Protokoll der Sitzung vom 13.11.2019

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Blatzheim-Roegler das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Um auf Ihre letzte Frage zu antworten, kann ich sagen: Fragen Sie doch einmal die Bundesregierung!

Unser Bestreben war es, einen Vorstoß – gerne gemeinsam mit dem gesamten Haus – einzubringen, um der Bundesregierung an dieser Stelle einmal Beine zu machen.

Ich will gar nicht mehr auf die Genese dieses Antrags eingehen. Dazu haben die Kollegen von der FDP und SPD schon ausreichend Stellung genommen. Ich möchte aber noch auf ein paar Punkte eingehen, die Sie angebracht haben, Herr Schmitt.

Das Todschlagargument, Ihr Grünen wollt sowieso alles verbieten, kommt immer dann, wenn Sie überhaupt nicht mehr weiterwissen.

(Zuruf des Abg. Arnold Schmitt, CDU)

Sie haben die Trockenmauern gefordert. Ich sage Ihnen noch einmal: Wir finden auch, die Trockenmauern sind richtig und wichtig. Sie haben ein großes Gewicht im Naturverbund. Deswegen sind wir große Fans der Trockenmauern, die bereits durch verschiedene Maßnahmen gefördert werden, und zwar unter anderem durch das EULLE-Programm. Nach M 4.3 d), Förderung zur Erschließung von Rebflächen in Steillagen einschließlich Erhalt von Weinbergsmauern, werden bei der Sanierung der Trockenmauern 70 % der Kosten übernommen. Es gibt noch einen Extrabonus von 300 Euro pro Hektar für biologische Vielfalt.

Zu den anderen Punkten, die Sie hier noch einmal angesprochen haben, die angeblich nicht in unserem Antrag enthalten wären, weil wir uns nur auf die Drohnen konzentrieren würden: Wir haben in unserem Antrag die Landesregierung ganz klar aufgefordert, sich im Weinbau auch dafür einzusetzen, dass die pilzwiderständigen Rebsorten, also die PIWI, und das angepasste Begrünungsmanagement weiter erforscht werden, um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren, sodass die Hubschraubereinsätze durch die Anwendung von Alternativen – nicht nur die Drohnen, sondern auch die Raupenmechanisierungssysteme kommen da zum Einsatz – reduziert werden können.

An erster Stelle steht: „Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass die rechtlichen Hürden für die Alternativen zum Hubschraubereinsatz (...) abgebaut werden.“

Ich denke, damit ist all das, was Sie eben an unserem Antrag kritisiert haben, ausreichend widerlegt worden.

Dass wir die Drohnen und natürlich auch die Raupenmechanisierungssysteme als eine adäquate Alternative zum Hubschrauber betrachten, hat mehrere Gründe, die hier schon genannt worden sind. Als jemand, der an der Mosel in unmittelbarer Nähe zu Weinbergen wohnt, will ich deutlich sagen: Ganz vorne steht auch, dass es für die Piloten, also für diejenigen, die im Hubschrauber sitzen, eine höhere Sicherheit bedeutet, wenn sie nicht mehr Stromleitungen umfliegen müssen – es sind leider immer wieder Unfälle zu beklagen –, aber auch die Lärmreduzierung wurde schon angesprochen. Natürlich ist auch die Abdrift bei einem Hubschrauber anders, als wenn man es mit Drohnen macht. Leider besteht die gesetzliche Hürde, dass das

zuerst alles noch einmal in diesem Genehmigungsverfahren überprüft werden muss.

Dreh- und Angelpunkt ist hier aber, die Bundesregierung vor allen Dingen dazu aufzufordern, dass sie die rechtlichen Regelungen für den Einsatz von Drohnen überarbeitet und reduziert. Ich hätte mir gewünscht, dass wir da an einem Strang ziehen. Die Trockenmauer bekommen Sie obendrauf.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Für die Landesregierung spricht Staatsminister Dr. Wissing.

Vielen Dank. – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Uns alle eint die Sorge um den Steillagenweinbau. Er ist für uns in Rheinland-Pfalz wichtig. Diese alte, unser Land prägende Kulturlandschaft ist es in der Tat wert, dass man alles dafür tut, sie zu erhalten und weiterzuentwickeln. Dies nicht nur im Sinne des Weinbaus, sondern auch aus Naturschutzgründen und natürlich nicht zuletzt auch wegen des Tourismus.

