Protokoll der Sitzung vom 20.02.2019

Die politische Debatte darüber ist grundsätzlich richtig und notwendig, auch deshalb, weil in den vergangenen Monaten viel Vertrauen für Bürgerinnen und Bürger verloren gegangen ist. Auch über Fahrverbote muss nachgedacht werden.

(Beifall bei der CDU)

Wir müssen aber auch selbstkritisch sein. Staat, Länder und Kommunen hätten hier seit 1999 mehr tun, besser und schneller handeln müssen, anstatt die sich abzeichnenden Probleme auf die lange Bank zu schieben und den Kopf in den Sand zu stecken.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dennoch dürfen wir jetzt nicht in falschen Aktionismus verfallen. Die CDU-Fraktion tritt für eine Versachlichung der Debatte ein im Interesse der Gesundheit der Menschen und unserer Umwelt.

Die Politik bleibt nur dann glaubwürdig, wenn wir das richtige Ziel einer Verkehrswende a) nicht mit fragwürdigen Methoden durchsetzen und dies b) nicht auf einer dünnen Faktenbasis, sondern auf der Grundlage solider Daten sowie handhabbarer und methodisch verlässlicher Verfahren angehen.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir brauchen sichere Bewertungen. Die US-Umweltbehörde EPA kommt zu anderen Ergebnissen als die Weltgesundheitsorganisation WHO. Die einen Lungenfachärzte halten die Grenzwerte der Europäischen Union für übertrieben, für andere Experten könnten sie noch weitaus niedriger sein.

Die Verwirrung über Richtlinien und Grenzwerte ist groß. Wir brauchen deshalb mehr Forschung, einen besseren wissenschaftlichen Erkenntnisstand und neue Messungen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die CDU-Fraktion unterstützt jede sinnvolle Maßnahme zur Verbesserung unserer Luft. Doch – das betone ich – pauschale Dieselfahrverbote sind weder geeignet noch verhältnismäßig.

(Beifall der CDU)

Es ist eben nicht verhältnismäßig, einer Familie mit drei Kindern die Fahrt in die Stadt mit ihrem Familienvan zu verbieten oder dem Senioren mit seinem älteren Auto. Es ist

nicht verhältnismäßig, dem kleinen Handwerksbetrieb die Geschäftsgrundlage zu entziehen, und es ist eben nicht verhältnismäßig, wenn wir dem Pendler, der den Spagat zwischen niedrigen Wohnkosten auf dem Land und der Arbeitsstelle in der Stadt schaffen muss, sagen, Dein Auto darfst Du nicht mehr fahren, und es zu verkaufen, lohnt sich im Übrigen auch nicht mehr für Dich.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, CDU: Wer regiert im Bund?)

Politik muss Ausgleich schaffen. Sie muss Ziele für morgen, den Schutz von Luft und Böden, mit der Realität von heute zusammenbringen. Ja, im Interesse von Mensch, Natur und Klima brauchen wir möglichst geringe Belastungen durch CO2, NOx und Feinstaub. Deshalb bedarf es aufeinander abgestimmter Regelungen, die diese Ziele erreichen, und keiner sich widersprechenden Lösungen.

(Beifall der CDU)

Doch genau über dieses Entweder-oder kommt die derzeitige Debattenlage nicht hinaus. Auf der Suche nach konstruktiven und sachgerechten Lösungen müssen wir nicht nur fragen, was der Diesel nicht kann, sondern wir müssen eben auch die Frage stellen, was der Diesel leistet. Es ist falsch, den Diesel derart öffentlich zu verteufeln, wie es teilweise in der politischen Debatte geschieht. Da ist etwas zu Unrecht in Verruf geraten und damit auch ein ganzer Industriezweig, wogegen wir uns als CDU-Fraktion ausdrücklich wehren.

(Beifall der CDU)

Fakt ist, wegen des geringeren Verbrauchs leisten Diesel einen Beitrag zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes und damit zu einer Verringerung klimaschädlicher Abgase. Durch die modernen Partikelfilter ist das Feinstaubproblem bei modernen Dieseln gelöst. Bleiben Stickoxide. Hier sind sowohl die Grenzwerte als auch die Messmethoden in der Diskussion.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, unabhängig von Grenzwerten müssen wir die Messmethoden in Deutschland und Rheinland-Pfalz in den Blick nehmen. Selbst das Umweltbundesamt macht darauf aufmerksam, dass die Messstationen nicht alle regelkonform aufgestellt sind, nicht alle Stationen repräsentative Werte liefern, teilweise stehen sie sehr lange an bestimmten Orten.

Das kann für wissenschaftliche Messreihen sinnvoll sein

(Glocke des Präsidenten)

ich komme zum Ende –, aber nicht für die Beantwortung der Frage, ob Fahrverbote verhängt werden sollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, deshalb: mehr Realitätssinn in dieser Debatte, klarere Messergebnisse, mehr Forschung, keine Verteufelung einer Technik, an der mehrere Hunderttausend Arbeitsplätze hängen.

Herzlichen Dank.

