Protokoll der Sitzung vom 14.11.2003

Ich nenne weitere Maßnahmen in den einzelnen Ministerien. Finanzministerium: Reduzierung der Zahl der Finanzämter; Auflösung der Oberfinanzdirektion; Zusammenlegung der Landesbezirkskassen aus dem ganzen Land zu einer einzigen Kasse; Zusammenlegung der Landesbanken von Hamburg und Schleswig-Holstein; Auflösung der vier Landesbauämter und der Landesbaudirektion durch Bildung der

(Karl-Martin Hentschel)

GMSH - Reduzierung der Beschäftigten um über die Hälfte, von 1.300 auf 700;

(Beifall des Abgeordneten Holger Astrup [SPD] - Zurufe von der CDU)

zugleich Auslagerung der Hausdienste aus allen Ministerien; Bewirtschaftung aller Gebäude des Landes durch Übertragung auf die IB, damit eine Investitionsplanung und Bewirtschaftung nach betriebswirtschaftlichen Methoden eingeführt wird.

(Glocke der Präsidentin)

- Keine Zwischenfrage, dazu habe ich zu viel vorzulesen.

Die Einführung eines modernen Zinsmanagements bringt bisher Einsparungen in Höhe von 185 Millionen €.

Justiz: Übernahme der Referendare aus dem Beamtenverhältnis in ein öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis - 1,5 Millionen € pro Jahr eingespart; Einführung der flächendeckenden Automation in den Gerichten - 166 Stellen eingespart; Einführung der flächendeckenden Automation in den Staatsanwaltschaften - in etwa das gleich Sparergebnis; gemeinsame Rechtspflegerausbildung mit Hamburg und Niedersachsen in Niedersachsen; Einführung der verpflichtenden außergerichtlichen Streitschlichtung; Einführung des elektronischen Mahnverfahrens, Automatisierung - Reduzierung der Arbeitszeit wahrscheinlich im Ergebnis auf ein Viertel bis ein Zehntel; Einführung des elektronischen Grundbuchs.

Polizei: Auflösung von vier Polizeiwerkstätten, zwei Werkstätten sind für Spezialfahrzeuge geblieben; Umstellung der Beschaffung von Polizeifahrzeugen auf Leasingverträge; Neuorganisation der Polizeireviere und Reduzierung der Verwaltungsaufgaben, Polizeireform II - 58 zusätzliche Beamte sind auf der Straße im Einsatz; Zusammenfassung von ländlichen Polizeistationen; Reduzierung der Wasserschutzpolizei von neun auf sechs Standorte; Zusammenlegung der Wasserschutzpolizei und der Fischereiaufsicht und Reduzierung der Anzahl der Fische

(Heiterkeit)

- Schiffe! - bei Erhöhung der Einsatzfrequenz.

Sonstige Innenbehörden: Reduzierung der Katasterämter von 16 auf acht - über 50 Stellen eingespart; Rückbau der Datenzentrale und Zusammenlegung mit Hamburg; Rückbau des Statistischen Landesamtes und Zusammenlegung mit Hamburg; Bildung eines einheitlichen Havariekommandos.

Umwelt, Natur und Landwirtschaft: Auflösung von fünf Forstämtern von elf, Auflösung des Landesforstamtes und der Forstabteilung im Ministerium - Reduzierung von sechs auf zwei Referate im Ministerium; Auflösung von zwölf Förstereien durch Zusammenlegung - Reduzierung der Beschäftigten um ein Drittel; Einrichtung der Nationalparkservice GmbH mit den Kreisen und Verbänden; Umbau der Agrarverwaltung und Rückbau der Landwirtschaftskammer auf eine reine Selbstverwaltungseinrichtung - Ergebnis: Senkung der Zuschüsse um 30 %;

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Dr. Henning Höppner [SPD])

Zusammenfassung aller Labore des Landes und Überführung in einen Landeslaborbetrieb; Zusammenfassung verschiedener Ämter zum Landesamt für Natur und Umwelt - zum Beispiel des Geologischen Landesamtes, des Landesamtes für Wasser und Küste, des Landesamtes für Naturschutz und Landschaftspflege, der Untersuchungsstelle für Umwelttoxikologie und der staatlichen Vogelschutzwarte -, als nächster Schritt erfolgt jetzt die Umwandlung in ein Institut für Umwelt, Naturschutz und Landwirtschaft - 10 % der Stellen werden eingespart; Zusammenlegung der zahlreichen Außenstellen und Ämter für Wasser, Naturschutz, Immissionsschutz, Landwirtschaft, Fischerei, Küstenschutz und so weiter in mehreren Schritten - Abbau von über zehn Standorten und Konzentration auf drei Ämter.

Dann lasse ich jetzt etwas weg, das wird alles zu viel.

