Aktuelle Entwicklungen in der Diesel-Debatte: Stickoxid-Grenzwerte erhöhen, Mess-Stationen neu aufstellen, Fahrverbote in Rheinland-Pfalz verhindern! auf Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 17/8374 –
Sehr geehrtes Präsidium, meine Damen und Herren! 870.000 rheinland-pfälzische Pkw-Halter werden von Fahrverboten in Mainz und in anderen Städten, auch in grenznahen Städten wie Bonn oder Frankfurt, betroffen sein. Für diese Pkw-Fahrer, hauptsächlich Diesel-Fahrer, gab es in unserer letzten Plenarsitzung einige wichtige Nachrichten. Es wird den Fahrern damit Hoffnung gemacht, aber es ist fraglich, ob die neuen Entwicklungen wirklich zur Verhinderung von Fahrverboten in Rheinland-Pfalz führen werden; denn Stadtverwaltungen, Landesregierung und Bundesregierung zeigen immer noch zu wenig Engagement zur Verhinderung von Fahrverboten.
So meldeten letzte Woche einige Medien, die EUKommission würde einer Erhöhung der Grenzwerte auf 50 µg für Stickoxide zustimmen. Eine Grenzwerterhöhung wäre in der Tat eine gute Sache. Wir als AfD fordern das im Landtag seit dem Sommer 2017.
Tatsächlich geht es in der Debatte aber nur um einen Gesetzentwurf der Bundesregierung, nach dem Fahrverbote bei Stickoxiden von 50 µg in der Regel nicht in Betracht kommen sollen. Ein Verbot für bestimmte Schadstoffklassen bleibt aber nach einer Einzelfallprüfung trotzdem möglich.
Meine Damen und Herren, das ist leider keine hinreichende Veränderung der bestehenden Rechtslage. Natürlich haben die Gerichte auch bisher eine Einzelfallprüfung vorgenommen, und sie haben betont, dass Fahrverbote nur das letzte Mittel sein können. Doch diese Einschränkungen haben in den Fällen von Mainz, Köln, Bonn, Darmstadt, Frankfurt sowie in vielen weiteren Städten bisher nichts genutzt. Die Deutsche Umwelthilfe zieht auch bereits in Zweifel, dass die neue Regelung Auswirkungen auf die Verhinderung von Fahrverboten in Mainz hätte.
Dass die CDU-Landtagsfraktion nach dem Vorbild der Bundesregierung nun ebenfalls parlamentarische Initiativen einbringt, die zu kurz springen, macht es nicht besser.
Über einen solchen Antrag zu einem für viele Menschen so wichtigen Thema, der leider zu weit an der Oberfläche bleibt, werden wir morgen zu sprechen haben. Dem werde ich hier nicht vorgreifen.
Meine Damen und Herren, nur eine echte Erhöhung des Stickoxidgrenzwerts und eine Messung an repräsentativen Orten bieten einen wirksamen Schutz vor Fahrverboten, die für viele Bürger eine kalte Enteignung darstellen.
die geltenden Grenzwerte von 40 µg von der damaligen Bundesumweltministerin Angela Merkel mit beschlossen wurden.
Eine interessante Idee in diesem Zusammenhang stammt neuerlich vom saarländischen Ministerpräsidenten Hans. Er stellt in seiner Regierungserklärung die Frage, ob es sinnvoll sei, für Stickoxide EU-weit bindende Grenzwerte festzulegen, wenn der Umgang damit in der Praxis sehr unterschiedlich sei. Hans fügte hinzu: „Ich meine, es ist Zeit, dass wir innerhalb der EU wieder über das Subsidiaritätsprinzip und die geltende Kompetenzabgrenzung reden.“ Tatsächlich sind Luftschadstoffe heute nur noch ein lokales Problem, genauer genommen ein mikrolokales Problem, meist nur ein paar Meter um die rheinland-pfälzischen Messstationen herum. Ein interessanter Ansatz, den man durchaus alternativ zur Diskussion stellen sollte, falls sich in der aktuellen Grenzwertdiskussion keine zielführenden Lösungen finden.
Ich möchte noch zu zwei weiteren aktuellen Entwicklungen Stellung nehmen. Zum Ersten hat die Deutsche Umwelthilfe in Wiesbaden vor Gericht nachgegeben. Es wird auf der anderen Rheinseite keine Fahrverbote geben. Das ist ein kleiner Lichtblick auch für die anfangs angesprochenen 870.000 rheinland-pfälzischen Pkw-Halter. Der Wiesbadener Luftreinhalteplan enthält auch einige Maßnahmen, die nicht kurzfristig greifen, die Anschaffung von Batteriebussen zum Beispiel allein wegen der langen Lieferfristen. Der günstige Ausgang in Wiesbaden liegt darum eher nicht an einem guten Luftreinhalteplan, sondern daran, dass die Gerichte wieder umschwenken. So hat das oberste hessische Verwaltungsgericht bereits verfügt, dass ein Überschreiten der Grenzwerte allein nicht schon für zonenbezogene Fahrverbote ausreicht.
Meine Damen und Herren, damit zeigt Wiesbaden, was Mainz verpasst hat, als es nicht in die Berufung gegangen ist. Die Landesregierung hätte der Stadt Mainz empfehlen sollen, ins Berufungsverfahren zu gehen, aber auch in den Antworten auf unsere Große Anfrage, die wir morgen besprechen werden, weigert sich die Landesregierung, einen solchen Rat auszusprechen. Damit steht sie inzwischen im Gegensatz zum Bundesverkehrsminister. Minister Scheuer sagte Anfang Februar in einem Interview: „Ich rate den Kommunen und Ländern, sich mit allen juristischen Mitteln zur Wehr zu setzen.“ Diesen Rat sprechen auch wir aus und werden auf die weiteren Entwicklungen in der zweiten Runde eingehen.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Jetzt haben Sie noch einmal schnell den Titel der Aktuellen Debatte geändert. Ja, das passiert, wenn man das Pferd zu früh sattelt und jeder Eilmeldung hinterher hastet.
