Bevor ich der nächsten Rednerin das Wort erteile, freue ich mich, dass wir weitere Gäste bei uns begrüßen dürfen. Zum einen sind das Bürgerinnen und Bürger aus dem Wahlkreis 27, Mainz I. Herzlich willkommen!
Und wir begrüßen ganz herzlich Geflüchtete aus dem Dekanat Maifeld-Untermosel. Seien auch Sie ganz herzlich willkommen im rheinland-pfälzischen Landtag!
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf liegt uns nun zur zweiten Beratung vor. Noch einmal etwas Grundsätzliches: Das Gesetz trägt den Titel „Sicherstellung der ärztlichen Grundversorgung in Rheinland-Pfalz“. Um der drohenden ärztlichen Unterversorgung in Rheinland-Pfalz frühzeitig etwas entgegenzusetzen, haben wir in den Plenarsitzungen der letzten drei Jahre über verschiedene Möglichkeiten, was Anreize bezüglich der Gewinnung künftiger Ärzte anbelangt, debattiert. Auch das von der AfD favorisierte Stipendienmodell wurde erörtert, welches aber bedauerlicherweise verworfen wurde.
Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass im nächsten Jahr 1.500 Hausärzte und bis 2022 einschließlich der Fachärzte über 4.000 Ärztestellen nachbesetzt werden müssen, um das anstehende Versorgungsvolumen zu schultern. Da diese Ärzte kaum vorhanden sind, kommt der vorliegende Gesetzentwurf mit einer zeitlichen Latenz von zehn Jahren definitiv zu spät und ist mit dem Begriff „Sicherstellung“ nur schwer bis überhaupt nicht vereinbar;
denn wir brauchen die Ärzte jetzt, im nächsten Jahr 2020. Zur Verfügung stehen uns die Quotenärzte aber erst in elf Jahren. Vorausschau, meine Damen und Herren, sieht anders aus.
Im Bundesdurchschnitt – man kann es auch auf RheinlandPfalz herunterbrechen – wird ein Arbeitsplatz für einen Facharzt für Innere Medizin durchschnittlich erst nach 170 Tagen besetzt. Ab 2031, also in elf Jahren, stehen uns, wenn keine Verträge von den Studenten vorzeitig auf
gekündigt werden, zügig studiert und sich weitergebildet wird, pro Jahr 26 fertige Fachärzte für Allgemeinmedizin, und damit Hausärzte, für die Versorgung ländlicher Gebiete zur Verfügung. Wenig genug.
Da die Landesverordnung ermöglicht, dass der Umfang der Tätigkeit wenigstens einem Stellenanteil von 0,5 entsprechen muss, dürfte der Effekt, der mit der Landarztquote erzielt werden soll, noch geringer ausfallen. Ob angesichts auch dieser Tatsache das Landesgesetz, welches den Begriff „Sicherstellung“ in seinem Titel trägt, überhaupt diesen Namen verdient, diese Frage darf jeder Abgeordnete für sich selbst beantworten, meine Damen und Herren. Damit ist ganz klar, hiermit wird nichts sichergestellt. Wir werden den Ärztemangel mit diesem Regime nicht auffangen, weil der Ärztemangel struktureller Natur ist.
Die Landesregierung hat neben der Landarztquote auch Studienplatzerhöhungen beschlossen. Diese haben im Übrigen nur dann Sinn, wenn dem Arztberuf wieder seine Freiberuflichkeit zurückgegeben wird und ihn nicht die Fesseln der Gesetze zunehmend gängeln und einengen. Hierzu gehören die Fallpauschale, der Regress, die Niederlassungsfreiheit und auch der Bürokratiewust. Daher sollten durch kluge Konzepte Abwanderungen der Ärzte in attraktivere Länder wie zum Beispiel Schweiz, skandinavische Länder, Luxemburg oder USA zukünftig an Reiz verlieren. Es muss Ansporn sein, die Landarztquote als ein temporäres Modell zu sehen. Eine mögliche Aufstockung zusätzlicher Goodies, also weiterer Anreize, in unterversorgten Regionen ärztlich tätig zu werden, sollte nicht nötig sein. Damit müssten ländliche Räume an Attraktivität zulegen.
Meine Damen und Herren, wir sind jetzt schon so lange mit einer Lösung beschäftigt – ich hatte es eingangs erwähnt –, dass endlich einmal zu einem Kompromiss gefunden werden muss. Man darf den zukünftigen Ärzten, den geförderten Studenten, schon unterstellen, dass sie auch eine gewisse Grundaffinität zum ländlichen Raum haben. Es kann durchaus sein, dass sie bereits freiwillig in ländlichen Räumen ihre Ausbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin absolvieren. Wir wissen es nicht. Es kann auch aufgeteilt sein, dass ein Teil hier und ein Teil im ländlichen Raum ist. Wir wissen es nicht.
