Sehr verehrte Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Im Gegensatz zu unseren Augen können wir unsere Ohren nicht verschließen. Ein Geräusch wird zu Lärm, wenn es bewusst oder unbewusst stört und das Wohlbefinden beeinflusst.
Unbestritten ist auch – wir haben es heute mehrmals gehört –, dass Lärm krank macht, gerade dauerhafter Lärm. Außerdem kann die Leistungsfähigkeit des Menschen negativ beeinflusst werden. Lärmpegel können zu Konzentrations- und Schlafstörungen führen, indem Stresshormone ausgeschüttet werden. Auch aus diesen Gründen diskutieren wir heute über die erneute Absenkung der Landeanflüge über Rheinhessen.
um Anwohner in Hessen und Rheinland-Pfalz von Fluglärm zu entlasten. Im Gegenanflug fliegen die Flugzeuge zuerst weg vom Flughafen, bevor sie mit einer Schleife wieder eindrehen. Der Gegenanflug ist Teil eines festgelegten Landeverfahrens.
Die Fluglotsen nutzen den Gegenanflug, um die Flugzeuge in die richtige Reihenfolge zu bringen. Die Initiative gegen Fluglärm in Rheinhessen warnt vor einer dramatischen Luftraumabsenkung für landende Flugzeuge über Bingen im Jahr 2020. Der Luftraum solle für anfliegende Flugzeuge auf den Frankfurter Flughafen in den Regionen Bingen, Rheintal und östlicher Soonwald erheblich ausgeweitet und dazu die Anflughöhen deutlich gesenkt werden.
Anfang Dezember 2018 hat die DFS die Grenze für Landeanflüge auf 1.220 m festgelegt. Das betraf bisher vor allem den Raum Nieder-Olm. Laut der Fluglärminitiative könnte das nun auch dem Raum Bingen drohen. Der Luftraum solle von knapp 2.000 m auf 1.167 m abgesenkt werden. Dazu wolle die DFS bei Ostwind den Luftraum für anfliegende Flugzeuge bei dem nördlichen Gegenanflug deutlich weiter Richtung Westen verlängern. Die Fluglärminitiative beruft sich dabei auf Informationen des Luftsportverbandes Rheinland-Pfalz, der in seinem Luftraumbericht 2018 über die Pläne der DFS informierte.
Ich darf es an dieser Stelle wie meine Vorredner wiederholen, wir müssen die Sorgen und Ängste der Bürgerinnen und Bürger gerade bei diesem Thema ernst nehmen. Wir dürfen es uns nicht erlauben, dass über die Köpfe und die Gesundheit der betroffenen Menschen sowie der Kommunen in unserem Land hinweg entschieden wird.
Deshalb müssen wir gemeinsam eine Lösung erarbeiten. Ich darf einen Punkt bezüglich der Lösungsorientiertheit in den Ring werfen, Herr Kollege Schreiner: Man könnte die seit über zehn Jahren diskutierte Initiative über die Neugestaltung der Konzepte der Anflugrouten noch einmal in den Blick nehmen; denn je mehr Flugverkehr in Frankfurt stattfindet, desto weiter fliegen die Flugzeuge raus, um zu sinken oder um sich einzuordnen, bzw. sie fliegen viel länger mit ausgefahrenen Klappen und viel Schub auf einer Höhe, was zu viel Lärm führt. Ich sage es noch einmal, das wird seit zehn Jahren diskutiert.
Letztendlich gibt es Vorschläge, zum Beispiel das kontinuierliche Sinken. Dies alles dient der Ökologie, der Ökonomie, der Senkung des Lärmpegels und somit der Gesundheit der Menschen.
Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, darf ich Bürgerinnen und Bürger aus dem Wahlkreis 31, RheinSelz/Wonnegau, bei uns im Landtag begrüßen. Seien Sie
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Fluglärm macht krank. Die Wissenschaftler der Universität Mainz haben schon in der zitierten NORAH-Studie nachgewiesen, dass insbesondere der nächtliche Lärm rund um den Frankfurter Flughafen zu Bluthochdruck und Herzproblemen bei der Bevölkerung führen.
