Protokoll der Sitzung vom 19.09.2019

Wenn Sie als Privatpatient aus einem rheinlandpfälzischen Krankenhaus kommen, dann haben Sie oftmals mehr Untersuchungen erhalten, als Sie überhaupt Organe im Körper haben.

(Beifall und Heiterkeit bei der CDU und der Abg. Dr. Sylvia Groß, AfD)

Das geht nicht gegen die Kollegen, sondern das ist die Realität, Frau Blatzheim-Roegler.

(Zuruf der Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie müssen als Chefarzt mittlerweile alle vier Wochen beim Krankenhausgeschäftsführer antreten und werden über Ihre aktuellen Zahlen informiert.

(Abg. Martin Haller, SPD: Was hat das mit dem Antrag zu tun?)

Das verändert das Arbeiten in der Klinik fundamental.

Das zweite Grundproblem, das die geburtshilfliche und gynäkologische Versorgung in Rheinland-Pfalz massiv gefährdet, ist der immer dramatischer werdende Ärztemangel, den wir in diesem Land haben.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben 2007 einen Masterplan zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung entwickelt, der 12 Jahre später das

zugrunde liegende Problem weder gelöst noch erkennbar abgemildert hat.

(Zuruf des Abg. Sven Teuber, SPD)

Das muss ich Ihnen sagen, Frau Binz. Wenn wir über die Hebammen sprechen, ohne Ärzte bleibt die Aufrechterhaltung der qualitativ hochwertigen und wohnortnahen gynäkologischen und geburtshilflichen Versorgung ein nicht zu erfüllender Wunsch.

(Zuruf der Abg. Katharina Binz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Glocke des Präsidenten)

Sie können gleich unseren Antrag noch lesen. Dort werden Sie all diese Punkte finden.

(Abg. Daniel Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Er ist ja noch nicht da! – Abg. Michael Hüttner, SPD: Technischer Fehler nennt sich das heute!)

Das ist auch ein technischer Fehler.

Wir brauchen eine deutliche Erhöhung der Studienplätze, eine zielführende Landarztquote, effektive Förderprogramme und Programme, die den älteren Kollegen die Weiterarbeit im Beruf erleichtern, um die Versorgungslücke der nächsten Jahre auch und insbesondere in der Gynäkologie und Geburtshilfe zu überbrücken.

Sehr geehrte Frau Ministerin, wir bitten Sie inständig, der weiteren Ausdünnung der geburtshilflichen Versorgung in Rheinland-Pfalz nicht tatenlos zuzusehen. Seit dem letzten Landeskrankenhausplan wurden 17 Geburtshilfen geschlossen, 32 haben wir aktuell noch.

(Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP: Das haben Sie schon einmal gesagt!)

Der jüngste Fall spielt in der Region Daun. Sie haben vor anderthalb Jahren dem Träger noch angeboten, eine Hauptabteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe zu eröffnen. Man hielt es wohl für notwendig. Jetzt hat sich der Träger entschieden, die Belegabteilung zu schließen. Jetzt erklären Sie uns, dass das versorgungstechnisch doch kein Problem darstellt und sich alle Schwangeren in der Region in ausreichender Nähe zu einem Klinikum, zur nächsten Geburtshilfe befinden. Wir erwarten von Ihnen Antworten, wie sich das erklären lässt.

(Zuruf der Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP)

Frau Binz, ein Lichtblick sind aus meiner Sicht die Entwicklungen im Bereich der Hebammen. Wir haben mit den Hebammenzentralen, die Sie auf Landesebene in den zwei Projekten begonnen haben, ein vielversprechendes Projekt. Das gilt es weiter voranzutreiben und auszubauen. Geburtsbegleitende Familienberatungen, Geburtsvor- und -nachbereitungskurse und sonstige Tätigkeiten, die von diesen Zentralen übernommen werden, halten wir für wichtig und begrüßenswert.

