Protokoll der Sitzung vom 22.08.2019

Auch wenn damit auf der einen Seite ein erhebliches Konsolidierungspotenzial verbunden ist, müssen andererseits unter dem Stichwort „Fachkräftemangel“ erhebliche Anstrengungen unternommen werden, um gerade auch im Konkurrenzkampf zur Privatwirtschaft Fachkräfte binden zu können, damit die Landesverwaltung weiterhin leistungsfähig bleibt und notwendige Landesaufgaben erledigt werden können.

Daher ist es zu begrüßen, dass die Landesregierung Maßnahmen eingeleitet und weiterentwickelt hat, um Nachwuchs-, Fach- und Führungskräfte für die Landesverwaltung gewinnen und binden zu können. Die Nachwuchssicherung ist eine permanente Herausforderung unter sich stets ändernden Rahmenbedingungen.

Die Komplexität des Themas „Personalbedarf und Personalsteuerung“ wurde auch am Beispiel der Durchführung von Bodenordnungsverfahren durch die Dienstleistungszentren Ländlicher Raum diskutiert. Aufgrund der für die Erfüllung dieser Aufgabe geforderten sehr speziellen Fachkompetenzen ist bereits der tatsächliche Personalbedarf nicht einfach zu berechnen, was sich an den unterschiedlichen Einschätzungen der beteiligten Stellen zu dieser Frage zeigt.

Mit Blick auf die Fachkräftesicherung und der nur eingeschränkten Verwendungsbreite des erforderlichen Fachpersonals kommen theoretische Einsparpotenziale hier schnell an ihre praktischen Grenzen. Auch die Frage, wie viele Standorte wirtschaftlich sinnvoll sind, ist nicht leicht zu beantworten.

Bei der Bodenneuordnung, die nicht mehr nur in einer katastermäßigen Neuvermessung von Räumen besteht, sondern auch eine weitergehende Sozialraumplanung beinhaltet, müssen vor dem Hintergrund der kleinteiligen, diversifizierten Agrarstruktur in Rheinland-Pfalz vielfältige komplexe Anforderungen berücksichtigt werden, was sich unmittelbar auf die Personalbemessung für diese Aufgabe auswirkt.

Es ist daher zu begrüßen, dass die Landesregierung das Flurbereinigungsprogramm für die kommenden Jahre eng mit dem entsprechenden Personalentwicklungskonzept unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Personals verzahnt, um die gegenseitigen Wechselwirkungen bei der Vorbereitung und Anordnung der Bodenordnungsverfahren einbeziehen zu können.

Thema der Beratungen der Rechnungsprüfungskommission waren auch in diesem Jahr Fragen der Förderpolitik des Landes, etwa am Beispiel der sozialen Wohnraumförderung in der Cité Dagobert in Landau. Hier hat das Land mit 2,3 Millionen Euro die bauliche und energetische Sanierung von 75 Wohnungen in einer ehemaligen Militärliegenschaft gefördert.

Angesichts der Möglichkeit, durch die zahlreichen frei gewordenen Militärsiedlungen zu einer Entspannung der Wohnungsmärkte beizutragen, hat sich das Land aufgrund der größtenteils ablehnenden Haltung von Investoren gegen das übliche System der sozialen Wohnraumförderung

zu einem Sonderprogramm in einem unbürokratischen und flexiblen Förderverfahren entschlossen.

Dies hatte dann allerdings zur Folge, dass teilweise am Bedarf vorbei saniert wurde: So wurden etwa Zuschüsse für zu große Wohnungen geleistet, für die sich dann aufgrund der Wohnungsgröße keine berechtigten Personen gefunden hatten, sodass bei der Vermietung weitgehende Ausnahmen von den ansonsten bei der sozialen Wohnraumförderung geltenden Beschränkungen zugelassen werden mussten. Die geförderten Einzelmaßnahmen selbst waren teilweise nicht nachvollziehbar oder entsprachen nicht den in den Förderanträgen genannten Angaben.

Bei allen Bestrebungen nach Bürokratieabbau ist dennoch eine hinreichende vorherige Prüfung der Fördernotwendigkeit und im Nachhinein eine Kontrolle, ob die Fördermittel auch tatsächlich zweckentsprechend eingesetzt wurden, unerlässlich, um sicherzustellen, dass der Förderzweck auch erreicht wird und später aufwendige Rückforderungen von zu Unrecht geleisteten Förderungen vermieden werden können.

Weitere Themen wurden im Rahmen des diesjährigen Entlastungsverfahrens erörtert. Ich nenne beispielhaft den Umbau und die Sanierung eines Polizeidienstgebäudes in Idar-Oberstein, die Förderung des Ausbaus des Verkehrslandeplatzes Speyer und die Übernahme des Agaplesion Diakoniekrankenhauses Ingelheim.

In den genannten Fällen hätten gründlichere Wirtschaftlichkeitsberechnungen und Bedarfsprüfungen möglicherweise spätere Folgekosten minimieren oder zu anderen Entscheidungen führen können. Eine strenge Beachtung vergaberechtlicher Vorgaben – auch durch von Landesförderungen begünstigte Dritte – könnte ebenfalls in manchen Fällen zu einem wirtschaftlicheren Mitteleinsatz führen.

Abschließend erwähnen möchte ich, dass erfreulicherweise nur zu vier Fällen aus früheren Jahresberichten noch inhaltlicher Erörterungsbedarf bestand. Allerdings stehen zu weiteren 20 Themen aus früheren Jahresberichten noch Berichte über vorzunehmende Maßnahmen, Prüfungen und Entscheidungen aus. Auch wenn dies oft nicht allein in der Hand der Landesregierung liegt, sollte diese doch auf mitwirkungspflichtige Dritte entsprechend einwirken, damit die Berichtspflichten möglichst zeitnah erfüllt werden und die entsprechenden Punkte ihre abschließende Erledigung finden können.

Beenden möchte ich meinen Bericht mit Worten des Dankes: Zunächst gilt dem gesamten Kollegium und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Rechnungshofs mein besonderer Dank. Der Jahresbericht des Rechnungshofs und die Ergebnisse der Rechnungsprüfung sind eine unerlässliche Grundlage dafür, dass der Landtag wirksam die ihm zustehende Budgetkontrolle vornehmen kann.

Herrn Präsidenten Berres danke ich ausdrücklich für seine engagierte und überparteiliche Arbeit an der Spitze des Rechnungshofs und für die erneute Gastfreundschaft an den beiden Sitzungstagen in Speyer.

(Abg. Martin Haller, SPD: Aha! – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Muss gut gewesen sein!)

Weiterhin gilt mein Dank den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landtagsverwaltung – in Person möchte ich Herrn Dr. Mayer nennen – und der Ressorts der Landesregierung. Da möchte ich in Person den Finanzstaatssekretär Dr. Weinberg nennen, der das entsprechend koordiniert hat. Vielen Dank dafür.

Danken möchte ich auch meinen Kolleginnen und Kollegen der Rechnungsprüfungskommission für die Arbeit, natürlich gemeinsam mit dem Haushalts- und Finanzausschuss. Ich kann feststellen, dass die Arbeit jederzeit sachlich, ernsthaft und kollegial abgewickelt wurde. Dafür nochmals vielen Dank.

So weit mein Bericht.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Wansch, für den Bericht aus der Rechnungsprüfungskommission und dem Haushalts- und Finanzausschusses zu den weiteren Grundlagen dieses Berichts und der Beschlussempfehlung.

Wir kommen nun zur Aussprache über den Bericht. Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von 5 Minuten vereinbart. Als erstem Redner erteile ich dem Abgeordneten Reichert für die Fraktion der CDU das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst ein herzliches Dankeschön an den Kollegen Wansch, der in diesem Jahr die Berichterstattung übernommen hat.

Auf den ersten Blick wartet der Jahresabschluss 2017 mit einem guten Ergebnis auf: 872 Millionen Euro Finanzierungsüberschuss. Aber – auch das wird durch den Jahresbericht deutlich – der Überschuss ist nicht Lohn eines langjährigen Konsolidierungskurses, sondern fußt alleine auf höheren Steuereinnahmen

(Abg. Martin Haller, SPD: Das ist leider falsch!)

und der Zunahme von Zuweisungen des Bundes.

(Vizepräsidentin Astrid Schmidt übernimmt den Vorsitz)

1,1 Milliarden Euro Mehreinnahmen sind der Grund für den Überschuss.