Als jemand, der in der Mainzer Oberstadt lebt, geboren und aufgewachsen ist, sage ich, dass wir Betroffene dafür keine Studie brauchen, sondern wir merken das täglich. Man wird um kurz vor 5:00 Uhr morgens geweckt. Man wird gerade in Sommertagen teilweise dauerbeschallt. Bei schönem Wetter ist es schon heute so, dass man sich draußen teilweise nicht mehr mit seinen Mitmenschen unterhalten kann.
Das zeigen aktuelle Auswertungen der Messstation des Landesamtes für Umwelt in meinem Stadtteil an der Mainzer Universitätsklinik. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass die Menge der Flugzeuge, die die Mainzer Universitätsklinik überfliegen, zwischen 2014 und 2018 von 20.000 auf 25.000 Überflüge pro Monat zugenommen hat. Ich will einen Vergleich nennen. 25.000 Überflüge sind es pro Monat. 25.000 Flugbewegungen am Frankfurter Flughafen hatten wir Mitte der 80er-Jahre im ganzen Jahr.
Das haben wir jetzt an der Mainzer Universitätsklinik pro Monat. Das zeigt die Dimension. Damit ist noch nicht einmal die Hälfte der Kapazität dessen ausgeschöpft, was der Planfeststellungsbeschluss für den weiteren Ausbau des Frankfurter Flughafens hergibt. Das heißt, wir stehen sogar erst am Anfang einer Zunahme des Fluglärms, der für die Menschen in unserer Region absolut unerträglich und nicht mehr hinnehmbar ist.
Wir haben Messergebnisse über der Universitätsklinik, die im Mittel von 43 dB (A) bis 52 dB (A) reichen. Es gibt fast täglich Spitzenwerte von bis zu 68 dB. Ich nenne zum Vergleich die TA-Lärm, in der für sensible Gebiete, wie sie zum Beispiel eine Klinik ist, Höchstwerte von 45 dB (A) tags und 35 dB (A) nachts vorgeschrieben sind.
Meine Damen und Herren, in Deutschland hat jeder Rasenmäher aus guten Gründen Lärmschutzauflagen zu erfüllen. Das, was am Himmel über uns passiert, ist scheinbar ungezügelt und dient am Ende nur wirtschaftlichen Interessen einiger Weniger. Ich finde, diese Denke muss sich grundsätzlich ändern.
Noch im Jahr 2012 ist durch große Anstrengungen von Bürgerinitiativen, der Politik und den Ländern Rheinland-Pfalz und Hessen erreicht worden, dass die Anflughöhen um 1.000 Fuß angehoben worden sind. Das hat man gehört.
Das hat man gemerkt. Es ist dadurch nicht leise geworden, aber doch etwas leiser. Genau diese Vereinbarung aus dem Jahr 2012 wird gerade scheibchenweise von der Deutschen Flugsicherung zurückgenommen. Es ist schon angesprochen worden, bereits im Dezember ist die Anflughöhe wieder um 1.000 Fuß abgesenkt worden. Es ist lauter geworden. Den Menschen ist es nicht aufgefallen, weil sie es in der Zeitung gelesen haben oder transparent informiert wurde, sondern weil sie es gehört haben.
Unsere Bundestagsabgeordnete Frau Rößner – Sie kennen sie vielleicht – hat nachgefragt und von der Bundesregierung die Auskunft bekommen: Ja, das muss die Deutsche Flugsicherung jetzt machen, um die sichere, maximale Auslastung dieses Flughafens zu garantieren. – Hinzu kommt noch, die Bundesregierung musste einräumen, dass die Fluglärmkommission am Frankfurter Flughafen erst hinterher darüber informiert worden ist. Das heißt, die Gremien, die wir haben, um das Ganze zu begleiten, werden erst hinterher darüber informiert. Ich finde, das ist ein unhaltbarer Zustand.
Jetzt wird angekündigt, das Ganze nicht nur in Rheinhessen, sondern hoch bis Stromberg, bis an die Nahe, bis zum Mittelrhein weiter um 600 m abzusenken. Warum, meine Damen und Herren? Mit welcher Begründung geschieht das? – Für eine sichere, maximale Auslastung des Flughafens, weil mittlerweile der parallele Begleitanflug satellitengesteuert technisch möglich ist. Bisher war es so – ich kann es erzählen –, dass sie zwei Bahnen anfliegen. Da rauscht einer vorbei, dann sind ein, zwei Minuten Pause, und dann rauscht der nächste vorbei. Jetzt ist es technisch möglich, dass sie parallel kommen, dann ein, zwei Minuten Pause sind, sie dann wieder parallel und danach wieder parallel kommen.
