Protokoll der Sitzung vom 13.11.2019

Ich glaube, wir sind uns alle einig, wie wichtig die Landwirtschaft für uns ist und dass sie Lebensader für unseren ländlichen Raum ist. Herr Minister, ich habe mich natürlich gefreut zu lesen, dass auch Sie sagen, die Landwirte und die Winzer sind bei uns in Rheinland-Pfalz systemrelevant. Ja, das sind sie; denn sie sind die besten Landschaftspfleger und bilden letztendlich unsere Ernährungsgrundlage.

(Zuruf des Abg. Marco Weber, FDP)

Sie sind hervorragend ausgebildet, aber das, was sie brauchen – und dafür sind wir alle verantwortlich –, sind Akzeptanz und Perspektive in unserer Gesellschaft. Liebe Kolleginnen und Kollegen, dafür sind wir alle, die wir hier sitzen, gemeinsam verantwortlich.

(Beifall der CDU – Abg. Martin Brandl, CDU: Bravo!)

Es ist schlimm genug, dass gerade in Rheinland-Pfalz jeden Tag ein Betrieb schließt – jeden Tag an 365 Tagen – und wir ständig weniger Betriebe in Rheinland-Pfalz haben. Das ist ein beängstigendes Zeichen. Ich frage: Wie sieht denn das klare Bekenntnis der rheinland-pfälzischen Regierung aus?

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Keine Antwort!)

Dazu habe ich einmal eine Reihe Punkte zusammengestellt. Wie sieht es denn mit der Umsetzung der Düngeverordnung auf Landesebene aus, Herr Kollege? Keine Überprüfung der vorhandenen Messstellen auf Eignung im Hinblick auf die Düngeverordnung,

(Beifall der CDU)

kein wissenschaftlich belastbares Messstellennetz: Hier sind wir verantwortlich,

(Zurufe von der CDU: So ist das! Genau!)

hier können wir etwas tun. Da brauchen Sie nicht ständig nach Berlin zu zeigen. Machen Sie Ihre Hausaufgaben hier in Rheinland-Pfalz.

(Beifall der CDU – Abg. Christian Baldauf, CDU: Ah, so ist das!)

Nehmen wir den Stellenabbau der Dienstleistungszentren Ländlicher Raum (DLR).

(Abg. Marco Weber, FDP: Ui, ui, ui!)

Die Belastung der landwirtschaftlichen Betriebe macht es zwingend notwendig, dass wir Beratung haben.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Die Aktuelle Debatte nimmt wieder gut Fahrt auf!)

Uns ist gerade wieder ein Antrag vorgelegt worden, mit dem man im Ökobereich Stellen schaffen will. Aber für unsere landwirtschaftlichen Betriebe, die wir en gros in Rheinland-Pfalz haben, und unsere Winzerbetriebe, für die Winzerinnen und Winzer, für die Bäuerinnen und Bauern, da brauchen wir Beratung. Da fehlt es genauso wie bei der Polizei, bei den Schulen und bei den Kitas; überall fehlt Personal, so auch in der Landwirtschaft.

(Beifall der CDU – Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Auch bei der Opposition!)

Schleppende Bearbeitung der Flurbereinigung: 2017 waren 429 Flurbereinigungsverfahren anhängig.

(Abg. Marco Weber, FDP: Rückabwickeln war Ihre Idee!)

Es wurden aber nur 14 Flurbereinigungsverfahren freigegeben. 14! 2018 wurden neun Verfahren neu angeordnet und in 15 Verfahren der Besitzübergang durchgeführt. Im Januar 2019 hat Staatssekretär Becht acht neue Verfahren freigegeben. Wenn man die zusammenrechnet in Relation zu 429, dann wissen wir, was sich strukturell in diesen Jahren getan hat,

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Ihr seid so richtige Macher!)

um das auch einmal klar zu sagen.

(Glocke des Präsidenten)

Ich denke, mehr dazu gerne in der zweiten Runde.

(Beifall der CDU)

Für die AfD-Fraktion spricht der Abgeordnete Dr. Böhme.

Wertes Präsidium, meine Damen und Herren! Ich hatte eigentlich gehofft, dass die FDP-Fraktion etwas aus der Aktuellen Debatte vom 19. September gelernt hätte. Aber sie überrascht uns heute wieder einmal mit einer agrarpopulistischen Aktuellen Debatte. Man versucht wieder einmal den Absahner zu spielen und mit dem Finger auf andere zu zeigen, um sich als Retter der Landwirtschaft und der Familienbetriebe zu präsentieren.

Eigentlich könnte ich an dieser Stelle auf meine Rede zur Aktuellen Debatte vom 19. September verweisen, und das wäre es dann wohl.

(Abg. Monika Becker, FDP: Okay!)

Da hat nämlich die FDP klare Rahmenbedingungen für die starke Landwirtschaft haben wollen. Klare Rahmenbedingungen setzen aber auch eine klare Vision und folgerichtiges Handeln voraus. Das kann ich momentan bei der FDP nicht erkennen.