Eine Augsburger Zeitung berichtete, dass die Stickstoffgrenzwerte auf 50 µg angehoben werden. Im Nu feierte das die AfD-Rheinland-Pfalz in bizarren Pressemitteilungen ab und beantragte eine Aktuelle Debatte. Blöd nur, dass dies eine Falschmeldung war. Ich sage, wer so Politik macht und das noch nicht einmal mehr hinterfragt, der betreibt keine seriöse Politik.
(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Inhaltlich nichts zu sagen! Das ist es doch! – Zuruf des Abg. Uwe Junge, AfD)
Die ganze Diskussion um Dieselfahrverbote und um Stickoxidgrenzwerte wird immer absurder und führt zu Verwirrung und zu einer enormen Verunsicherung der Bürgerinnen und Bürger.
Bundesverkehrsminister Scheuer, der sich auf schleierhafte Studien und Lungenfachärzte beruft, hält selbst, als nun herausgekommen ist, dass Herr Köhler sich um den Faktor Tausend – ich betone, um den Faktor Tausend – verrechnet hat und seine angeblichen Zahlen wie ein Kartenhaus zusammengefallen sind, weiter an diesen fest.
Es wird Zeit, dass wir zu einer Versachlichung der Debatte zurückkommen und nicht jeder denkt, dass er der geborene Experte in dieser Frage sei.
Meine Damen und Herren, nein, es sollen eben nicht die Grenzwerte auf 50 µg angehoben werden. Es geht einzig und allein um die Verhältnismäßigkeit bei geringen Grenzüberschreitungen. Dieser Initiative der Bundesregierung hat die EU nun zugestimmt bzw. ich füge an, nicht widersprochen. Das ist vollkommen nachvollziehbar und wird von uns mitgetragen; denn gerade diese Verhältnismäßigkeit trifft uns in Rheinland-Pfalz so gravierend.
Wir haben in allen betroffenen Städten nur geringe Grenzwertüberschreitungen. Deshalb bin ich mir ziemlich sicher, dass es bei uns in Rheinland-Pfalz zu keinen Fahrverboten kommen wird. Dies eben nicht wegen der aktuellen Diskussion, sondern weil gerade diese Landesregierung gemeinsam mit den Städten Mainz, Koblenz und Ludwigshafen an einem Strang zieht
Dann komme ich zur Diskussion über die Messstation und die Verbesserung der Luftreinheit. Ja, das sollte unser Ziel sein; denn wir haben doch alle ein ureigenstes Interesse daran, mit sauberster Luft zu leben.
Über Fahrverbote, Grenzwerte und auch Messstellen kann man durchaus politisch streiten und anderer Auffassung sein, aber an geltendes Recht muss sich gehalten werden. Wenn der Bundesverkehrsminister dies ändern möchte, soll er bei der EU vorstellig werden, aber solange das Recht gilt, muss es respektiert und eingehalten werden.
Hier wird heute von der AfD wieder der Eindruck vermittelt, als würden die Messstationen in Rheinland-Pfalz kreuz und quer nach Belieben aufgestellt werden.
Das ist nicht korrekt, und dem muss heute klar und deutlich widersprochen werden, meine Damen und Herren.
(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Lesen Sie mal die Antwort auf unsere Große Anfrage!)
Die Zwischenrufe kamen eben schon. Ich habe nur auf sie gewartet. Auch im letzten Plenum hat man mir Bashing der Autoindustrie, ein Kaputtreden und ein Zerschlagen der Autoindustrie vorgeworfen. Nein, darum geht es nicht. Darum ging es nie. Das hat auch keiner behauptet.
Ich zitiere die EU-Industriekommissarin – man könnte meinen, sie muss diesen Satz sicherlich nicht sagen, aber sie hat ihn gesagt –: „Wir bestrafen mit Fahrverboten die Verbraucher als letzten Teil der Kette, aber nicht die Hersteller.“ Darum geht es im Kern. Nichts anderes sage ich seit Monaten.
(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe der Abg. Uwe Junge und Michael Frisch, AfD)
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn es um den Diesel geht, um Grenzwerte, um Fahrverbote, stehen vielen Bürgerinnen und Bürger im besten Fall Zweifel ins Gesicht geschrieben, im schlimmsten Fall ist es die Verzweiflung. Umso wichtiger ist es, dass hier die Politik einen klaren Kopf behält, wenn es darum geht, die verschiedenen Interessenlagen in Einklang zu bringen.
Vieles trifft hier zusammen: wirtschaftliche Interessen, gesundheitliche Interessen, unterschiedliche politische Ziele, zukunftsfähige Mobilitätskonzepte, die Bewahrung von Ökosystemen, Gefühle und Emotionen, Kosten-NutzenAbwägungen, die Gefahr massiver Eingriffe in den Alltag der Bürger.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Grenzwerte werden nicht von der Natur gemacht, sondern von Menschen festgelegt, mit allen Fehlern, die damit einhergehen können, in die eine wie in die andere Richtung.
Die politische Debatte darüber ist grundsätzlich richtig und notwendig, auch deshalb, weil in den vergangenen Monaten viel Vertrauen für Bürgerinnen und Bürger verloren gegangen ist. Auch über Fahrverbote muss nachgedacht werden.