Da im Bundesgesetz steht, neben der Sicherheit ist für die Flugrouten und für die Bestimmungen der DFS ausschließlich die Wirtschaftlichkeit des Flughafens relevant, haben wir diese Situation. Es wird Zeit, dass endlich die Gesundheit der Bevölkerung und der Lärmschutz auch auf der Bundesebene eine zentrale Rolle spielen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Durch den Ausbau des Frankfurter Flughafens ist die Belastung der Bewohnerinnen und Bewohner von Mainz und Rheinhessen durch Fluglärm stark angestiegen. Mit der sogenannten Südumfliegung und der neuen Landebahn Nordwest werden seit dem Jahr 2011 viele Tausend Menschen in Rheinland-Pfalz deutlich stärker belastet. Das gilt sowohl
für die Anwohnerinnen und Anwohner der Hauptbetriebsrichtung als auch in den Nebenbetriebsrichtungen des Frankfurter Flughafens.
Die Landesregierung setzt sich seit Jahren unermütlich für eine Verminderung der Fluglärmbelastung ein. Der erfolgte Ausbau des Flughafens mag unumkehrbar sein. Umso wichtiger ist es jetzt aber, dass wir Instrumente finden, um die Abwicklung der inzwischen deutlich mehr als 500.000 Flugbewegungen pro Jahr so zu organisieren, dass die damit verbundenen Lärmbelastungen für die Menschen tolerierbar und erträglich sind.
Die Landesregierung setzt sich dafür ein, dass die flugbetrieblichen Verfahren optimiert werden. Dazu zählen beim Landeanflug unter anderem das Umfliegen von dicht besiedelten Gebieten, höhere Gleitwinkel beim Landeanflug und insbesondere höhere Flughöhen bei den Gegenanflügen bei Betriebsrichtung 07, das heißt bei Ostwind.
Genau hierbei droht aber demnächst eine Verschlechterung der Situation für rheinland-pfälzische Gebiete. Nach den Plänen der Deutschen Flugsicherung sollen Flugzeuge bei Ostwind beim Landeanflug im Bereich Stromberg und Binger Wald künftig deutlich tiefer fliegen dürfen als bisher, und zwar künftig auf nur noch 1.400 m statt bisher 2.000 m.
Die Deutsche Flugsicherung begründet das mit Problemen bei erhöhtem Verkehrsaufkommen und verschärften internationalen Sicherheitsbestimmungen. Anstatt der angestrebten größeren Flughöhen soll jetzt aber genau das Gegenteil erfolgen.
Die Pläne der Deutschen Flugsicherung hält die Landesregierung für inakzeptabel, da mit der Absenkung eine höhere Lärmbelastung verbunden sein wird. Schon heute wird die Region westlich des Flughafens bei den nördlichen und südlichen Gegenanflügen durch niedrige Flughöhen sehr stark belastet.
Es ist nur schwer nachvollziehbar, weshalb Flugzeuge 50 km vom Flughafen entfernt bei Stromberg schon auf derart niedrigen Höhen fliegen dürfen. Das aktuelle Flugroutenkonzept für den Flughafen Frankfurt offenbart damit erneut erhebliche Schwächen. Es ist ganz offensichtlich nicht geeignet, um lärmärmere Anflugverfahren zu etablieren.
Angesichts von bis zu 702.000 jährlich zulässigen Flugbewegungen ist zu befürchten, dass in den nächsten Jahren weitere Verschlechterungen der Verfahren erfolgen werden. Es ist deshalb mehr als nachvollziehbar, wenn Bürgerinnen und Bürger wegen der drohenden weiteren Verschlechterung der Fluglärmsituation große Sorgen haben. Die Landesregierung teilt diese Sorgen. Ich halte sie für berechtigt. Ich habe daher auch Verständnis für die aktuelle Resolution des Stadtrats Bingen, mit der die geplanten Luftraumänderungen abgelehnt werden.
