Protokoll der Sitzung vom 19.06.2018

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Er spricht wie der Blinde von der Farbe!)

Das, was Sie hier treiben, stört wirklich.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das soll es auch!)

Wir könnten die Frage stellen, was wäre – Herr Altmaier hat das selbst einmal hochrechnen lassen; dabei kamen Kosten von bis zu 1 Billion Euro für die Energiewende heraus –, wenn wir diese 1 Billion Euro – oder wir können auch über 700 oder 800 Milliarden Euro oder wie viel auch immer reden – in Forschung, auch zum Thema „Energie“, in Straßen, in Infrastruktur und internationale Spitzenkräfte gesteckt hätten? Diese Frage ist zu stellen.

Ich frage mich, warum wir dem Markt so wenig vertrauen. Wenn Sie von der Technologie so überzeugt sind, dann müsste sich diese Technologie doch am freien Markt problemlos durchsetzen lassen. Daher unser Appell, die Energiewende marktwirtschaftlich zu organisieren und nicht per Zwangsverordnung auf den Markt zu drücken, was nicht passt.

Weil vorhin das Thema „Atomstrom“ kam.

(Abg. Jens Guth, SPD: Ihr wollt die AKW weiterlaufen lassen!)

Ja, gesellschaftlich ist es natürlich so, dass man damals nach Fukushima in gewisser Weise erschrocken war, aber ich will einmal unter dem CO2-Gesichtspunkt darauf antworten. Gerade die Grünen kommen mit der Argumentation. Wenn ich sage, ich will kein CO2, dann wäre es sogar schlauer gewesen, die Atomkraftwerke wenige Jahre beschränkt weiterlaufen zu lassen

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist nicht klug!)

und im Gegenzug die Kohle wegzunehmen, anstatt umgekehrt. Das ist ein Denkfehler, den Sie nicht so leicht widerlegen können.

(Beifall der AfD)

Frau Höfken verzichtet auf eine Erwiderung.

(Abg. Jens Guth, SPD: Das ist auch gut so! – Unruhe im Hause)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, allerdings mache ich Sie jetzt darauf aufmerksam – – –

(Unruhe im Hause)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie alle haben noch Redezeit. Sie können sich zu Wort melden; denn den Fraktionen stehen aufgrund der verlängerten Redezeit der Landesregierung noch zusätzlich 3 Minuten 25 Sekunden zur Verfügung. Also nutzen Sie, wenn Sie das möchten, die Gelegenheit. – Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann ist der Tagesordnungspunkt erledigt.

Ich rufe Punkt 18 der Tagesordnung auf:

Ärztinnen und Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU und der Antwort der Landesregierung auf Antrag der Fraktion der CDU – Drucksachen 17/7377/7740/8170 –

Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von 5 Minuten vereinbart.

Das Wort hat Frau Kollegin Hedi Thelen für die CDUFraktion. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Der Öffentliche Gesundheitsdienst ist neben der ambulanten und stationären Versorgung die dritte tragende Säule des Gesundheitswesens. Dazu bekennt sich auch die Landesregierung in ihrer Antwort auf unsere Große Anfrage. Sie geht darauf ein, wie wichtig der Gesundheitsschutz der Bevölkerung, die

Gesundheitsförderung und auch die Prävention als wichtige Aufgaben des Öffentlichen Gesundheitsdienstes sind.

Die Gesundheitsministerkonferenz geht noch einen Schritt weiter und weist darauf hin, dass sich gerade in großen, schwierigen weltweiten Lagen, zum Beispiel im Bereich von großen Seuchenfällen, aber durchaus auch bei der Verbesserung der Krankenhaushygiene, beim Impfwesen und beim Schutz der Kindergesundheit der Öffentliche Gesundheitsdienst, unsere Gesundheitsämter in unseren Landkreisen, bewähren müssen.

Wir – das sage ich ausdrücklich für die CDU-Fraktion – stehen hinter dem Öffentlichen Gesundheitsdienst. Uns ist es wichtig, dass es diesen mit den Kompetenzen, die er hat, auch in der Zukunft geben wird. Darum müssen wir uns leider Sorgen machen.

(Beifall der CDU)

Wir haben aufgrund von Klagen aus unseren Heimatkreisen die Große Anfrage gestellt, um aktuelle Zahlen über die tatsächliche personelle Ausstattung unserer Gesundheitsämter zu erfahren. Wir mussten feststellen, was zu befürchten war, natürlich geht der allgemeine Ärztemangel auch nicht an unserem öffentlichen Gesundheitsdienst vorbei.

