welt und Gesundheit, den Schutz der Bevölkerung eingesetzt haben. Diese haben entscheidend dazu beigetragen, dass sich die politischen Mehrheiten für den Atomausstieg geändert haben.
Dabei waren Menschen wie Frau Helga Vowinckel, Herr Thal oder Herr Professor Grimmel. Elke Sodemann-Müller und Joachim Scheer erhalten für dieses Engagement die Verdienstmedaille des Landes Rheinland-Pfalz. Nicht zu vergessen ist die Stadt Neuwied.
Mein Dank geht auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von RWE, die diese politische, aber auch gesellschaftliche Entwicklung verantwortungsvoll mittragen und einen unglaublichen Einsatz beim Rückbau der Anlage zeigen. Das gilt im Übrigen auch für die Baufirmen. Ich habe mich in der letzten Woche im nuklearen Teil der Anlage von diesen Entwicklungen, die sehr herausfordernd sind, überzeugt.
Der Dampferzeuger und der Reaktordruckbehälter werden abgebaut. Das geschieht unter Beachtung aller notwendigen Strahlenschutz- und Arbeitsschutzmaßnahmen. Schrittweise werden die verbleibenden Betriebssysteme abgebaut, bis alle Anlagengebäude für abschließende Beprobungen und Messungen frei sind. Dann kommt die Entlassung aus dem Regelungsbereich des Atomgesetzes als letzter Schritt. Damit ist das Kapitel der Atomenergienutzung in Rheinland-Pfalz beendet.
Zu Frage 1: Natürlich ist die Frage nach den Kosten sehr berechtigt, auch wenn man den unglaublichen Aufwand sieht, der nötig ist, um die Anlage abzubauen. Die genauen Zahlen und Kosten unterliegen den Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Dennoch hat die Betreiberin Angaben gemacht. Nach diesen Angaben waren für den Standort Mülheim-Kärlich für Stilllegung und Rückbau der Anlage 800 Millionen Euro geplant, wovon etwa die Hälfte verausgabt ist. Darin sind nicht die Kosten der Endlagerung enthalten, um das zu sagen; denn die werden anders geregelt. Das kommt in Ihrer weiteren Frage vor.
Natürlich ist es für die Steuerzahler und -zahlerinnen genauso wie für die Stromkunden und -kundinnen sehr wichtig, sich die ganze Entwicklung noch einmal vor Augen zu führen; denn die Errichtungskosten für das AKW MülheimKärlich beliefen sich auf rund 3,5 Milliarden Euro. Das waren damals noch D-Mark, natürlich das Doppelte. Das war für 13 Monate Betriebszeit. Das ist wirklich etwas, bei dem wir sagen, das war keine verantwortungsvolle Politik, die dazu geführt hat, ein solches Atomkraftwerk zu betreiben mit enormen Kosten für die Gesellschaft, die Kommunen und letztendlich für die Stromkosten. Das sind keine gemeinnützigen Gesellschaften, sondern Unternehmen, die die Kosten umlegen. Die Kommunen als Aktionäre haben das ziemlich zu spüren bekommen.
Mit den Abbruchkosten summiert sich das Ganze auf insgesamt 4,3 Milliarden Euro für die 13 Monate. Wir hatten mit einem großen, milliardenschweren Risiko für das Land zu kämpfen. Das ist Gott sei Dank nicht eingetroffen. Das wurde abgewendet. Dieses Risiko lag in der Schadensersatzklage der RWE Power AG gegen das Land Rheinland
Pfalz. Im Rahmen der Atomkonsensvereinbarungen 2001 hat RWE diese Schadensersatzklage zurückgezogen. Es wurde vereinbart, dass RWE die Anwaltskosten übernimmt. Von den übrigen Kosten war das Land befreit, sodass durch diesen Atomkonsens unter Rot-Grün für das Land Rheinland-Pfalz eine gute Lösung erreicht werden konnte.
Ich weise noch einmal darauf hin, dass die nachfolgende CDU-Regierung diesen Atomkonsens 2010 wieder rückgängig gemacht und Mehrkosten in Höhe von etwa 7 Milliarden Euro verursacht hat. Das gilt bislang. Wahrscheinlich werden noch weitere dazukommen. Das finde ich eine Konsequenz politischen Handelns, die die Stromkunden massiv trifft.
