Protokoll der Sitzung vom 18.09.2019

(Vereinzelt Heiterkeit im Hause)

und wir haben auch viele von der SPD. Aber, wie gesagt, diese Meinung ist diejenige des Gemeinde- und Städtebunds. Er meinte auch, dass es bei der Abschaffung der Beiträge zu steuerlichen Mehrbelastungen käme und eine Einschränkung der kommunalen Selbstverwaltung eventuell ebenfalls der Fall wäre.

Dr. Thielmann, der Fachreferent des Gemeinde- und Städtebunds, führte aus, dass die Gemeinden heute bereits mit ihrem Anteil, der steuerfinanziert ist, zur Finanzierung des Straßenausbaus beitrügen. Bezüglich eventueller Härtefälle gebe es Billigkeitsregelungen, die diese abmildern könnten.

An dieser Stelle sei der Hinweis erlaubt, dass die CDU in ihrem Gesetz ausführt, der Gemeinde würden unmittelbar entstehende Beitragsausfälle durch das Land grundsätzlich erstattet. „Grundsätzlich“ heißt aber auch Ausgabegrundsatzprinzip. Ich weiß nicht, wie Sie es dort formuliert haben.

Die CDU glaubt, weiß es aber nicht genau, dass 75 Millionen Euro pro Jahr ausreichend wären. Gegebenenfalls sei dieser Betrag aber entsprechend anzupassen. Das ist also auch etwas nebulös. Diese Formulierung spricht wohl für sich selbst und braucht nicht weiter kommentiert zu werden. Herr Thielmann war übrigens derjenige, der den Finanzbedarf von zwischen 300 Millionen und 600 Millionen Euro ausgerechnet hat.

Günter Beck, der Bürgermeister von Mainz, warb für das Modell der wiederkehrenden Beiträge. Den Abschaffungsbefürwortern warf er Lobbyismus auf mangelnder Grundlage vor. Weiterhin stellt er fest, dass die beitragsrechtlichen Vorteile den Grundstückseigentümern zugutekämen. Ihm sei es ein Rätsel, wie man dies infrage stellen könne.

Herr Zunker vom Deutschen Mieterbund stellte fest, dass es bei den Gesetzesvorhaben der CDU und auch der AfD weniger um die Abschaffung von Ausbaubeiträgen als vielmehr um eine Umverteilung von Ausbaukosten zugunsten der Grundeigentümer und zulasten der Mieter gehe.

Ich könnte sicherlich noch einige Punkte mehr aufzählen, belasse es aber dabei. Es wird deutlich, der Gesetzentwurf der CDU ist wohl doch – trotz Ihrer Verneinung – den kommenden Landtagswahlen geschuldet. Es ist für Ihre Zukunftsplanung aber sicherlich ernüchternd – und zwar im höchsten Grade –, welches Echo Ihr vorliegender Gesetzentwurf parteiübergreifend bei den kommunalen Spitzenverbänden gefunden hat.

(Glocke der Präsidentin)

So werden Sie es mit Sicherheit nicht schaffen, nach 30 Jahren der Abstinenz wieder stärkste Partei im Landtag zu werden. Das ist auch gut so. Wir lehnen den Gesetzentwurf ab.

Danke schön.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD)

Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Abgeordneten Schnieder das Wort.

Frau Präsidentin, lieber Herr Kollege Noss, ich akzeptiere und respektiere die Meinung der kommunalen Spitzenverbände. Fahren Sie aber einmal durch das Land. Viele Ihrer eigenen Parteifreunde vor Ort haben Resolutionen losgeschickt, weil sie gesagt haben, dieses Prinzip der Straßenausbaubeiträge gehört abgeschafft.

(Beifall bei der CDU – Abg. Michael Hüttner, SPD: Einige wenige!)

Ich möchte nur eines sagen: Wir müssen noch einmal klarstellen, natürlich kostet jedes staatliche Handeln Geld. Es ist aber die Frage, ob das über das Beitragsrecht oder über ein ganz normales Steuer- und Haushaltsrecht geht. Wenn Sie von einer Grundsteuererhöhung sprechen, können Sie eigentlich nur Baden-Württemberg meinen; denn sie haben das Beitragsrecht schon historisch nicht. Dort finanzieren die Kommunen komplett. Dann können sie die Refinanzierung über die Grundsteuern machen.