Was ist denn Ihre Strategie, Herr Kollege Weber? Die schönen Reden Ihres Landwirtschaftsministers Dr. Wissing auf der Agrarministerkonferenz oder der Koalitionsvertrag mit den grün-roten Gegnern der konventionellen Landwirtschaft und das Abducken Ihres Ministers hinter der grünen Umweltministerin in Rheinland-Pfalz?

(Zuruf des Abg. Marco Weber, FDP)

Diese Koalition in Rheinland-Pfalz hat den sogenannten Klimaschutz ebenso zum sakralen Staatsziel erhoben wie die Bundesregierung, welche Sie kritisieren. Der derzeit laufende Angriff auf Wirtschaft und Wohlstand läuft unter dem Begriff „Dekarbonisierung“. Die Dekarbonisierung trifft aber die Landwirte und mit ihnen den ganzen ländlichen Raum besonders hart.

Die Ersatzlösungen, die in der alternativen Szene herumgereicht werden, sind weder effizient noch preiswert. Man stelle sich nur Ackerschlepper vor, deren Hauptlast dann ein Anhänger mit schwergewichtigen Batterien sein wird. Was ist denn eine moderne bäuerliche Landwirtschaft aus Sicht der FDP? Die mit der Silbe „Öko“ dran? Dann brauchen wir über das Verbot des Pflanzenschutzmitteleinsatzes in Schutzgebieten und die Düngeverordnung nicht zu klagen. Machen wir doch einfach Ökolandbau.

Sie wollen doch laut Koalitionsvertrag mindestens 20 % Ökolandbau haben. Dann braucht es doch keinen Pflanzenschutz oder Dünger mehr, zumindest wird das der Bevölkerung von Ihrem grünen Koalitionspartner eingeredet. Er ist der Souffleur der Agrarpolitik. In der Frontstellung gegen die Landwirtschaft und den ländlichen Raum halten die etablieren Parteien letztendlich doch zusammen. Man sieht es an der Bundesagrarministerin.

Herr Weber, vielleicht beantworten Sie uns die Frage, ob Sie für den Auf- oder Abbau von Personal in der für die moderne Landwirtschaft so dringend benötigten Lehre, Forschung, Beratung und Landentwicklung an den Dienstleistungszentren Ländlicher Raum sind oder ob sich Ihr Minister wieder einmal hinter dem Koalitionsvertrag und

dem Pauschalargument der Digitalisierung, welche angeblich alle Probleme löst und sämtlichen Personalabbau kompensiert, versteckt.

(Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP: Wer sagt das denn?)

Welche Rolle hat die FDP eigentlich in den letzten Jahren im deutschen Bauernverband gespielt, welcher jetzt selbst aus den Reihen der Bauernschaft massiv kritisiert wird? Im Europawahlprogramm der FDP steht: „Die Gemeinsame Agrarpolitik muss (...) marktwirtschaftlich modernisiert werden.“ Was das wohl heißen mag im Hinblick auf die landwirtschaftliche Förderung? Vielleicht klären Sie uns einmal auf.

„Wir brauchen weniger Bürokratie, fairen Wettbewerb, stärkere Anreize für unternehmerisches Handeln“, heißt es weiter. Aha. Wie sehen denn diese Anreize für unternehmerisches Handeln aus: mehr Freihandelsabkommen, die Lieblingsmission des rheinland-pfälzischen Agrarministers Dr. Wissing, oder das regelmäßige Bauernbashing der Bundesumweltministerin Svenja Schulze, SPD, Ihres Koalitionspartners im Land? Neue Bauernregeln lassen grüßen.

Es wäre schön, wenn sich die FDP, anstatt immer nur den lachenden Dritten spielen zu wollen, auch in der politischen Verantwortung der eigenen Regierung klar positionieren würde. Dann wären Ihre Forderungen nämlich glaubhaft, Herr Kollege.

(Beifall der AfD – Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gerade bei dem Wort glaubhaft! – Abg. Uwe Junge, AfD: Unglaublich! Primitiv!)

Wir alle sind uns klar, wie wichtig die Landwirtschaft für unser Bundesland ist. Wir reden gerne über konkrete Vorschläge, vielleicht auch erst einmal im Ausschuss. Aber solche populistischen Debatten führen uns wohl nicht zu Lösungen.

Danke schön.

(Beifall der AfD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Kollegin Blatzheim-Roegler.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Bauern und Bäuerinnen haben in den letzten Wochen ein gutes Recht in Anspruch genommen. Sie haben für ihre Ziele und ihre Interessen gekämpft und demonstriert. Wer, wenn nicht ich als Grüne, fände es absolut richtig, dass man auf die Straße geht und sich für seine Interessen einsetzt?

(Abg. Christian Baldauf, CDU: So wie die ganzen Lehrer und Eltern und so!)

Natürlich fällt es ins Auge, wenn die Bäuerinnen und Bauern dann mit großen Traktoren demonstrieren.