Die Ärzte, die in Ausbildung sind – das sind fünf Jahre –, sind eben noch keine fertigen Fachärzte für Allgemeinmedizin. Sie haben einen hohen Ausbildungs- und Betreuungsbedarf und haben noch nicht die allumfassende Kompetenz wie ein fertig ausgebildeter Facharzt für Allgemeinmedizin, dessen Ausbildung fünf Jahre dauert.
Man wird sicherlich ein Follow-up erstellen, bzw. man wird es von diesen Quotenstudenten haben, wo sie sich gegenwärtig befinden, sodass man im laufenden Prozess sagen kann, sie machen jetzt hier ihre Ausbildung oder gehen schon in den ländlichen Raum. Man wird es also verfolgen können.
Wir haben jetzt überhaupt keine Eile. Wir haben keine Eile, jetzt schon zu sagen, dass ihre Ausbildung auf die zehn Jahre angerechnet wird. Das können wir immer noch machen, wenn wir eine gewisse Einsicht in das Verhalten dieser Studenten haben.
Thema im Ausschuss war auch, eine Anhörung zu machen. Das wird uns im Moment nichts bringen. Das können wir alles noch im Laufe der nächsten Jahre machen. Aber wir haben zumindest endlich einmal ein Gesetz verabschiedet, damit die Debatte beendet wird, auch wenn es nur leider ein Tropfen auf den heißen Stein sein wird.
Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, begrüße ich weitere Gäste bei uns im Hause, und zwar Mitglieder des FDP-Ortsverbands Diez. Seien Sie uns herzlich willkommen!
Verehrte Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren schon seit Jahren über dieses wichtige Thema. Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass die flächendeckende Stärkung und Sicherstellung der ärztlichen Versorgung gerade im ländlichen Raum eine der wichtigsten Zukunftsaufgaben überhaupt ist.
Wir haben es gehört, der Altersdurchschnitt der Ärzte liegt bei 57 Jahren. 59 % der Berufsgruppe sind älter als 55 Jahre. Deswegen sage ich, allein aus diesem Grund dürfen wir nicht noch mehr Zeit verlieren. Deshalb haben wir uns alle die Frage gestellt, wie wir diesem wichtigen Zukunftsthema begegnen können. Nach intensiver Auseinandersetzung ist es auch für uns als FDP-Fraktion klar, dass es nur ein Bündel von kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen sein kann, das zielführend ist.
Wir reden heute auch nur über eine dieser Maßnahmen. Aus diesem Grunde haben wir uns bei der Erarbeitung der Landarztoffensive gemeinsam mit unseren Ampelpartnern für die Lösung starkgemacht. Es darf hierbei nichts unversucht bleiben. In solchen Fragen muss Rationalität überwiegen, und alle politischen Vertreter müssen zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger handeln.
Die Landarztoffensive ist nicht das Einzige, das die Ampelkoalition auf den Weg gebracht hat und noch auf den Weg bringen wird. Zu diesem Thema aber darf ich sagen, es ist eines, das als richtungsweisend zu bewerten ist.
Die Quotierung der aufgebauten Studienplätze ermöglicht jungen Menschen ein Studium der Medizin, eine Möglichkeit, welche sie anders vielleicht nicht gehabt hätten. Dies birgt zusätzlich den Vorteil, dass wir vielleicht gute Praktiker nicht verlieren und die Situation der Versorgung gerade im ländlichen Raum und dem öffentlichen Gesundheitswesen verbessern. In diesem Punkt – das darf ich für die FDP-Fraktion sagen – sind auch wir der Meinung, dass die Ärztinnen und Ärzte zehn Jahre in der Region arbeiten
Wie Sie mittlerweile wissen, bin ich und ist die FDPFraktion ein großer Verfechter der Telemedizin. Ich darf dieses Thema, weil es zu diesem Projekt und zu dieser Maßnahme gehört, noch einmal aufgreifen. Die Chancen der Digitalisierung müssen zwingend zur Verbesserung der medizinischen Versorgung genutzt werden.
Wir sprechen immer von der digitalen Brücke, welche Distanzen zwischen Ärztinnen und Ärzten und Patientinnen und Patienten sowie Sektoren überwindet. Durch dieses entstehende digitale Netzwerk zwischen Arzt und Patient könnten Untersuchungen ortsunabhängiger in Realtime und viel leichter durchgeführt werden. Das trägt auch zu einer kurzfristigen Entlastung bei.
Die breite Beteiligung vieler Partner an dem Projekt „Telemedizin-Assistenz“ zeigt, dass wir mit den Forderungen den Zahn der Zeit getroffen haben. Deshalb ist es auch wichtig, diesen Part des Projektes in den Modellregionen erfolgreich und – später wünschenswert – auch flächendeckend umzusetzen.