Es ist angesprochen worden, welche Aktivitäten die Landesregierung unternimmt. Wir sind unentwegt unterwegs und protestieren gegen diese Lärmbelästigung. Das Land hat am 1. Oktober im Rahmen der Gespräche mit der Deutschen Flugsicherung die geplante neue Luftraumstruktur
vehement abgelehnt. Die Landesregierung hat allerdings weder einen rechtlichen Einfluss auf die Kapazitätsausweitungen auf dem Frankfurter Flughafen noch auf die Belastungen, die von den von der Deutschen Flugsicherung erteilten Flügen über Rheinland-Pfalz ausgehen.
Die Landesregierung hat ebenso wenig eine Einflussmöglichkeit auf die Festlegungen des Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung. Das gilt auch für Vorschläge der Deutschen Flugsicherung zur Festlegung von Flugrouten oder Lufträumen.
Die rheinland-pfälzische Landesregierung ist an den Verfahren zur Gestaltung der Flugrouten und Lufträume weder unmittelbar beteiligt, noch kann sie die Einrichtung von Flugrouten mit rechtlichen Mitteln beeinflussen oder verhindern. Unsere Mitwirkungsrechte können nur durch eine Änderung der luftverkehrsrechtlichen Bestimmungen beim Fluglärmschutz nachhaltig gestärkt werden. Genau das fordern wir ein.
Meine Damen und Herren, es ist unbestritten, dass Fluglärm die Lebensqualität der Menschen beeinträchtigt und zu erheblichen gesundheitlichen Folgen führen kann. Viele aktuelle Studien habe die bisherigen Ergebnisse der Lärmwirkungsforschung bestätigt. Für uns ist deshalb nicht nachvollziehbar, wie man so vorgehen kann, wie wir das gegenwärtig erleben.
Wir sind der Meinung, dass eine Änderung der rechtlichen Grundlagen erforderlich ist, um eine nachhaltige Verbesserung des Fluglärmschutzes zu erreichen. Ich erinnere insoweit daran, dass die Landesregierung auch ihre Möglichkeiten ausgeschöpft hat, über den Bundesrat tätig zu werden. Es ist dort – Herr Kollege Schreiner, Sie haben das erwähnt – eine Gesetzesinitiative der Landesregierung anhängig, die darauf abzielt, das Luftverkehrsrecht im Sinne eines stärkeren Schutzes der Nachtruhe zu ändern. Außerdem treten wir für einen generell besseren Fluglärmschutz insbesondere auch bei der Festlegung und Änderung von Flugrouten sowie für eine bessere Bürger- und Öffentlichkeitsbeteiligung ein.
Unsere Initiative im Bundesrat fand bisher keine Mehrheit. Herr Kollege Schreiner, das lag nicht am Land Bremen, sondern das Land Hamburg hat sich vehement dagegen gewandt. Weder Hamburg noch Bremen und auch beide gemeinsam hätten aber niemals eine Mehrheit für die rheinland-pfälzische Initiative verhindern können. Weder drei noch sechs Stimmen sind dafür im Bundesrat ausreichend. Eine breite Mehrheit ist gegen diese Gesetzesinitiative. Leider haben wir zu wenig Unterstützung unter den anderen Ländern. Die Interessen sind zu heterogen.
Ich will an dieser Stelle aber sagen, dass wir nachhaltig an diesem Thema dranbleiben, weil unterschiedliche regionale Interessen im Interesse eines gemeinsamen Miteinanders im föderalen Staat nicht dazu führen dürfen, dass die Menschen an einer Stelle die Folgen der wirtschaftlichen Tätigkeit an anderer Stelle tragen müssen. Dies schon gar nicht, wenn die Folgen gesundheitliche Beeinträchtigungen sind. Es muss ein Werteverständnis her, damit wir jenseits unserer regional unterschiedlichen Betroffenheit immer eine gemeinsame, jedenfalls klare Mehrheit finden, um dem Gesundheitsschutz der Menschen Rechnung zu
Deshalb habe ich, seitdem ich im Amt bin, viele Gespräche in dieser Hinsicht geführt. Leider noch nicht mit dem Ergebnis, dass andere sich unserer Meinung angeschlossen haben. Die Landesregierung wird aber daran nachhaltig weiterarbeiten, weil uns der Gesundheitsschutz der Menschen im Rhein-Main-Gebiet selbstverständlich ein enorm wichtiges Anliegen ist.