Protokoll der Sitzung vom 15.05.2019

Einmal mehr wird der Streit nicht nur auf politischer Ebene geführt, sondern von denen, die politisch nichts mehr von dieser Landesregierung erwarten, auf dem Rechtsweg ausgefochten.

Im Jahr 2012 hatte der rheinland-pfälzische Verfassungsgerichtshof festgestellt, dass die Vorschriften zum kommunalen Finanzausgleich mit der Landesverfassung unvereinbar seien. Die daraufhin erfolgte Reform im Jahr 2014 erwies sich jedoch als unzureichend. Weder die Maßnahmen des Landes in der Haushaltsgesetzgebung noch bei der Neuregelung des Landesfinanzausgleichsgesetzes (LFAG) oder der Reform des Entschuldungsfonds erwiesen sich als geeignet, die Vorgaben des Gerichts erfolgreich umzusetzen.

Meine Damen und Herren von der Landesregierung und den Ampelfraktionen, Ihnen rechnet der Gemeinde- und Städtebund vor, was das Land seinen Kommunen vorenthält. Im Zeitraum von 1991 bis einschließlich 2020 kommt er dabei auf die unglaubliche Summe von 12,89 Milliarden Euro. Das sind Jahr für Jahr fast 430 Millionen Euro.

Natürlich wird jetzt der Einwand folgen, dass man zunächst einmal den Abschluss der laufenden Gerichtsverfahren abwarten müsse und die Zahlen im Übrigen unrealistisch seien. Aber gleichgültig, welche Datengrundlage Sie verwenden, überall sieht es gleich schlecht aus. Das liegt nicht am mangelnden Sparwillen der Kommunen. Nein, es liegt am mangelnden Finanzierungswillen dieser Landesregierung.

(Beifall der AfD)

Betrachten wir als Indikator einmal die Schuldenentwicklung. Das Statistische Bundesamt hat Ende März dieses Jahres die Verschuldungsentwicklung der Länder und Kommunen für das Jahr 2018 analysiert. Am besten abgeschnitten hat unser Nachbarland Hessen, das eine enorme Entschuldung seiner kommunalen Haushalte vornehmen konnte.

(Zuruf des Abg. Hans Jürgen Noss, SPD)

Während Rheinland-Pfalz immer noch mit einem Kommu

nalen Entschuldungsfonds herumdümpelt, der allenfalls den Anstieg der Verschuldung begrenzen kann, haben die Kollegen jenseits des Rheins mit ihrer HESSENKASSE ein nachhaltiges Programm zum Schuldenabbau aufgestellt.

(Abg. Martin Haller, SPD: Ja, ja, ja, alles klar!)

Doch damit nicht genug: Fast überall hat die relative Verschuldung der kommunalen Haushalte stärker abgenommen als die des jeweiligen Bundeslands. Nur in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz haben wir eine asymmetrische Schuldenentwicklung. Gemessen am Schuldenstand ist die Entschuldung dieser Länder erheblich größer als die ihrer Kommunen. Mit anderen Worten: Hier saniert man sich auf Kosten von Städten und Gemeinden. Das gilt auch und ganz besonders für Rheinland-Pfalz.

(Beifall der AfD)

Dabei ist das Problem nicht nur, dass Regierung und Ampelkoalition eine schlechte Politik für die Kommunen machen, beschämend ist vor allem, mit welcher Arroganz sie dies tun. So stellte Finanzministerin Ahnen bei der Einreichung des Doppelhaushalts wörtlich fest: „Das Land ist und bleibt ein verlässlicher Partner der Kommunen.“

(Beifall bei der SPD – Abg. Michael Hüttner, SPD: Das ist doch richtig! – Abg. Hans Jürgen Noss, SPD: Sehr richtig!)

Die Ministerpräsidentin benutzt ebenso gern diese Floskel. Aber wie passt das zur Aussage der Kommunen, sie hätten zu den Haushaltsberatungen kaum einen Termin bei der Landesregierung erhalten?

(Heiterkeit des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD)

Sieht so eine verlässliche Partnerschaft aus, oder zeigt sich hier nicht vielmehr eine zynische Missachtung von Städten und Gemeinden, die man am ausgestreckten Arm verhungern lässt, während man gleichzeitig üppige Rücklagen im Landeshaushalt schafft?

(Beifall der AfD)

Nein, meine Damen und Herren, weder bei der Anpassung des LFAG noch zu irgendeinem anderen Zeitpunkt hat diese Landesregierung ernsthafte Anstrengungen unternommen, um die anhaltende, beispiellose Finanzmisere der Kommunen im Land zu beenden. Die Arroganz der Macht und das Wissen um die sichere parlamentarische Mehrheit hat sie stets daran gehindert, den berechtigten Forderungen der Kommunen nachzukommen.

Wenn Kollege Noss,

(Abg. Michael Hüttner, SPD: Guter Mann!)

als ewig grüßendes rotes Murmeltier zum gefühlt 20. Mal

(Abg. Martin Haller, SPD: Unverschämtheit, was soll das denn? – Heiterkeit bei der AfD)

mit den immergleichen Textbausteinen die Existenz eines kommunalen Finanzproblems einfach zu leugnen versucht, dann ist auch das ein Affront gegenüber den davon existenziell Betroffenen.

(Beifall der AfD)

Meine Damen und Herren, wenn Kommunen jetzt das Land verklagen, dann tun sie dies sicherlich nicht, weil es ein verlässlicher Partner ist. Nein, sie tun es, weil diese Landesregierung, weil SPD, FDP und Grüne die Grundlagen einer verlässlichen Partnerschaft längst aufgekündigt haben. Wir als AfD-Fraktion stehen dagegen an der Seite unserer Städte und Gemeinden.

(Heiterkeit bei der SPD – Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das will keiner haben! – Zuruf der Abg. Simone Huth-Haage, CDU – Weitere Zurufe von der SPD)

Wir werden sie auch in Zukunft dabei unterstützen, ihre verfassungsmäßigen Rechte durchzusetzen, damit solche Debatten irgendwann weder aktuell noch grundsätzlich

(Glocke des Präsidenten)

und am allerwenigsten dauerhaft geführt werden müssen.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Für die FDP-Fraktion spricht der Abgeordnete Weber.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben uns bei der Fortentwicklung des Finanzausgleichs einem ganz wesentlichen Problem gestellt: der Bewältigung der besonders hohen Sozialleistungen der kreisfreien Städte.

Mit einer Anpassung der Schlüsselzuweisung C3 in Höhe von 60 Millionen Euro trägt die Landesregierung diesen Sozialleistungen Rechnung. Diese Zahlungen an die kreisfreien Städte wurden bereits vergangenes Jahr durch Integrationsleistungen des Bundes in Höhe von 58 Millionen Euro ausgeglichen. Auch die Landkreise erhielten also im Jahr 2018 fast eins zu eins das an Finanzmitteln, was sie zu erwarten hatten.

Darüber hinaus übertreffen wir seit Beginn dieses Jahres die Erwartungen und vergrößern die finanziellen Handlungsspielräume aller Gebietskörperschaften, indem diese Landesregierung den KFA um weitere 60 Millionen Euro aufstockte.

Meine sehr geehrte Damen und Herren, die Landesregierung stellt den kommunalen Gebietskörperschaften über

den KFA im Jahr 2018 insgesamt knapp 2,9 Milliarden Euro zur Verfügung. Das ist ein Plus gegenüber dem Jahr 2017 von 175 Millionen Euro. Die Finanzausgleichsmasse ist damit im Zeitraum von 2013 bis 2018 gegenüber den Landeseinnahmen um fast 23 Prozentpunkte stärker gestiegen. Daher beteiligen wir die Kommunen seit dem Jahr 2013 überproportional stark an den Landeseinnahmen.

Über den aktuellen Doppelhaushalt 2019/2020 hält diese Entwicklung weiter an. Der kommunale Finanzausgleich wächst bis Ende des Jahrs 2020 auf 3,2 Milliarden Euro und damit um 340 Millionen Euro gegenüber dem Jahr 2018. Die Kommunen erhalten somit über den KFA bis zum Jahr 2020 insgesamt 1,3 Milliarden Euro mehr als im Jahr 2013.

Dabei hat die Landesregierung bereits jetzt die gute Entwicklung finanzschwacher Kommunen besonders im Blick. Seit dem Jahr 2015 profitieren sie von dem Kommunalen Investitionsprogramm 3.0 – Rheinland-Pfalz, das bis 2022 weitere 541 Millionen Euro für Infrastrukturinvestitionen bereithält. Zudem entlasten wir die Kommunen mit dem Kommunalen Entschuldungsfonds Rheinland-Pfalz bis zum Jahr 2026 mit weiteren 1,275 Milliarden Euro aus Landesmitteln.

So kletterte der Überschuss der Kommunen von historischen minus 868 Millionen Euro im Krisenjahr 2009 auf plus 431 Millionen Euro im Jahr 2017.

(Abg. Michael Hüttner, SPD: Ah ja!)

Nach einer Studie des Rechnungshofs ermöglichte die verbesserte Kassenlage im Jahr 2017 erstmals nach 17 Jahren einen Schuldenabbau.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Gesetzentwurf allein kann aber nicht kurzfristig die strukturellen Ursachen der Haushaltsdefizite der Kommunen beseitigen. Rheinland-Pfalz hat im Vergleich zu anderen Ländern ganz besondere strukturelle Herausforderungen zu meistern. Die Gebietsstruktur ist nach wie vor sehr kleinteilig und dadurch kostenaufwendig. Rheinland-Pfalz hat mit 4 Millionen Einwohnern immer noch mehr Gebietskörperschaften als Nordrhein-Westfalen mit 17 Millionen Einwohnern.

Die kreisfreien Städte sind dadurch von jährlichen Mehraufwendungen in Höhe von 35 Millionen Euro betroffen, die kreisangehörigen Gemeinden und Verbandsgemeinden sogar von 113 Millionen Euro jedes Jahr. Daher führt die Landesregierung ihre seit dem Jahr 2009 sehr erfolgreich geführte Gebietsreform fort, um so die Gebietskörperschaften zukunftsfest aufzustellen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in Zeiten des Wahlkampfs gehört es zur Wahrheit aber auch, dass die finanziellen Mittel des Landes begrenzt sind. Deshalb sind auch die Kommunen gehalten, nachhaltig für eine gute Einnahmesituationen zu sorgen. Diese Vorgaben machen nicht wir, sondern sie wurden uns vom Verfassungsgerichtshof auferlegt.

Gleichwohl entlasten die Reformmaßnahmen schon jetzt die kommunalen Soziallastenträger. Deshalb sinken die Liquiditätskredite der Kommunen. Die Lebensverhältnisse

in den Städten und auf dem Land gleichen sich an. Lassen Sie uns in diese Richtung gemeinsam weitergehen.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht deren Vorsitzender Dr. Braun.