Finanzierung des Umwelthaushaltes überwiegend durch eigene Einnahmen aus der Oberflächenwasserabgabe, der Grundwasserabgabe und der BINGOLotterie - über 75 Millionen € des Haushalts des Umweltministeriums werden mittlerweile jährlich durch eigene Einnahmen finanziert.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Rolf Fischer [SPD])

Wirtschaft und Verkehr: Rückbau der Eichverwaltung und Zusammenlegung mit Hamburg; Schließung von drei Straßenbauämtern in Eutin, Neumünster und Heide; Zusammenlegung der Straßenmeistereien des Landes mit denen der Kommunen. Die Kommunen haben darauf bestanden, dass die Straßenmeistereien nicht kommunalisiert werden, sondern umgekehrt weg von den Kommunen an das Land gegangen sind, weil das so effizienter ist. Insgesamt wurden dabei 364 Stellen eingespart. Kommunalisierung und Privatisierung der Häfen Brunsbüttel und Dagebüll - alle anderen Kommunen haben sich geweigert, die Häfen zu übernehmen.

(Karl-Martin Hentschel)

Soziales, Gesundheit, Verbraucherschutz: Zusammenlegung zahlreicher Behörden zum Landesversorgungsamt - zum Beispiel der vier Versorgungsämter, orthopädische Versorgungsstelle, versorgungsärztliche Untersuchungsstelle und Hauptfürsorgestelle zum Landesamt für soziale Dienste; Zusammenlegung der ehemaligen Gewerbeaufsichtsämter zum Landesamt für Gesundheit und Arbeitsschutz - 16 Stellen eingespart; Auflösung des Aufsichtsamtes für Sozialversicherung; Schließung des Landesseminars für Krankenpflege; Umbau der Verbraucherzentralen bei Reduzierung auf fünf Standorte und Konzentration und Modernisierung der Aufgaben.

Bildung und Kultur: Zusammenlegung der Landeszentrale für politische Bildung mit dem Landesverband der Volkshochschulen; Ausgliederung der Universitätsklinika aus den Hochschulen und Zusammenfassung zu einem Landesbetrieb - bisherige Einsparungen bis Ende 2002: 21,5 Millionen €; Verdoppelung der Einwerbung von Drittmitteln; Reduzierung der Zuschüsse und Nutzung der eingesparten Mittel, um die Hochschulen und die Ausbildung der Studenten zu verbessern;

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Auslagerung der Hochschulen aus dem Landesetat; Budgetierung und eigene betriebswirtschaftliche Rechnungsführung; Abbau der Medizinlastigkeit des Hochschulwesens, das besonders teuer ist, durch Reduzierung der Studienplätze um ein Drittel und Erhöhung der Studienplätze in anderen Fächern; Umbau und Verselbständigung der Berufsschulen zu Berufsbildungszentren - mit fünf Bildungszentren begonnen.

Was geschah mit diesem Geld? - Der überwiegende Teil des eingesparten Geldes wurde genutzt, um die Neuverschuldung zu reduzieren.

(Lachen bei der CDU - Beifall der Abgeord- neten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ein kleinerer Teil wurde genutzt, um über 1.000 neue Lehrerinnen- und Lehrerstellen zu schaffen.

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Wie geht es weiter? - Der Prozess ist nicht zu Ende, auch nicht mit den Maßnahmen, die jetzt beschlossen worden sind. Es handelt sich angesichts der Finanzlage des Landes um einen kontinuierlichen Prozess. Darüber sind wir uns wohl alle einig.

Wir schlagen folgende weitere Schritte vor: Kommunalisierung der Schulen, Auflösung der Schulämter

und Herstellung der Autonomie nach skandinavischem Vorbild; Neuverhandeln des Kirchenstaatsvertrages, um die Personalkostenbeteiligung des Landes durch leistungsbezogene Zahlungen auf der Basis von Zielvereinbarungen zu ersetzen; Polizeireform III: Abschaffung einer kompletten Hierarchieebene; Auflösung des Verfassungsschutzes des Landes und Übertragung der Aufgaben nach Berlin; weitere Reform der Straßenbau- und Straßenverwaltungen in Stufe 2; Eingliederung der Arbeitsgerichtsbarkeit in die ordentliche Gerichtsbarkeit; Zusammenlegung der drei Stränge der Fachgerichtsbarkeiten Finanz-, Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit;

(Zurufe von CDU und FDP)

Umwandlung des Landesrechnungshofs in eine moderne Revisionsbehörde, Reduzierung des Personals und Beauftragung von externen Prüfern; Zusammenlegung des Landesvermessungsamtes mit Hamburg; Zusammenlegung der Landkreise durch Bildung von vier bis fünf Regionalkreisen; Reform der Kommunen und Reduzierung der Kommunalverwaltungen in Schleswig-Holstein von 250 auf 50.

