Ich möchte, damit es nicht zu falschen Interpretationen kommt, dazu sagen – das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, aber man muss es sagen –, natürlich geht es nicht nur um den Rechtsterrorismus. Es geht um Antisemitismus in allen Schattierungen. Natürlich ist der vonseiten der Palästinenser und der Muslime kein zu rechtfertigender Antisemitismus. Das ist vollkommen klar. Das wird alles von uns verurteilt. Ich glaube, es ist falsch, wenn darüber eine Diskussion entsteht, die Sie, Herr Dr. Böhme, hier entstehen lassen wollten, dass es Antisemitismus nur von einer Seite gäbe, die zu verurteilen ist, und von der anderen nicht.
Meine Damen und Herren, dieser Anschlag in Halle war ein rechtsradikaler Anschlag. Dieser Anschlag in Halle ist ein Anschlag, der nicht aus dem Nichts gewachsen ist. Viele haben hier schon gesagt, es war kein Einzeltäter.
Der Mörder an Lübcke war kein Einzeltäter. Das weiß man inzwischen ganz deutlich. Die Menschen sind über Hass und Hetze im Netz sowie auf Veranstaltungen, auch auf politischen Veranstaltungen, animiert worden. Deswegen gibt es die Frage, was wir gegen Hass und Hetze tun können. Das ist der Grund, der Boden, auf dem dieser Antisemitismus und diese Diskussion wachsen, ob man in Deutschland noch sicher leben könne.
Meine Damen und Herren, eines ist dazu schon genannt worden, die Verfolgung der Dinge im Netz. Eine Sache ist,
dass wir hier im Parlament, in dem über die Zukunft des Landes und der Menschen in diesem Land entschieden wird, darüber deutlich reden. Dazu gehört, man muss sagen, von einer Partei in diesem Land wird nicht deutlich gegen den Nazismus und den Rechtsradikalismus geredet. Es gibt diese Zitate. Sie können es nicht verleugnen. Es wäre schön, wenn Sie sich distanzieren würden. Das ist schon genannt worden.
„Das Denkmal der Schande“ – man muss sich vorstellen, dass das heutzutage jemand, ein Abgeordneter, einer, der in Thüringen sogar Spitzenkandidat einer Partei ist, sagen kann. Die anderen, die in dieser Partei in Rheinland-Pfalz sind, stehen nicht hier vorne und entschuldigen sich dafür. Der Skandal ist nicht, dass einer eine Fehltat macht, sondern dass die anderen zuschauen.
Wir denken an den „Vogelschiss in der Geschichte“. Es ist der Vorsitzende der Partei, der das gesagt hat. Er wollte auch Menschen in Anatolien entsorgen.
Wenn wir dann daran denken, dass es in Rheinland-Pfalz ein Zitat im Internet gab – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten –, „Der Tag wird kommen, an dem wir alle Ignoranten, Unterstützer, Beschwichtiger, Befürworter und Aktivisten der Willkommenskultur im Namen der unschuldigen Opfer zur Rechenschaft ziehen werden!“, das der Vorsitzende der Fraktion hier im Landtag dieser Partei gesagt hat, und es distanziert sich niemand am Pult davon, dann ist das der Skandal, den wir aufklären und gegen den wir anarbeiten müssen.
Meine Damen und Herren, vor dieser Sitzung habe ich mir überlegt, ob ich heute eine schwarze Krawatte wegen der Trauer oder ob ich die grüne Krawatte für die Hoffnung trage. Ich trage die grüne Krawatte für die Hoffnung, dass wir in Zukunft eine solche Debatte nicht mehr in diesem Landtag führen müssen. Ich trage diese Krawatte und habe diese Hoffnung, weil wir in Zukunft den jungen Leuten vielleicht immer besser erklären können, dass eine solche Art und Weise der Hetze, des Umgangs miteinander nicht vonstattengehen kann.
Ich trage diese Hoffnung, weil es in meiner Heimatstadt und -region solche Dinge wie den Abraham-Pokal gibt. Das ist ein Pokal, der von Schule zu Schule geht, den Schulen verliehen wird, die sich gegen Antisemitismus und Rassismus engagieren. Die Schülerinnen und Schüler lernen mit diesem Abraham-Pokal, in Gemeinschaft mit Christen, Muslimen und Juden, in Gemeinschaft der Religionen Toleranz zu leben und für eine tolerante Zukunft zu kämpfen, die diesen Namen verdient, die die Freiheit eines jeden Einzelnen garantiert, und zwar egal welche Religion oder Weltanschauung er oder sie hat. Das ist meine Hoffnung, meine Damen und Herren.