Zu den Fragen 2 und 3: Die Kostenregelung für Entsorgung und Lagerung der radioaktiven Abfälle ist seit 2017 im Entsorgungsfondsgesetz geregelt. Dazu gibt es eine Stiftung. Die Betreiber der 25 deutschen Atomkraftwerke haben die gesetzliche Verpflichtung – das haben sie auch gemacht –, 24 Milliarden Euro dort einzuzahlen, um die Kosten der Entsorgung abzudecken. Ob das reicht, weiß man heute nicht. Wenn sie allein auf die Asse mit ihren Folgekosten sehen, dann stehen einem die Haare zu Berge. Man muss Schlimmstes erwarten. Das Bundeswirtschaftsministerium hat eine Folgenschätzung durch einen Wirtschaftsprüfer vorgenommen. Diese hat gesagt, bis zum Jahr 2099 – das ist gar nicht mehr so lange hin, aber doch noch eine Zeit, danach hört es leider mit den Kosten auch nicht auf – sollen 170 Milliarden Euro Kosten für den Rückbau der Kraftwerke und die Entsorgung der Brennstäbe anfallen. Also, eine Atomtechnologie ist eine sehr teure Angelegenheit zulasten der Stromkunden.
Zu Frage 4: Die Suche nach dem Endlagerstandort ist immer noch am Anfang. Das ist ein schwieriger Prozess. Der Auswahlprozess erfolgt in drei Phasen. Wir befinden uns in Phase eins. Das ist die Ermittlung der Standortregion für die übertägige Erkundung. Ich bin überzeugt, es wird sehr viele Diskussionen mit der Gesellschaft über einen solchen Standort geben. Alle müssen sich daran beteiligen. Im Moment sammelt der Vorhabenträger die vorhandenen geowissenschaftlichen Daten. Rheinland-Pfalz liefert diese dazu. Hinterher wird es ein Ergebnis geben, wo mögliche Endlager infrage kommen.
Frau Ministerin, vielen Dank. Vielleicht könnten Sie auch aufgrund des Zwischenrufes noch einmal darstellen, welche Entsorgungskosten unabhängig von einem vorzeiti
Diese Kosten, die das Bundeswirtschaftsministerium genannt hat, wären so oder so entstanden; denn natürlich lebt ein Atomkraftwerk nicht ewig. Wir haben die Diskussion bei den grenznahen Atomkraftwerken sehr intensiv im Moment. Das heißt, die Kosten wären so oder so angefallen, 170 Milliarden Euro.
Frau Ministerin, Sie sprachen von Atommüll und Endlagern. Mittlerweile gibt es die Technologie des Dual-FluidReaktors, mit dem man Atommüll verwerten kann, sodass kaum noch Rückstände übrig bleiben. Haben Sie sich schon mit dem Thema beschäftigt, und wie stehen Sie zu dieser Technologie?
Das ist in unserer Situation kein Thema. Ich weiß, dass es immer wieder solche Vorschläge gegeben hat, die sich als genauso unrealistisch erwiesen haben wie die Kernfusionsthemen. Insofern ist es unmöglich, auf eine solche Möglichkeit zurückzugreifen.
Frau Ministerin, welche Maßnahmen verfolgt die Landesregierung zurzeit bei den risikoreichen grenznahen AKW, die Sie eben angesprochen haben, Cattenom, Doel I und II und Tihange?
Die grenznahen Atomkraftwerke sind im Landtag ein wiederkehrendes Thema. Die Besorgnis ist groß. Vor dem Hintergrund weise ich noch einmal darauf hin, dass die Atomtechnologie vor allem wegen ihrer Risiken als nicht beherrschbar eingeschätzt wird – durch die Erfahrungen von Tschernobyl und Fukushima – und gelten muss.
Insofern ist es seit Langem ein Anliegen der rheinlandpfälzischen Landesregierung, auf die Nachbarländer mit Reaktoren bzw. AKW einzuwirken und alle rechtlichen Möglichkeiten zu verfolgen, um die Gefahren zu mindern. Wir hatten in diesem Jahr im Bundesrat einen Entschlie
ßungsantrag der Länder Baden-Württemberg, NordrheinWestfalen, Saarland und Rheinland-Pfalz, der beschlossen worden ist. Dort ging es um die Reduktion der Risiken unsicherer Kernkraftwerke für die Bevölkerung in den grenznahen Regionen. Es wird auf die erheblichen Risiken hingewiesen, die für die Bevölkerung entstehen.
Wir haben uns für eine Begrenzung der Laufzeiten durch eine Höchstgrenze der Betriebszeit von Atomkraftwerken in der EU eingesetzt. Sie wissen, das ist in Frankreich bei Cattenom eine große Diskussion. Sie wollen die über die eigentlich beschlossene Betriebszeit verlängern. Weiterhin geht es um die Schaffung eines europaweiten Nuklearsicherheitssystems und ausreichende Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten auf EU-Ebene.
