Protokoll der Sitzung vom 12.12.2003

(Beifall der Abgeordneten Ursula Kähler [SPD])

Ich glaube, wir sind sehr gut am Ball. Herr Schlie, Sie haben gesagt: Wir machen das schon 2005. - Das mag ja sein, aber ich weiß nicht, wo Sie es machen. Hier machen wir es weiter.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Die Debatte hat gezeigt, dass weiterhin Diskussionsbedarf besteht. Ich gehe deshalb davon aus, dass die Ausschussüberweisung an den Innen- und Rechtsausschuss zur abschließenden Beratung beantragt wird.

Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 27 auf.

Bericht über den Stand und die Entwicklung des Programms „Zukunft auf dem Land (ZAL)“

Landtagsbeschluss vom 18. Juni 2003 Drucksache 15/2719

Bericht der Landesregierung Drucksache 15/2881

Das Wort erteile ich Herrn Innenminister Buß.

(Klaus Schlie [CDU]: Dauerredner!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich konzentriere meine Ausführungen zum umfassenden Bericht auf die wesentlichen Eckpunkte.

(Beifall bei der CDU - Hans-Jörn Arp [CDU]: Sehr gut!)

Mit der Umsetzung der EU-Verordnung zur Entwicklung des ländlichen Raumes durch das Programm „Zukunft auf dem Land“ - abgekürzt: ZAL - nutzt die Landesregierung die mit den Beschlüssen zur Agen

da 2000 geschaffenen Möglichkeiten zur Weiterentwicklung des ländlichen Raumes in vollem Umfang.

ZAL hat drei Förderbereiche, nämlich erstens die Verbesserung der Produktionsstruktur in der Agrar- und Ernährungswirtschaft, zweitens die umfassende Förderung der ländlichen Entwicklung sowie drittens die Förderung von Agrar-, Umwelt- und Ausgleichsmaßnahmen sowie die forstwirtschaftliche Förderung.

Mit zwei Dritteln der EU-Mittel liegt der Schwerpunkt im Bereich der Förderung der ländlichen Entwicklung. Mit über 900 Gemeinden in LSEVerfahren wird die Entwicklung der ländlichen Räume entscheidend vorangetrieben. Für die obligatorische gemeindeübergreifende Projektentwicklung ist eine neue Kooperationskultur im Land entstanden. Mit Priorität werden innovative Projekte und Maßnahmen gefördert, die Arbeitsplätze schaffen und erhalten sowie die Grundversorgung und Lebensqualität im ländlichen Raum sichern und verbessern.

(Beifall der Abgeordneten Jutta Schümann [SPD] und Lars Harms [SSW])

Allein mit den seit 2000 bis heute beschlossenen Leitprojekten aus LSE-Verfahren wurden 440 Arbeitsplätze im ländlichen Raum geschaffen und gesichert.

Das Investitionsvolumen von über 60 Millionen € hat für die heimische Bauwirtschaft ein Beschäftigungsvolumen von rund 1.600 Arbeitsplätzen.

(Vereinzelter Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Neben den EU-Mitteln wurden dafür 3,6 Millionen € GA- und Landesmittel eingesetzt. In den Programmjahren 2000 bis 2002 wurden bisher insgesamt zirka 184 Millionen € öffentliche Ausgaben von EU, Bund, Land und Kommunen getätigt. Hiervon waren rund 76 Millionen € EU-Mittel. Für die Programmjahre 2003 bis 2006 stehen weitere rund 163 Millionen € EU-Mittel bereit.

(Günter Neugebauer [SPD]: Das ist eine Er- folgsstory!)

- Das ist in der Tat eine Erfolgsstory. - Vor allem im Bereich der investiven Förderung sind die Mittel für die kleinen und mittleren Unternehmen der Bauwirtschaft von großer Bedeutung. Der Großteil der Aufträge wird nämlich durch sie umgesetzt.

Da es sich bei den Maßnahmen des Entwicklungsplanes überwiegend um Maßnahmen der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) handelt und zudem bei dem finanziell stark ausgerichteten Förderschwerpunkt

(Minister Klaus Buß)

ländliche Entwicklung viele Maßnahmen in kommunaler Trägerschaft liegen, bilden die GAK-Mittel und die kommunalen Mittel einen wesentlichen Anteil an der Komplementärfinanzierung der EU-Mittel. Seit der Programmgenehmigung im September 2000 wurden neben den Anpassungen des indikativen Finanzplanes an die tatsächlichen Möglichkeiten und Bedürfnisse der Fördermaßnahmen auch neue Maßnahmen implementiert: 2001 die Initiative Biomasse und Energie, in Reaktion auf die Hochwasserschäden im Sommer 2002 die Förderung des Hochwasserschutzes sowie in diesem Jahr die nationalen Modulationsmaßnahmen. Das zeigt die Flexibilität des Programms.

(Beifall der Abgeordneten Jutta Schümann [SPD])

Im Bericht werden die einzelnen Förderschwerpunkte anhand Ihrer Maßnahmen kurz beschrieben, die maßnahmespezifischen Ziele und Strategien erläutert und deren Ergebnisse dargestellt. Soweit möglich wird auf Weiterentwicklungen der Maßnahmen eingegangen.

Zurzeit wird von externen Bewertern eine Zwischenevaluierung durchgeführt, die der Kommission Ende des Jahres vorgelegt werden wird. Dort werden spezifische Fragen zu dem Entwicklungsplan sowie allgemeine Bewertungsfragen behandelt, die auf Gemeinschaftsebene von Bedeutung sind. Es werden die wesentlichen Aspekte der Förderung im Hinblick auf Relevanz, Wirksamkeit, Effizienz, Nutzen und Nachhaltigkeit der geförderten Maßnahmen in Abhängigkeit vom Stand der Programmdurchführung beurteilt.

Neben den Einflüssen der Zwischenevaluierung auf das Programm werden auch die EU-Ratsbeschlüsse zum Mid-term Review Auswirkungen auf die Programmgestaltung haben. Zum einen wird das Spektrum förderfähiger Maßnahmen insgesamt noch einmal erweitert. Das heißt verbesserte Förderung integrierter Entwicklungsstrategien, Tierschutz, Lebensmittelqualität, Förderung der Einhaltung von EUStandards.

Zum anderen - das ist ganz wichtig - wird im Jahr 2005 die Modulation in allen Mitgliedstaaten obligatorisch eingeführt. Besonders hervorzuheben ist in dem Zusammenhang, dass die einbehaltenen Mittel dann grundsätzlich für alle - ich betone: für alle - Maßnahmen der ländlichen Entwicklung - nicht nur Agrar- und Umweltmaßnahmen - eingesetzt werden können. Das gibt uns noch mehr Flexibilität auf der Ausgabenseite.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Bericht gibt einen umfassenden Überblick über den Stand und die weiteren Entwicklungsperspektiven des Programms „ZAL“. Ich greife gern noch einmal den Zwischenruf von Herrn Neugebauer auf: Ja, das ist in der Tat eine Erfolgsstory für unser Land Schleswig-Holstein. Es hat die ländlichen Räume entwickelt und genau auf diesem Weg werden wir fortfahren.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Feddersen.

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Uns liegt der Bericht über den Stand der Entwicklung des Programms „Zukunft auf dem Land“ vor. Allen in der Verwaltung, die an diesem Bericht mitgearbeitet haben, gilt unser herzlicher Dank.

(Beifall)

Unbestritten sind viele „ZAL“-Projekte für unser Land förderlich und werden auch von der CDU positiv bewertet. Viele CDU-Bürgermeister und Gemeinderatsmitglieder haben sich an der Umsetzung von Projekten des „ZAL“-Programms beteiligt. Es ist jedoch nicht Aufgabe der Opposition, die Landesregierung zu loben,

(Minister Klaus Buß: Ist aber nicht verbo- ten!)

sondern den Finger in die Wunde zu legen, auf Fehlentwicklungen aufmerksam zu machen und sie zu kritisieren.

Dem Bericht ist zu entnehmen, dass derzeit eine Halbzeitbilanz des Programms vorgenommen wird und zum 31. Dezember 2003 der EU vorzulegen ist. Erst nachdem diese von der Kommission angenommen ist, werden wir auf einer verlässlichen Grundlage erneut über das „ZAL“-Programm diskutieren können. Dann ist es jedoch zum Umsteuern schon fast zu spät.

Wir sehen schon jetzt die Notwendigkeit, das „ZAL“Programm anders auszurichten. Nur Programme zu entwickeln, um möglichst viele EU-Mittel zu binden, ist nicht der erfolgreichste Weg. So manches Projekt vermittelt den Eindruck, dass es mit heißer Nadel genäht worden ist. Einige notleidende oder gar gescheiterte Projekte sind dafür der Beleg.

(Jürgen Feddersen)

Darüber hinaus bleibt abzuwarten, ob alle Konzepte tragfähig sind oder dauerhaft subventioniert werden müssen. Auf die in einigen Fällen mit öffentlichen Mitteln geschaffene Konkurrenzsituation haben wir schon vor einiger Zeit aufmerksam gemacht. Auch dies ist kein Ruhmesblatt der Landesregierung.

Für die CDU ist und bleibt angesichts der hohen Arbeitslosigkeit der Erhalt vorhandener und die Schaffung neuer Arbeitsplätze das wichtigste Ziel in diesem Programm.

(Beifall bei der CDU)

Angesichts der Lage alles so weiter laufen zu lassen wie bisher, nenne ich schlichtweg verantwortungslos. Einige Zahlen im Bericht geben Hinweise auf den zweifelhaften Erfolg des Programms bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.

Die Leitprojekte im Rahmen der integrierten ländlichen Entwicklung haben ein Gesamtvolumen von 63 Millionen €. Damit wurden 443 Arbeitsplätze direkt geschaffen oder gesichert - so der Bericht. Das heißt: Jeder Arbeitsplatz hat rund 142.000 € gekostet. Zum Vergleich: In der Wirtschaft kostet ein Arbeitsplatz nach meinen Informationen rund 100.000 €.

Insgesamt betrachtet ist aus dem Programm mit Blick auf die Schaffung von Arbeitsplätzen zu wenig gemacht worden. Die jüngsten Äußerungen des Wirtschaftsministers bestätigen meine Auffassung. Ich gebe Minister Rohwer Recht: Die Programme müssen deutlich gestrafft und die Maßnahmen in ihrer Effektivität und Effizienz bewertet werden.

Weder die naturnahe Entwicklung von Fließgewässern noch der Grunderwerb zum Zwecke des Naturschutzes werden nachhaltig neue Arbeitsplätze schaffen - so wünschenswert manche Maßnahmen auch sind. Ich glaube nicht, dass die Schaffung von Trockenrasen den Arbeitsmarkt in Schleswig-Holstein sichtbar beeinflussen wird.