Jenseits dieser „großen" rechtlichen Fragen der Drogenpolitik gibt es aber noch eine Reihe weiterer Aspekte, die schon in unserem gemeinsamen Antrag angesprochen wurden.
Ein Aspekt, der mir besonders am Herzen liegt, sind die Hilfen für drogengefährdete und -abhängige Kinder und Jugendliche und deren Eltern. Es geht insbesondere hier um die Zusammenarbeit und die Qualifizierung von Drogenhilfe und Jugendhilfe.Zu diesem Punkt formuliert die Regierung ja auch Anforderungen. Es ist richtig, dass die Vernetzung regional und lokal stattfinden muss, wo die praktische Arbeit vor sich geht und wo auch die politische Kompetenz für die Jugendhilfe liegt. Trotzdem hätte ich mir von der Landesregierung hier deutlichere Anreize für die Verzahnung der Hilfen für Kinder und Jugendliche gewünscht, wie sie auch in unseren Anhörungen mehrfach gefordert wurden.
Eine andere Frage, die uns bewegt hat, ist die Situation in den Justizvollzugsanstalten des Landes. Ich kann einsehen, dass es angesichts der Folgeprobleme ein unlösbares Dilemma wäre, den Spritzentausch für Häftlinge anzubieten. Wenn dies nicht geht, dann sollten aber die anderen Möglichkeiten wie die Substitution vollständig ausgereizt werden. Hiergegen stehen aber die Budgets der Anstaltärzte in den JVAs.
Ich könnte noch eine Reihe weiterer Punkte aufzählen, bei denen der Bericht der Landesregierung nicht dem Anspruch gerecht wird, die Handlungsbedürfnisse und Handlungsmöglichkeiten der Drogenpolitik im Sinne einer konzeptionellen Neuentwicklung aufzuzeigen.
Wer in der Drogenpolitik keine Visionen mehr formuliert, der akzeptiert eine bestehende Drogenpolitik, die in vielen Feldern nicht optimal funktioniert und die teilweise unauflösliche Widersprüche enthält. Deshalb hoffe ich, dass wir uns im Ausschuss noch darauf verständigen können, zumindest einige kleine konkrete Schritte auf dem Weg hin zu einer besseren Drogenpolitik zu fordern. - Das wünsche ich mir für unsere Ausschussarbeit.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht. Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung dem Sozialausschuss zur abschließenden Beratung zu überwei
sen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dann ist das einstimmig so beschlossen.
Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes über die Studiengebühren an staatlichen Hochschulen des Landes Schleswig-Holstein (Studiengebührenge- setz - StudienGebG)
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Grundsatzberatung. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Klug.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Studiengebühren für Langzeit-studierende - darum geht es in unserem Gesetzentwurf - haben zwei wesentliche Effekte.
Erstens schaffen sie ein Anreiz, das Studium zügig abzuschließen und sie erhöhen damit natürlich auch die Berufsaussichten der Absolventen.
Zweitens verbessern sie durch die damit verbundenen Einnahmen die Finanzlage der Hochschulen und sie tragen damit zur Schaffung besserer Studienbedingungen bei.
Die FDP-Fraktion versteht ihre erneute Initiative - wir haben diesen Gesetzentwurf schon einmal eingebracht - als Teil eines hochschulpolitischen Aktionsprogramms, das wir im Rahmen der diesjährigen Haushaltsberatungen auch durch höhere Leistungen aus dem Landeshaushalt unterlegen wollen, und zwar - das ist in unseren Haushaltsanträgen nachzulesen - durch eine jährliche Erhöhung der Globalzuweisungen an die schleswig-holsteinischen Hochschulen um 2,2 Millionen €, durch höhere Überlastmittel von jährlich 1,8 Millionen € und durch eine Aufstockung des Sonderfonds für Berufungs- und Bleibeverhandlungen um 1,3 Millionen €. Durch die beantragte Studiengebührenregelung kämen weitere Millionenbeträge hinzu.
Nach den uns vom Statistischen Landesamt kürzlich mitgeteilten Zahlen befanden sich an den staatlichen Hochschulen unseres Landes zuletzt mehr als 4.070 Studierende im 15. oder sogar in einem höheren Fachsemester.
