Protokoll der Sitzung vom 23.10.2019

Herr Minister, Sie haben mit Recht darauf hingewiesen, dass es für die Medienunternehmen nicht immer so einfach ist zu entscheiden, welche rechtliche Relevanz ein solcher Vorfall hat. Jetzt wollen Sie den Weg gehen, dass direkte Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft gestellt werden können, ohne dass eine Vorprüfung wie in anderen Bundesländern erfolgt. Besteht nicht die Gefahr, dass eine Fülle von Anzeigen bei den Staatsanwaltschaften eintrifft, deren rechtliche Relevanz sich nachher als nicht tragfähig erweist und wir damit eine Überbelastung unserer Staatsanwaltschaften bekommen?

Ich sage laienhaft als Nichtjurist, der andere Weg, dass irgendwie eine kurze Vorprüfung stattfindet, bevor man formal Anzeige erstattet, erscheint mir auf den ersten Blick effizienter zu sein. Sie können mir sicher erklären, warum Sie sich bewusst für den anderen Weg entschieden haben.

Zunächst einmal ist es so, dass in der Bundesrepublik

Deutschland jedermann jederzeit eine Strafanzeige erstatten kann. Das ist so.

Ich habe die Zahlen nicht genau im Kopf. Die meisten Strafanzeigen, die erstattet werden, haben keinen Erfolg. Sie haben nur den Erfolg, dass es überprüft, kein strafbarer Sachverhalt festgestellt und das Verfahren eingestellt wird. Als Phänomen ist das so nichts Neues. Der Weg ist eröffnet.

Hier ist es so, dass eine gewisse Vorprüfung seitens der Medienunternehmen stattfinden wird. Im Rahmen des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes sind sie kraft Gesetzes gehalten, wenn sie entsprechende Hinweise erhalten haben, zu prüfen, ob sie diese Inhalte löschen müssen. Gegebenenfalls müssen sie prüfen, ob der Inhalt so schwerwiegend ist, dass sie sogar binnen 24 Stunden zu löschen haben. Das heißt, eine rechtliche Vorprüfung müssen diese Unternehmen schon im eigenen Interesse vornehmen.

Hier geht es nur um die Sachverhalte, bei denen die Medienunternehmungen der Auffassung sind, dass sie möglicherweise strafbar sind. Dann wird ein Weg gefunden, wie die Medienunternehmen binnen 24 Stunden ihrer Löschungspflicht nachkommen können, aber gleichzeitig sichergestellt wird, dass die Beweismittel bei der Gelegenheit nicht vernichtet werden. Darum geht es.

Eine gewisse Vorprüfung werden die Medienunternehmen selbst vornehmen. Ob es dann tatsächlich ein strafrechtlich relevanter Inhalt sein wird, muss intensiver die Staatsanwaltschaft prüfen und muss das Gericht entscheiden.

Aber es ist nicht so, dass ich davon ausgehe, dass auf diesem Wege – das sind nicht die Erfahrungen, die es aus Nordrhein-Westfalen gibt – massenweise Verfahren kommen werden, sondern sie betreffen diesen speziellen Fall, bei dem binnen 24 Stunden zu löschen ist und die Löschung gleichzeitig die Beweismittel vernichtet; aber die Medienunternehmen müssen ihrer Löschpflicht nachkommen. Es ging darum, einen Weg zu finden. Das sind keine Massenphänomene, wenngleich das dahinter stehende Problem schon ein Massenphänomen ist. Bezogen auf die Medienunternehmen werden es nicht so viele Fälle nach bisheriger Einschätzung werden.

Es liegen noch zwei weitere Zusatzfragen vor. Danach betrachte ich die Anfrage als beantwortet.

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Paul.

Herr Staatsminister, vielen Dank für Ihre Ausführungen insbesondere im Hinblick auf das Netz DG (Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netz- werken). Sehen Sie nicht das Problem, dass jetzt, da die juristische Verantwortung durch das Netz DG zum Teil an Privatunternehmen übertragen wird, die diese sogenannte Vorprüfung machen, in erster Linie vorsorglich gelöscht wird, weil sich die Unternehmen sagen, dass es für sie unternehmerisch und finanziell zu gefährlich sei, einen

Kommentar, der vermutlich strafbar ist oder auch nicht, stehen zu lassen? Sie löschen lieber. Durch diese Löschaktivitäten wird der Diskurs im Netz vereist und kommt eventuell zum Erliegen. Ich denke, wir sind uns einig, dass das Netz die Demokratie belebt hat. Sehen Sie nicht diese Problematik?