Meine Damen und Herren, viele mutige Schritte sind getan. Weitere werden wir anstoßen.

Im Jahre 1996, als ich in den Landtag kam und wir damals Regierungsverantwortung übernahmen, befasste sich eines der ersten großen Papiere, die die grüne Landtagsfraktion vorgestellt hatte, das so genannte „Entenhammer“-Papier mit der Verwaltungsstrukturreform in Schleswig-Holstein. Mit diesem Papier, in dessen Logo eine hammerschwingende Ente dargestellt war, arbeiten wir seit acht Jahren. Das, was ich Ihnen vorgelesen habe, ist unter anderem auch Ergebnis der Anstöße, die wir damals in diesem Papier gegeben haben.

Die CDU hat sich seitdem stets mehr als Bremser denn als Akteur betätigt. Sie haben heute wieder einmal alles vergeigt, aber ich gebe Ihnen noch eine Chance.

(Lachen bei der CDU)

Sie haben bei den nun beschlossenen und bei den bevorstehenden Reformen die Möglichkeit, Ihre Haltung zu korrigieren, die Reformen zu unterstützen und sogar eigene mutige Vorschläge zu unterbreiten, um die Entwicklung voranzutreiben.

Ihr Kandidat für das Ministerpräsidentenamt, Herr C., sagte einmal zu dem Thema: „Wir sind doch keine

(Karl-Martin Hentschel)

Weihnachtsmänner.“ - Wir werden das am 24. Dezember überprüfen.

(Lebhafter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Ich begrüße nun auf der Tribüne eine Besuchergruppe der Integrierten Gesamtschule NeumünsterBrachenfeld und Hospitanten beim Landesfinanzministerium. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Jetzt erhält der Herr Abgeordnete Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie immer in diesem hohen Hause gehen die Beurteilungen der jetzt von der Landesregierung vorgelegten Verwaltungsreform völlig auseinander. Während die eine Seite von einem großen Wurf und von entschlossenen Reformen spricht, redet die andere Seite von einer Mogelpackung, von Karnevalsscherzen und von einem Verschiebebahnhof. Aus der Sicht des SSW liegt die Wahrheit - wie immer - in der Mitte. Denn wer auch immer große Verwaltungsvereinfachungen sowie den Abbau von Personal und Bürokratie medienwirksam verspricht, wird bei der Umsetzung erfahren müssen, dass es dabei auch um Menschen aus Fleisch und Blut geht. Man darf also nicht vergessen, dass die Verwaltungsmodernisierung ein sehr mühsames und zeitraubendes Geschäft ist. Das liegt aber nach unserer Auffassung nicht so sehr an der Vorgehensweise der Landesregierung, sondern ist vielmehr auf die Komplexität von Verwaltungsstrukturen im Lande zurückzuführen. Zum einen müssen die Beschäftigten von den positiven Effekten der geplanten Veränderung überzeugt werden und zum anderen ergibt sich allein aus den in vielen Jahren gewachsenen Verwaltungsstrukturen in den Behörden ebenfalls ein Hindernis für Reformen. Aber richtig bleibt dennoch, dass die notwendigen Dienstleistungen des Staates durch eine moderne, effiziente Verwaltung erbracht werden müssen.

In diesem Sinne hat der SSW in den vergangenen Jahren die Bestrebungen der Landesregierung zur Modernisierung des Landes unterstützt. Wir haben dabei immer auf die Bedeutung der Bürgernähe der Verwaltung und auch darauf hingewiesen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesen Prozess mit eingebunden sein müssen. Ansonsten ist es nämlich nicht möglich, vernünftige Ergebnisse zu erzielen.

Deshalb lautet unsere Position, dass man bei zukünftigen Strukturreformen auch regionale und soziale Aspekte berücksichtigen muss. Vor dem Hintergrund dieser Forderung sieht der SSW die Vorschläge der Landesregierung zur Verwaltungsstrukturreform als einen Schritt in die richtige Richtung an.

Ich möchte jetzt auf einige Details der Vorschläge der Landesregierung eingehen, die dem SSW besonders am Herzen liegen.

Von den 21 Finanzämtern mit 3.800 Mitarbeitern werden 17 erhalten bleiben. Wir haben sehr erfreut registriert, dass unsere Bemühungen um den Erhalt des Finanzamtes Leck gefruchtet haben. Das Finanzamt Leck wird nicht geschlossen, sondern es ist sogar zum Hauptsitz für Nordfriesland ernannt worden, wobei die Nebenstelle in Husum ebenfalls erhalten bleibt. Die Diskussion vor Ort schein manchmal ein wenig aus dem Ruder zu laufen. Nichts ändert sich, was die Beschäftigtenzahl angeht.