Protokoll der Sitzung vom 22.01.2004

Zweitens, weil die Haushalte der Landesregierung immer kürzere Haltbarkeitsfristen haben. Die Finanzpolitik der Landesregierung wird nicht dadurch besser, dass ein schlechter Haushalt für längere Zeit beschlossen wird.

Drittens halten wir den Doppelhaushalt für falsch, weil der Vermittlungsausschuss im Dezember über viele Gesetze gleichzeitig verhandelt hat.

Die Bundesregierung sprach vom größten Reformpaket der Republik und glaubt immer noch, damit den Reformbedarf bis 2010 abgedeckt zu haben - mit Ausnahme des Bereichs Innovationen, mit Ausnahme des Bereiches Bildung, mit Ausnahme der Bereiche Steuern, Rente, Gesundheit, Wachstum, Arbeit und LKW-Maut.

(Beifall bei FDP und CDU)

Hierdurch war nicht die notwendige Rechts- und Planungssicherheit gegeben, um die Einnahmen und Ausgaben des Landes für zwei Jahre in ein Gesetz zu gießen. Denn je unsicherer die Aussichten, desto kürzer sollte der Horizont für konkrete, operative Pläne sein.

Um genau diesen dritten Grund geht es heute. Herr Minister Stegner, ich danke Ihnen ausdrücklich, dass Sie unseren Antrag in vorauseilendem Gehorsam vor Beschluss erfüllt haben - selbstverständlich um der Sache willen, wie man wieder gehört hat. Danke für diese Überfüllung Ihres Plansolls; es hat uns die Arbeit natürlich erleichtert.

Für den Haushalt erwarten Sie 2004 eine Entlastung von 119 Millionen €. Gemessen an den Nachtragshaushalten 2002 - Sie erinnern sich: Ausweitung von Einnahmen und Ausgaben um 26 Millionen € - und 2003 - erst einmal 24 Millionen € und dann 123 Millionen € - könnte dieser Entlastungsbetrag bereits einen Nachtragshaushalt rechtfertigen. Entspannen Sie sich. Wir fordern diesen jetzt nicht. Es wäre aber schön, wenn Sie heute erklärten, dass Sie

(Dr. Heiner Garg)

einen tatsächlich auftretenden Entlastungsbetrag einsetzen werden, um die geplante Neuverschuldung zu verringern.

Für 2005 bestätigt der Bericht genau das, was ich eben angesprochen habe. Die Planungsgrundlagen werden erstens wegen der konjunkturellen Aussichten noch unsicherer. Wenn die Aufwertung des Euros anhält, könnte der bisher einzige Konjunkturmotor, der Export, Aussetzer bekommen und den bisher erhofften leichten Aufschwung merklich abschwächen. Die inländische Nachfrage zeigt nach wie vor leider keine großen Tendenzen zum Aufbruch. Herr Minister Stegner, für beides kann die Landesregierung wenig. Eigentlich kann sie gar nichts dafür. Diese Unsicherheiten waren Ihnen aber auch schon Ende letzten Jahres bekannt.

Zweitens werden die Planungsgrundlagen unsicherer, weil die nicht steuerlichen Wirkungen von Hartz IV nicht belastbar geschätzt werden können. Laut Bericht wird dies unter anderem die Ausgaben für Wohngeld, Sozialhilfe und die Ausgaben für Asylbewerber wesentlich verändern. Knapp 551 Millionen € ist die Summe der hierfür veranschlagten Ausgaben. Das entspricht knapp 7 % der Nettoausgaben. Dies ist nach dem Bekenntnis aller Fraktionen erheblich mehr als die für politische Zwecke verfügbare freie Finanzspitze im Haushalt. Selbstverständlich wird nur ein Teil dieser Summe betroffen sein, aber nach Ihrem eigenen Bericht, Herr Finanzminister, handelt es sich eben nicht um die berühmten Peanuts.

Die Kommunen werden deutlich besser gestellt. Es war richtig, die Gewerbesteuerumlage wieder auf ein vertretbares Maß zurückzuführen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Das heißt nicht, dass es ihnen schon gut geht. Es geht ihnen auf jeden Fall aber besser als bei dem wirtschaftsfeindlichen Gewerbesteuerkonzept dieser Landesregierung. Ich hoffe im Übrigen, dass sich der Bundeskanzler an sein Versprechen erinnert, die Kosten für die Sozialhilfe arbeitsfähiger Langzeitarbeitsloser auch tatsächlich zu übernehmen. Ich hoffe, dass die Kommunen in Zukunft nicht doch auf diesen Kosten sitzen bleiben.

Insgesamt bestätigt der Bericht unsere Befürchtungen zum Landeshaushalt und rechtfertigt auch im Nachhinein selbstverständlich unsere Anträge, auf einen Doppelhaushalt zu verzichten und den Haushalt erst in dieser Tagung zu verabschieden.

Zum Schluss eine Frage an Sie, Herr Finanzminister, zur Steuerentlastung. Für dieses Jahr ist die dritte

Stufe der Steuerreform nur halb vorgezogen worden. Sie hatten die ganze Reform eingeplant, deshalb nehmen Sie in 2004 auch mehr ein. Im Jahr 2005 tritt die dritte Stufe der Steuerreform ganz in Kraft. Angeblich sollen die Menschen in Deutschland um 6,5 Milliarden € entlastet werden. Nun müssen Sie mir erklären, woher diese Entlastung noch kommen soll, wenn Sie gleichzeitig Mehreinnahmen - beispielsweise aus der Einkommensteuer - veranschlagen. Sie hätten zumindest dazu sagen müssen, dass das, was Sie als Subventionsabbau für die Bürgerinnen und Bürger hier so nett umschrieben haben, natürlich nichts anderes heißt, als dass Sie das, was Sie den Bürgern in die eine Tasche hineinstecken, ihnen aus der anderen Tasche wieder herausnehmen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Neugebauer das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dr. Garg, bei allem Respekt als Kollege: Ich finde, es ist eine Frechheit, den Finanzminister des Landes Schleswig-Holstein mit einem angeblichen Fernsehstar in einen Topf zu werfen und zu vergleichen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Kollege Astrup hat Recht, wenn er rät, Sie dann auch mit Susan Stahnke zu vergleichen, was ich nicht tun will.

(Zurufe von der CDU)

Diese Entgleisung - und so will ich das benennen - zeigt - -

(Zuruf des Abgeordneten Klaus Schlie [CDU])

- Herr Schlie, man kann sich auch auf einem anderen Niveau argumentativ miteinander auseinander setzen.

(Klaus Schlie [CDU]: Das hätte ich Ihnen gar nicht zugetraut!)

Diese Entgleisung zeigt, dass Sie noch nicht richtig mit dem Ergebnis des Vermittlungsausschusses umgehen können, denn wenn man es bei Licht besieht, haben sich die Hardliner von CDU und FDP nicht durchsetzen können, Herr Maurus. Richtig ist: Das, was der Vermittlungsausschuss am 19. Dezember des letzten Jahres im Ergebnis vorzeigen konnte, ist ein

(Günter Neugebauer)

Erfolg der Reformpolitik der Bundesregierung. Der Finanzminister hat es eben gesagt: Der Erfolg wäre noch größer gewesen, wenn die CDU - und an ihrer Seite auch die FDP - den Bundesrat als Vertretung der Länder nicht für ihre parteipolitischen Mätzchen missbraucht hätte.

Das Ergebnis des Vermittlungsausschusses ist von Nutzen für die Menschen in diesem Lande, weil es die notwendigen Reformen auf dem Gebiet des Steuerrechts und des Arbeitsrechts voranbringt. Ich will hier feststellen: Im Kern hat sich die CDU nicht durchsetzen können. Deshalb will ich in Erinnerung rufen, was Sie wollten und was Sie auch im Rahmen der Haushaltsdebatte im Dezember letzen Jahres angekündigt haben: Sie haben sich nicht mit der Verhinderung des Vorziehens der Steuerreform durchsetzen können. Sie haben sich mit der Schleifung der Tarifautonomie nicht durchsetzen können. Sie haben sich nicht mit Ihrer beabsichtigten Verhinderung des Subventionsabbaus durchsetzen können.

(Heinz Maurus [CDU]: Wollen Sie auch noch etwas zum Thema sagen?)

- Ja, ich komme dazu. Wenn Sie mich jetzt nicht unterbrochen hätten, wäre ich schon drei Sätze weiter.

(Lachen bei der CDU)

Ich denke, es ist im Interesse der Kommunen dieses Landes, dass Sie sich nicht mit Ihrer Absicht haben durchsetzen können, die Gewerbesteuer in toto abzuschaffen.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Sie haben sich mit Ihren Absichten auch nicht durchsetzen kön- nen!)

- Das ist völlig richtig, Herr Kollege Dr. Garg. Ohne die Blockadepolitik von CDU und FDP im Bundesrat und dann auch im Vermittlungsausschuss wäre die Steuerreform 2005 in der Tat in toto auf den Beginn dieses Jahres vorgezogen worden. Darüber hätten sich nicht nur die Unternehmen, sondern auch die Menschen - die Steuerzahler - im Land gefreut.

(Beifall bei der SPD)

Ohne Ihre Blockadepolitik hätten sich auch die Finanzen unserer Kommunen besser entwickelt. Es ist Ihnen als Partei des freien Wettbewerbs leider gelungen, Ihre Klientel der freien Berufe aus der Gemeindewirtschaftssteuer herauszunehmen.

(Zuruf des Abgeordneten Peter Lehnert [CDU])

Ich werde jetzt zynisch und sage, herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Erfolg, aber ich denke, wir haben zu

Recht viel Zustimmung von den Handwerkern im Lande Schleswig-Holstein bekommen, die nicht einsehen, dass sie zur Gewerbesteuer herangezogen werden, während sich andere - personell und vom Umsatzvolumen weitaus größere Einrichtungen der Freiberufler - dank Ihrer Hilfe weiterhin dieser steuerlichen Verpflichtung entziehen können.

Wenn es Ihre Blockadepolitik nicht gegeben hätte, wäre auch der Subventionsabbau stärker durchsetzbar gewesen, als er jetzt in Kraft getreten ist. Es hilft aber nichts, wir wollen den Kompromiss nicht zerreden. Wir stehen zu diesem Kompromiss, weil er immer noch besser gewesen ist als ein Scheitern der Verhandlungen von Bundesrat und Bundestag.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

- Vielen Dank. Herr Kollege Astrup, ich hätte mir eigentlich etwas mehr Beifall gewünscht.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun kommen wir zu den von Herrn Maurus gewünschten tatsächlichen Auswirkungen auf den Haushalt des Landes Schleswig-Holstein.

(Lachen bei der CDU)

Die Zahlen kennen wir; ich will mir eine Wiederholung sparen. Kollege Maurus, nur ein Hinweis: Um an diese Zahlen heranzukommen, hätte eine Nachfrage im Finanzausschuss oder vielleicht eine Kleine Anfrage an die Regierung durch den Kollegen Kalinka gereicht. Dass wir uns nun eine halbe Stunde mit dieser Thematik auseinander setzen müssen, lässt mich fragen, ob Sie als Opposition wirklich keine wichtigeren Fragen an die Regierung haben.

(Zuruf des Abgeordneten Heinz Maurus [CDU])

Das Ergebnis liegt also vor. Herr Stegner hat es genannt.