(Beifall der CDU – Zuruf des Abg. Michael Hüttner, SPD)

Für die FDP-Fraktion spricht Herr Abgeordneter Wink.

Verehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Vorab als kleine Zusammenfassung der letzten Plenardebatten: Auch wir Freien Demokraten sind gegen eine Verbotspolitik, auch wir sind gegen eine kalte Enteignung von Dieselfahrerinnen und Dieselfahrern, und auch wir sind gegen Fahrverbote. Daher begrüßen wir alle sinnvollen Maßnahmen, die Fahrverbote verhindern.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen der AfD, es war schön zu sehen, dass Sie sich kurzfristig noch einmal dazu entschieden und festgestellt haben, dass die Informationen, auf denen Ihr erster Antrag beruhte, nicht ganz ausführlich genug waren. Ich vermute, deshalb haben Sie den Antrag zurückgezogen, aber dennoch diskutieren wir heute noch einmal über dieses Thema.

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Wie ich in der letzten Sitzung bereits sagte, bringt uns eine Diskussion an dieser Stelle über Grenzwerte und bestehende rechtliche Rahmen direkt nicht weiter. Die EU-Kommission sieht zwar keine Bedenken darin, dass Fahrverbote erst ab 50 µg Stickoxid angemessen sind. Erst bei Werten zwischen 40 und 50 µg sollen entsprechende Maßnahmen ergriffen werden. Ich sehe es einmal als gewisse Toleranzgrenze an. Aber der Grenzwert von 40 µg bleibt.

Ganz wichtig ist, noch einmal zu wiederholen, Deutschland kann diesen nicht eigenständig ändern oder aussetzen. Daher gilt es, Expertenmeinungen einzuholen, Partner einzubinden und gemeinsam einen weiteren Weg zu bestimmen; denn nur fundierte Diskussionen sind hier wirklich zielführend und bringen uns weiter.

Während man sich weiterhin mit der Diskussion über Grenzwerte beschäftigt – das kann ich nur noch einmal sagen –, handelt die Landesregierung. Ja, wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern ihre Mobilität sichern, wir dürfen sie mit ihren Ängsten und Befürchtungen nicht alleinlassen. Genau deshalb hat Verkehrsminister Dr. Wissing bereits gehandelt. Als im letzten Jahr die Diskussion aufkam, wurden schnell und unbürokratisch Maßnahmen gegen Fahrverbote auf den Weg gebracht.

Es ist Tatsache, dass sich die Luftqualität in vielen Innenstädten bereits verbessert hat. Die Maßnahmen zeigen also Wirkung. Die Anstrengungen von Land und Städten tragen Früchte.

Ein Beispiel hierfür sind die 23 neuen umweltfreundlichen Linienbusse in Mainz. Die Euro 6-Fahrzeuge sind dank modernster Abgastechnik wesentlich umweltfreundlicher als die bisherigen Busse.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Die sind doch erst kürzlich eingeführt worden!)

Es ist aber eine Maßnahme, die ergriffen wurde.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Wie kann sich die Qualität dann schon verbessert haben?)

Bei den 23 neuen Bussen handelt es sich um eine vorzeitige Neubeschaffung. Ursprünglich war eine schrittweise Anschaffung bis 2021 geplant, die Gesamtinvestitionen lagen bei einer Summe von 8,3 Millionen Euro.

Dieses Beispiel ist eines der Beispiele, die zeigen, dass man die Situation auch mit Besonnenheit angehen kann; denn statt dicker Luft im Plenum liefern wir praxisnahe Lösungen.

Danke schön.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Monika Becker, FDP)

Auf der Zuschauertribüne dürfen wir weitere Gäste begrüßen. Es sind Mitglieder der Bürgerbusvereine und -initiativen aus dem Wahlkreis 45 – Kaiserslautern Land. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Kollegin Blatzheim-Roegler.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Nachdem wir im vergangenen Plenum die Aktuelle Debatte der CDU zum Thema „Fahrverbote verhindern – Soziale Härten vermeiden – Grenzwerte überprüfen“ hatten, wartet die AfD nun mit ihrer Aktuellen Debatte „Aktuelle Entwicklungen in der Diesel-Debatte: StickoxidGrenzwerte erhalten, Mess-Stationen neu aufstellen, Fahrverbote in Rheinland-Pfalz verhindern!“ auf.

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Ich frage mich, was jetzt aktuell an der Debatte ist. Sind alle Messstationen in den letzten zwei Wochen umgefallen, sodass sie neu aufgestellt werden müssen? Welchen Grenzwert will die AfD „erhalten“, nachdem sie noch vor einer Woche titelte: „Stickoxid-Grenzwerte auf 50 µg erhöhen“? Vorhin haben Sie wieder davon gesprochen. Nicht „erhalten“, sondern Sie wollen sie erhöhen.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Richtig lesen!)

Auch das Mantra – wortgleich mit der Aktuellen Debatte der CDU-Fraktion von vor drei Wochen – „Fahrverbote verhindern“ ist fern jeder Aktualität. Das haben meine Vorredner noch einmal bestätigt.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Hören Sie nicht zu?)