Wir haben aktuell von 131,9 Soll-Arztstellen, also von zu besetzenden Stellen, tatsächlich nur 116,7 Stellen besetzt. Jetzt kann man sagen, gut 11,5 % fehlen, aber das ist nicht so dramatisch. So in etwa sagt das auch die Landesregierung. Die Unterbesetzung sei derzeit nicht so erheblich. Daher scheint man – das ist meine besonders große Sorge – auch hier wieder den richtigen Zeitpunkt zu verpassen, sich mit dem Problem auseinanderzusetzen. Das haben wir schon ähnlich erlebt, als es insgesamt um den Ärztemangel ging, auf den wir schon vor über zehn Jahren hingewiesen haben.

Ich muss befürchten, dass Sie die Ausdauer, die Sie bei dem Thema hatten, bis tatsächlich einmal spürbare Schritte zur Verbesserung gemacht wurden, wie jetzt einige wenige zusätzliche Medizinstudienplätze, auch jetzt wieder zeigen und versuchen werden, das Problem für sich ein Stück kleinzuhalten, sodass Sie auch jetzt wieder den Zeitpunkt verpassen werden, zu dem es vielleicht noch möglich wäre, ein Stück gegenzusteuern und die Zukunft unserer Gesundheitsämter zu sichern.

(Beifall der CDU)

Deshalb bin ich froh, dass wir das Thema heute beraten.

Das Problem wird nämlich deutlich, wenn wir uns ansehen, wie schwer es heute schon ist, die offenen Stellen wiederzubesetzen. Die Dauer beläuft sich im Schnitt auf 45 Wochen. Das ist mehr als ein Dreivierteljahr, das sind elf Monate. Wir haben den Daten, die uns die Gesundheitsämter geliefert haben, einen Besetzungszeitraum von 0 bis 100 Wochen entnommen, bis Stellen wiederbesetzt worden sind. Das macht ein Stück weit die Dramatik deutlich.

(Beifall der CDU)

Sie verschärft sich, wenn wir uns das Durchschnittsalter der Ärzte dort anschauen. Leider haben wir dazu nur die Daten von den Leitern und den stellvertretenden Leitern bekommen. Das Durchschnittsalter beläuft sich auf 56 Jahre. Wir müssen damit rechnen, so Gott will und die Genannten dieses Alter erreichen, dass in den nächsten zehn Jahren 63 % der aktiven Ärzte ihre Ruhestandversetzung erleben dürfen. Das heißt, dass wir in diesem Zeitraum eine erhebliche Nachbesetzung vornehmen müssen.

Wo liegen die Gründe? Ein Hauptgrund ist sicherlich die im Vergleich zu anderen ärztlichen Arbeitsplätzen völlig unattraktive Bezahlung. Wir haben ein Delta im Vergleich zum Beispiel zu angestellten Ärzten in Krankenhäusern von 1.000 Euro im Monat. Wir wissen, dass der Öffentliche Gesundheitsdienst mit vielen potenziellen Arbeitgebern, aber durchaus auch mit Niederlassungen, mit Verselbstständigungen als Fachärzte oder Hausärzte, konkurrieren muss und er deshalb unter diesen Bedingungen den Kürzeren zieht.

Das, was ihm in der Vergangenheit noch geholfen hat, das Alleinstellungsmerkmal für die Beschäftigung von Frauen, die eine Familie gründen wollten, die in Teilzeit arbeiten wollten, die nur befristet beschäftigt sein wollten, ist verloren gegangen, weil natürlich aufgrund dieser Mangelsituation alle, die händeringend Ärzte suchen, auf diese Wünsche unserer Ärztinnen und Ärzte eingehen. Selbst in niedergelassenen Praxen über angestellte Ärzte ist eine solche Arbeitsweise möglich.