Zunächst einmal sehe ich sie nicht. Ich teile grundsätzlich die Ziele des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes, dass diejenigen, die eine Plattform betreiben, eine gewisse Verantwortung dafür haben, was auf dieser Plattform geschieht, und zwar mit Augenmaß. Unsere Rechtsordnung lässt sehr viel zu. Diese schnelle Löschung binnen 24 Stunden sieht das Netzwerkdurchsetzungsgesetz nur für strafrechtlich relevante Dinge vor.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Aber wer weiß das?)

Das ist das Problem immer.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Aber das muss dann Facebook oder so prüfen!)

Ja, das muss das Unternehmen prüfen.

Herr Paul, wenn Sie eine Diskothek betreiben, sind Sie heute schon gehalten, darauf zu achten, dass in Ihrer Diskothek kein Rauschgift verkauft wird, auch wenn Sie es selbst nicht verkaufen. Auch wenn es andere verkaufen, können Sie sich strafbar machen, weil Sie zuschauen, wie jemand anderes in Ihrer Diskothek das verkauft. So ähnlich ist der Sachverhalt übertragen auf diese Plattform auch.

Schon heute sind Betreiber von Einrichtungen in anderen Bereichen verpflichtet, darauf zu achten, dass in ihren Einrichtungen keine Straftaten begangen werden. Das ist bei Netzwerken auch so.

Das Problem ist, wie die Netzwerkbetreiber das feststellen sollen usw. Das muss gegebenenfalls technisch angegangen werden. Bei dem, was wir hier machen, geht es nur um das, was strafrechtlich relevant ist.

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Sippel.

Herr Minister, es ist sicher verfrüht, Fallzahlen und den Aufwand zu prognostizieren. Es ist unser Ziel, die Staatsanwaltschaften personell zu stärken. Wir haben im Doppelhaushalt zusätzliche Stellen vorgesehen. Meine Frage: Konnte diese Personalverstärkung bereits umgesetzt werden?

Die zusätzlich bereitgestellten Stellen für Richter und Staatsanwälte sind innerhalb der ersten zwei Monate eingestellt und zur Verfügung gestellt worden. Selbstverständ

lich werden derzeit auch weiterhin Richter und Staatsanwälte eingestellt. Das ist das ganz normale Prozedere durch Pensionierungen und Ähnliches. Das zusätzlich zur Verfügung gestellte Personal ist bereits eingestellt.

Vielen Dank. – Damit ist die Anfrage beantwortet.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Christian Baldauf, Marion Schneid und Johannes Zehfuß (CDU), Umsetzung einer dritten Rheinquerung im Bereich Ludwigshafen – Nummer 2 der Drucksache 17/10327 – betreffend, auf. Ich erteile dem Abgeordneten Baldauf das Wort.

In Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Frage einer dritten Rheinbrücke haben wir ergänzende Fragen.

Herr Baldauf, nur die Fragen.

1. Handelt es sich hierbei, gerade vor dem Hintergrund der kritischen Haltung des grünen Koalitionspartners zu zusätzlichen Rheinbrücken, um eine innerhalb der Landesregierung abgestimmte und von allen Koalitionspartnern getragene Auffassung?

2. Welche Schritte plant die Landesregierung, um eine dritte Rheinbrücke im Bereich Ludwigshafen umzusetzen?

3. Wann wird die Landesregierung dazu in substanzielle Gespräche mit der baden-württembergischen Landesregierung eintreten?

Für die Landesregierung antwortet Staatsminister Dr. Wissing.

Herr Präsident, Herr Kollege Baldauf, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie bereits in der Beantwortung der Kleinen Anfrage – Drucksache 17/10024 – ausgeführt, wurde bereits im Rahmen der Vorbereitung des Bundesverkehrswegeplans 2003 die Frage einer zusätzlichen Rheinquerung umfangreich erörtert. Es wurde eine gesamtwirtschaftliche Bewertung nach dem Verfahren der Bundesverkehrswegeplanung 2003 durchgeführt, um eine Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der möglichen Varianten für eine eventuelle Rheinquerung südlich von Ludwigshafen zu erhalten.

Auf der Grundlage einer Machbarkeitsstudie zur Berechnung der Planungsfälle weiterer Rheinquerungen südlich

von Ludwigshafen und regionaler Ost-West-Verbindungen in der Metropolregion Rhein-Neckar, die im Rahmen der integrierten Nachfrageanalyse und Prognose der Verkehrsentwicklung in der Metropolregion Rhein-Neckar von 2010 im Auftrag des Verbandes Region Rhein-Neckar durchgeführt wurde, sind verschiedene Varianten für eine neue Rheinquerung bei Altrip nochmals untersucht und bewertet worden.

Die Untersuchungen führen zu dem Ergebnis, dass eine Trasse mit einer Rheinbrücke bei Altrip ein verkehrlich wirksames und zugleich wirtschaftlich vertretbares Vorhaben wäre. Eine Tunnellösung wurde hingegen wegen unzureichender Wirtschaftlichkeit ausgeschlossen.

Im einheitlichen Regionalplan Rhein-Neckar für die Metropolregion Rhein-Neckar vom 15. Dezember 2014 wurde das Vorhaben einer Rheinquerung im Zuge der B 38 bei Altrip nicht als Ziel oder Grundsatz vorgesehen. Es soll jedoch als langfristige Option auf dem Stand der gegenwärtigen gutachterlichen Erkenntnisse der Bereich der möglichen Trassenführung von entgegenstehenden Planungen und Maßnahmen freigehalten werden.

Die beiden direkt betroffenen Ortsgemeinden Altrip und Neuhofen, die Städte Mannheim und Ludwigshafen sowie der Landkreis Rhein-Pfalz setzen sich weiterhin für eine Tunnellösung ein. Aus diesem Grund haben die Länder Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz eine neue Rheinbrücke bei Altrip nicht zur Bewertung im Bundesverkehrswegeplan 2030 angemeldet. Da das Vorhaben nicht im aktuellen Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen berücksichtigt ist, hat der Bund keinen Planungs- und Umsetzungsauftrag an das Land Rheinland-Pfalz als Auftragsverwaltung gerichtet.

Bei der jetzt angespannten verkehrsrechtlichen Situation in der Stadt Ludwigshafen am Rhein wäre es sicherlich hilfreich gewesen, hätte man eine zusätzliche Rheinquerung errichtet. Aufgrund der nicht vorhandenen Planungstiefe ist eine Aussage zu einem möglichen Standort einer neuen Rheinbrücke heute nicht belastbar möglich.

Im Einzelnen beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:

Zu Frage 1: Die Verkehrssituation in und um Ludwigshafen ist derzeit sehr angespannt. Das ist für die Metropolregion kein wünschenswerter Zustand. Die Landesregierung hat hier schon Hilfe in Form von Unterstützung durch Fachpersonal beim Landesbetrieb Mobilität und auch bei den finanziellen Verhandlungen für Finanzhilfen des Bundes geleistet und wird das auch zukünftig engagiert tun.

Das Land hat ebenfalls Finanzhilfen zur Erledigung der kommunalen Aufgaben in Aussicht gestellt. Die hier erforderliche Aufgabenerledigung liegt jedoch federführend in kommunaler Hand.

Zu Frage 2: Das Vorhaben einer Rheinquerung ist nicht im aktuellen Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen 2016 berücksichtigt. Somit besteht seitens des Bundes kein Planungs- und Umsetzungsauftrag für das Land RheinlandPfalz als Auftragsverwaltung.

Zu Frage 3: Aufgrund des vorgenannten Hintergrundes

hält es die Landesregierung in Rheinland-Pfalz für wichtig, regelmäßig und kontinuierlich mit der Landesregierung in Baden-Württemberg Gespräche betreffend Landesgrenzen überschreitende Verkehrsinfrastrukturen zu führen. Solche Gespräche finden regelmäßig statt. Ich bin in einem engen und guten Austausch mit meinem Ministerkollegen in Stuttgart.

Eine Zusatzfrage des Abgeordneter Dr. Bollinger.

Herr Staatsminister, aus Ihren Antworten auf die Mündliche Anfrage ist für mich nicht klar ersichtlich geworden, ob die Landesregierung anstrebt, eine solche dritte Rheinquerung bei Ludwigshafen durchzuführen oder nicht.

Herr Kollege, ich habe Ihnen die Situation geschildert. Die Gemeinden vor Ort streben eine Tunnellösung an, deren Realisierung aussichtslos ist, weil keine Wirtschaftlichkeit gegeben ist. Der Bundesverkehrsminister hat sich immer wieder an die Länder gewandt – es ist ein Konsens – mit der Bitte, keine Projekte anzumelden, die von vornherein wegen der nicht gegebenen Wirtschaftlichkeit von einer Realisierung ausgeschlossen sind. Vor diesem Hintergrund wird das Land Rheinland-Pfalz keine Tunnellösung beim Bundesverkehrswegeplan anmelden.

Eine Einigkeit der kommunalen Ebene für eine andere Lösung ist bisher nicht gegeben. Man hat das Projekt auf eine langfristige Perspektive gestellt. Ich will an der Stelle betonen, dass der Bau einer Rheinbrücke gegenwärtig nicht hilft, die Verkehrsprobleme der Stadt Ludwigshafen zu lösen. Allenfalls wäre der Bau in der Vergangenheit hilfreich gewesen. Dementsprechend habe ich mich geäußert.