Vielleicht meinen Sie aber auch die Grunderwerbsteuer, die Kollegin Schwesig in Mecklenburg-Vorpommern angekündigt hat, nachdem sie selbst angekündigt hat, zum 1. Januar 2020 die Beiträge abzuschaffen. Diese Erhöhung, die man in Mecklenburg-Vorpommern einführen will, ist das, was die Landesregierung schon längst getan hat, nachdem die Grunderwerbsteuer in den Landessäckel gegangen ist: 150 Millionen Euro, nehmen Sie die Hälfte davon, dann hätten wir die Beiträge damit schon durch.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ein letzter Punkt, dass es keine zwingenden, triftigen oder überzeugenden Gründe gebe: Wir müssen einmal schauen, woher das Beitragsrecht historisch kommt. Ich gehe gar nicht so weit wie in der Anhörung, dass man noch einmal das Römische Reich in den Fokus nimmt. Es reicht preußisches Recht Ende des 19. Jahrhunderts. Da war es ein Privileg, in den Gemeinden und Städten befestigte Wege vor der Tür zu haben. Ich meine, es ist heute kein Privileg mehr.

Deswegen ist es ein überzeugender Grund, es abzuschaffen, weil wir insgesamt eine gleichwertige, ordentliche und gute Verkehrs- und andere Infrastruktur in den Dörfern wollen. Es ist kein Privileg, an einer Kreisstraße zu wohnen. Es ist kein Privileg, an einer Landesstraße zu wohnen. Es ist kein besonderes Privileg – was den Beitragszahlern das Geld aus der Tasche zieht –, an einer Gemeindestraße zu leben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Zu einer Erwiderung hat Abgeordneter Noss das Wort.

Herr Schnieder, vielen Dank für Ihre Rede, die Sie eben nochmals gehalten haben.

(Vereinzelt Heiterkeit bei der SPD)

Ich meine, es hat sich insgesamt an den Meinungen nicht viel geändert, aber das ist auch nicht zu erwarten. Sie kennen den Rhein-Pfalz-Kreis. Sie kennen auch den dortigen Wahlkreisabgeordneten. Wie ich weiß, hat damals die RHEINPFALZ berichtet, dass die Bürgermeister in diesem Wahlkreis einstimmig oder zumindest einvernehmlich dafür waren, wiederkehrende Beiträge anzuschaffen. Das sagt doch alles, das ist doch gut so. Es sind schlaue Menschen – nicht alle, aber viele –, die diese Meinungen und darüber hinaus Grundsteuern vertreten.

(Zurufe von CDU und AfD)

Sie kennen das Prinzip Hessen. In Hessen ist es so, die Kommunen können, wenn sie wollen, die ganze Sache freigeben. In aller Regel reicht das Geld, das kommt, respektive da kommt gar keines. In der Regel müssen die Kommunen etwas draufzahlen. Das müssen sie gegenfinanzieren. Das wird die Grundsteuer sein.

Wir haben in anderen Bereichen wie in Bayern ähnliche Vorfälle, bei denen das Geld bei Weitem nicht reicht und stellenweise weniger als 10 % zu den Ausbaukosten kommen. Sie machen deutlich, ein neues System muss dringend gefunden werden. Historische Darstellungen, wie es vielleicht einmal vor 100 Jahren, 500 Jahren oder 20 Jahren war, nützen da nicht viel. Wir müssen uns in der jetzigen Zeit bewegen. Es ergibt wenig Sinn, wenn es darum geht, Kosten zu verteilen, immer wieder zu sagen: Wir nicht, aber das Land hat es ja.

Danke schön.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion spricht Abgeordneter Dr. Bollinger.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vor mehr als einem Jahr hat unsere Fraktion im Landtag in der Aussprache zu unserer Großen Anfrage „Kommunale Straßenbauinvestitionen und Straßenausbaubeiträge“ als erste Fraktion die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge gefordert und eine Debatte eröffnet, die mittlerweile zwei Gesetzentwürfe und eine in der Tat sehr interessante Expertenanhörung gezeitigt hat.

Ich darf zunächst auf unseren eigenen Gesetzentwurf – Drucksache 17/7619 – verweisen, der in vielerlei Hinsicht besser ist als der Gesetzentwurf der CDU, der heute

vorliegt. Unsere konkrete Forderung war und ist, die Verbundsätze im Landesfinanzausgleich anzuheben, um so eine strukturelle Verbesserung der kommunalen Finanzen zu bewirken. Im Zuge der Abschaffung der Straßenausbaubeiträge soll zusätzlich eine Pauschale für die Kommunen eingeführt werden, die nach einfachen Kriterien verteilt wird.

In der Expertenanhörung und der anschließenden Auswertung im Ausschuss wurde darüber diskutiert, wie hoch die Kompensation des Landes für die Einnahmeausfälle der Kommunen durch die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge sein müsse. Die Landesregierung tappt hier im Dunkeln, aber es gibt aus anderen Quellen ausreichend Daten und Zahlen, um zumindest die Größenordnung gut abschätzen zu können.

So betrugen die Investitionsausgaben für Gemeindestraßen laut Zahlen des Statistischen Landesamtes in den Jahren 2015 bis 2017 jeweils ca. 2,5 Millionen Euro. Davon wären die Kosten für Neuerschließungen und die Kosten für den Eigenanteil der Gemeinden abzuziehen. Die Größen sind nun nicht genau bekannt, aber der resultierende Beitrag muss nun in jedem Fall unter 200 Millionen Euro liegen und kann sich niemals auf die vom Gemeinde- und Städtebund genannten 600 Millionen Euro belaufen.

Wenn wir dann noch wissen, dass die Gesamteinnahmen der Gemeinden aus Straßenausbaubeiträgen plus Erschließungsbeiträgen im Jahr 2016 lediglich bei ca. 87 Millionen Euro lagen, kommen wir als Basis auf ungefähr 50 Millionen Euro, die für eine Kompensation bereitgestellt werden müssten. Meine Damen und Herren, das verträgt sich auch mit den Zahlen aus anderen Bundesländern, zum Beispiel aus Hessen, einem Land, das flächen- und einwohnermäßig deutlich größer ist und für das 55 Millionen bis 75 Millionen Euro an Straßenausbaubeiträgen angegeben werden.

Meine Damen und Herren, die von Minister Lewentz favorisierten wiederkehrenden Beiträge sind keine Lösung. In der Anhörung haben gleich zwei Experten eindringlich vor einer weiteren Verbreitung der wiederkehrenden Beiträge gewarnt. Im Endeffekt sind diese komplizierter, bürokratischer und streitträchtiger, so der Tenor. Außerdem sind die Verwaltungskosten tendenziell höher.

Die Zahlen, die Bürgermeister Beck in der Anhörung aus Mainz geliefert hat, untermauern das aus unserer Sicht. Wenn in Mainz 27 % Verwaltungskosten für die wiederkehrenden Straßenausbaubeiträge anfallen, dagegen nur 5,4 % bei den einmaligen Erschließungsbeiträgen, spricht das nun eben nicht für die wiederkehrenden Beiträge.

Bei den Verwaltungskosten liegt ein Schwachpunkt des CDU-Gesetzentwurfs. Zwar müssen die Kommunen nach CDU-Vorstellungen keine Gebührenbescheide mehr für die Anwohner, dafür aber Zuschussanträge an das Land Rheinland-Pfalz schreiben. Diese sind mit beträchtlichem Aufwand verbunden. Die Kommunen wollen auch keine Vorgaben des Landes, welche Ausbaumaßnahme wann drankommt. Die Kommunen wollen und können das selbst sehr gut entscheiden. Bürokratie und Eingriffe in das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen ließen sich aber mit der AfD-Lösung, einer nach einfachen Kriterien bemes

senen Pauschale für die Kommunen, vermeiden.

Im Ausschuss haben die Vertreter der Ampel versucht, das zu tun, was auch Kollege Noss eben getan hat, nämlich Steuerzahler und Hauseigentümer gegeneinander auszuspielen. Schaffen wir die Straßenausbaubeiträge, dann haben angeblich nur die Hauseigentümer etwas davon. Zunächst einmal: In der Aktuellen Debatte wurde eben von „Neiddebatten“ geredet. Wenn ich eine Neiddebatte sehe, dann ist d a s eine Neiddebatte, meine Damen und Herren.

(Beifall der AfD)

Mehr aber noch: Wer in der Politik gerade in RheinlandPfalz die Haus- und Wohnungseigentümer außen vor lässt, der lässt die Mehrheit unserer Bürger außen vor. Über 1 Million Haushalte oder 57 % der Haushalte im Land besitzen selbstgenutztes Eigentum. Meine Damen und Herren, es ist gut, dass die Zahl der Eigentümerhaushalte im Land Rheinland-Pfalz über dem Durchschnitt in Deutschland liegt,

(Beifall bei der AfD)

aber es ist schlecht, dass die Eigentümerquote in Deutschland seit dem Jahr 2011 trotz Niedrigzinsen sinkt. Die Bürger in Rheinland-Pfalz leiden unter der zweithöchsten Staatsquote auf der ganzen Welt und müssen mehr als die Hälfte ihrer Einkommen an Steuern und Abgaben an den Staat abgeben. Dem müssen wir endlich entgegenwirken.

(Beifall bei der AfD)

Die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge ist ein kleiner Baustein, meine Damen und Herren, aber der längste Weg beginnt mit dem ersten Schritt.

(Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP: So ist es!)

Wir als AfD haben die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge auf die politische Agenda gesetzt und werden trotz unserer inhaltlichen Bedenken dem Gesetzentwurf der CDU zustimmen, weil uns die Entlastung unserer Bürger sehr wichtig ist.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Richtig!)