Protokoll der Sitzung vom 13.06.2019

Die Dramatik Ihres Antrags ziehen Sie aus der Überprüfung einer Umfrage 63 Einrichtungen in Rheinland-Pfalz, in der 25 % der Einrichtungen angaben, nicht auf die entsprechenden Lebensmittel zu verzichten, 65 %, als die überwiegende Mehrheit, angaben, überwiegend darauf zu verzichten, und 9,5 %, ganz darauf zu verzichten. Jedoch lässt sich aus diesen Zahlen mitnichten ableiten, dass – wie Sie behaupten – viele Einrichtungen ihre Patienten und Bewohner gesundheitlichen Risiken aussetzen würden; denn auch den 25 % der Einrichtungen, die nicht auf diese Lebensmittel verzichten, kann man nicht pauschal unterstellen, sie würden ihren Bewohnern oder Patienten ohne Ahnung und ohne Konzept potenziell gefährliche Lebensmittel servieren.

(Beifall der Abg. Dr. Sylvia Groß, AfD)

Es muss nämlich differenziert werden: In Einrichtungen wie Krankenhäusern oder Alten- und Pflegeheimen sind eben nicht nur die genannten Risikogruppen zu verpflegen. Warum sollte es den Einrichtungen dann nicht auch möglich sein – und jeder, der einmal im Krankenhaus gelegen hat, weiß, dass das auch die gelebte Praxis ist –, hier eine Differenzierung in der Verpflegung vorzunehmen? Wie gesagt, wer schon einmal selbst im Krankenhaus gelegen hat, der weiß, dass dort die Verpflegung auf den Patienten angepasst wird, und – mit Verlaub! – der weiß auch, dass die genannten Lebensmittel wie zum Beispiel Räucherlachs oder Rohmilchkäse eher selten auf dem Speiseplan stehen.

Auch bei der Risikogruppe der alten Menschen, die insbesondere als Bewohnerinnen von Alten- und Pflegeheimen betroffen sind, ist es möglich und auch notwendig zu differenzieren. Für uns steht an dieser Stelle fest, dass man diese Differenzierung auch im Sinne der Selbstbestimmung alter Menschen in Pflegeheimen vornehmen muss. Sicher ist es wichtig, immungeschwächte Menschen keinen Risiken auszusetzen. Aber es gibt eben nicht nur immungeschwächte Bewohner in Alten- und Pflegeheimen. Alte Menschen sollten sich, wenn sie dort leben, dort wohlfühlen, sie sollen sich dort zu Hause fühlen, und sie sollen sich dort eben nicht wie im Krankenhaus fühlen. Die Ernährung spielt hierbei eine große Rolle; denn dort, wo es schmeckt, fühlt man sich auch gleich wohler.

Wenn medizinisch nichts dagegen spricht und zu den persönlichen Vorlieben eben ab und zu auch ein Mettbrötchen gehört, warum sollte es dann die Aufgabe der Landesregierung sein, dies von oben herab in den Einrichtungen zu verhindern?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir halten die Sensibilisierungsmaßnahmen der Landesregierung und das bestehende System der Lebensmittelund Hygieneüberwachung für gut und ausreichend. Wir halten auch die Sensibilisierung in den Einrichtungen für gut und ausreichend, und wir werden daher diesen Antrag ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Seitens der Landesregierung erteile ich Herrn Staatssekretär Dr. Griese das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte Folgendes festhalten: Der Antrag der CDUFraktion vermischt zwei Dinge, nämlich den ersten Aspekt, dass Lebensmittel sicher sein müssen und dafür auch die Lebensmittelkontrolle zuständig ist, und den zweiten Aspekt, dass die Lebensmittel möglichst auch in guter Qua

lität entsprechend den individuellen Bedürfnissen derjenigen vorhanden sein müssen, die sie verzehren möchten.

Für die erste Aufgabe, die Sicherstellung der Lebensmittelhygiene, ist das Ordnungsrecht zuständig. Die zweite Aufgabe ist die Beratung, wenn es um die Ernährungsqualität geht. Dafür sind unsere Behörden zuständig. Aber das ist eben nicht ein Thema des Ordnungsrechts, sondern das ist ein Thema der Beratung, der Anleitung, der individuellen Schulung.

Der Antrag, um den es hier geht, vermischt diese beiden Dinge in unzulässiger Weise, und er fordert am Ende, dass in den Einrichtungen, um die es geht, auf entsprechende Lebensmittel mit einem höheren mikrobiellen Risiko verzichtet werden soll.

Als Begründung dafür wird die Stellungnahme des BfR angeführt. Sie wird aber zunächst einmal schon falsch wiedergegeben; denn das BfR empfiehlt überhaupt nicht, dass auf diese Lebensmittel in den entsprechenden Einrichtungen komplett verzichtet werden soll, sondern es empfiehlt, dass für besonders empfindliche Gruppen, für besonders empfindliche Patienten, darauf verzichtet werden soll. Deswegen gibt es überhaupt keinen Anlass dafür zu fordern, dass diese Einrichtungen auf diese Lebensmittel vollständig verzichten sollen.

Das kann man auch an Beispielen deutlich machen. Warum soll es eigentlich in einem Krankenhaus, in dem zum Beispiel ein Sportler behandelt wird wegen eines gebrochenen Beins, generell keine Mettbrötchen mehr geben, auch für diesen Patienten nicht? Warum eigentlich?

Warum soll es in einem Altenheim für einen Bewohner, der dort neu eingezogen ist und der noch sehr fit ist, nicht möglich sein, dass er ein Räucherlachsbrötchen isst?

Wenn die CDU-Fraktion im Ernst fordern will, dass in diesen Einrichtungen auf solche Lebensmittel für alle und gänzlich verzichtet werden soll, muss ich sagen, dann nähern wir uns dem Vorgehen von Verbotsparteien.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Zurufe aus dem Hause)

Das ist dann nicht nur ein Veggieday, sondern das ist Veggie forever im Altenheim.

(Heiterkeit im Hause)

Da muss ich sagen, ich glaube nicht, dass das Vorgehen der Landesregierung planlos ist, sondern ich glaube, dass dieser Antrag planlos ist. Ich muss es so deutlich sagen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP – Abg. Martin Haller, SPD: Deshalb lehnen wir ihn auch ab!)

Deswegen ist es auch richtig, dass in diesen Einrichtungen nicht generell darauf verzichtet wird, sondern in diesen Einrichtungen geschaut wird, welche empfindlichen Patientengruppen sie haben. Da ist der Verzicht richtig. Dort, wo das nicht der Fall ist, ist der Verzicht falsch.

Unsere Behörden – auch die Institutionen, mit denen wir zusammenarbeiten – beraten genau in diese Richtung. Sie setzen sich dafür ein, dass die Sensibilität der Lebensmittel erkannt wird und sie patientengerecht bzw. bewohnergerecht zur Verfügung gestellt werden. So ist auch das Merkblatt – ich habe das bereits gesagt – des BfR zu verstehen. Die Funktion der Lebensmittelüberwachung ist nämlich nicht nur, die Lebensmittelhygiene sicherzustellen, sondern auch die entsprechende Beratungsarbeit zu leisten.

Ich will noch sagen, dass wir als wesentliche Maßnahme gerade im Bereich der Altenheime das Projekt der Seniorenernährung und der Vernetzungsstelle für diese Seniorenernährung einführen. Wir kooperieren seit Jahren mit der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz und fördern in den Seniorenheimen die entsprechenden Standards, also auch die DGE-Standards, die Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Wir haben dieses Beratungsangebot jetzt bewusst für die ambulante Seniorenbetreuung und auch für pflegende Angehörige geöffnet. Wir bereiten diese Vernetzungsstelle vor. Sie wird beim DLR in Montabaur angesiedelt sein und landesweit alle Beratungsangebote koordinieren.

Natürlich schulen wir auch unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Lebensmittelüberwachung, und zwar ohne, dass das einer Aufforderung durch den Antrag bedarf. Das findet ständig statt. Im Mai hat eine Schulung stattgefunden; im Juni hat eine Schulung stattgefunden. Es ist unsere Daueraufgabe, für gesunde und gute Lebensmittel zu sorgen. Das realisieren wir auch.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP Abg. Martin Haller, SPD: Sehr gut!)

