Protokoll der Sitzung vom 11.12.2003

Weiter: Die Steuereinnahmen sind laut Carstensen seit 1988 bis heute stetig gewachsen. Tatsache ist: Die Steuereinnahmen von 2003 liegen nach der letzten Schätzung bei 5,2 Milliarden €, also unter den Einnahmen von 1998. Als Quelle dieser Zahlen wird überwiegend die Landesregierung Hessen angegeben. Warum kann nicht jemand aus der CDU Ihrem Chef das Statistische Jahrbuch von Schleswig-Holstein schenken? Schließlich will er doch hier Politik machen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SPD - Martin Kayenburg [CDU]: Sagen Sie doch einmal etwas zum Haushalt!)

Man kann seine Wahlkampfreden auf falschen Zahlen aufbauen, für die wirkliche Politik sind Phantasiezahlen aus dem Münchhausenland Hessen ungeeignet.

Wie sagte doch der ex-designierte Wirtschaftsminister der CDU, Herr Driftmann? - Zitat: -

„Über die Regierungsfähigkeit der Opposition habe ich mir noch keine abschließende Meinung gebildet."

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zurufe von der CDU)

Nun folgt ein Exkurs. Dies ist nicht ursprünglicher Bestandteil meiner Rede. Zu den Zahlenkünsten des Herrn Kayenburg muss ich nämlich auch eine Bemerkung machen.

Sie reden von 13.000 Mitarbeitern in der Umweltverwaltung in Schleswig-Holstein.

(Zurufe von der CDU)

Tatsache ist: Es gibt 1.300 Mitarbeiter in der Umweltverwaltung, der Forstverwaltung und der Agrarverwaltung, von denen der größte Teil im Forst- und Agrarbereich tätig ist. Falsche Zahlen, Herr Kayenburg!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Martin Kayenburg [CDU]: 1.300 habe ich gemeint! Ich habe mich versprochen!)

Sie bezeichnen 30 Millionen € im Investitionsprogramm als „lächerlich“ und Sie haben, als Frau Simonis vorhin gesagt hat, dass es bei der Erbschaftsteuer möglich sei, 100 Millionen € zusätzlich zu bekommen, dies ebenfalls als lächerlich bezeichnet. Wer so mit Zahlen umgeht und ausgerechnet Frau Heinold - die übrigens im Gegensatz zu Ihnen in die Liste zur Frau des Jahres aufgenommen worden ist - als „ungezogene Göre“ bezeichnet, dem kann ich nur sagen, Herr Kayenburg: So etwas wäre Frau Heinold nicht passiert.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Lachen bei der CDU - Werner Kalinka [CDU]: Mensch, Karl-Martin!)

Meine Damen und Herren, ich setze mich diesmal gründlicher mit den Vorstellungen der Opposition zur Lage in Schleswig-Holstein und mit ihren Haushaltsanträgen auseinander als gewöhnlich.

(Lachen bei CDU und FDP)

Dies hat einen Grund: Immerhin hat die Opposition mit Verfassungsklage gedroht.

(Zurufe von der CDU: Ja!)

Deswegen ist es wichtig, deutlich zu machen, warum wir den Haushalt so gestaltet haben, wie er jetzt vorliegt, und es ist ebenso wichtig, deutlich zu machen, warum die Vorstellungen der Opposition keine Alternative sind.

Zum Haushalt. Die FDP gibt wieder einmal das Stück „Dinner for One": The same procedure as every year, James Wolfgang. Wie jedes Jahr haben die FDPAbgeordneten jedem, der ihnen Briefe geschrieben hat, Versprechungen gemacht und diese in den Haushalt eingestellt. Und wie jedes Jahr finanziert die FDP dies, indem sie zum x-ten Mal virtuell die Landesbank und die Lotto-Gesellschaft verkauft und die gesetzlichen Sozialabgaben senkt. Zur Bewertung zitiere ich aus einem Kommentar von Michael Legband:

„Der FDP-Fraktionschef im Landtag spricht sich energisch gegen die Kürzung von Weihnachts- und Urlaubsgeld für Beamte aus... Seine Parteifreunde in Baden-Württemberg,

(Karl-Martin Hentschel)

Hessen und Hamburg tragen die dortigen Kürzungen mit. Aus Angst vor der FünfProzent-Klausel und den 2005 anstehenden Landtagswahlen steht bei den Liberalen der Populismus als politisches Kampfmittel im Zentrum...“

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

„Was tischt Kubicki den Schleswig-Holsteinern wohl erst in der heißen Wahlkampfphase auf?"

