Protokoll der Sitzung vom 23.10.2019

Für die FDP-Fraktion spricht die Abgeordnete Helga Lerch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der IQBBildungstrend 2018 schlägt Alarm. Dieser Alarm richtet sich an unser Schulsystem, an unsere Schulen, an unsere Schülerinnen und Schüler und an die junge Generation Deutschlands.

Der IQB-Bildungstrend 2018 hat zum zweiten Mal nach 2012 länderübergreifend die Fähigkeiten und das Fachwissen der Neuntklässlerinnen und Neuntklässler in Mathematik, Biologie, Chemie und Physik geprüft. Die Ergebnisse der Überprüfung der Bildungsstandards an unseren Schulen erwiesen sich als mangelhaft. Insbesondere das Ergebnis, dass Neuntklässlerinnen und Neuntklässler im vergangenen Jahr geringere Kompetenzen als noch 2012 nachgewiesen haben, sorgt für Unmut.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, Deutschland gilt als das Land der Dichter und Denker. Deutschland ist aber auch die Heimat von zahlreichen Wissenschaftlern, Forschern und Nobelpreisträgern. Daher ist die Förderung der MINT-Fächer für den Wissenschaftsstandort Deutschland immens wich

tig und muss Kernaufgabe unserer Schulen werden.

Meine Damen und Herren, gute Lehrer jammern nicht über schlechte Ergebnisse. Gute Lehrer stellen sich den Tatsachen, selbst wenn sie wehtun, und suchen nach Lösungen. Aus diesem Grund möchte ich mich an dieser Stelle nicht in die Wissenslücken der Schüler vertiefen, sondern ich will Lösungen vorschlagen, die unsere Kinder voranbringen.

Ich bin fest davon überzeugt, dass rheinland-pfälzische Neuntklässlerinnen und Neuntklässler viel besser sein und überdurchschnittliche Leistungen zeigen können, also das Potenzial vorhanden ist. Ich bin mir sicher, dass mit unserer Unterstützung viel mehr erreicht werden kann, als der IQB-Bildungstrend 2018 zeigt.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Daher teile ich die Meinung, dass es unsere künftige Aufgabe sein muss, intensiv am Potenzial und an den versteckten Fähigkeiten unserer Kinder zu arbeiten. Unsere Pflicht ist es, sie zu fördern und sie zu ermutigen, ihr Bestes zu geben.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Das wird schwierig in der Ampel!)

Das Ergebnis des IQB-Bildungstrends 2018 zeigt nicht nur, was Schülerinnen und Schüler nicht können, sondern auch, was wir machen und wo wir uns verbessern müssen.

Als Erstes müssen unbedingt einheitliche Bildungsstandards insbesondere in den Kernfächern wie Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik geschaffen werden.

Als Nächstes müssen wir mit der Umsetzung der Digitalpaktschule das Ziel verfolgen, hohe Qualitätsstandards im Bildungssystem umzusetzen.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Sehr gut!)

Dazu gehören auch moderne Klassenräume mit entsprechender Ausstattung, die einen Anreiz für Jugendliche bieten, wieder in den MINT-Fächern aktiv zu werden.

Außerdem müssen wir Lehrerinnen und Lehrer bei der Wissensvermittlung in den MINT-Fächern unterstützen, intensiv ausbilden und auch kontinuierlich weiterbilden. Im Vordergrund sollen immer die individuelle Förderung – das ist auch im Schulgesetz festgeschrieben – und die bessere Vermittlung von Kenntnissen stehen.

Wir müssen versuchen, die MINT-Fächer, die von manchen Kindern als besonders kompliziert betrachtet werden, mit Spaß und Leichtigkeit zu vermitteln.

Kernaufgabe von Lehrerinnen und Lehrern soll es werden, Schülerinnen und Schüler in den mathematischnaturwissenschaftlichen Fächern zu faszinieren und damit auch ihre Neugier zu wecken.

(Beifall der Abg. Gerd Schreiner und Dr. Adolf Weiland, CDU)

Auf dem Schulprogramm sollen neben der Vermittlung der theoretischen Grundlagen auch spannende Praxisübungen stehen. Wir müssen erste Ansätze schaffen, damit Schülerinnen und Schüler experimentieren und selbst forschen können. Wir haben MINT-Labore. Ich habe neulich eines bei der Technischen Hochschule in Bingen besucht, wo Schülerinnen sogar in den Ferien aktiv mit Forscherarbeiten beschäftigt waren.

