Protokoll der Sitzung vom 13.06.2019

(Heiterkeit des Abg. Alexander Schweitzer, SPD)

Damals war der Taktverkehr noch ein Markenzeichen, mit dem man werben konnte. Heute ist das Standard. Der Takt war eine sehr nahe am Vorverständnis der Absender angelehnte Marke. Das heißt, sie sprach in der Regel Menschen an, die schon mit dem Nahverkehrsangebot zu tun hatten. Diese Marke hat informiert, aber nicht geworben. Neukunden wurden nicht in dem gewünschten Maß erreicht und standen nicht im Fokus.

Weiterhin ergaben unsere Befragungen, dass die Bekanntheit der Marke Rheinland-Pfalz-Takt bei den Bürgerinnen und Bürgern im Gegensatz zur Bekanntheit im B2B-Umfeld unzureichend war. Mit ROLPH schaffen wir eine neue Dachmarke, die persönlicher ist und die es schafft, eine Beziehung zu den Zielgruppen herzustellen. Sie ist – das ist etwas Einzigartiges in der Bewerbung einer Dachmarke im ÖPNV – nicht anbieter-, sondern nutzerorientiert.

Deswegen ist sie so ungewöhnlich. Üblicherweise sind es Abkürzungen aus dem Anbieternamen, mit denen geworben wird. Wir schaffen eine Identifikationsmarke für die Nutzerinnen und Nutzer, weil wir wollen, dass sich in den Menschen etwas bewegt, nämlich hin zum ÖPNV.

Dabei bleibt uns der Begriff Rheinland-Pfalz-Takt erhalten. Er bezeichnet nach wie vor das gute Angebot an öffentli

chen Verkehrsleistungen auf Straße und Schiene. ROLPH wird aber dafür sorgen, dass es auch die Menschen im Land wissen, sich damit identifizieren und am Ende – so ist die Idee – gerne „rolphen“.

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Bollinger.

Vielen Dank, Herr Präsident! Herr Staatsminister, zum Thema „ROLPH“ waren das jetzt Ziele und Absichtsbekundungen, die wir als solche durchaus teilen und für unterstützenswert befinden.

(Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist doch in der Umsetzung, also Leute!)

Nun aber zu konkreten Fakten: Wann gibt es endlich eine App unter der Marke ROLPH, über die man konkrete Fahrplanauskünfte erhalten und gegebenenfalls Fahrkarten kaufen kann?

(Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP: Was heißt denn App? – Zuruf des Abg. Michael Hüttner, SPD)

Ihre Frage gibt mir die Gelegenheit, mit einem Missverständnis aufzuräumen. Es wäre falsch, wenn wir die neue Dachmarke ans Ende eines Weiterentwicklungsprozesses unseres ÖPNV gesetzt hätten. Dies aus zwei Gründen: Zum einen hätten wir die Marke „Rheinland-Pfalz-Takt“ als Dachmarke neu ausschreiben und weiterführen müssen. Wir hätten damit die Chance vertan, mit einer nutzerorientierten Marke schon jetzt damit zu beginnen, im ÖPNV stärker zu werden.

Zum anderen gibt es diesen Zeitpunkt des Abschlusses der Weiterentwicklung unseres ÖPNV-Konzepts nicht. Das ist ein Irrtum, der auch gestern in der Debatte aufgetaucht ist. Dieser Weiterentwicklungsprozess des rheinland-pfälzischen ÖPNV-Projekts wird nicht abgeschlossen. Im Konzept ROLPH ist es so angelegt, dass dieser Weiterentwicklungsprozess ein unendlicher ist, ein permanenter.

(Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja!)

Wir wollen diesen Weiterentwicklungsprozess aber – und jetzt kommt der Unterschied – nicht fortführen, indem wir ihn anbieterorientiert fortführen, sondern wir wollen jetzt mit der neuen Marke anfangen, den Weiterführungsprozess mit den Nutzerinnen und Nutzern interkommunikativ und nutzerorientiert fortzuführen.

Das ist der Unterschied, und das ist im Prinzip das Neue an ROLPH. Das Neue hat begonnen. Wir schaffen einen Mobilitätskonsens in Rheinland-Pfalz, wir machen Bürgerbefragungen, und wir betreiben Interkommunikation

in der Fläche mit Bürgerinnen und Bürgern. Wir bieten mit ROLPH die Möglichkeit, uns Fragen zu stellen und uns jeden Tag Verbesserungsvorschläge für das ÖPNV-Angebot zu unterbreiten. Deswegen ist das ein Dauerprozess.

Aber, noch einmal, das ist das Neue: Dieser Prozess ist jetzt stärker nutzerorientiert als er bisher war. Der Rheinland-Pfalz-Takt, so hat man vor 25 Jahren gedacht, war ein angebotsorientiertes Konzept. So wurde die Weiterentwicklung aus unserer Sicht viel zu stark angebotsorientiert betrieben. Nun haben wir umgesteuert.

