Protokoll der Sitzung vom 12.12.2019

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin der FDP-Fraktion dankbar für die sehr Aktuelle Debatte heute.

Die Diskussion um die Zukunft der Landwirtschaft und das Agrarpaket der Bundesregierung und alles, was dazugehört, ist mehr als aktuell. Der direkte Kontakt zu der Branche und den Landwirten ist für uns als SPDLandtagsfraktion, aber auch für uns insgesamt als Koalition nicht nur Ziel, sondern gelebte Praxis. Aus der Praxis kommen die notwendigen und wichtigen Hinweise, um auch

zukünftig in Rheinland-Pfalz Landwirtschaft betreiben zu können.

Wir als Verbraucherinnen und Verbraucher nehmen täglich Erzeugnisse der Landwirtschaft zu uns. Kein Wunder, dass es jeden und jede von uns im Land interessiert, wie sie produziert werden und was darin steckt. In unseren ländlichen Regionen ist die Landwirtschaft mit ihren vorund nachgelagerten Bereichen nach wie vor ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Wir wollen, dass dies so bleibt.

Zugleich müssen die Landwirte mit immer höheren Erwartungen zurechtkommen. Sie sollen möglichst günstige Lebensmittel produzieren, dies in allerhöchsten Qualitäten, aber auch gleichzeitig Klimaschutz und Artenvielfalt im Gleichgewicht halten bzw. ihnen höhere Prioritäten einräumen.

Dies geht zusätzlich mit einer mangelnden Wertschätzung für die erbrachten Leistungen für die Gesellschaft einher. Dagegen protestieren Tausende von Bauern, gestern auch hier in Mainz: gegen die Doppelmoral vieler Verbraucherinnen und Verbraucher, gegen die fehlende Anerkennung für die geleistete Arbeit und gegen eine Landwirtschaftspolitik, die sie nicht mehr verstehen.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Moral der Verbraucher!)

Die Produktion von Lebensmitteln ist für uns mehr als nur ein Wirtschaftszweig. Landwirtschaft gehört zu RheinlandPfalz. Sie hat jahrhundertelang die Identität unserer ländlichen Räume geprägt. Die Arbeit der Landwirtinnen und Landwirte verdient unser aller Respekt. Wir sind und bleiben in Rheinland-Pfalz auf eine flächendeckende Landwirtschaft angewiesen.

Gerade aber auch angesichts der Herausforderungen des Klimawandels – diese sind im politischen Diskurs in aller Munde – sehen wir die Landwirte als unerlässliche Partner. Wer soll denn in der Fläche für Artenschutz und Klimaschutz sorgen, wenn wir nicht in der Fläche nachhaltig wirtschaftende Betriebe haben, die dies aber auch können, weil die Rahmenbedingungen passen?

Ich kann mir schlecht vorstellen, dass es im Einklang mit Klimaschutz steht, wenn wir Lebensmittel aus aller Welt, teilweise aus Südamerika und noch ferneren Staaten nach Europa importieren, zumal da wir doch selbst hochwertige Lebensmittel in der Produktion haben.

(Abg. Dr. Timo Böhme, AfD: Mercosur, sage ich nur!)

Das kann sicherlich kein Ziel von Klimaschutz sein.

Über diese Prioritäten sind wir uns in der Koalition sehr einig. Ich bin unserem Landwirtschaftsminister Volker Wissing sehr dankbar, dass er für Anfang des Jahres zu einem Agrargipfel eingeladen hat. Kein Gipfel eines Zusammenseins wegen, sondern ein Gipfel – wie er gestern angekündigt hat –, um ganz konkret die Kritikpunkte, die Anklagepunkte, wie sie teilweise vorgetragen werden, zu diskutieren, zu beraten und dort konkret Abhilfe zu schaffen, wo es Abhilfe benötigt.

Die Nerven der Landwirtinnen und Landwirten liegen blank. Das ist mehr als nachvollziehbar, haben sie doch eine Bundeslandwirtschaftsministerin, die ohne wissenschaftlich fundiertes Fundament pauschal 20 % Düngemittelreduktion in den sogenannten roten Gebieten durchsetzt, und das gegen den einstimmigen Beschluss von 16 Agrarministern der Bundesländer. Das ist schlicht ein Skandal.

Wenn man dann noch hört, dass sie auf die Länder verweist, die dieses Problem doch im eigenen Maß aus der Welt schaffen sollen, dann hat das schon fast etwas mit Schizophrenie zu tun, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn was bedeutet das, 20 % unter Bedarf? Ich habe gestern gesagt, das ist so ähnlich, als würden wir uns 20 % unter Bedarf ernähren. Das heißt, zumindest mittelfristig ist die Leistungsfähigkeit dann deutlich eingeschränkt. Das bedeutet ganz konkret, dass wir in den sogenannten roten Gebieten – die wir nun einmal sehr stark in den Bereichen Eifel und Mosel, im Koblenzer Raum oder in Rheinhessen haben – zum Beispiel keinen Brotweizen mehr in der Form produzieren können, wie wir es gewohnt sind.

Das sind Probleme, für die die Agrarminister mit konkreten Vorschlägen – sie haben ja nicht nur zu den 20 % Nein gesagt, wir werden das vielleicht gleich von unserem Minister hören – in der Agrarministerkonferenz aufgewartet haben.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Gewässerschutz hat allerhöchste Priorität. Aber wir müssen dort, wo es angebracht ist, sinnvolle Maßnahmen ergreifen, damit der Gewässerschutz funktioniert und unsere Landwirtschaft vor Ort produzieren kann.

(Glocke des Präsidenten)

Der Rest kommt in der zweiten Runde.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Martin Haller, SPD: Hervorragend! – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Hervorragende Rede! Und das nach der Weihnachtsfeier!)

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Gies das Wort.

Verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon ein Stück weit unverfroren, wenn ich das höre, was der Kollege Weber und jetzt auch der Kollege Steinbach hier von sich geben.

Es reicht nicht aus, wenn man in Mainz in einer Ampelkoalition in der Verantwortung steht, immer wieder nach Berlin zu zeigen und sich in Berlin genau anders zu verhalten.

(Beifall der CDU)

Ich bin entsetzt über dieses Verhalten, das Sie hier mit den Koalitionspartnern an den Tag legen. Das hat mit Verantwortung für dieses Land, für diese Bäuerinnen und Bauern und für uns letztendlich nichts mehr zu tun. Das kann ich Ihnen auch belegen.

(Zuruf des Abg. Marco Weber, FDP)

Es ist im Protokoll belegt. Wenn ich hier höre, dass sich das Land Rheinland-Pfalz gegen die 20%ige Düngerreduzierung ausgesprochen hätte! Herr Minister, Sie sind überhaupt nicht in diesen Sitzungen gewesen.

(Zuruf von der CDU: Hört, hört!)

So steht es im Protokoll. Es steht ausdrücklich drin,

(Abg. Alexander Licht, CDU: Aha!)

dass die Abteilungsleiter des Landes Rheinland-Pfalz mit anderen Ländern für 20 % votiert haben,

(Zurufe aus dem Hause: Was? Unfassbar!)

obwohl der Bund nur 10 % vorgeschlagen hat und natürlich auch die Bundesumweltministerin die 20 % haben wollte.

(Beifall der CDU – Unruhe bei der CDU – Abg. Michael Frisch, AfD: Hört, hört! – Zuruf des Abg. Marco Weber, FDP)

Das sind Dinge, die im Protokoll festgehalten sind, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Zuruf des Abg. Marco Weber, FDP)

Dann kann ich mich hier nicht hinstellen und das genaue Gegenteil behaupten. Schauen Sie es sich in den einzelnen Protokollen an, die beim Bund vorliegen.

(Beifall der CDU)

Ich frage mich schon: Wo bleibt denn da die SPD, wenn wir im Vorstand einen Fraktionsvorsitzenden haben, der mit einem bärenstarken Ergebnis in den SPD-Bundesvorstand gewählt worden ist,

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

wo ist denn seine Bärenstärke, wenn es darum geht, sich bei der Umweltministerin dafür einzusetzen, dass endlich nur die 10 % kommen

(Beifall bei der CDU)

und nicht die 20 %? Es wäre bärenstark, wenn Sie sich dafür einsetzen würden, Herr Schweitzer.

(Beifall der CDU – Abg. Marco Weber, FDP: Null Prozent!)

Ich weiß genau, was nachher wieder passieren wird, wenn es um unseren Antrag zu den Messstellen geht, den der Kollege Zehfuß als Praktiker vorstellen wird.

(Abg. Nico Steinbach, SPD: Drei Jahre geschlafen und dann den Antrag kurz vor knapp bringen!)

Ich weiß genau, was passiert. Ihr werdet diesen Antrag

(Unruhe im Hause – Glocke des Präsidenten)

genauso wieder ablehnen. Zu kurz gesprungen, dies und jenes, stimmt nicht – nur, wir sind bereits im September von den Verbänden und Organisationen angeschrieben worden. Ihr genauso wie wir. Ihr habt die ganze Zeit nichts getan.