Protokoll der Sitzung vom 18.09.2019

Ich glaube, dass wir die Grundtendenz im Kommunalabgabengesetz, wonach es einen Sondervorteil geben soll, den wir abgelten sollen und der im Grundstück verhaftet ist, nicht mehr sehen, wenn wir den Straßenausbau betrachten. Es geht nicht um die erstmalige Erschließung, darauf soll noch einmal Wert gelegt werden. Es geht um den erneuten Straßenausbau.

Wir sehen heute in dem Wettstreit der Regionen und Dörfer miteinander und gegeneinander den Gesamtgedanken,

dass dörfliche Infrastruktur, egal woher sie kommt und woher sie rührt, auf gleich hohem und gleich gutem Niveau zu halten ist. Deswegen sehen wir darin einen Beitrag kommunaler Daseinsvorsorge und sagen, damit sind die Abschaffung von Straßenausbaubeiträgen, die Sanierung und der Ausbau von Straßen Gemeinschaftsaufgaben. Wenn es Gemeinschaftsaufgaben sind, dann sind sie nicht über das Beitragswesen zu finanzieren, sondern mit allgemeinen Haushaltsmitteln.

Wir hatten eine sehr ausführliche und interessante Anhörung dazu. Ich möchte auf kurze Punkte eingehen. Auch wenn wir sagen, dass das Beitragsrecht nicht mehr greift, möchte ich noch einmal darauf eingehen, ob der wiederkehrende Beitrag tatsächlich die Lösung ist. Ich sage, nein, der wiederkehrende Beitrag ist nicht die Lösung.

Der wiederkehrende Beitrag wurde im Jahr 1986 von einer CDU-geführten Landesregierung eingeführt, damals noch mit massiven Gegenstimmen der SPD. So sieht man sich nach vielen Jahren und Jahrzehnten in der gleichen Frage wieder.

(Abg. Martin Haller, SPD: Aber unter komplett anderen Vorzeichen, aber egal!)

Trotzdem, nach über 30 Jahren haben nur 40 % der Kommunen in Rheinland-Pfalz den wiederkehrenden Beitrag eingeführt. Eine Hauptproblematik liegt in der Rechtsunsicherheit, die der wiederkehrende Beitrag mit sich bringt. Erst im letzten Jahr hat uns das Oberverwaltungsgericht eine neue Rechtsprechung mit auf den Weg gegeben, wonach wir nicht nur geografische Einschnitte in einem Dorf, einer Gemeinde oder Stadt brauchen, sondern bereits als Kenngröße 3.000 Einwohner zugrunde legen. Auch das wird zu neuen Rechtsstreitigkeiten führen, sodass – das sagt insbesondere der von der FDP-Fraktion benannte Anzuhörende Professor Dr. Driehaus – der wiederkehrende Beitrag keine Lösung ist. Den wiederkehrenden Beitrag brauchen wir in diesem Bereich nicht.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, die einzige übrig gebliebene Kritik ist, die Kommunen würden am goldenen Zügel des Landes hängen und könnten nicht mehr selbst planen. Dies ist gerade die Kritik aus der SPD-Fraktion. Ich glaube – das ist in der März-Sitzung schon einmal erwähnt worden –, Sie trauen Ihrer eigenen Landesregierung in diesem Punkt nicht.

(Beifall der CDU)

Die Masse der Kommunen in Rheinland-Pfalz beteiligt sich heute schon am gemeindlichen Straßenausbau und bedient sich dabei der Förderung aus dem Investitionsstock. Keiner hat sich bis heute beschwert, dass dieses Verfahren falsch läuft. Warum soll, wenn ich das Straßenausbauprinzip beibehalte, nur die Beiträge wegnehme und sie nach Abschluss der Maßnahme spitz gerechnet durch Landesmittel ersetze, deswegen eine Verzögerung entstehen? Warum soll dann Geld in die Städte hinein- und aus dem ländlichen Raum hinausfließen, wenn schon beim Investitionsstock sichergestellt ist, dass dies nicht so ist, meine Damen und Herren?

(Beifall der CDU)

Wir erwarten – das sagt dieser Gesetzentwurf –, dass die Landesregierung eine entsprechende Verordnung auf den Weg zu bringen hat, die genau das sicherstellt, damit die Kommunen nicht am goldenen Zügel hängen, dass spitz abgerechnet wird und die Kommunen das Geld bekommen, das ihnen zusteht.

(Beifall der CDU)

Deswegen kommen wir sehr schnell weg von den langen Wartezeiten; denn im Investitionsstock gibt es keine langen Wartezeiten, und die wird es mit dem Wegfall der Beiträge auch nicht geben.

Aufräumen möchte ich auch mit einem Märchen. Nicht nur bei uns in der Anhörung ist von einem Vertreter eines kommunalen Spitzenverbands von 600 Millionen Euro jährlich gesprochen worden. Ich glaube, der gleiche Vertreter war etwa 14 Tage vorher in Nordrhein-Westfalen und hat dort von 1 Milliarde Euro gesprochen.

In Nordrhein-Westfalen ist man sich einig – im Übrigen über Fraktionsgrenzen hinweg –, für ganz NordrheinWestfalen mit 16 Millionen Einwohnern und vielen großen, wirklichen Großstädten bedarf es an Straßenausbaubeiträgen jährlich 128 Millionen Euro. Nordrhein-Westfalen hat sich entschieden, die Hälfte davon will man künftig aus dem Landesetat beisteuern, sodass wir dort zumindest einen hälftigen Wegfall haben.

(Zuruf des Abg. Marco Weber, FDP)

Von 600 Millionen Euro zu sprechen, ist dem Reich der Fantasie entnommen. Ich habe von diesem Spitzenverband in den letzten zehn Jahren nicht gehört, dass wir einen Investitionsstau in gemeindliche Infrastruktur, in den Straßenbau von 4,5 Milliarden Euro haben.

Eines muss man dazu auch sagen: Unsere Zahl ist nicht aus der Luft gegriffen. Wir nehmen als Grundlage die Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion vom Oktober vergangenen Jahres.

(Zuruf des Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU)

Wir nehmen auch die Kassenstatistik des Statistischen Landesamts. Die belegt eindeutig, dass das jährliche Beitragsaufkommen der letzten 15 Jahre zwischen 66 Millionen und 130 Millionen Euro gelegen hat. Darin sind erstmalige Entschließungen enthalten, Wirtschaftswege, Feldwege und Weinbergswege. Ich glaube, wenn man von 600 Millionen Euro spricht, hat man Angst um eigene Pfründe, aber es hat mit der Realität und der Wahrheit nichts zu tun.

(Beifall der CDU – Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Exakt!)

Gleichzeitig aber – auch das kommt in den Diskussionen zu kurz – ist mit den Beiträgen natürlich ein erheblicher Verwaltungsaufwand verbunden. Auch die Gutachter gehen von mindestens 20 bis 25 % aus. Das ist Geld, das wir im Nachgang wieder einsparen können.

Meine Damen und Herren, ich bin mir nach dem Urteil im Innenausschuss und den Abstimmungen bewusst, dass wir heute mit diesem Gesetzentwurf scheitern werden. Eines möchte ich aber klarstellen: Dieser Gesetzentwurf ist niemals eingebracht worden, weil wir glaubten, es steht eine Kommunalwahl vor der Tür.

(Abg. Hans Jürgen Noss, SPD: Oh! – Unruhe bei der SPD)

Das können Sie in anderen Bundesländern sehen, Herr Noss. Die Änderungen in den anderen Bundesländern, sei es in Bayern, Brandenburg oder Thüringen, sind immer erfolgt, weil Landtagswahlen vor der Tür stehen. Deswegen sage ich Ihnen heute schon, die Menschen draußen, die dieses Thema sehr emotional ergreift – ich war auf über 50 Veranstaltungen im Land unterwegs –, wollen im nächsten Jahr im Hinblick auf die Landtagswahl 2021 eine Antwort, und zwar von Ihren drei Fraktionen. Sie werden sich erklären müssen. Das Thema endet heute nicht.

(Beifall der CDU und bei der AfD)

In den letzten verbleibenden Sekunden sei mir noch ein Hinweis gestattet. Die FDP argumentiert damit, dass sie sich vertragstreu verhält, wenn sie dem Beschluss ihres eigenen Parteitags zur Abschaffung nicht zustimmt. Meine Damen und Herren, ich kann mich nur vertragstreu verhalten oder vertragsbrüchig werden, wenn es im Vertragswerk eine Regelung gibt.

(Glocke der Präsidentin)

Ich habe es mir angetan und den Koalitionsvertrag gelesen. Es gibt diesbezüglich keine Regelung. Ich glaube, Sie täuschen mit dieser Aussage einfach nur darüber hinweg, dass Sie nicht die Kraft und Stärke haben, Ihren Basisentscheid in diese Koalition einzubringen. Das zeigt, die Ampel hat nur gelbe Kurzphasen.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU und bei der AfD)

Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, freue ich mich, dass wir weitere Gäste bei uns im Landtag begrüßen dürfen. Zum einen sind das die Vereine aus Hagenbach sowie Bürgerinnen und Bürger aus dem Wahlkreis 51, Germersheim. Herzlich willkommen bei uns!

(Beifall im Hause)

Dann begrüßen wir die Mitglieder des AfD-Kreisverbands Worms. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall der CDU, der AfD, der FDP und bei der SPD)

Wir begrüßen zudem ganz herzlich den Willkommenskreis Diez. Auch Ihnen ein herzliches Willkommen!

(Beifall im Hause)

Für die SPD-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Noss

das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Schnieder, ich glaube, uns beiden geht es wie den Königskindern. Wir können einfach nicht zusammenfinden, zumindest zu diesem Gesetz nicht.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Oh! – Abg. Christian Baldauf, CDU: Es ist nur die Frage, wer die Frau und wer der Mann ist!)

Das legen wir dann noch fest. Ich möchte zunächst betonen, dass ich durchaus Verständnis dafür habe, wenn die Bürgerinnen und Bürger im Land erfahren, dass sie keine Beiträge mehr bezahlen müssen. Warum auch nicht? Allerdings sieht die Wirklichkeit doch etwas anders aus. Bezahlen müssen sie so oder so. Das zeigt sich auch in anderen Bundesländern, in denen die zur Verfügung gestellten Landesmittel bei Weitem nicht ausreichend waren, um die wegfallenden Ausbaubeiträge zu kompensieren. Dort erhöhen die Kommunen stattdessen eben die Grundsteuer.

Die SPD-Fraktion ist eindeutig für die Beibehaltung der Straßenausbaubeiträge, wobei insbesondere das System der wiederkehrenden Beiträge favorisiert wird. Wir sind da im Übrigen ganz beim Gemeinde- und Städtebund, der sich wiederholt gegen die Abschaffung der Beiträge ausgesprochen hat und vor einer Aushöhlung der kommunalen Selbstverwaltung warnt. In einer Pressemitteilung fordert dieser, man solle ein bewährtes System nicht ohne Not wegwerfen.

Recht hat der Gemeinde- und Städtebund, ein Verband, der von Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen geprägt ist und getragen wird und dessen Meinung Sie im Allgemeinen wie eine Monstranz vor sich hertragen, bloß in diesem Fall eben nicht.

Der Innenausschuss des Landtags hat am 19. Juni auf Initiative der SPD-Fraktion eine Expertenanhörung zu der Abschaffung der Straßenausbaubeiträge durchgeführt. Aus dieser bleibt festzuhalten, dass die Anzuhörenden unsere Position weitestgehend bestätigt haben.

Lassen Sie mich kurz einige wenige Feststellungen der Anzuhörenden wiedergeben, um das zu untermalen. Professor Driehaus, der von Ihnen vorhin schon genannt wurde, macht sich für die Erhaltung des bewährten Systems stark. Hinsichtlich des Entwurfs der CDU stellt er aber fest, dass diesem jegliche tragfähige Begründung fehle, was aber auch einleuchtend sei, da es keine überzeugenden Gründe gebe.

Ralph Spiegler, stellvertretender Vorsitzender des Gemeinde- und Städtebunds, sprach sich eindeutig für die Beibehaltung der Ausbaubeiträge aus, wobei er wiederkehrende Beiträge favorisierte und betonte, dass diese Meinungswiedergabe aufgrund einstimmiger Beschlüsse aller Gremien des Gemeinde- und Städtebunds erfolgen würde. Der Gemeinde- und Städtebund steht bestimmt nicht im Verdacht, dass er von der CDU beherrscht wird, sondern wir haben dort sehr viele CDU-Bürgermeister

vielleicht zu viele –

(Vereinzelt Heiterkeit im Hause)