Nach den Erfahrungen anderer Bundesländer bleibt bei Einführung einer Gebühr für Langzeitstudierende ein erheblicher Teil der Langzeitstudenten
immatrikuliert und zahlt die Gebühr. In BadenWürttemberg liegt der Anteil bei 56 %, in Niedersachsen bei etwa 60 %.
Übertragen auf Schleswig-Holstein würde dies für unsere Hochschulen eine Einnahme von jährlich rund 2,4 Millionen € bedeuten, vorausgesetzt, ein ähnlich hoher Anteil wie in Niedersachsen bliebe immatrikuliert. Die Regelstudienzeit, vier weitere Semester und ein Prüfungssemester, sollen nach unserer Vorstellung gebührenfrei bleiben.
Wir halten eine solche Regelung nach wie vor für sinnvoll und angemessen. Sie wäre vergleichsweise rasch umsetzbar und damit schnell wirksam. Ähnliche Bestimmungen gibt es - wie erwähnt - in BadenWürttemberg und Niedersachsen. In Niedersachsen ist dies noch auf Beschluss einer früheren SPDLandtagsmehrheit eingeführt worden.
In Nordrhein-Westfalen hat die rot-grüne Landesregierung kürzlich die Einführung von Studienkonten für Langzeitstudierende beschlossen, verbunden mit einer Strafgebühr von 650 € pro Semester bei Überziehung des Studienkontos. Die Grünen in BadenWürttemberg treten - laut „Spiegel online" vom 13. November - ebenfalls neuerdings für ein Studienkontenmodell auf der Basis von „StudienCredits" ein, die pro Veranstaltung abgebucht werden und bis zu einem bestimmten Umfang gebührenfrei bleiben, dann aber kostenpflichtig sind.
Solche Studienkontenmodelle haben den Nachteil, dass sie einen relativ hohen Verwaltungsaufwand erfordern. Die von uns vorgeschlagene Regelung lässt sich demgegenüber mit vergleichsweise geringem Aufwand mit der üblichen Rückmeldung zum folgenden Semester verbinden.
Die Diskussion über Studiengebühren hat längst auch die SPD erreicht. Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck erklärte kürzlich, das Thema dürfe kein Tabu mehr sein. Sigmar Gabriel aus Niedersachen stößt in das gleiche Horn. In Schleswig-Holstein signalisierte die Ministerpräsidentin Heide Simonis vor einiger Zeit zumindest Bereitschaft zum Nachdenken, aber die SPD-Fraktion hat mehrheitlich wenn auch kein Denkverbot, so doch Handlungsverbot verkündet. Sie erklärt, für sie sei das kein Thema, zumindest nicht bis zum nächsten Wahltermin. Da zeigt sich die alte Erfahrung: Sozialdemokraten erwerben neue Einsichten regelmäßig erst dann, wenn sie vorher den Wählern etwas anderes versprochen und ihnen damit Sand in die Augen gestreut haben. Hinterher sieht es dann anders aus. Vor der Wahl ist nicht nach der Wahl.
Ein erstes Einfallstor zur Erhebung von Studiengebühren wird übrigens auch in dieser Plenartagung geschaffen. Wir beraten ja noch - wenn auch ohne Aussprache - in zweiter Lesung über die Hochschulgesetznovelle, in der zumindest für Masterstudiengänge, die nicht Teil eines konsekutiven Studienganges sind, also mit vorausgehendem Bachelor, die Möglichkeit zur Erhebung von Gebühren eingeführt wird.
Meine Damen und Herren, wir haben in Deutschland mittlerweile die 2-Millionen-Grenze bei den Studenten überschritten. Die Kultusministerkonferenz rechnet für 2011 mit rund 2,4 Millionen Studierenden. Die Nachfrage nach Studienplätzen steigt. Die Länder, von Berlin bis Bayern, kürzen im Hochschulbereich allenthalben, der Bund kürzt auch, 135 Millionen minus bei den Hochschulausgaben des Bundes. Wir haben in Schleswig-Holstein im Vergleich zu den anderen Flächenländern eine Unterfinanzierung in der Größenordnung von über 100 Millionen €.
Es ist in dieser Situation zumindest ein kleiner Beitrag, unter anderem über die von uns vorgeschlagene Studiengebührenregelung für Langzeitstudierende den Hochschulen Entlastung durch zusätzliche Einnahmen zu verschaffen, die es dann auch ermöglichen, die Studienbedingungen zu verbessern und unsere Hochschulen im Wettbewerb mit denen anderer Länder konkurrenzfähig zu halten.