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Der richtige Kronzeuge!)

Der ehemalige FDP-Landtagsabgeordnete Martin Schumacher hatte Recht. Er nannte Kubicki bei dessen erster Wahl zum Landesvorsitzenden einen „politischen Knallfrosch". Ich finde, das passt.

(Heiterkeit bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Zurufe von der CDU)

Anders diesmal die CDU-Fraktion. Sie hat offensichtlich einen Strategiewechsel vorgenommen. Sie lässt damit ihren eigenen Parteivorsitzenden und ihre Basisabgeordneten im Regen stehen. Deswegen sind sie hier schon verschwunden. Deren Versprechungen finden sich nun nur noch in Form von Pressemitteilungen und in Parteitagsreden, sie finden sich aber nicht mehr im Haushalt wieder.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Einer der Höhepunkte des christdemokratischen Programms ist dieses Jahr die Oper mit dem Namen „Personalausgaben".

Ouvertüre: Carstensen kündigt auf dem Parteitag an, kurzfristig 2.000 Stellen in der Landesverwaltung zu streichen, um damit 100 Millionen € einzusparen.

Erster Akt: Auf Rückfrage von Frau Heinold im Finanzausschuss erklärt Herr Wiegard, „kurzfristig" sei bis 2006.

Zweiter Akt: Bei der Vorlage der Änderungsanträge der CDU erklärt Herr Wiegard, die Einsparung erfolge bis 2010.

Dritter Akt: In den Haushaltsanträgen kommen Personaleinsparungen von nur noch 9 Millionen € vor, zugleich Aufstockungen um 5 Millionen €. Ergebnis: Die CDU spart genau 4 Millionen € beim Personal. Das sind 0,16 % der Personalkosten des Landes.

(Holger Astrup [SPD]: Immerhin! - Martin Kayenburg [CDU]: Beantragen Sie das doch! - Weitere Zurufe von der CDU)

Resümee: In Nordfriesland startete ein Adler zum Flug über das Meer und Schleswig-Holstein und landete in Kiel als Mücke in einer Pfütze vorm Landeshaus.

(Heiterkeit und Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Zum Vergleich: Die Landesregierung überrollt die Personalkosten der Ministerien und Landesverwaltungen. Dies ist eine reale Kürzung um 2 %. Zusätzlich spart sie 35 Millionen € durch die Kürzung von Weihnachts- und Urlaubsgeld. Zusammen sind das 3 % Einsparungen bei den Personalausgaben, das Zwanzigfache dessen, was die CDU versprochen hat. Also, Herr Carstensen: Versprochen - gebrochen.

Ach ja: Hatte die CDU nicht gegen die Kürzungen bei Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld bei den Beamten gestimmt? Dann hätte sie dafür doch auch Mittel in den Haushalt einstellen müssen. Sie hat aber - anders als die ehrliche FDP; immerhin - diese 35 Millionen € nicht eingestellt. Das nennt man Populismus zum Nulltarif.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Wechseln wir nun von der Oper zur Operette. Dort spielt zurzeit das christdemokratische Stück mit dem Namen „Lehrerstellen“.

Ouvertüre: Die CDU verspricht 1.000 neue Lehrerinnen und Lehrer.

Erster Akt: Die CDU rechnet davon 400 heraus, weil diese von Rot-Grün ja bereits vorgesehen sind.

Zweiter Akt: Die CDU erklärt, dass sie 300 Stellen aus dem Bestand erwirtschaften will. Wie, das sagt sie nicht. Will sie etwa die Lehrerarbeitszeit erhöhen? Gesagt hat sie nichts. Ist das geheim?

Dritter Akt: Die restlichen 300 Lehrerinnen und Lehrer werden auf zwei Jahre verteilt und jeweils erst im Sommer eingestellt.

Rauschendes Finale: Die CDU würde in 2004, im kommenden Haushalt, tatsächlich nur 75 Lehrerinnen- und Lehrerstellen finanzieren.

Herr Wiegard, so etwas nenne ich Wahlkampf, aber keine Bildungspolitik.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

(Karl-Martin Hentschel)

Kommen wir zu weiteren interessanten Haushaltsanträgen der CDU.

Die CDU fordert bundesweit einheitliche Bildungsstandards. In Schleswig-Holstein streicht sie die Mittel für die in der Kultusministerkonferenz vereinbarten Modellversuche und verzichtet dabei sogar auf 2,1 Millionen € Bundesmittel. Also: Versprochen - gebrochen.