(Abg. Dr. Sylvia Groß, AfD: Stimmt doch gar nicht! – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Stimmt doch gar nicht! Warten Sie auf den Kollegen, der wird Sie korrigieren!)
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Europäische Union, unser geeintes Europa, ist eine der wesentlichen Grundlagen für unseren Wohlstand in Deutschland und in Rheinland-Pfalz.
Ja, es gibt auf der einen Seite gezielte Strukturförderungsmaßnahmen, von denen wir in Rheinland-Pfalz profitieren, die Gelder, die unmittelbar von der europäischen Ebene nach Rheinland-Pfalz fließen: zum Beispiel das EFREBudget (Europäischer Fonds für regionale Entwicklung), das in der aktuellen Förderperiode von 2014 bis 2020 für Rheinland-Pfalz 186 Millionen Euro beträgt, 109 Millionen Euro aus dem ESF-Budget (Europäischer Sozialfonds) und über 300 Millionen Euro aus dem ELER-Budget (Eu- ropäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums).
Diese Strukturförderung ist für uns im ländlichen Raum sehr, sehr wichtig. Doch von weitaus größerer Bedeutung für unseren Wohlstand ist der europäische Binnenmarkt mit seinen Grundfreiheiten.
Bei allen Unzulänglichkeiten und Defiziten ist der europäische Binnenmarkt unter dem Strich einer der größten Erfolge Europas.
Davon profitieren wir alle, auch in Rheinland-Pfalz: Arbeitnehmer, Unternehmen und letztendlich die ganze Bevölkerung. Es ist der europäische Binnenmarkt, der zu unseren Steuereinnahmen beiträgt und damit auch eine Säule für unsere hohen Sozialstandards schafft.
Innerhalb der EU funktioniert der Austausch mit Waren und Dienstleistungen reibungslos. Nach wie vor exportieren wir in Deutschland und Rheinland-Pfalz einen Großteil in unsere europäischen Nachbarstaaten. Die Arbeitnehmerfreizügigkeit ist ebenfalls ein großer Gewinn, wie die vergangene Wirtschafts- und Finanzkrise gezeigt hat. Für junge Menschen aus Spanien, Griechenland und Italien haben sich gerade in den letzten Jahren durch den deutschen Arbeitsmarkt neue Chancen ergeben, während in ihren Heimatländern eine hohe Jugendarbeitslosigkeit herrscht.
Deutschland und Rheinland-Pfalz konnten jungen Menschen in schwierigen Zeiten eine echte Perspektive bieten. Jedes Jahr nutzen zahlreiche Studentinnen und Studenten aus Rheinland-Pfalz und Deutschland die Chance, über das ERASMUS-Programm in anderen europäischen Nachbarländern zu studieren. Sie kommen als überzeugte Europäer wieder nach Rheinland-Pfalz zurück.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist Europa, wie wir es uns wünschen, wie wir es gemeinsam verteidigen und weiterentwickeln sollten. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass wir in Europa vor ganz großen Herausforderungen stehen und es auch Fehlentwicklungen gibt, die entsprechend korrigiert werden müssen. Nicht alles, was in der Vergangenheit auf der europäischen Ebene entschieden wurde, gehört auch auf die europäische Ebene.
Wir müssen das Thema „Subsidiarität“ wieder ernst nehmen und bei jeder Entscheidung überprüfen, ob es eine Entscheidung ist, die auf die europäische Ebene gehört
Ich möchte als Beispiel das gestrige Urteil des Europäischen Gerichtshofs nennen, das den Mitgliedsstaaten vorschreibt, Arbeitgeber zu verpflichten, die Arbeitszeiten der Arbeitnehmer lückenlos zu dokumentieren. Hier droht eine Überbürokratisierung und eine mögliche Gängelung des Mittelstands. Wenn wir uns heute anschauen, wie zum Beispiel Start-ups funktionieren,
dann glaube ich, dass diese Forderung mit der Realität in den Unternehmen wenig zu tun hat und wir Arbeitgebern damit keinen Gefallen tun.
Zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts brauchen wir einen starken Wirtschaftsraum Europa, damit wir uns auf die wirklichen Zukunftsherausforderungen konzentrieren können.
Was sind die wirklichen Zukunftsherausforderungen? Wir müssen Antworten auf der europäischen Ebene für den Klimawandel geben, wir müssen alles daransetzen, die Sicherung der Reise- und Warenverkehrsfreiheit sicherzustellen, damit auch künftig freies Reisen und Handel ohne Zölle innerhalb der Union möglich bleiben.
damit die Grenzen im Inneren offen bleiben können. Außerdem brauchen wir Freihandelsabkommen; denn nur im Rahmen dieser Freihandelsabkommen können wir
ich komme zum Schluss, Herr Präsident – die Bedingungen schaffen, damit es auf der einen Seite einen freien Marktzugang gibt und auf der anderen Seite unsere hohen Umwelt-, Sozial- und Verbraucherschutzstandards festgeschrieben werden können.
(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Der spricht jetzt für den Dexit! – Abg. Christine Schneider, CDU: Den haben sie doch rauskorrigiert! – Abg. Dr. Timo Böhme, AfD: Genau, der war nie richtig drin!)
Geehrter Präsident, liebe Kollegen! Frau Schneider, ich sehe, Sie haben teilweise unser CDU-, nein, AfD-Programm gelesen.
(Heiterkeit im Hause – Abg. Ralf Seekatz, CDU: Wir nehmen nicht jeden! – Abg. Michael Hüttner, SPD: Wollt Ihr den haben? – Abg. Christine Schneider, CDU: Nein!)
Liebe Kollegen, der gemeinsame Binnenmarkt war eine sehr gute Entscheidung der damals politisch Verantwortlichen. Auch in Wirtschaftsfragen muss Europa zusammenarbeiten; denn sonst werden wir großen Konzernen, aber auch Amerikanern und Chinesen bald nichts mehr entgegenzusetzen haben.
Ich zitiere aus unserem AfD-Wahlprogramm: „Die AfD steht fest zu der Idee eines Europas der Vaterländer, einer europäischen Gemeinschaft souveräner Staaten, die zum Wohle ihrer Bürger in all jenen Angelegenheiten zusammenwirken, die gemeinsam besser erledigt werden können. Dazu gehört insbesondere ein möglichst unbehinderter Binnenmarkt mit fairem Wettbewerb.“
Wir wissen in Rheinland-Pfalz, dass unsere Wirtschaft stark auf den Binnenmarkt ausgerichtet ist. Im Jahr 2018 gingen 64 % der rheinland-pfälzischen Exporte in die EU. Ein Auseinanderbrechen des Binnenmarkts hätte also schwerwiegende Folgen für die rheinland-pfälzische Wirtschaft und alle Rheinland-Pfälzer.
Und doch bestand der Binnenmarkt schon vor dem Euro. Sein Gebiet war größer, als es das der Währungsunion ist.