Auch deshalb haben wir gesagt: Es ist Teil unserer Vorschläge zum Haushalt, wir bringen diesen Gesetzentwurf deshalb noch einmal ein.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die FDP hat mit Datum vom 29. Oktober dieses Jahres einen Gesetzentwurf über Studiengebühren vorgelegt. Dieser Entwurf ist vollständig wortgleich mit dem FDP-Gesetzentwurf nur vom 17. Dezember letzten Jahres.
schusses Anfang dieses Jahres mit den Umdrucken 15/3098, 15/3125, 15/3152, 15/3183, 15/3198, 15/3199, 15/3200, 15/3201, 15/3202, 15/3203, 15/3214, 15/3216, 15/3217 und 15/3218.
Gestatten Sie mir trotzdem zwei Anmerkungen. Erstens möchte ich noch einmal deutlich unterstreichen, dass gerade das Instrument der Studiengebühren für Langzeitstudierende das eigentliche Ziel einer vernünftigen Steuerung der Inanspruchnahme hochschulischer Leistungen verfehlt. Das können nur Modelle, die individuell die tatsächliche Inanspruchnahme von Leistungen ver- oder abbuchen. Das könnten Modelle von Studienkonten, die bei zügigem Studienverlauf die Nutzung weiterer Studienangebote ermöglichen würden. Die Entwicklung solcher Modelle, die zu mehr Studiengerechtigkeit und bildungspolitischer Chancengleichheit führen, sind in der Tat die Mühe der Überlegungen wert. Daran soll weiter gearbeitet werden.
Zweite Bemerkung, weil sich der Kollege Klug auch zu dem Thema Wahlversprechen und Ähnlichem geäußert hat. Was von den hehren Worten, die Einnahmen aus Studiengebühren kämen den Hochschulen zugute, zu halten ist, sehen wir gerade am Beispiel des Landes Hessen. Das Land Hessen hat mit Beschluss seines Landtages soeben die Einführung von Langzeitstudiengebühren beschlossen, die übrigens - das werden Sie wissen, Kollege Klug - zum ganz überwiegenden Teil in den allgemeinen Landeshaushalt eingestellt werden. Maximal 10 % sollen den Hochschulen zugute kommen. So viel zum Thema „vor der Wahl und nach der Wahl“.
Wir wollen keine Gebühren, die ihr Ziel verfehlen, wir wollen keine Gebühren, die den Realitäten von Teilzeitstudien an den Hochschulen nicht gerecht werden und schließlich auch den Hochschulen nicht zugute kommen. Dabei bleibt es.
(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW - Wolfgang Kubicki [FDP]: Warten wir es ab! Alles eine Frage der Zeit!)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Und jährlich grüßt das Murmeltier“, könnte man diesen Tagungsordnungspunkt überschreiben.
- Herr Kubicki, was Sie morgen sagen, steht in Ihrer freien Entscheidung. Ich äußere mich zu einem Gesetzentwurf, den Ihre Fraktion hier vorgelegt hat, und das ist in der Tat ein wortgleicher Gesetzentwurf, den wir - glaube ich - schon zweimal hier behandelt haben, einmal am 17. Dezember 2003 und einmal als Gegenstand eines Haushaltsbegleitgesetzes. Es wäre nichts dagegen einzuwenden gewesen, wenn Sie ihn erneut als Gegenstand des Haushaltsbegleitgesetzes eingebracht hätten.
Ich halte es nur auch hinsichtlich der Auswertung der Ergebnisse der Anhörung, die wir durchgeführt haben, für ein bisschen schwierig, auf die eingegangenen Stellungnahmen überhaupt nicht einzugehen. Denn der Grund, weshalb wir kritisch sind, was den Gesetzentwurf der FDP anbelangt, ist mitnichten ideologischer Natur. Wir haben keine ideologischen Schwierigkeiten, was Studiengebühren anbelangt, im Gegenteil, wir sind hier ja selber aktiv geworden und haben allgemeine Studiengebühren gefordert. Ich finde, gerade wenn man einen Gesetzentwurf das zweite Mal einbringt, muss man schon berücksichtigen, was dazu in einer ersten Lesung gesagt wurde.