(Vereinzelt bei der CDU)

Wir begrüßen auch die Weiterentwicklung im Bereich der Hebammenausbildung, Stichwort duales Studium, und die Initiativen der Bundesregierung zur Aufwertung der Hebammentätigkeit, unter anderem Verbesserung bei der Haftpflichtversicherung für Hebammen, die Entlastung durch den dauerhaften Sicherstellungszuschlag und die Möglichkeit, dass Familien die Leistungen von Hebammen länger nutzen können.

Herzlichen Dank.

(Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat die Abgeordnete Kathrin AnklamTrapp das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der Koalitionsfraktionen heute heißt „Geburtshilfe und Hebammen in Rheinland-Pfalz stärken“. Dazu möchte ich gerne sprechen.

Hebammen leisten in Rheinland-Pfalz eine großartige Arbeit. Das wissen nicht nur Menschen, die gerade Mütter und Väter geworden sind. Die Wertschätzung und die Anerkennung in der Bevölkerung sind ihnen sicher.

(Beifall des Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU)

Dieser Wertschätzung entsprechend hören wir aufmerksam zu, wenn Hebammen eindrucksvoll auf die schwierigen Bedingungen in ihrem Berufsstand hinweisen, natürlich auch, weil viele von uns ihre eigenen, sehr persönlichen Eindrücke, die Geburt ihres Kindes, ihrer Kinder, niemals vergessen werden.

Mit unserem Antrag „Geburtshilfe und Hebammen in Rheinland-Pfalz stärken“ wollen wir, die Koalitionsfraktionen, die Hebammen und die Geburtshilfe in RheinlandPfalz deutlich unterstützen. Wir konnten uns im Land Rheinland-Pfalz über einen wahren Geburtenboom freuen. 37.443 Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer sind im Jahr 2017 geboren worden. Das bedeutet natürlich auch eine hohe Auslastung in den Kreißsälen. Den steigenden Anforderungen der werdenden Eltern gerecht zu werden, ist nicht nur der Wunsch der Hebammen, sondern eben auch unser Bestreben. Familien und schwangere Frauen sowohl in der Geburtsvorbereitung als auch in der Nachsorge eng zu begleiten, all dies sind Herausforderungen der Hebammen, die auch in Zukunft von uns unterstützt werden.

Der Fachkräftebedarf hat längst auch die Hebammen erreicht. Es gibt den steigenden Wunsch nach Teilzeitarbeit aufgrund des hohen Arbeitsdrucks, des Tag-, Nacht- und Wochenenddienstes bei Hebammen. Deswegen haben wir die Ausbildungsplatzkapazitäten von 136 auf 185 Plätze erhöht. Wir haben bereits jetzt mit zwei Professuren in Ludwigshafen und Mainz dem EU-Recht mit Blick auf die Ausbildung im Hebammenwesen Rechnung getragen.

Ziel bleibt für uns die sichere, gut umsorgte Geburt, idealerweise am Wahlwunschort der Frau. Allerdings gehen, wie schon gesagt, die Geburtskliniken bundesweit zurück, in den letzten Jahren um rund 40 %. Deswegen gibt es in Rheinland-Pfalz derzeit rund 30 Geburtskliniken sowie neun gut erreichbare perinatale Zentren.

Die Kaiserschnittrate im Land liegt bei 32 % und damit ungefähr im bundesdeutschen Mittel. Alle Expertisen sagen aus, dass eine gute Führung der werdenden Mutter durch die Geburt durch eine Hebamme, idealerweise in einer Eins-zu-Eins-Betreuung, deutlich die Möglichkeit zur natürlichen Geburt erhöht. Wir möchten es daher als Prüfauftrag verstehen, inwieweit die Einrichtung von Hebammenkreißsälen an Krankenhausstandorten unterstützt und gefördert werden kann. Wir möchten damit eine echte Wahlfreiheit für Frauen schaffen, nicht mehr nur die Wahl zwischen intimer Hausgeburt und ärztlich geleitetem Kreißsaal, sondern ein Angebot an gesunde Frauen, in der Sicherheit einer Klinik mit einem von Hebammen geleiteten Kreißsaal künftig entbinden zu können.