Das alles zusammen lässt uns wirklich die große Sorge haben, dass wir den Zeitpunkt verpassen, deutlich gegenzusteuern. Wir brauchen wieder eine Evaluierung der Leistungsfähigkeit unserer jetzigen Gesundheitsämter, um zu sehen, wie dringend der Handlungsbedarf ist. Wir brauchen eine Unterstützung, wenn es um künftige Ärzte geht. Wir brauchen wirklich deutlich mehr Medizinstudienplätze; denn die Ärzte, die wir in Rheinland-Pfalz nicht ausbilden, werden keinem System zur Verfügung stehen, erst recht nicht einem System, das so schwach in der Konkurrenz ist. Wir sehen dringenden Handlungsbedarf, und es ist nicht das letzte Mal, dass wir dieses Thema hier beraten werden.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion spricht Frau Abgeordnete Kathrin Anklam-Trapp.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Hedi Thelen, in der Wertschätzung und in der Bedeutung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes für den Gesundheitsschutz in der Bevölkerung sind wir uns absolut einig. Dies ist eine der wichtigen tragenden Säulen in der ambulanten Versorgung, in der Prävention und zur Koordination der Kooperativen Vereinigung in Netzwerken in Rheinland-Pfalz.

Mit den 131,9 Ärztinnen und Ärzten, die tätig sind und wichtige Dienste leisten, sind wir in Rheinland-Pfalz in der Gesunderhaltung der Bevölkerung gut aufgestellt, und ihre gute Arbeit ist uns wichtig.

Wie in allen Berufen, stehen wir auch im ÖGD – ich erlaube mir im Kollegenkreis, dies abzukürzen – vor einem Wettbewerb im Fachkräftebereich. In Deutschland fehlen nicht nur Tausende Ingenieure, Fachpflegekräfte, Handwerker, Lehrer oder Erzieher, es fehlen bekanntermaßen auch Ärzte in der Landarztpraxis, im Krankenhaus und auch als Amtsarzt im Gesundheitsamt. 131,9 Ärzte leisten im ÖGD Rheinland-Pfalz ihren Dienst, und sie verteilen sich wie folgt:

77,1 Arztstellen mit Facharztqualifikation, davon unbesetzt derzeit landesweit 9 Stellen, das sind 0,4 Stellen pro Landkreis.

39,6 Arztstellen ohne Facharztqualifikation, davon unbesetzt landesweit 6,2 Stellen, 0,3 Stellen pro Landkreis.

Eine parlamentarische Befassung mit einer Großen Anfrage ist eben auch immer eine Auseinandersetzung mit Zahlen und deren Interpretation.

Wenn wir Teilzeitstellen haben – das ist bei den Amtsärzten möglich –, haben wir auch immer kleine Teilzeitreste, die entsprechend schwer zu vergeben sind. Die große Frage ist: Sind unsere Amtsärzte mit im Durchschnitt 56 Jahren – Frau Thelen hat es eben schon angesprochen – überaltert?

Das bedeutet mit dem Blick auf das Zahlenwerk, dass 62 % der Ärzte, die als Amtsleiterin und Amtsleiter bzw. als Stellvertreter derzeit tätig sind, hoch qualifiziert sind und mitten im beruflichen Leben stehen. Acht der Ärzte sind 40 bis 49 Jahre, das sind 19 % im Nachwuchs, und 18 Ärztinnen und Ärzte sind 50 bis 59 Jahre, das sind 43 %.

Meine Damen und Herren, von der Landesregierung Rheinland-Pfalz, von Frau Gesundheitsministerin BätzingLichtenthäler war es weitsichtig, schon 2016 die geschlossene Vereinbarung zur Weiter- und Facharztausbildung für die Amtsärztinnen und Amtsärzte in Düsseldorf abzuschließen. Mittlerweile schließen sich immer mehr Bundesländer an; denn die Facharztweiterqualifikation, um für Nachwuchs zu sorgen, ist der Schlüssel.

Meine Damen und Herren, im Vergleich zum Arztberuf ist die Frage: Wie attraktiv ist für Ärztinnen und Ärzte der Dienst im ÖGD, und wo können wir nachbessern? – Denn die Kommunen sind die Arbeitgeber.

Studierende erfahren über die Tätigkeit im Öffentlichen Gesundheitsdienst oftmals viel zu wenig. Da ist durchaus eine Nachbesserungsmöglichkeit. Aber wo findet man familienfreundliche Arbeitsplätze, die so attraktiv sind? Bei entsprechender Qualifikation wird die Facharztzulage gewährt. Es besteht für die Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst die Möglichkeit zur Verbeamtung. Amtsärzte und deren Stellvertreter werden zu gleichen Konditionen entlohnt. Was im ÖGD möglich ist, ist bei anderen Arztgruppen sicher schier undenkbar: Flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit, einen Homeoffice-Arbeitsplatz einzu

richten, sind in hohem Maße geeignet, Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren.