Protokoll der Sitzung vom 12.12.2003

Ich erteile der Frau Abgeordneten Spoorendonk das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der SSW versteht den Antrag der Regierungsfraktionen zu den Europaschulen als eine Anregung, dass sich der Landtag einmal mit diesen besonderen Schulen beschäftigt. Man kann auch sagen, wir verstehen ihn als eine Anerkennung der geleisteten Arbeit.

Man könnte natürlich auch anführen, dass der Antrag zu unverbindlich ist, weil er weder konkrete Ziele noch einen Zeithorizont vorgibt. Aber das wäre zu negativ, denke ich.

Ich finde es aber schade, dass der Antrag keine konkreteren Vorgaben macht. Denn im Europaausschuss haben wir die sehr engagierte Arbeit einiger Europaschulen kennen gelernt. Auch die Europaklasse, die in Niebüll beziehungsweise Tondern jeden Tag aufs Neue das lebendige Europa lebt, gehört sicherlich zu den positiven Beispielen, auf die der Antrag letztlich abzielt.

(Beifall beim SSW)

Dort zeigt sich nämlich, dass aus einer starken regionalen Verwurzelung heraus ein viel versprechendes Projekt erwachsen kann.

Der Schulverband „Europaschule" hat sich dem hehren Ziel verschrieben, jungen Menschen die Vielfalt Europas nahe zu bringen. Wenn Grenzen immer durchlässiger werden, ist es besonders wichtig, dass junge Menschen Leben und Arbeiten in Europa als eine unter vielen Optionen begreifen.

(Anke Spoorendonk)

Die Europaschulen wollen den Horizont öffnen und die Schüler motivieren, die Vielfältigkeit Europas selbst zu erleben. Das alles findet die uneingeschränkte Unterstützung des SSW.

Einschränken möchte ich aber, dass nicht alle 21 Schulen in Schleswig-Holstein die hohen Kriterien einer Europaschule gleich gut erfüllen; vielleicht haben sie nicht alle die Ressourcen dafür. Den Berichten einiger Schülervertretungen entnahmen wir zum Beispiel bei der Anhörung im Europaausschuss, dass bei ihnen bis auf einen Festvortrag anlässlich des Europatages keine weiteren Aktivitäten entfaltet werden.

Wer „Europaschule“ lediglich als Etikett versteht, das man ohne große Umstände einer Schule verpassen kann, der schadet dem Gedanken in erheblicher Weise. Ich glaube, das muss man so klar sagen. Daher legt der SSW besonders Wert darauf, die bislang bestehenden Europaschulen im Lande noch stärker zu unterstützen und noch besser zu vernetzen.

Leider leben wir aber in wirtschaftlich schwierigen Zeiten; wir wissen dies. Wir müssen uns aber vor diesem Hintergrund mit dem Verhältnis von normalen Schulen und Europaschulen befassen. Damit meine ich, die Verpflichtung internationaler Erziehung sollte sich nicht nur auf Europaschulen beschränken. Sonst haben wir ganz schnell ein Zwei-Klassen-System: Schulen mit vielen internationalen Kontakten, die ihren Schülern einen optimalen Start ermöglichen, und all die anderen. Das lehnen wir ab.

Europaschule darf auch nicht heißen, das Thema Europa auf den normalen Lehrplan einfach draufzusatteln. So wird auf keinen Fall ein Schuh draus. Die Kurt-Tucholsky-Schule in Flensburg macht dagegen vor, wie es gehen sollte. Statt den Fächern Erdkunde und Wirtschaft bietet diese Europaschule das Fach „Weltkunde" als integrierte Lerneinheit an. So stelle ich mir die konkrete Arbeit einer Europaschule vorbildlich vor.

Die Vermittlung von Fremdsprachen durch Muttersprachler beziehungsweise Fremdsprachenassistenten ist ein weiterer Punkt, der von entscheidender Bedeutung ist. Auch damit hat sich der Europaausschuss mehrfach beschäftigt.

Zum Schluss möchte ich auf ein besonderes Anliegen des SSW hinweisen, nämlich auf die Partnerschaft mit unseren nördlichen Nachbarländern. Wenn die Homepage der Europaschulen mit der Seite des deutsch-amerikanischen Schüleraustausches verlinkt ist, finde ich das sehr gut. Ich wünsche mir aber, dass sich auch die Zusammenarbeit mit den Europaschulen

der skandinavischen Länder in diesen Links wiederfindet.

Das soll heißen: Wenn man das Sprichwort „Das Gute liegt so nah" ernst nimmt, dann muss man auch versuchen, die Nachbarn kennen zu lernen. Denn sonst verpasst man einiges und das wollen wir nicht.

Es soll aber auch heißen, dass für uns das Modell Niebüll-Tondern immer noch das beste Beispiel für ein gelebtes Europa ist.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mir liegen noch zwei Wortmeldungen zu Kurzbeiträgen nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung vor. Zunächst spricht Herr Abgeordneter Eichelberg.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es gut, dass dieses Thema heute angesprochen wird, obwohl es nicht ein Bereich ist, in dem ich mich betätige. Aber ich erlebe es hautnah zu Hause, wie wichtig es ist, die Europaschulen in ihrem Gedanken zu fördern.

(Beifall bei der CDU)

Mit meiner Familie habe ich es selber erlebt, wie es ist, wenn man im Ausland unterwegs ist und wie die Kinder diese Informationen der unterschiedlichen Kulturen aufnehmen und umsetzen. Das ist besser als jeder Geschichtsunterricht. Freies Erleben anderer Völker verhindert Kriege in bester Form; das wurde hier auch schon deutlich gesagt.

(Beifall bei CDU und FDP)

Aber, meine Damen und Herren, wir diskutieren den Gedanken häufig zu abstrakt. Ideelle Unterstützung gibt jeder. Aber ohne materielle Unterstützung kann es nichts werden. Wir wissen alle, wie knapp die Töpfe sind. Wir wissen, wie teuer es ist, diesen Austausch zu unterhalten. Unsere Kommune gibt einiges dazu.

Aber die Kinder, die hierher kommen, erwarten ein Programm. Wir laden Kinder ein und insbesondere die Kinder aus Ostländern haben noch nicht einmal Taschengeld. Es muss also alles unterstützt werden.

Da kommt zu dem Idealismus derjenigen, die die Europaschulen unterstützen, noch in erheblichem Umfang eigenes Geld dazu. Das kann es eigentlich nicht sein. Ich weiß, dass wir wenig Geld im Land haben. Aber vielleicht sollte man diesem Gedanken,

(Uwe Eichelberg)

von dem wir so viel halten, doch mehr Priorität gegenüber anderen Töpfen zukommen lassen.

Ich fordere uns gemeinsam auf, auch mehr Initiative gegenüber Brüssel zu zeigen, damit etwas mehr Geld in die Schulen kommt - viel wird ja nicht verlangt, aber eine gewisse Unterstützung -, damit von denjenigen, die mit Idealismus darangehen, nicht auch noch das eigene Geld jedes Mal in großem Umfang mit beansprucht wird. Das kann es nicht sein.

Der gute Gedanke und die von uns gewünschte Unterstützung sollte mit unserer Unterstützung gepaart sein, indem wir sagen: Wir ergreifen eine Initiative. Es wird so viel europäisches Geld auch für - in meinen Augen - sinnlose Sachen ausgegeben, wir sollten diese positiven Sachen unterstützen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Zu einem weiteren Wortbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Ritzek das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! 21 Europaschulen verglichen mit unseren circa 1.100 Schulen in Schleswig-Holstein sind zwar ein relativ kleiner Prozentsatz, aber bezogen auf die infrage kommenden Schulen - Gymnasien, Realschulen, Berufsschulen und vielleicht auch Hauptschulen - ist die Relation deutlich besser.

Ich möchte aber auf einen anderen Punkt hinweisen. Dass die 21 Europaschulen unterstützt werden müssen, ist gar keine Frage. Aber die originäre Initiative, Europaschule zu werden, muss von den Schulen selbst ausgehen. Es kann nicht sein - das ist hier auch nicht gesagt worden -, dass wir eine Schule dekorieren und auszeichnen als Europaschule, ohne den Nachweis erbracht zu haben, dass sie auch Europaschule sein kann.

Was kann eine Schule, die Europaschule werden möchte, tun oder was muss sie tun? Das kostet nicht unbedingt viel Geld. Es gibt unterrichtsbegleitende europäische Projekte, an denen sich eine Schule beteiligen kann. Es gibt europäische Wettbewerbe wie zum Beispiel die Chemie-Olympiade, die Mathematik-Olympiade, die vielleicht nicht jedes Jahr aufgelegt werden, aber die immer wiederkommen, an denen sich eine Schule beteiligen kann.

Es gibt die Möglichkeit - das kostet sicherlich auch Opfer der Eltern, sofern es machbar ist -, Firmen- oder Ausbildungspraktika im Ausland zu absolvieren,

vielleicht im Wechsel mit Schülerinnen und Schülern aus den anderen Ländern, die dann zu diesen Eltern kommen. Es gibt die Möglichkeit, in den Schulen mit Eigeninitiative möglichst früh mit einer dritten oder vierten Fremdsprache zu beginnen.

Es gibt die Notwendigkeit, den europäischen Gedanken, die europäischen Initiativen in den Schulen wirklich nachhaltig, das heißt langfristig anzugehen und nicht nur durch irgendein Programm, das dann wieder in die Schublade gelegt wird, sondern langfristig, um den Nachweis zu erbringen, dass man sich dem europäischen Gedanken öffnet und ihn beibehalten wird. Ich möchte betonen, dass die Schulen von sich aus den Nachweis erbringen müssen, um nachher das Zertifikat, Europaschule zu sein, zu erhalten.

Es ist nicht immer das große Geld, das notwendig ist; sicherlich ist es immer herzlich willkommen. Aber wie wäre es denn, wenn wir den Europaschulen einfach einmal einige Europaflaggen kostenlos übergeben?

(Beifall des Abgeordneten Werner Kalinka [CDU])

Wie wäre es, wenn wir ihnen einmal Europakarten kostenlos übergeben? Das sind auch Wünsche der Europaschulen. Ein dritter Wunsch der Europaschulen ist, dass sich die Abgeordneten, insbesondere diejenigen, die etwas mit Europapolitik zu tun haben, häufiger und regelmäßiger in den Europaschulen zu Gesprächen und Diskussionen einfinden.

(Beifall)

Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung hat Frau Abgeordnete Heinold das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Ritzek, ich begrüße ausdrücklich, was Sie eben gesagt haben, gerade auch, weil Sie noch einmal Möglichkeiten aufgezeigt haben, was wir als Abgeordnete machen können, um diese Schulen zu unterstützen.

Herr Eichelberg, vielleicht habe ich Ihren Beitrag falsch verstanden. Gerade nach der gestrigen Debatte über die Frage der Erhöhung der Verschuldung müssen wir sehr kreativ überlegen, wie die Schulen gefördert werden können zusätzlich zu dem, was das Land macht. Es wäre falsch, private Leistungen in dem Bereich generell als unzumutbar zu betiteln.

(Monika Heinold)

Richtig ist aber Ihr zweiter Gedanke - das ist mit Sicherheit auch eine Anregung für die Landesregierung -, sich nämlich dafür einzusetzen, die Fördermittel, die wir innerhalb Europas haben - und das sind ja Milliarden -, so zu konstruieren, dass sie auch geeignet sind, Schüleraustauschprogramme und Kommunikation unter den Schulen miteinander zu verbinden. Dann sind wir mit Sicherheit auf dem richtigen Weg.

(Beifall)

Ich erteile der Frau Ministerin Erdsiek-Rave das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass der Landtag die Aktivitäten der Europaschulen so intensiv zur Kenntnis nimmt. Vor einem Monat wurde die 21. Schule in SchleswigHolstein Europaschule; das war das Gymnasium in Marne. In der „Dithmarscher Landeszeitung“ hieß es in dem Bericht dazu: