Der hier vorliegende Antrag der Ampelkoalition lässt zunächst einmal völlig außer Acht, dass sich die sicherheitspolitische Lage in der Welt grundlegend verändert und verschärft hat, meine sehr geehrten Damen und Herren. Zu nennen sind hier die Bedrohungen durch das nordkoreanische Nuklear- und Raketenprogramm, Chinas gewaltsames Expansionsstreben im Südpazifischen Meer, der fortlaufende einseitige Bruch des INF-Vertrags durch Russland, der letztlich zur Aufkündigung durch die USA geführt hat, der Krieg in der Ostukraine und die völkerrechtswidrige Annexion der Krim durch Russland.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Ukraine ist in diesem Zusammenhang ein ebenso trauriges wie gutes Beispiel. Der Ukraine war im Dezember 1994 im Gegenzug für den Verzicht auf Atomwaffen territoriale Integrität zugesichert worden. Die Geschichte, was daraus geworden ist, kennen wir. An diesem Beispiel der Ukraine wird deutlich, weshalb es unter Umständen für einen Staat oder ein Verteidigungsbündnis wie die NATO richtig sein kann, zunächst an Atomwaffen festzuhalten.
Angesichts der aktuellen Bedrohungslage hält die CDU in Übereinstimmung mit der Bundesregierung an der Doppelstrategie von Abschreckung und Verhandlungen mit dem Ziel der Abrüstung fest. Nur so können die Voraussetzungen für eine Welt ohne Kernwaffen geschaffen werden.
Einseitige Abrüstung, wie im Atomwaffenverbotsvertrag vorgesehen, macht die Welt nicht sicherer, sondern bewirkt das Gegenteil.
Nur die Bereitschaft und die Fähigkeit, gemeinsam notfalls auch militärisch zu handeln, geben unserem ernsthaften Verhandlungswillen die notwendige Glaubwürdigkeit bei unseren Verhandlungspartnern. Aufgrund der aktuellen sicherheitspolitischen Entwicklungen ist die Unterzeichnung des Atomwaffenverbotsvertrags, wie hier beantragt, zurzeit nicht im Interesse Deutschlands und nicht im Interesse der Sicherheit unserer Bevölkerung.
Ich zitiere Bundesaußenminister Maas: „Wir gehen (...) nicht (...) den Weg des Atomwaffenverbotsvertrags. Unser zentraler Eckpfeiler und Kompass ist und bleibt der nukleare Nichtverbreitungsvertrag.“ Meine sehr geehrten Damen und Herren, klare Äußerungen des Bundesaußenministers, die wir nachdrücklich unterstützen.
Das ist nachzulesen im Bulletin der Bundesregierung Nummer 39-1 vom 19. April 2018, Herr Schweitzer.
Der Atomwaffenverbotsvertrag würde eine völlig neue, parallele Vertragskulisse eröffnen, die Verhandlungen über den Atomwaffensperrvertrag unterlaufen und unsere deutsche Position dabei schwächen.
Der vorliegende Antrag der Ampelkoalition – das ist vielleicht auch von Interesse – ist einem Antrag der Bundestagsfraktion DIE LINKE nachempfunden – ich drücke es etwas freundlich aus –,
(Abg. Martin Brandl, CDU: Oh! – Zurufe der Abg. Marlies Kohnle-Gros, CDU, und Dr. Jan Bollinger, AfD)
damit geschmeidig in die rot-rot-grünen Machtfantasien einiger SPD-Vorsitzender, von denen es im Augenblick drei gibt, einfügen,
sind die Kollegen der SPD und der FDP im Bundestag mit diesem Antrag der Linken verantwortungsvoll umgegangen und haben ihn zusammen mit der CDU/CSUBundestagsfraktion abgelehnt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, man fragt sich natürlich, wie dieser Antrag, den die Ampelfraktionen hier eingebracht haben, auf Bundesebene Anklang finden soll, wenn selbst die eigenen Parteikollegen, der eigene Minister und die Bundesregierung, die man trägt, den im Koalitionsvertrag vereinbarten Maßnahmen entgegenstehen und die Unterzeichnung des Atomwaffenverbotsvertrags dort als nicht zielführend und den Interessen Deutschlands zuwiderlaufend angesehen wird.