Ich verweise noch einmal auf den Mobilitätskonsens Rheinland-Pfalz, der ein Teil dieses stärkeren Zuwendens an die Nutzerinnen und Nutzer von Mobilitätsangeboten ist.

Zu ihrer konkreten Frage, wann die App kommt: Sie können, wenn Sie sich ROLPH ansehen, schon jetzt eingeben, dass Sie von A nach B wollen. Sie erhalten ein ÖPNVMobilitätsangebot. Wenn Sie das in den nächsten Tagen machen, werden Sie feststellen, dass dahinter noch die Rheinland-Pfalz-Takt-Seite steht. Das wird sich schon in den nächsten Wochen ändern, weil wir kontinuierlich daran arbeiten, die Dinge auf den Nutzer auszurichten.

Es ist doch schlau, dass man den Prozess der Einführung einer App nicht rein angebotsorientiert durchführt, sondern bereits die Nutzerinnen und Nutzer mit einbezieht. Wir wollen das in der Interkommunikation mit Nutzerinnen und Nutzern machen. Wir wissen zum Beispiel, dass die Befragung, die wir vor der Einführung von ROLPH haben durchführen lassen, uns wichtige Hinweise gegeben hat, was eigentlich nicht funktioniert. Es sind beispielsweise die unterschiedlichen Fahrkartenautomaten, die nicht verstanden werden und die bei kurzen Umsteigezeiten auf die Schnelle nicht erfasst werden können. Das löst Stress aus und schafft Barrieren.

Solche Dinge erfährt man am besten in der Interkommunikation mit dem Nutzer und am schlechtesten, wenn man nur anbieterorientiert vorgeht. Natürlich muss am Ende des Prozesses das Nahverkehrsgesetz überarbeitet werden. Das wollen wir, aber auch das wollen wir nicht von oben nach unten vorgeben. Dieser Prozess muss ebenfalls ein Bottom-up-Prozess sein. Wenn Sie das Ziel erreichen wollen, nicht einfach nur zu sagen, ich habe als Regierung ein tolles Angebot hingestellt, sondern wenn Sie am Ende sagen können wollen, ich habe es geschafft, Menschen dazu zu motivieren, den ÖPNV zu nutzen, dann ergibt es doch Sinn, nicht nur von sich auszugehen, sondern die Breite der Bevölkerung einzubeziehen. Um die geht es letztendlich.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mir liegen noch drei Zusatzfragen vor, danach betrachte ich die Anfrage als beantwortet.

Zunächst eine Zusatzfrage der Abgeordneten BlatzheimRoegler.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Minister, Sie sprachen von der Bedeutung von ROLPH für den vernetzten Verkehr. Bislang wird im Personenbeförderungsgesetz unter ÖPNV – das ist der § 8 – in der Regel nur der Linienverkehr verstanden. Wir wollen aber, das haben Sie auch gesagt, verstärkt zum vernetzten Verkehr kommen.

Ich frage Sie daher: Wie steht die Landesregierung dazu, das Personenbeförderungsgesetz auf Bundesebene zu modernisieren, damit nicht liniengebundene, flexible Angebote, wie zum Beispiel das „ioki Shuttle“ in Wittlich,

(Abg. Martin Haller, SPD: Was für ein Ding?)

vor allem im ländlichen Raum auf Dauer auf eine vernünftige gesetzliche Grundlage gestellt werden?

Wir unterstützen jede Form der Flexibilisierung, die das Mobilitätsangebot im ÖPNV attraktiver macht. Ich kann nur noch einmal betonen: Wir haben neue Mobilitätsformen, neue Anforderungen an Mobilität, und wir haben einen Bedarf, sich ganz ohne Auto im ÖPNV zu bewegen.

Das war vor 25 Jahren noch anders. Damals stand man vor der Aufgabe, Parkplätze am Bahnhof zu schaffen, damit man mit dem Auto zum Zug kommen kann. Heute müssen wir beispielsweise die Busverkehre stärker abstimmen, damit man ganz ohne Individualverkehr ein integriertes ÖPNV-Gesamtkonzept erhält. Dazu kommen sicherlich neue Mobilitätsformen und neue Carsharing-Modelle. Das wird alles irgendwie integriert werden müssen. Das ist ein sehr, sehr dynamischer Prozess.

Ich kann nur davon abraten, so etwas top-down zu organisieren. Ich glaube, das Beste ist es, wenn man es bottom-up macht. Dafür steht ROLPH. Er steht auch dafür, so flexibel wie möglich zu sein und die Menschen so stark wie möglich einzubeziehen. Dort, wo Barrieren regulatorischer Art, die Sie beschrieben haben, den Menschen daran hindern, Mobilitätskonzepte für sich zu nutzen, müssen die Barrieren abgebaut werden. Dafür setzt sich die Landesregierung ein.

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Wink.

Vielen Dank! Herr Minister, könnten Sie, damit es noch einmal klar wird, die Potenziale der Dachmarke in Bezug auf Komfort für den Kunden und die Verbesserung des ganzen Angebots noch einmal detailliert darstellen? Danke.

Wenn wir am Ende eine Möglichkeit haben wollen, einen

ähnlich komfortablen Service wie in großen Ballungszentren – die andere Anforderungen haben und wo vieles einfacher ist – anbieten zu können – – –

Nehmen wir das Beispiel Berlin, dort haben Sie die BVGApp, mit der Sie das gesamte ÖPNV-Angebot von Berlin in einem integrierten Tarif nutzen können, ohne dass Sie im Alltag merken, dass die S-Bahn von der Deutschen Bahn betrieben wird und die Tram, in die sie umsteigen, ausschließlich von der BVG. Das interessiert Sie als Nutzer in Berlin überhaupt nicht. Beim Tarif wird ebenfalls nicht unterschieden.

Das ist bei uns in Rheinland-Pfalz noch anders. Deswegen haben Sie unterschiedliche Tarifsysteme. Die Abrechnungssysteme sind kompliziert. Es ist die Idee von ROLPH, dass wir am Ende über allem ROLPH stehen haben, die Komplexität darunter aus dem Alltag der Menschen rausgehalten wird und es dann völlig egal ist, ob Sie von einem vlexx-Zug in einen DB-Zug oder einen RMV-Zug umsteigen. Sie „rolphen“ einfach von Trier nach Germersheim. Das ist die Idee.

Das ist es, was den ÖPNV attraktiver macht. Der Bürger soll einen Ansprechpartner, eine Identifikationsfigur haben. Nun hätte man hingehen und dem Bürger die Abkürzung eines einzelnen Anbieters vorsetzen können. Ich wollte aber eben nicht so eine XYZ-Nummer haben, sondern eine Identifikationsfigur, etwas Neues, etwas Modernes, etwas Nutzerorientiertes. Das ist ROLPH.

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Bollinger.

Vielen Dank, Herr Präsident! Herr Minister, Sie bauen hier eine Dichotomie zwischen Nutzerorientierung und Anwenderorientierung auf, die so nicht existent ist.

(Zuruf von der SPD: Fragen!)

Nutzerorientierung ist schön, aber der Nutzer will ja nicht nur eine virtuelle Plauderecke,

(Abg. Martin Haller, SPD: Das ist Ihre ganz persönliche Meinung, die keinen interessiert!)

sondern er will Unterstützung bei der Planung seiner eigenen Mobilität. Ich verweise dazu auf die verschiedenen Medienberichte.

Meine Frage: Sie haben gestern ausgeführt, dass bei der Bündelung der Mobilitätsangebote auch die Kooperation mit den Nachbarländern geplant ist. Wie weit ist das denn gediehen, beispielsweise mit Hessen, Baden-Württemberg oder NRW?

Wir haben bereits eine Vernetzung über die Landesgrenzen hinaus. Wir haben in den Metropolregionen einge

bundene Verkehrssysteme. Wir haben allerdings die Konsequenz, dass diese unterschiedlichen regionalen Dinge für den Bürger eine Verwirrung darstellen. Wenn man den ÖPNV über eine größere Fläche, über verschiedene Zonen hinweg nutzen will, entstehen Probleme im Tarif oder in der Abrechnung, wenn man sich in einem Tarifgebiet befindet, in dem man es nicht gewohnt ist, den ÖPNV zu nutzen. Es gibt dann eine Hemmschwelle, weil man sagt: Bevor ich mich mit dem Tarifsystem auseinandergesetzt habe, nehme ich vielleicht doch lieber das Auto, bevor ich am Ende im Zug sitze und das falsche Ticket gekauft habe.

Das alles sind Dinge, die wir abbauen wollen, indem wir die Dachmarke stärker serviceorientiert ausbauen. Dazu müssen wir nicht anfangen, mit den Nachbarländern zusammenzuarbeiten. Wir arbeiten mit Luxemburg zusammen und haben über die Bundesgrenzen hinaus Kooperationen im ÖPNV. Diese Dinge müssen wir nicht beginnen, die laufen längst und laufen sehr gut. Es ist nicht so, dass der Rheinland-Pfalz-Takt ein schlechtes ÖPNV-Angebot wäre.

Allerdings ist es nicht im ausreichenden Maße nutzerorientiert. Im Übrigen, weil Sie darauf verweisen, dass die Nutzerorientierung gar nicht notwendig sei – – –

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Habe ich nicht gesagt!)