort hat.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Rheinland-Pfälzer werden mit einer Vielzahl von Steuern und Abgaben belastet. Die Abgabenlast zählt zu den höchsten weltweit.

Dabei stehen die Straßenausbaubeiträge in besonderer Kritik, weil bei vielen Ausbaumaßnahmen ein Sondervorteil für die Anlieger nur schwierig zu erkennen ist oder die Anlieger den Ausbau sogar als nachteilig empfinden, weil sich danach die Verkehrsbelastung erhöht.

Die Erhebung der Straßenausbaubeiträge ist in vielen Städten und Gemeinden mit unverhältnismäßig hohen Verwaltungskosten verbunden. So liegt der Anteil der Verwaltungskosten an den Einnahmen in Bad Ems bei 101 %, in Herrstein bei 121 % und in der Verbandsgemeinde Vordereifel bei 90 %.

Die Erhebung von einmaligen Straßenausbaubeiträgen führt in Einzelfällen zu Forderungen von mehreren 10.000 Euro. Das bedeutet für die Beitragspflichtigen erhebliche und manchmal existenzielle finanzielle Probleme.

Die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen ist darüber hinaus – gerade bei den von der Landesregierung propagierten wiederkehrenden Beiträgen – mit erheblichen Rechtsunsicherheiten behaftet. Die daraus entstehenden Rechtsstreitigkeiten belasten die Verwaltungsgerichte und führen zu zusätzlichen Kosten für die Gemeinden. 2017 gab es nach Auskunft der Landesregierung 101 Verfahren vor dem Verwaltungsgericht und 31 vor dem Oberverwaltungsgericht. 2018 waren es schon 115 vor dem Verwaltungsgericht und 25 vor dem Oberverwaltungsgericht. Das Maximum in den letzten Jahren war 2013 mit 178 Verfahren vor dem Verwaltungs- und 43 vor dem Oberverwaltungsgericht. Dabei waren die wiederkehrenden Beiträge deutlich öfter strittig als die einmaligen Beiträge.

Im Gegensatz zu den Ausführungen des Herrn Minister Lewentz im Innenausschuss sind über die Jahre zwar Schwankungen zu erkennen, aber keine generell rückläufige Tendenz.

Die Abschaffung der Beiträge ist also überfällig. Wie die Diskussion um Stickoxidgrenzwerte und Dieselfahrverbote hat die AfD hier in Rheinland-Pfalz als treibende Kraft auch die Diskussion um die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge angestoßen.

Wir haben am 7. Juni eine Große Anfrage zum Thema „Kommunale Straßenbauinvestitionen und Straßenausbaubeiträge“ an die Landesregierung gerichtet, die am 24. August 2018 im Plenum zur Aussprache gestellt wurde.

Damals wendeten sich noch alle anderen Fraktionen gegen die Straßenausbaubeiträge. Mittlerweile sind – um den Oeffentlichen Anzeiger West vom heutigen Tag zu zitieren – CDU und FDP auf den AfD-Zug gesprungen.