Herr Kollege, es hätte so schön werden können, wenn Sie Ihren ersten Bemerkungen tatsächlich weitere in sich stimmige Bemerkungen hätten folgen lassen.
(Abg. Joachim Paul, AfD: Das muss ich aber auch einmal sagen! – Weitere Zurufe der AfD und des Abg. Martin Brandl, CDU)
Wer sich tatsächlich auf den ersten Pfad begibt – wir sind für eine atomwaffenfreie Welt –, dann aber letztendlich in der durch neue multilaterale Zusammenhänge überrollten Logik der 1980er-Jahre zurückbleibt, indem er sagt, wir brauchen eigentlich eine Neuauflage von SS-20 und Pershing II,
Herr Weiland, ich weiß, das war Ihre Zeit, meine ist es nicht mehr –, der wird am Ende genau das erreichen, was wir jetzt haben. Wir kommen nicht voran.
Ich hätte mir gewünscht, dass Sie tatsächlich auch das notwendige Wort zur zentralen Auseinandersetzung, in die wir nach der Kündigung des INF-Vertrags geraten, gefunden hätten, nämlich zum New-START-Vertrag. Da gibt es einen Zusammenhang, zu dem Sie kein Wort gesagt haben. Das Bekenntnis zu dem letzten Vertrag, der noch Gültigkeit hat, hat gefehlt.
Lieber Herr Kollege, deshalb war das schön geblinkt, aber am Ende falsch abgebogen. Das hätte ich mir anders vorgestellt.
Ich rate dazu, nachdem Sie mir schon vorgetragen haben, wo wir unsere Quellen haben sollen – was natürlich nicht stimmt –, dass Sie vielleicht auch eigene, neue Quellen suchen, und zwar in den Reihen, die bei der CDU einmal eine Rolle gespielt haben. Ich rate dazu, einmal genau nachzulesen, was Horst Teltschik, einer der engsten Berater Helmut Kohls, zu diesen Fragen sagt. Gehen Sie bei ihm ein bisschen in die Nachhilfe. – Nein, das nehme ich zurück. Das war zu arrogant.
Schauen Sie sich stattdessen bitte einmal genau an, wie er argumentiert. Er sagt nämlich in aller Deutlichkeit: Wir brauchen eine neue Kultur des Gesprächs, des Austauschs, und nicht der Abschreckung. Nur so werden wir Abrüstung erreichen.
(Abg. Marlies Kohnle-Gros: Aber dann müssen Sie doch die Atommächte mit ins Boot holen! Das macht doch gar keinen Sinn! Das ist doch nicht zu fassen!)
Herr Weiland, das wäre ein Statement gewesen, das tatsächlich auf der Höhe der Zeit gewesen wäre. Ansonsten sind Sie doch ein bisschen sehr in die alten Argumentationsmuster zurückgefallen.
Frau Präsidentin, in vielem, was der Kollege Schweitzer vorgetragen hat, sind wir gar nicht unterschiedlicher Auffassung. Der Kollege Schweitzer umgeht aber wortreich den Kern des Problems. Der Kern des Problems ist die Frage: Kommen wir bei diesem schwierigen und heiklen Thema angesichts der Verschärfung der Situation weltweit mit einseitiger Abrüstung zum Ziel, oder kommen wir mit einseitiger Abrüstung in eine noch unsicherere Welt?
(Beifall bei der CDU und der Abg. Uwe Junge und Martin Louis Schmidt, AfD – Abg. Uwe Junge, AfD: Das ist genau der Punkt!)
Die Position aller, die sich mit diesen sicherheitspolitischen Fragen nicht nur kurzfristig beschäftigen, weil sie aus irgendwelchen Gründen einen Antrag vorlegen müssen und mit irgendjemandem in der Fraktion gesprochen haben – das weiß ich nicht –, sondern die sich mit sicherheitspolitischen Fragen kontinuierlich und in der Tiefe beschäftigen, entspricht auch ganz klar der Position von Herrn Teltschik. Herr Teltschik hat nirgendwo eine einseitige Abrüstung der NATO oder der USA gefordert.
Deshalb kann er nicht als Kronzeuge für diesen Antrag dienen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Es ist unlauter zu versuchen, ihn als Kronzeugen anzuführen,