(Zurufe der Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU, und Alexander Schweitzer, SPD)

Man kann auch sagen: Ohne eigene Anstrengungen hat die Landesregierung einfach Glück gehabt. Was dieser Fi

nanzierungsüberschuss wirklich wert ist, zeigt sich, wenn man sich einzelne Entwicklungen ansieht.

Schauen wir uns die Personalkosten an. Rheinland-Pfalz liegt bei der Personalausgabenquote mit 37,7 % im Ländervergleich auf dem dritthöchsten Platz. Während andere Bundesländer ihre Personalausgabenquote verringern, wird Rheinland-Pfalz diese in den Folgejahren sogar auf 39,3 % erhöhen. Entgegen dem im Jahr 2016 formulierten Ziel, zur Haushaltskonsolidierung 2.000 Stellen bis zum Jahr 2020 abzubauen, haben wir aktuell sogar eine Stellenmehrung zu verzeichnen.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Hört, hört!)

Schon jetzt ist klar, das ursprüngliche Konsolidierungsziel wird verfehlt.

Nach wie vor besorgniserregend ist die immens hohe ProKopf-Verschuldung in Rheinland-Pfalz. Mit 7.836 Euro pro Einwohner liegt diese 42,2 % über dem Durchschnitt der Flächenländer. Dies hat zur Folge, dass im Jahr 2017 jeder Bürger 184 Euro Zinsen des Landes zahlen musste. – Geld, das an anderer Stelle insbesondere für dringend notwendige Investitionen fehlt.

Das wird bei der Investitionsquote ganz deutlich. Mit 5,2 % hatte Rheinland-Pfalz im Jahr 2017 die niedrigste Investitionsquote der letzten zehn Jahre und liegt deutlich unter der durchschnittlichen Quote der Flächenländer mit 9,1 %. Selbst unter Berücksichtigung der Landesbetriebe kommt Rheinland-Pfalz nur auf eine Investitionsquote von 6,6 %. Ob dies im Vollzug des Haushaltsplans 2019/2020 wirklich besser wird, bleibt abzuwarten. Für uns werden nicht die Planzahlen, sondern das Ergebnis entscheidend sein;

(Beifall bei der CDU)

denn in der Vergangenheit – die Vergangenheit lehrt uns das – hat das Land viele Planungen nicht umgesetzt, unverständlicherweise 1,6 Milliarden Euro Haushaltsausgabereste auf historisch höchstem Stand angehäuft und war nicht in der Lage, das Geld zu verbauen.

Was ist die Folge? Diese Investitionspolitik des Landes der letzten Jahre führt – das bestätigt auch der Rechnungshof – zu einem dauerhaft realen Vermögensverzehr. Das spüren wir überall: marode Straßen, marode Brücken, Sanierungsund Investitionsstau in unseren Hochschulen und Krankenhäusern, um nur einige Beispiele zu nennen. Die Substanz wird von Jahr zu Jahr schlechter und der Sanierungsstau immer größer.

(Beifall der Abg. Hedi Thelen, CDU)

Verehrte Damen und Herren, eine solche Politik ist verantwortungslos, insbesondere gegenüber den nachfolgenden Generationen.

(Beifall bei der CDU)

Dieser Jahresabschluss ist deshalb neu zu bewerten. Er wurde zu einem großen Teil nur dadurch erzielt, dass das Land das vorhandene Vermögen zerfallen lässt, und kann somit nicht als Erfolg einer soliden Haushaltspolitik gefeiert

(Beifall bei der CDU)

Werte Kolleginnen und Kollegen, es gäbe noch viel zu den einzelnen finanzpolitischen Vergleichszahlen zu sagen, allerdings möchte ich die Zeit nutzen,

(Abg. Martin Haller, SPD: Globalkritik zu üben!)

um auf zwei Einzelfeststellungen des Rechnungshofs einzugehen.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Sehr wichtig!)

Wie verantwortungslos die Landesregierung mit dem Geld der Steuerzahler umgeht, wird am Beispiel der Polizeiinspektion Idar-Oberstein deutlich. Ausgehend von einer Nutzfläche von rund 1.600 m2 war man ursprünglich von Kosten für einen funktionalen Neubau von 6 Millionen Euro ausgegangen; schon eine mächtige Summe für 1.600 m2 Nutzfläche. Man hat sich jedoch gegen den Neubau und stattdessen für die Generalsanierung eines Bestandsgebäudes entschieden.