Auf die Ausführungen von Herrn Staatssekretär Dr. Griese hat sich Herr Abgeordneter Wäschenbach für eine Kurzintervention gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

Herr Staatssekretär Griese, uns Verbote vorzuwerfen, führt am Weg vorbei. Wir haben mit keinem einzigen Satz – weder in unserem schriftlichen Antrag noch in meinem mündlichen Vortrag – irgendetwas verboten.

(Beifall der CDU)

Wir haben lediglich Frau Ministerin Höfken zitiert, die selbst auf die Risiken hingewiesen hat, und wir haben das BfR zitiert. Alle Zahlen, die wir genannt haben, waren keine Zahlen von uns, sondern waren Zahlen vom Institut für Risikobewertung. Nicht mehr und nicht weniger haben wir getan.

(Zuruf des Abg. Martin Haller, SPD)

Wir sind keine Verbotspartei, sondern wir wollen die Menschen, die in Einrichtungen leben, schützen. Wir wollen,

dass verantwortungsvoll damit umgegangen und vernünftig beraten und kommuniziert wird, aber nicht so wie bei Ihnen in drei verschiedenen Ministerien, dem Verbraucherschutzministerium, dem Ernährungsministerium und dem Gesundheitsministerium. Dann kann das nicht funktionieren.

(Beifall der CDU)

Es hat sich Frau Abgeordnete Simon zu Wort gemeldet. Frau Kollegin, Sie haben noch 1 Minute und 40 Sekunden Redezeit.

Herr Wäschenbach, ich möchte auf eine Bemerkung von Ihnen eingegangen, und zwar auf das, was Sie zum Schluss zur Verteilung der Ministerien gesagt haben.

In der letzten Legislaturperiode hatten wir es anders. Da haben Sie das auch kritisiert. Eigentlich kann man es Ihnen nicht recht machen.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU: Ui!)

Nun liegen mir aber wirklich keine Wortmeldungen mehr vor. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/8770 –. Da die Beschlussempfehlung auf Ablehnung lautet, können wir unmittelbar über den Antrag abstimmen.

Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön. Wer stimmt dagegen? – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Damit stelle ich fest, dass der Antrag der Fraktion der CDU mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU und der AfD abgelehnt wurde.

Ich rufe Punkt 14 der Tagesordnung auf:

Tierschutzbericht 2016/2017 Besprechung des Berichts der Landesregierung (Drucksache 17/8956) auf Antrag der Fraktionen der SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/9294 –

Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von 5 Minuten vereinbart. Ich bitte um Wortmeldungen. – Frau Abgeordnete Klinkel, Sie haben für die Fraktion der SPD das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Damen und Herren! Vom Mettbrötchen zum Tierschutzbericht, ich werde es einmal versuchen.

Vor uns liegt der Tierschutzbericht der Landesregierung. Was beim Lesen dieses Berichts auffällt, ist der Antagonismus der verschiedenen Ebenen. Auf der einen Seite haben wir die Landesebene, die Initiativen zum Beispiel im Bundesrat vorbringt und aktiv vorangeht. Auf der anderen Seite haben wir die Bundesebene, bei der sich der Tierschutz in einer Abteilung des Landwirtschaftsministeriums wiederfindet. Der im Berichtszeitraum tätige Minister Christian Schmidt von der CSU – ich glaube, das können wir so sagen – hat keine wirklich zielführenden Initiativen den Tierschutz betreffend auf den Weg gebracht.

Nehmen wir einmal ein Beispiel, bei dem Rheinland-Pfalz mit anderen Bundesländern im Bundesrat aktiv wurde. Das ist das Verbot bestimmter wild lebender Tiere im Zirkus. Das wurde von der Länderkammer beschlossen – dreimal übrigens –, und das Bundesministerium, die Bundesregierung, wurde gebeten, eine Verordnung vorzulegen. Nichts ist passiert.

Stattdessen hat man es auf die Kommunen übertragen, bzw. die Kommunen haben es versucht. Worms hat zum Beispiel immer wieder versucht, Zirkusunternehmen mit Hinweis auf tierschutzwidrige Umstände eine Platzvergabe zu versagen. Das hatte gerichtlich aber leider keinen Bestand. Stattdessen warten wir.