Allein aus diesem Antrag ersehen Sie, dass es an diesen Sicherheitssystemen immer noch mangelt. Wir haben kein europäisches Sicherheitssystem.
Wir versuchen, auf allen Ebenen darauf hinzuweisen. Die Klagen und die gerichtlichen Schritte, die das Land unternimmt, Beitritt zur Klage von Greenpeace gegen Tihange I sowie Doel I und II oder Beitritt zur Klage der Städteregion Aachen gegen Tihange I, sind zu nennen. Wir hatten Unterstützung durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Das war im Juli dieses Jahres. Es wurde festgestellt, diese Laufzeitverlängerung – das betrifft Doel – ohne Beteiligung der Öffentlichkeit verstößt gegen EU-Recht.
Sehr geehrte Frau Ministerin, am 15. Juni 2000 haben die Bundesregierung und der Reaktorbetreiber das definitive Ende des AKW Mülheim-Kärlich beschlossen. Einen nicht unerheblichen Anteil an der Einigung hatte der damalige rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck. Es entstand dann ein Streit über die Reststrommenge, der auch gerichtsanhängig war. Ist dieser Streit beigelegt?
Soweit ich weiß schon. Ich weiß aber nicht, ob da noch Reste sind. Ich glaube, das ist alles beigelegt.
Frau Ministerin, der Double-Fluid-Reaktor ist keine Vision. Er ist Realität. Er wird in Russland als sogenannte Reaktorgeneration IV bereits eingesetzt. Mit ihm kann man Atommüll entsorgen. Warum möchten Sie sich mit dem Thema nicht beschäftigen und den Atommüll besser für Millionen von Jahren irgendwo vergraben? Das ist für mich nicht einleuchtend.
Ich habe es eben schon gesagt: Die Abkehr von der Atomtechnologie erfolgte wegen der Sicherheitseinschätzungen und der Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung, die Umwelt und natürlich unser ganzes Land. Deswegen ist es für uns keine Perspektive, den Weiterbetrieb der Anlagen voranzubringen und letztendlich dazu beizutragen, dass Risiken nicht abgestellt, sondern weiter aufrechterhalten werden.
Frau Ministerin, die Landesregierung widmet sich mit Verve dem Kampf gegen die CO2-Emissionen. Daher frage ich mich: Die Kernkraft ist CO2-frei und grundlastfähig. Der Leitungsausbau kommt nicht voran. Wäre es nicht aus Ihrer Sicht besser, als Übergangstechnologie lieber den Strom aus deutschen, sicheren Kraftwerken zu beziehen
(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was hat denn das mit Mülheim-Kärlich zu tun? Das war doch nicht genehmigungsfähig!)
Wir sehen gerade an Mülheim-Kärlich, dass es mit der Sicherheit nicht so weit her war. Dort wurden, wie Professor Grimmel damals nachgewiesen hat, die Möglichkeiten eines Erdbebens völlig ausgeblendet. Das Atomkraftwerk wurde an einem Ort errichtet, für den die Genehmigung gar nicht vorlag. Das alleine zeigt, dass man auch der „Sicherheit“ deutscher Atomkraftwerke nicht unbedingt vertrauen darf.
Unabhängig davon ist von vielen Seiten nachgewiesen, dass die Atomkraftwerke den Sicherheitsrisiken, etwa wenn ein Großraumflugzeug abstürzt, überhaupt nicht standhalten würden. Insofern ist das keine Option.
Ich will noch auf einen anderen Aspekt hinweisen, nämlich die Kosten. Sie sagen zwar, Atomkraft wäre CO2-frei, aber das stimmt nicht; denn im vor- und nachgelagerten Bereich der Uranerzeugung und -entsorgung entsteht eine ganze Menge CO2, auch wenn Atomkraftwerke vielleicht günstiger sind als ein Kohlekraftwerk. Insofern ist das überhaupt keine Alternative.
Ich möchte aber darauf hinweisen, dass die Atomkraft durchaus eine sehr teure Stromerzeugungsform ist. Darauf ist in vielen Studien hingewiesen worden. So hat das Öko-Institut eine Studie durchgeführt, die zeigt, dass neue Solar- und Windanlagen mit 30 Euro bis 70 Euro pro Megawattstunde Strom zu deutlich niedrigeren Kosten als Kernkraftwerke produzieren, die nämlich 80 Euro bis 140 Euro brauchen, um eine Megawattstunde zu produzieren. Schon aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist Atomkraft überhaupt keine Option.