Ich begrüße die Anträge zum Steillagenweinbau, insbesondere den Antrag der Koalitionsfraktionen. Ich halte ihn für sehr zielführend, weil er auf eines der zentralen Probleme fokussiert ist, nämlich auf die kritisch zu sehende Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln mit Hubschraubern. Hier gilt unser Bestreben ganz klar der sicheren Applikation, das heißt sicher für den Mensch und sicher für die Umwelt.

Derzeit kann bei der Pilzkrankheitsbekämpfung in den Steillagen auf die Hubschraubereinsätze noch nicht völlig verzichtet werden. Wir arbeiten intensiv und durchaus erfolgreich an Alternativen. Das Pflanzenschutzrecht schreibt vor, dass, sobald Alternativen verfügbar sind, der Hubschraubereinsatz zu unterbleiben hat.

Die Entwicklung von Raupenmechanisierungssystemen zur Praxisreife in Verbindung mit der Durchführung von Flurbereinigungsverfahren hat dazu geführt, dass auf ca. 900 bis 1.000 ha Steillagenweinbau heute schon auf den Hubschrauber verzichtet wird. Insgesamt ist die Hubschrauberfläche seit den 1990er-Jahren von ca. 3.000 ha auf mittlerweile 1.500 ha zurückgegangen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Raupen können aber nicht überall eingesetzt werden. Die Topografie zwingt hier zur Suche nach weiteren Alternativen zur Fungizidapplikation. Deshalb haben wir Projekte gestartet und durchgeführt, um Drohnen zu praxisreifen Pflanzenschutzgeräten weiterzuentwickeln. Das ist ein hochkomplexes Unterfangen. Wir haben hier allerdings auch schon einiges erreicht.

Nach einer im Hinblick auf die technische Entwicklung der Drohnen turbulenten Phase von 2011 bis 2016 können wir

in den letzten Jahren mit im Dauerbetrieb einsetzbaren Geräten arbeiten. Das erlaubt es uns, sich in den Projekten auf die rechtlichen und praktischen Aspekte des Drohneneinsatzes konzentrieren zu können. Die Technik ist also ausgereift. Jetzt brauchen wir die regulatorischen und rechtlichen Regelungen, um es auch machen zu können.

Der Betrieb von Drohnen als Pflanzenschutzgeräte unterfällt sowohl den Vorschriften des Luftfahrtrechts als auch des Pflanzenschutzrechts. Auf Initiative der Landesregierung von Rheinland-Pfalz wurde das Luftfahrtrecht so geändert, dass ein Betrieb von Drohnen mit einem Gewicht von über 25 kg für landwirtschaftliche Zwecke mittlerweile erlaubt ist. Diese erste Hürde haben wir also schon beseitigt.

Im Pflanzenschutz wurden auch gute Ergebnisse in den Projekten erarbeitet. So kennen wir jetzt die effektive Arbeitsbreite der Drohnen. Wir wissen, dass mittels Drohnen eine dem Hubschraubereinsatz entsprechende Wirkung erzielt wird, und es konnte nachgewiesen werden, dass die Abdrift wesentlich geringer ist als beim Hubschrauber.

Seit zwei Jahren laufen bereits Drohnenversuche in der Praxis an der Mosel. Dabei hat sich gezeigt, dass die Wirtschaftlichkeit noch verbessert werden muss, etwa durch Ausbringung der Fungizide mit geringeren Wasseraufwandmengen. Eventuell bietet hier auch die Schwarmtechnologie bei der Drohne eine Chance.

Herr Kollege Schmitt, Sie haben gefragt, woran es hängt. Diese Frage will ich Ihnen gerne beantworten. Das größte Hemmnis bei der Praxiseinführung der Drohne sind Bestimmungen aus dem Pflanzenschutzrecht. So müssen Abdriftuntersuchungen mit Drohnen durchgeführt werden und deren Ergebnisse einer Bundesbehörde, dem JKI, zur Bewertung vorgelegt werden.

JKI steht nicht für „Julia-Klöckner-Institut“, sondern für „Julius Kühn-Institut“,

(Heiterkeit des Staatsministers Roger Lewentz)

aber die Verantwortung für dieses Institut trägt die Bundesministerin.

