(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Es wurden Vorschläge gemacht!)
Es ist auch eine Gerechtigkeitsfrage, ob man es steuerfinanziert will – das heißt, alle zahlen –, oder ob man will, dass die Hausbesitzenden für den kommunalen Straßenausbau aufkommen. Das wäre eine Entlastung der Personen, die hier Eigentum haben, und eine Übertragung auf alle, steuerfinanziert in Konkurrenz zu anderen Maßnahmen im Haushalt. Auch bei dieser Abwägung komme ich ganz klar zum Schluss, dass dies nicht die Prioritätensetzung sein kann.
An der Stelle ist das meines Erachtens auch ein Gerechtigkeitsproblem. Deshalb können wir Ihrem Gesetzentwurf nicht folgen. Er ist nicht seriös. Auch die ganze Genese dieser Diskussion ist meines Erachtens immer noch ein Wahlkampfmanöver. Liebe CDU, das ist durchsichtig. Wir können einem solchen Vorschlag beim besten Willen nicht folgen. Wir haben ein bewährtes System im kommunalen Abgabengesetz, bei dem wir bleiben.
Verehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es hat im Landtag eine lange Tradition, vermeintlich populäre Gesetze vorzulegen, die finanziell nicht gedeckt sind. Ich kann mich noch erinnern, Ende der 1990er-Jahre hatte Ihr damaliger Vorsitzender, Dr. Böhr, hier ein Gesetz eingebracht. Der Vorsitzende der SPDFraktion hat dazu eine schöne Bemerkung gefunden. Er hat nämlich gesagt: Wenn die Opposition von heute glaubt, die Regierung von morgen zu sein, dann glauben Zitronenfalter auch, dass sie Zitronen falten. – Daran hat sich noch nicht allzu viel geändert, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Herr Schnieder, ich glaube, zu dem, was Sie zum Thema gesagt haben, angeblich sei diese Ampel gar nicht so eng beieinander, können wir Ihnen das Gegenteil von Abstimmung zu Abstimmung beweisen. Sie werden gleich sehen, mit wem Sie die Hand heben müssen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben schon im Innenausschuss gehört, wie die Bewertung in der Anhörung gelaufen ist. Ich will Herrn Professor Dr. Driehaus zitieren, der immerhin Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht war. Er hat zum Gesetzentwurf der CDU-Fraktion gesagt: „Auffallend ist zunächst, dass es auf den beiden unter der Überschrift ,Begründung‘ stehenden Seiten an jeder“ – ich wiederhole, an jeder – „Begründung für die Abschaffung des Straßenbaubeitrags mangelt. Auf eine Begründung wird vielmehr schlicht verzichtet. Das leuchtet ein;“ – so der Professor – „denn es gibt dafür keine überzeugende Begründung.“
Der Gemeinde- und Städtebund ist schon oft genannt worden. Herr Schnieder, das ist übrigens auch in Ihrer Argumentation der Fall gewesen. Der Gemeinde- und Städtebund ist zweifelsohne am allernächsten dran. Das ist so! Ganz zweifelsohne ist es so, dass die Ausbaubeitragssachbearbeiter bei den Verwaltungen, also in der Verantwortung des Gemeinde- und Städtebundes, sitzen. Ganz sicher ist es auch so, dass in den Verwaltungen, die im Gemeinde- und Städtebund zusammengekommen sind, die Verwaltungsarbeit geleistet werden muss. Wenn man dann vom Gemeinde- und Städtebund in der Anhörung eindeutig gesagt bekommt, dass alle seine Gremien so argumentieren, wie das hier mehrfach angeführt wurde, dann ist das sehr, sehr eindeutig, glaube ich.
Herr Schnieder, ich war zwölf Jahre lang Ortsbürgermeister. Ich habe Einmalbeiträge praktiziert. Ich habe mit vielen Bürgerinnen und Bürgern gesprochen. Ja, das ist nicht immer einfach. Das ist vollkommen richtig. Heute wäre ich froh, meine Vorgänger oder auch ich hätten damals schon den Weg zu den wiederkehrenden Beiträgen beschritten. Die Gespräche und Instrumente, die uns das jetzige Kommunalabgabengesetz gibt, sind aber auch ausreichend, um die ganz, ganz überwiegende Zahl der größeren Belastungen mit entsprechenden Antworten zu belegen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn die Bandbreite irgendwo zwischen 75 und 600 Millionen Euro liegt, gibt es diejenigen, die sagen, 75 Millionen Euro sind viel
zu wenig, während ich von Ihnen gehört habe, 600 Millionen Euro sind viel zu viel. Irgendwo in der Mitte liegt die Wahrheit.
Wenn ich mir Ihr Gesetz anschaue, steht über ihm: Aus fremdem Leder lässt sich gut Riemen schneiden. – Das ist so. Sie werden uns irgendwann hier auch sagen müssen, vielleicht in der zweiten Runde – – –
Jetzt nehme ich einmal eine Anleihe bei Herrn Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, der wörtlich gesagt hat: „Die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland hat sich seit Mitte des vergangenen Jahres abgekühlt. (...) Die Bundesregierung rechnet mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 0,5 % in diesem und 1,5 % im nächsten Jahr. (...) Dennoch muss uns die aktuelle Schwächephase der deutschen Wirtschaft ein Weckruf sein.“ Ich glaube, das, was Sie tun, ist keine Antwort in Form eines Weckrufs, sondern Sie sagen, aus dem Landeshaushalt müssen 75 Millionen Euro plus, plus, plus herausgeschnitten werden.
Im Übrigen sagen Sie selbst, Sie können das gar nicht genau berechnen. Es seien 75 Millionen Euro, die aber wahrscheinlich ansteigen werden. Sie sagen aber nicht, ob das beispielsweise von der Polizei oder der Bildungspolitik abgeht. Eben haben Sie mehr Geld für die Feuerwehren gefordert. Von irgendwo muss das Geld herkommen. Eine Geldvermehrungsmaschine hat keiner, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Ich will Ihnen eines sagen: Wenn mir als Parlamentarier ein solches Gesetz vorgelegt wird, dann ist das ein Blankoscheck. Einen Blankocheck kann hier keiner unterschreiben, und dem kann auch keiner zustimmen.
Meine sehr geehrte Damen und Herren, ich komme noch einmal auf die Frage zurück, ob es zum derzeitigen Kommunalabgabengesetz überhaupt Rechtssicherheit gibt. Sie haben von einer steigenden Anzahl von Verfahren gesprochen. Dr. Brocker, der Präsident des Oberverwaltungsgerichts, hat gesagt: „Nach meinem Eindruck haben die Fälle nicht zugenommen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind durchbuchstabiert. Die Rechtsprechung ist gefestigt.“
Professor Dr. Quaas, Richter beim BGH a. D. – immerhin an einem obersten Bundesgericht – führt aus: „Der Straßenausbaubeitrag ist verfassungsgemäß, auch in der Form des wiederkehrenden Beitrags. Das hat das Bundesverfassungsgericht gerade zum rheinland-pfälzischen Beitrag entschieden.“ Gerade zum rheinland-pfälzischen Beitrag entschieden! Die rechtliche Situation ist also eindeutig. Es gibt keine belastbaren Deckungsvorschläge. Das Gesetz weist Möglichkeiten auf, wie zum Beispiel wiederkehrende Beiträge, Stundung, Ratenzahlung und andere Dinge mehr.
Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass man sich ein solches Gesetz immer anschaut und schaut, ob man es wei
terentwickeln kann. Herr Schnieder, im Gegensatz zu Ihnen kann ich mich noch an die Zeit von 1986 erinnern. Sie können sich hoffentlich auch noch daran erinnern, wie dieses Kommunalabgabengesetz damals reihenweise von Gerichten kassiert wurde. Diese Zeiten sind Gott sei Dank vorbei.
Es liegen zwei Kurzintervention vor, zum einen von dem Kollegen Baldauf und zum anderen von Herrn Dr. Bollinger. Sie sprechen in dieser Reihenfolge. Ich erteile dem Abgeordneten Baldauf das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Innenminister, Sie haben jetzt ganz viele Argumente vorgebracht, warum Sie es nicht wollen. Aber tatsächlich geht es doch um etwas ganz anderes. Wir haben eine Situation, in der wir Rekordsteuereinnahmen haben. Sie selbst haben im Haushalt eine Rücklage,
zu der wir gesagt haben, dass wir sie eigentlich in einer Zinssituation wie der jetzigen so nicht brauchen, sondern es anders formuliert hätten.
Wir haben im Haushalt genau zu diesem Thema Vorschläge gemacht und gesagt, diese Gelder, die wir geschätzt haben – das ist klar, aber das sind alles Schätzungen –, kann man zunächst aus der Rücklage nehmen.
Ich frage Sie nur eines: Ist es richtig, dass bei Einmalbeiträgen durchaus Beträge in fünfstelliger Größenordnung für Menschen, die das nicht einfach so bezahlen können, anfallen?
Also, das ist so. Ich finde, wir haben auch eine soziale Verantwortung. Wir müssen uns auch darum kümmern, dass die Menschen, wenn wir Rekordsteuereinnahmen haben, entlastet werden.
Jetzt gibt es viele Beispiele für Baustellen auf Bundesebene, etwa den Soli, aber in Rheinland-Pfalz können wir diesen Punkt regeln.
Herr Minister, wenn wir zum Eigentum, zur Stärkung des ländlichen Raums und zur Eigentumsvorsorge stehen und dort etwas tun wollen in Zeiten riesiger Energiepreise und ganz anderer Probleme durch energetische Einsparungen und sonstige Dinge, durch die hohe Kosten entstehen, dann bin ich der Auffassung, man kann – ich wiederhole es: bei Rekordsteuereinnahmen – darüber nachdenken, die Menschen zu entlasten.
Genau das und nichts anderes tun wir mit diesem Antrag. Wir wollen, dass die Bürgerinnen und Bürger in RheinlandPfalz eine spürbare Entlastung erfahren.
Das sagt Ihnen jemand, der selbst aus einer Stadt kommt, die – als eine der ersten überhaupt – wiederkehrende Ausbaubeiträge eingeführt hat. Ich kenne die ganze Situation.
Tatsache ist aber, wir nehmen Geld vom Bürger, obwohl wir es ihm ersparen könnten. Das ist unser Ansatz.
Überlegen Sie es sich, springen Sie über Ihren Schatten, und sagen Sie, Sie machen das mit uns. Das wäre eine saubere Sache.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Staatsminister, Sie gingen eben darauf ein, dass die Ergebnisse der Expertenanhörung auch im Ausschuss ausgewertet worden seien. Da habe ich Sie aber vermisst.