Meine Damen und Herren, bessere Ergebnisse können wir erreichen, wenn wir den individuellen Bedürfnissen unserer Kinder entgegenkommen und ihre Begabungen stärker fördern. Nur auf diese Weise können unsere Kinder die besten Erfolgsaussichten im Bildungsbereich haben.

(Beifall des Abg. Gerd Schreiner, CDU)

Vielen Dank.

(Beifall bei FDP, SPD, CDU, und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abgeordnete Daniel Köbler.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Der kürzlich erschienene Gesamtbericht zum IQB-Bildungstrend 2018 umfasst 450 Seiten. Jetzt nehmen wir einmal an, dass man es mit einer guten Vorbereitung schaffen kann, diese 450 Seiten in ungefähr eineinhalb Stunden fundiert zu diskutieren. Das heißt, in der Aktuellen Debatte, in der wir 5 Minuten Redezeit haben, kommen wir auf ungefähr 25 Seiten dieses Berichts, die wir fundiert diskutieren können.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Dann dürften wir gar nichts mehr diskutieren! – Zurufe der Abg. Michael Frisch und Uwe Junge, AfD)

Die meisten – außer in einer Fraktion – werden es gemerkt haben: Das war ein Dreisatz.

(Zuruf des Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU)

Ich habe noch einen Dreisatz. Diese 25 Seiten entsprechen ungefähr 5,¯5 %, oder einem Achtzehntel des gesamten Berichts.

(Abg. Hedi Thelen, CDU: Um inhatliche Aussagen drücken!)

Also 5,¯5 % dieses Berichts kann man hier fundiert in 5 Minuten diskutieren.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Zusammenfassungen!)

Herr Frisch, Kollegen von der AfD, Ihr Beitrag hat sich bildungspolitisch eher im Promillebereich bewegt, oder, um mit der Sprache des IQB-Bildungstrends zu sprechen, der

Mindeststandard wurde nicht erreicht. Ich muss sagen, bei mir war der Erkenntnisgewinn dieser Debatte eigentlich nicht messbar.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP – Abg. Joachim Paul, AfD: Bildungspolitik, die Sie mit zu verantworten haben! Dieser Quatsch!)

Meine Damen und Herren, natürlich sind die Ergebnisse bezüglich der Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler bundesweit in den Naturwissenschaften, aber insbesondere im Fach Mathematik, wenn wir sie zur Kenntnis nehmen, ein Grund, uns darüber Gedanken zu machen, warum die Entwicklungen ungünstig sind und was man dagegen tun kann. Ich glaube, das Beste ist, dass man den Bericht noch einmal eingehend studiert.

(Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD)

Meine Damen und Herren, es kommt dabei heraus, dass es insbesondere ungünstige Entwicklungen bei den Gymnasien in unserem Land gibt. Auch wenn das für RheinlandPfalz zutrifft, muss ich sagen, innerhalb des Ländervergleichs sind wir bei den Gymnasien immerhin noch auf Platz 6.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Toll!)

Es ist aber auch so, dass all die vermeintlichen Lösungen, die Sie hier vorschlagen, von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern empirisch widerlegt werden.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Ja, so sieht es aus! – Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)

Da steht beispielsweise eindeutig drin, dass es gar keinen Anhaltspunkt dafür gibt, dass die Leistungen in den Gymnasien irgendeinen Zusammenhang mit der heterogenen Zusammensetzung der Schülerinnenschaft haben.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Aber das hat doch gerade Frau Brück behauptet. Das ist doch falsch, was Frau Brück behauptet hat!)

Ich zitiere ausschließlich aus dem Bericht.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Ja eben!)

Hinsichtlich Ihrer immer wieder geäußerten Forderung, dass es einen Aufnahmestopp zum Gymnasium geben soll, steht im Bericht – ich zitiere –: „Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass sich diese ungünstigen Trends auf Veränderungen in der Besuchsquote des Gymnasiums zurückführen lassen.“

Meine Damen und Herren, wenn wir das zur Kenntnis nehmen, dann müssen wir doch sehen, dass all die Vorschläge, die Sie machen

(Zuruf des Abg. Dr. Timo Böhme, AfD)

und die so einfach klingen – wieder zurück nach früher, Gymnasien zumachen – empirisch von der IQBBildungsstudie, die Sie auf die Tagesordnung gesetzt ha