Es geht hierbei nicht nur darum, etwas auszuprobieren, sondern modernste Technik in der Fläche verfügbar zu machen. Wir Freien Demokraten sehen es als essenziell an, dass wir mit dem Zukunftsprogramm „Gesundheit und Pflege – 2020“ eine verstärkte Zusammenarbeit der Akteure im Gesundheitswesen ermöglichen. Verzahnung und Austausch von Akteuren vor Ort und deren Bedarfsanalysen können zu wichtigen Synergieeffekten führen.
Dabei darf ich auch erwähnen, dass beispielsweise Gemeinschaftspraxen Sinnbild für die Vernetzung von Ärztinnen und Ärzten sind. Der Ausbau allgemeinmedizinischer Weiterbildungszentren ist deshalb ebenfalls ein wichtiger Schritt für die Zukunft.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, das umfangreiche Maßnahmenpaket wurde in der Vergangenheit umfassend und lange Zeit in Anhörungen und in Ausschussberatungen diskutiert. Die klaren und wichtigen Akzente dienen in hohem Maße der Sicherstellung und der Stärkung der ärztlichen Versorgung. Lassen Sie uns deshalb gemeinsam das Landesgesetz nun auf den Weg bringen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir freuen uns, dass wir heute die lange
und ausgiebig diskutierte Landarztquote zusammen mit der Quote für den öffentlichen Gesundheitsdienst verabschieden können. Wir stellen die Weichen, dass ab dem Wintersemester 2020/2021 Studierende einen Medizinstudienplatz bekommen, die sich verpflichten, nach ihrer Facharztausbildung für zehn Jahre in einer unterversorgten Region als Hausärztin oder Hausarzt zu arbeiten. Weitere Studierende bekommen dann einen Studienplatz, wenn sie sich für zehn Jahre als Ärztin oder Arzt im öffentlichen Gesundheitsdienst verpflichten.
Diese gesonderten Vorabquoten dienen zum einen dem Interesse des Landes, indem sie dafür sorgen, dass sich eine bestimmte Anzahl von Medizinabsolventinnen und -absolventen pro Semester in unterversorgten Gebieten, vor allem wahrscheinlich im ländlichen Raum, niederlassen und dort die ärztliche Versorgung gewährleisten.
Zum anderen geben diese Quoten eventuell aber auch jenen Studienbewerberinnen und -bewerbern eine Chance, die keine Abiturnote von 1,0 haben, aber andere Qualifikationen für den Medizinberuf mitbringen wie zum Beispiel eine Ausbildung und Vorerfahrung in einem medizinischen Beruf. Dies gewährleisten die begleitenden Verordnungen zu dem heute besprochenen Gesetz, die wir auch sehr ausführlich im Ausschuss behandelt haben.
Um zu verhindern, dass diese Chance missbraucht wird, um günstig einen Medizinstudienplatz zu ergattern und später die eingegangene Verpflichtung nicht einzulösen, ist es richtig, dass die festgeschriebenen Vertragsstrafen abschreckend hoch genug sind.
Wir denken, dass die Regelungen im Gesetz und auch in den Verordnungen alle Eventualitäten berücksichtigen, um das gewünschte Ziel zu erreichen. Wir müssen aber natürlich abwarten und beobachten, ob diese Maßnahmen so wirken, wie wir uns das heute vorstellen, oder ob wir irgendwann einmal nachsteuern müssen; denn das große Problem bei der Erstellung des Gesetzes war und ist doch, dass wir so genau nicht wissen, wie sich die Regelungen in zehn bis 20 Jahren wirklich auf die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum auswirken werden, ob schlussendlich die gewünschten Landärztinnen und -ärzte dort ankommen und auch bleiben. Nicht nur wir in Rheinland-Pfalz fangen damit erst an, sondern auch in anderen Bundesländern gibt es damit noch keine bis wenig Erfahrung. Wir sind neben Nordrhein-Westfalen erst das zweite Bundesland, das ein solches Gesetz beschließt.
Den Wunsch der CDU, Teile der Facharztbildung schon auf diese zehnjährige Verpflichtung anzurechnen, lehnen wir ab. Ganz explizit lehnen wir nicht ab, dass die zukünftigen Landärzte schon während ihrer Facharztausbildung in die unterversorgten Gebiete gehen. Aber wir wollen nicht, dass das bereits auf diese zehn Jahre anzurechnen ist; denn wir wollten doch gerade, dass wir es langfristig für den Zeitraum von zehn Jahren dort sicherstellen, wo es dringend notwendig ist. Das haben auch Sie immer gefordert. Sie haben uns immer das Beispiel von Nordrhein-Westfalen vorgehalten