Dies wäre aus unserer Sicht ein attraktiver Arbeitsplatz für Hebammen, eine gute Alternative zur Hausgeburt. Bei Komplikationen wiederum wäre schnelle ärztliche Hilfe vor Ort.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch nach der sehr bedauerlichen Schließung des Trägers der Geburtshilfe in Daun verfügt Rheinland-Pfalz nach wie vor über ein gutes flächendeckendes Netz an Geburtshilfen. Frau Ministerin Bätzing-Lichtenthäler, die Landesregierung hat gut reagiert. Damit begrüßen wir ausdrücklich an dieser Stelle den eingerichteten Runden Tisch „Geburtshilfe Rheinland-Pfalz“. Dabei setzt unser Land ausdrücklich auf die Expertise aller Partner, der Hebammen, der Geburtshelfer, Vertreter von Motherhood e. V. oder zum Beispiel auch des Rettungsdienstes.

Der Runde Tisch „Geburtshilfe“ erarbeitet Lösungen und hat sich als Instrument vor Ort bewährt. Mit 25.000 Euro jährlich unterstützt das Land die Hebammenzentralen in Trier und Daun.

Ein Wort noch zu dem Sicherstellungszuschlag für die Hebammen. Rheinland-Pfalz war dabei federführend, dass die Hebammen diese wichtige Entlastung bekommen. Im Jahr 2019 bringen die Hebammen 8.664 Euro für die Haftpflichtprämien auf. Ohne diesen Sicherstellungszuschlag wäre das nicht möglich. Frau Ministerin, unser Antrag bittet Sie, erneut tätig zu werden, um diese Herausforderung gegenüber den Hebammen erträglich zu halten und den Sicherstellungszuschlag zu evaluieren.

Meine Damen und Herren, das Wunder der Geburt ist harte Arbeit. Wir, die Koalitionsfraktionen und insbesondere die SPD-Fraktion, haben sich schon immer für die Geburtshilfe in Rheinland-Pfalz eingesetzt, und das bleibt so. Auch wenn sich die Rahmenbedingungen verändern, werden wir uns immer für eine gute Hebammenversorgung und eine sichere Geburt in Rheinland-Pfalz einsetzen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD, bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion hat die Abgeordnete Dr. Sylvia Groß das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist interessant zu beobachten, dass die antragstellenden Fraktionen mittlerweile auch die Problematik der Sicherstellung der wohnortnahen Geburtshilfe erkannt haben. In der Plenarsitzung vom Juni 2019 klang das teilweise noch anders. Da hieß es vonseiten meiner Kollegin Anklam-Trapp, die geburtshilfliche Versorgung im Land sei – ich zitiere – bedarfsgerecht und sei sichergestellt. –

Liest man den vorliegenden Antrag, scheint es wohl nach Ansicht der antragstellenden Parteien nicht mehr so zu sein;

(Abg. Martin Haller, SPD: Sie haben den Antrag offensichtlich nicht gelesen!)

denn in den letzten zehn Jahren wurden in Rheinland-Pfalz nicht nur 17, sondern 19 Geburtsstationen geschlossen. Schließungen von geburtshilflichen Abteilungen, meine Damen und Herren, im ländlichen Raum gefährden zunehmend die geburtshilfliche Versorgung.

(Beifall bei der AfD – Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD: Genau! Sehr gut!)

Diese Entwicklung muss aufgehalten werden. Eine gut erreichbare und qualitativ hochwertige geburtshilfliche Versorgung – da sind wir uns hier einig –, vor allem in ländlichen Regionen, muss sichergestellt sein.