Mir liegen jetzt zwei Kurzinterventionen vor. Ich will mein weiteres Vorgehen erläutern. Wir haben im Ältestenrat über die Debatte gesprochen. Es war der nachvollziehbare Wunsch der Ministerpräsidentin, zu der aktuellen Situation eine Erklärung abzugeben. Wir haben uns verständigt, dass die Fraktionen die Möglichkeit erhalten sollen, mit angemessener Redezeit darauf zu reagieren.
Wir haben nicht abschließend darüber befunden, ob wir, weil das außerhalb der Geschäftsordnung ist, Kurzinterventionen zulassen oder nicht. Ich lasse die beiden Kurzinterventionen der AfD zu. Danach werde ich keine weiteren zulassen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Dr. Braun, genau das ist es doch, was uns nicht zum Ziel führt. Man zeigt immer mit dem Finger auf die anderen. Von den eigenen Fehlern versucht man abzulenken.
Ich war der Erste, der Björn Höcke für seine Dresdner Rede kritisiert hat und für die Aussage, die Sie zitiert haben.
Aber bitte nehmen Sie doch auch wahr, dass der Ausspruch „Mahnmal der Schande“ nicht von Höcke erfunden worden ist, auch wenn er ihn ausgesprochen hat,
(Abg. Jens Guth, SPD: Wollen Sie ihn jetzt verteidigen oder was? – Zuruf der Abg. Kathrin Anklam-Trapp, SPD – Weitere Zurufe von SPD und CDU)
man versucht, die Schuld einseitig auf den neuen, ungeliebten politischen Wettbewerber abzuschieben. Aber man hat Jahrzehnte, bevor der überhaupt existierte, den gleichen Fehler gemacht. So kommen wir nicht zum Ziel, meine Damen und Herren.
Ich sage vielleicht noch ein Wort zu den ganzen Aussprüchen. Einer hat dies und der andere jenes gesagt. Es gab Politiker der Altparteien, die haben ihr eigenes Volk als „Pack“ beschimpft oder von „Dunkeldeutschland“ gesprochen. Da sind einige Worte gefallen.
(Abg. Jens Guth, SPD: Nur mit dem Unterschied, dass man sich nicht distanziert hat! Distanzieren Sie sich doch einmal, unerhört!)
(Beifall der AfD – Zurufe von der SPD: Wo habt Ihr Euch distanziert? Das wollen wir einmal sehen! – Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD – Weitere Zurufe von der AfD)
Herr Dr. Braun, Sie sagen richtig, wir verurteilen, und wir wollen nicht wegsehen. Allerdings sollte das auch für Sie und die eigene Fraktion gelten.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um hier im Plenum und in der Öffentlichkeit den Sachverhalt darzustellen. Wir waren letztes Jahr gemeinsam mit dem Landtagsausschuss und Frau Blatzheim-Roegler in Israel. Es war für mich ein sehr bewegender Besuch in Yad Vashem.
Wir hatten unter anderem eine Führung auf dem Tempelberg in Jerusalem. Der muslimische Führer hat ganz widerlich und entschieden gegen Israel und die Juden gehetzt. Ich hatte damals meinen Protest geltend gemacht.
Es kam zu einem Besuch in Ramallah bei der Palästinenserbehörde. Das ist eine Behörde, die palästinensischen
Attentätern Geld dafür zahlt, dass sie Juden ermorden. Ich habe mich damals geweigert, mit auf das Foto zu gehen, während Ihre Kollegen, gerade Frau Blatzheim-Roegler und der SPD-Vertreter, überhaupt kein Problem damit hatten, mit den Leuten zusammen zu posieren und Fotos zu machen. Kein einziges kritisches Wort ist damals dazu gesagt worden.
(Abg. Michael Frisch AfD: Hört, hört! – Zurufe der Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, und Hans Jürgen Noss, SPD)
Wenn Sie verurteilen und nicht wegsehen, dann können Sie sich nicht aussuchen, wo Sie hinsehen oder wegsehen, dann erwarten wir eine entsprechende Konsequenz, und dass wir uns für Israel und diejenigen einsetzen, und zwar egal ob es hier im Plenum, draußen auf der Straße oder auf einer Auslandsreise ist. Vielleicht sollten Sie dies einmal berücksichtigen.