Wir haben die Abdriftuntersuchungen schon durchgeführt. Wir haben sie auch schon dem JKI vorgelegt. Strittig ist hier allerdings, dass man sehr überzogene Forderungen an Abdriftuntersuchungen seitens der Bundesbehörde stellt. Weiterhin sind auch immer noch keine Kontrollmerkmale für eine Geräteprüfung gemäß der Pflanzenschutzgeräteverordnung festgelegt worden. Auch dafür ist der Bund zuständig, also hier ganz konkret – ich kann Ihnen das nicht ersparen – Julia Klöckner als Bundesministerin.

Das sind die zwei Punkte, an denen der Drohneneinsatz in Rheinland-Pfalz hängt. Deswegen können wir nicht mehr machen. Die Hausaufgaben der Landesregierung sind erledigt. Jetzt ist die Bundeslandwirtschaftsministerin am Zug. Deswegen finden wir, ist die zögerliche Haltung und die fehlende Rückmeldung der zuständigen Bundesbehörde mehr als ärgerlich.

Aus diesem Grund habe ich mich auch an die Bundeslandwirtschaftsministerin gewandt und darum gebeten, doch jetzt bitte die pflanzenschutzrechtlichen Hindernisse, die auf Bundesebene bestehen, aus dem Weg zu räumen, damit wir die Drohne einführen können. Ich habe die Bundesministerin noch einmal darauf hingewiesen, wie wichtig der Steillagenweinbau für Rheinland-Pfalz ist. Nachdem wir nun alles getan haben, hoffen wir, dass sich der Bund endlich bewegt und wir dann die Drohne tatsächlich fliegen lassen können.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit kommen wir zu den Abstimmungen.

Wir stimmen zunächst über den Antrag der Fraktionen der SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/9332 – ab. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Die Gegenprobe! – Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen der SPD, der AfD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU angenommen.

Dann kommen wir zur Abstimmung über den Alternativantrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/9424 –. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Die Gegenprobe! – Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU und der AfD abgelehnt.

Wir kommen dann zu Punkt 8 der Tagesordnung:

Heim- und Pflegekindern ein selbstständiges und verantwortungsvolles Leben ermöglichen – Kostenbeitrag abschaffen Antrag der Fraktionen der SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/10507 –

dazu: Selbstständigkeit und Eigenverantwortung von Heimund Pflegekindern fördern – Kostenbeitrag reduzieren, Vorsorge für eine selbstbestimmte Zukunft treffen Antrag (Alternativantrag) der Fraktion der AfD – Drucksache 17/10512 –

Der Antrag – Drucksache 17/10507– tritt an die Stelle des Antrags der Fraktionen der SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/9197 –.

Der Alternativantrag tritt an die Stelle des Alternativantrags der Fraktion der AfD – Drucksache 17/10510 –.

Der Abgeordnete Markus Stein für die SPD-Fraktion hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach der im Mai dieses Jahres im Plenum aufgenommenen Debatte um die Abschaffung des Kostenbeitrags für Heim- und Pflegekinder ist viel passiert. Aus der gesamten Bundesrepublik erhielt ich Zuschriften, die allesamt den gleichen Tenor hatten: Dieser Kostenbeitrag gehört abgeschafft, und zwar ersatzlos.

Wenn junge Menschen, die aufgrund der schwierigen familiären Vergangenheit in einem Heim oder in einer Pflegefamilie leben, beim Antritt einer Ausbildung neben Sozialversicherungen und Lohnsteuer dann noch 75 % ihres Einkommens an den Staat abliefern müssen, werden sich diese jungen Menschen in der Konsequenz doch sicher folgende Fragen stellen:

Erstens: Wieso werde ich zu Leistungen des Staats herangezogen, obwohl ich für die Situation selbst nichts kann?

Zweitens: Warum muss ich drei Viertel meines verdienten – ja, des verdienten – Geldes abführen?

Drittens: Wenn das Geld, das mir am Ende des Monats bleibt, sogar unter dem Regelsatz der allgemeinen Sozialhilfe liegt, warum soll ich dann überhaupt noch arbeiten?

Die derzeitigen Antworten auf diese Fragen lauten bislang: