Protokoll der Sitzung vom 28.03.2019

Ich möchte zunächst einige Vorbemerkungen machen. Ich möchte klarstellen, dass wir die in der Presse genannte Zahl von 1,3 Milliarden Euro als zukünftigen Finanzierungsbeitrag des Bundes nicht bestätigen können. Der Bund hat uns – den gesamten Ländern – für 2020 eine pauschale Erstattung der Integrationskosten der Länder in Höhe von rund 2,33 Milliarden Euro angeboten. Dabei handelt es sich um eine Pauschale pro anerkanntem Flüchtling in Höhe von insgesamt 16.000 Euro, verteilt über fünf Jahre.

Damit hat uns der Bund ein flexibles, von den anerkannten Flüchtlingen abhängiges System angeboten.

Der Bund hat das Ziel, seine Beteiligung an den Kosten der Unterkunft für Geflüchtete ab 2020 wieder abzusenken. Wie Sie wissen, handelt es sich hierbei um die einzige direkte Entlastung der Kommunen. Das heißt aber nicht, wie es vergangene Woche in der Presse zu lesen war, dass der Bund die Kosten der Unterkunft für Geflüchtete dann gar nicht mehr trägt. Er plant, sie auf die normale Erstattungshöhe zurückzufahren.

Die kommunale Entlastung würde sich dann noch immer an den bestehenden länderspezifischen Quoten zur Mitfinanzierung des Bundes für diesen Bereich des SGB II bemessen und damit auch für das Jahr 2020 auf rund 700 Millionen Euro belaufen.

Ich möchte kurz auf die Formulierung der Mündlichen Anfrage eingehen. Es ist so, dass der SPD-Finanzminister Olaf Scholz nicht der SPD-Finanzminister ist. Die SPD hat einen Schatzmeister.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So ist es!)

Er ist vielmehr der Bundesfinanzminister Olaf Scholz, der von der SPD ist. Insofern handelt er für die gesamte Bundesregierung mit der Bundeskanzlerin an der Spitze, mit der in dieser Frage bereits gesprochen worden ist.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Ach, auf einmal! Die Frau Barley bei den Uploadfiltern auch! – Glocke des Präsidenten)

Es handelt sich um einen klassischen Bund-LänderKonflikt, den wir – alle Landesregierungen zusammen – mit der Bundesregierung austragen.

Wir haben eine Zusage vom Bund, dass er sich dauerhaft und strukturell an den erhöhten Kosten aus dem starken Flüchtlingszugang der Jahre 2015 bis 2017 beteiligt. Meine Damen und Herren, wir setzen uns im Interesse der Kommunen und des Landes für eine adäquate Beteiligung des Bundes an der Flüchtlingsfinanzierung ein.

(Unruhe im Hause – Glocke des Präsidenten)

Der momentan auf dem Tisch liegende Vorschlag entspricht dieser Vorgabe nicht. Das haben wir in allen Besprechungen dazu deutlich gemacht. Die Ministerpräsidentinnen- und Ministerpräsidentenkonferenz hat sich seit Dezember dreimal mit diesem Thema beschäftigt. Es ist Einschätzung aller Landesregierungen, dass das Angebot des Bundes nicht ausreichend ist.

Zu Frage 1: Bundesweit erhalten die Länder und Gemeinden im Jahr 2019 – wie Sie richtig festgestellt haben – insgesamt Erstattungen von rund 5 Milliarden Euro. Dieser Betrag ergibt sich aus den Umsatzsteuermitteln für die laufenden Asylverfahren, den pauschalen Umsatzsteuerintegrationsmitteln sowie den pauschalen Umsatzsteuermitteln für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge.

Als direkte Entlastung der Kommunen werden im Jahr 2019 die Kosten der Unterkunft von Geflüchteten vollständig vom Bund erstattet. Klammert man die pauschalen Mittel für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Höhe von 350 Millionen Euro pro Jahr aus, kommen wir auf den von Ihnen genannten Betrag von rund 4,7 Milliarden Euro.

Im Jahr 2019 stehen Rheinland-Pfalz damit insgesamt rund 245 Millionen Euro zur Verfügung. Für 2020 liegt das derzeitige Angebot des Bundes rund 1,7 Milliarden Euro niedriger als die bundesweiten Zahlungen für 2019. Für Rheinland-Pfalz würde dies eine Minderung zum kommenden Jahr um etwa 83 Millionen Euro bedeuten. Das ist, wie ich bereits erläutert habe, kein akzeptables Angebot an die Länder.

Im Übrigen ist für die Planungssicherheit der Haushalte des Landes und der Kommunen nicht nur relevant, wie hoch die Bundesbeteiligung im Jahr 2020 ausfällt. Wir würden uns wünschen, dass wir eine Einigung erzielen können, die für einen längeren Zeitraum gilt.

Zu Frage 2: Meine Damen und Herren, Sie fragen nach den gesamten Kosten, die sich aus der Unterbringung und der Integration von Flüchtlingen ergeben. Diese Gesamtkosten lassen sich nicht exakt ermitteln, da ein Teil der Kosten direkt vom Bund übernommen wird.

Zusätzliche Belastungen des Landes ergeben sich aus den Kosten für die Integration, zum Beispiel den notwendigen Ausbau von schulischer Infrastruktur und Kindertageseinrichtungen, die aufgrund der Zurechnungsproblematik nur grob abzuschätzen sind.

Zu den Unterbringungskosten und Integrationsausgaben der einzelnen Kommunen liegen dem Land keine vollständigen Angaben vor. Insgesamt belaufen sich die Bundesbeiträge an das Land Rheinland-Pfalz und seine Kommunen in diesem Jahr schätzungsweise auf einen Anteil von rund 30 % der Gesamtkosten.

Zu Frage 3: Ich habe bereits vorweg klargestellt, dass es sich bei der guten Integration von Flüchtlingen mit Blick auf die besondere Krisensituation der Jahre 2015 bis 2017 auch um eine Verantwortung der Bundesregierung handelt. Daran haben die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten die Bundesregierung nochmals erinnert.

Sehr geehrter Herr Schnieder, sehr geehrter Herr Kes

sel, jetzt erinnere ich Sie nochmals daran, dass der SPDBundesfinanzminister Olaf Scholz dabei lediglich die gesamte Position der Bundesregierung vertritt.

(Heiterkeit des Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU)

Die Landesregierung tritt zusammen mit den anderen Ländern dafür ein, dass der Bund die bestehenden Kosten wie in den vergangenen Jahren weiter berücksichtigt und sich an diesen in angemessenem Umfang beteiligt.

Für die Planungssicherheit von Ländern und Kommunen ist es wichtig, dass gemeinsam mit dem Bund zügig eine Lösung für die Jahre ab 2020 erreicht wird. Die Situation der Kommunen ist für die Landesregierung besonders wichtig. Die Länder fordern gemeinsam, dass der Bund zur Entlastung der Kommunen mindestens weiterhin die vollständigen Kosten der Unterkunft für Geflüchtete übernimmt. Die Integrationskosten werden nach Einschätzung der Länder in den nächsten Jahren nicht wesentlich sinken. Insofern fordern wir die Fortführung der pauschalen Integrationsmittel auch für die Jahre ab 2020 ein.

Zu Frage 4: Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschluss noch sagen: Was das weitere Verfahren zu den Verhandlungen betrifft, müssen wir noch um etwas Geduld bitten. Die Verhandlungen dauern an. Die Landesregierung wird zusammen mit den anderen Landesregierungen Gespräche mit dem Bund führen – wenn notwendig auch mit der Bundeskanzlerin –, bis ein vertretbares Ergebnis für die Länder und die Kommunen erreicht ist.

Vielen Dank.

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Kessel.

Vielen Dank, Herr Dr. Weinberg. Können Sie noch etwas dazu sagen, wie das verbleibende Geld, das beim Land und den Kommunen hängen bleibt, insgesamt aufgeteilt wird; wie viel davon also das Land übernimmt und was die Kommunen aus eigener Tasche zahlen müssen?

Grundsätzlich ist die Integration von geflüchteten Personen Aufgabe der Länder, vor allem der Länder und ihrer Kommunen. Der Bund beteiligt sich hieran. Ich verstehe Ihre Frage so, dass Sie danach fragen, inwieweit wir die Kosten für die Integrationsmilliarden zwischen Ländern und Kommunen aufgeteilt haben.

Dazu muss ich Ihnen sagen, dass wir für die Zahlungen, die wir für das Jahr 2019 vom Bund erhalten haben, bereits im Jahr 2018 in Höhe von 58 Millionen Euro gegenüber den Kommunen als Vorabzahlung für das Jahr 2019 in Vorleistung getreten sind und auch bereits im Jahr 2019 im Haushaltsplan 48 Millionen Euro vorgesehen haben, die wir an die Kommunen geben werden, ohne dass das

Land eine Absicherung für die Zahlungen des Jahres 2020 hat. Das heißt, in dem Punkt sind wir mit dem Land in das Risiko gegangen. Insofern ist es für uns besonders wichtig, dass wir mit dem Bund eine Einigung erzielen.

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Frisch.

Herr Staatssekretär, Sie haben gesagt, dass Sie mit dem Bund weiterverhandeln wollen. Sollte es aber doch dazu kommen, dass die Mittel für die Kommunen deutlich gekürzt werden, wäre das Land dann bereit, eine entsprechende Kompensation im Hinblick auf die schwierige Finanzlage vieler Städte und Gemeinden zu leisten?

Wir sehen den Verhandlungen mit dem Bund mit großer Zuversicht entgegen. Das ist ein Verhandlungsstand, den man häufiger mit dem Bund erreicht. Ich glaube, am Ende werden wir mit dem Bund eine akzeptable Lösung erzielen, weil auch der Bund erkennen muss, dass die Kommunen bestimmte Finanzierungsbedarfe haben, die abgedeckt werden müssen.

Die Landesregierung von Rheinland-Pfalz kümmert sich in den Besprechungen vor allem auch um diesen Aspekt. Ich hatte in meiner Beantwortung dargelegt, dass es für uns besonders wichtig ist, dass wir die Kosten der Unterkunft für Geflüchtete in Höhe von 100 % nach wie vor vom Bund erhalten, weil das eine direkte Entlastung der Kommunen ist,

(Abg. Michael Frisch, AfD: Wenn nicht?)

die unmittelbar in den kommunalen Haushalten wirkt. Insofern hat der Bund mit seinem Konzept mit den 16.000 Euro pro Geflüchtetem schon gezeigt und anerkannt, dass es einen entsprechenden Finanzierungsbedarf gibt.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Keine Antwort auf meine Frage!)

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Junge.

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Sie haben erwähnt, dass etwa 30 % der Gesamtkosten, die Sie insgesamt nicht verifizieren können, vom Bund übernommen werden. Das ist schon einmal bezeichnend.

Wie bewerten Sie denn die zukünftige Entwicklung bei den Finanzen, wenn man davon ausgeht, dass noch Menschen zu uns kommen, andere möglicherweise im Integrationsprozess in den Arbeitsmarkt einfließen? Haben Sie eine Vorstellung, wie sich die finanzielle Situation künftig entwickeln wird?

Die Entwicklung der finanziellen Situation bleibt ein Stück weit abzuwarten. Fakt ist, dass sich die Finanzierungslasten von der Aufnahme der Flüchtlinge, also vor allem im Bereich der Erstaufnahme und der Unterbringung von Flüchtlingen, weiterhin hinsichtlich derjenigen Maßnahmen verschiebt, die wir im Bereich der Integration zu leisten haben. Insofern ist es für uns besonders wichtig, dass wir diese Position auch gegenüber dem Bund deutlich machen und dafür Sorge tragen, dass sich der Bund an den Integrationskosten beteiligt.

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Kessel.

Sehr geehrter Herr Staatssekretär, Sie haben ausgeführt, dass für dieses Jahr 58 Millionen Euro und für das kommende Jahr 48 Millionen Euro an die Kommunen weitergegeben werden. Können Sie die Gesamtkosten der Integrationsleistungen noch einmal beziffern?

Ich hatte in meiner Antwort bereits ausgeführt, dass die Gesamtleistungen in der Integration, das heißt von allen Integrationsleistungen sowohl des Bundes als auch der Länder und der Kommunen, schwer zu beziffern sind, weil diese teilweise nicht exakt ausgewiesen werden können. Ich hatte auch erwähnt, dass gerade im Bereich des Landes vor allem Integrationsaufgaben in den Kindertageseinrichtungen und in den Schulen zu erbringen sind und insofern eine exakte Berechnung und ein exakter Abschnitt schwer zu machen ist.

Was ich Ihnen in Höhe von 58 Millionen Euro und 48 Millionen Euro genannt habe, sind die Zahlungen wegen der Integrationsmilliarde des Bundes. Darüber hinaus bekommen die Kommunen natürlich auch noch 63 Millionen Euro nach dem Landesaufnahmegesetz und 114 Millionen Euro für die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge. Das heißt, ich hatte Ihnen insofern nur das genannt, was die Integrationsmilliarde betrifft und was dort vom Land weitergeleitet wird. Darüber hinaus haben die Kommunen noch diese entsprechenden Zahlungen und die Leistungen aus den Kosten der Unterkunft für Flüchtlinge in Höhe von 100 %.

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Joa.

Herr Staatssekretär, wir haben die Debatte schon öfter im Ausschuss gehabt. Ich komme noch einmal zurück zur wahren Kostenermittlung, das bedeutet direkte und indirekte Kosten, Stellenaufwuchs, Verwaltung, Kita, Schulplätze. Wenn man das in der Privatwirtschaft nicht direkt zurechnen kann, bezeichnet man es als „Gemeinkosten“ und bildet entsprechende Zuschläge. Ist die Landesregierung

in Bezug auf die tatsächlich anfallenden kalkulatorischen Kosten weitergekommen? Haben Sie Zahlen vorliegen? Wir kamen pro Person auf eine Summe von 1.200 Euro bis 1.500 Euro im Monat insgesamt.

Diese Zahlen kann ich insofern nicht bestätigen, als es wirklich schwierig ist, zum Beispiel im Bereich der Schulinfrastruktur entsprechende Zahlen zu ermitteln. Sie können insofern nicht nachvollziehen, warum sich bestimmte Entwicklungen in der Schule so zeigen. Ich nehme ein Beispiel. Der permanente Rückgang von Schülerzahlen ist in einem bestimmten Jahr zum Beispiel etwas gebremst worden. Darin sind unterschiedliche Effekte mit enthalten. Das kann mit dem Flüchtlingszuzug zusammenhängen. Das kann aber auch andere Faktoren haben. Daher ist eine Analyse von bestimmten Ursachen und damit auch eine bestimmte Folgekostenberechnung extrem schwierig und mit Unsicherheiten behaftet. Deshalb hatte ich mich in meinem Antwortentwurf darauf beschränkt, von Schätzungen zu sprechen.