Protokoll der Sitzung vom 22.01.2004

Das Ergebnis liegt also vor. Herr Stegner hat es genannt.

(Lachen bei der CDU)

Es hilft dem Landeshaushalt und den Kommunen in Schleswig-Holstein. Das finden wir sehr erfreulich. Die Konsumnachfrage und die wirtschaftliche Entwicklung in Schleswig-Holstein der nächsten Wochen und Monate werden zeigen, ob die Enttäuschung der Menschen über die erwartete und dann nicht eingetretene zusätzliche Senkung der Steuerlast ab 2004 zu Frust oder zu mehr Lust führt. Wenn dies zu mehr Frust führt, dann tragen Sie dafür die politische Verantwortung.

(Beifall bei der SPD)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Wiegard das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als hier der Name „Küblbübi“ oder so ähnlich fiel, konnte ich damit nicht viel anfangen. Ich werde mich aber erkundigen, worum es dabei geht, und ob es gerechtfertigt war, was der Kollege Heiner Garg an Vergleichen gezogen hat.

(Beifall bei CDU und FDP)

Herr Minister, Sie haben eingangs das Thema Gewerbesteuer angesprochen und gesagt, dass es besser gewesen wäre, Ihrem - dem schleswig-holsteinischen - Vorschlag zu folgen. Sie hätten dann aber zumindest den zweiten Bericht, von dem Sie heute auch positiv gesprochen haben, nämlich den Bericht über die Neustrukturierung der Finanzämter, schon aus diesem Grunde neu schreiben müssen, denn bisher haben Sie immer noch dezent verschwiegen, dass Sie ein ganzes Heer an neuen Steuerbeamten gebraucht hätten, um das zu berechnen.

Ich will noch ein Wort - eigentlich lohnt es sich nicht - zu dem sagen, was der Kollege Neugebauer an Blockademärchen verbreitet hat. Ich nehme dazu ein Zitat aus der Pressemitteilung der Jahrespressekonferenz der Ministerpräsidentin, die gesagt hat:

„Die ersten Zeichen stehen auf Aufschwung. Die Bundesregierung trägt mit ihren bislang größten Reformen dazu bei und wir in Schleswig-Holstein unterstützen diesen Kurs.“

Ihr habt das schon immer in Schleswig-Holstein unterstützt, seit diese Regierung aus Rot-Grün in Berlin regiert. Ihr habt die Steuerreform 1998 blockiert, die Rentenreform 1999 zurückgenommen - angeblich war das jetzt ein Fehler -, die Arbeitsmarktreform 1998 gestrichen. Die Steuerreform 2000 war misslungen, die Steuersenkung 2003 habt ihr verschoben, die Steuersenkung 2005 vorgezogen. Von der Jahrhundertreform in der Rentenversicherung hat schon nach zwölf Wochen niemand mehr gesprochen. - Das ist der Kurs, der in Berlin unterstützt wird. Herzlichen Glückwunsch, Günter! Das wollte ich nur zu deinem Beitrag sagen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wenden wir uns nun dem Thema zu, dessentwegen wir hier zusammensitzen, nämlich dem Vermittlungsergebnis, das im Dezember erzielt worden ist.

Nun, das Vermittlungsergebnis ist von dem einen oder anderen entweder ein bisschen positiv oder ein bisschen negativ bewertet worden. Ich sage: Das Ergebnis ist da - es lebe das nächste! Die Ministerpräsidentin hat sich folgendermaßen sachkundig dazu geäußert: Man muss glauben, dass die da oben alle spinnen. - Insofern gab es sehr sachkundige Beiträge.

Als Erkenntnis aus dem, was da verhandelt worden ist, können wir mitnehmen, dass die Kommission, die heute in Berlin tagt und sich über Föderalismusreformen unterhält, alsbald zu sehr guten Ergebnissen kommt, die das nicht mehr notwendig machen, was wir jährlich veranstalten, dass wir nämlich versuchen, wie auf einem orientalischen Basar zu feilschen, um die Probleme unseres Landes und Deutschlands zu lösen.

(Beifall des Abgeordneten Günter Neuge- bauer [SPD])

Ich danke der FDP für diesen Berichtsantrag. Denn ich bin nicht sicher, Herr Minister, ob Sie ohne diesen Antrag einen Bericht gegeben hätten. Immerhin ist es bemerkenswert, dass Sie sagen, dass es hier um die Basis nachvollziehbaren Zahlenmaterials geht.

(Lachen der Abgeordneten Brita Schmitz- Hübsch [CDU])

Es freut mich immer sehr, wenn ich Folgendes in Ihrer Vorgehensweise sehe: Immer wenn Sie ein paar Nachkommastellen in Ihre Kolonnen hineinschreiben, glauben Sie, dass diese den Eindruck von Zielgenauigkeit erwecken.

Bisher ist es so gewesen, dass Sie mit Ihren Haushaltsentwürfen zum Haushalt, der nur 5 Milliarden € Steuereinnahmen hat, um 1.000 Millionen daneben gelegen haben. In diesen Bericht schreiben Sie aber hinein, dass die steuerlichen Maßnahmen 59,2 Millionen € Mehreinnahmen bringen. Sie haben in Ihren Haushaltsplan 2004 schon 100 Millionen € mehr an Steuereinnahmen eingestellt, als es Ihnen die Steuerschätzungen gesagt haben, und zwar unter Abzug von 200 Millionen €, die Sie als Steuerausfall geschätzt haben. Jetzt schätzen Sie, dass insgesamt 160 Millionen € mehr eingenommen werden.

Ich habe die herzliche Bitte, dass wir diesen Bericht erstens in den Finanzausschuss überweisen und dort von Ihnen noch einmal eine etwas detailliertere Erläuterung des Zahlenmaterials bekommen. Ich möchte nämlich dem vorbeugen, dass Sie bei der Nachtragsberatung 2004 erklären, dass Sie das alles schon schlankweg dargestellt hätten. Nein, ich glaube diesen Zahlen nicht so richtig und bitte deshalb darum, dass Sie sie konkretisieren.

(Rainer Wiegard)

Meine zweite Bitte ist, dass wirklich bis März verlässliche Daten für die Kommunen vorliegen, sodass sie darüber beraten und entscheiden können, ob sie das Angebot wahrnehmen, bestimmte Aufgaben, die derzeit von der Arbeitsverwaltung übernommen werden, zu übernehmen. Ohne jegliche Grundlage, ohne jegliches Datenmaterial und ohne verbindliche Kostenübernahmezusagen ist keine Kommune in der Lage, diese Entscheidung zu treffen. Deshalb bitte ich recht herzlich darum, dass Sie das mit großer Sorgfalt umfassend und detailliert ganz kurzfristig nachliefern.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Heinold.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch ich werde diese eher überflüssige Debatte hier im Landtag nicht durch wegweisende neue Argumente verbessern können. Es ist eine Debatte, die eigentlich in den Ausschuss gehört hätte, aber ich möchte mich der Herausforderung gerne stellen.

Tatsache ist, dass das Ergebnis des Vermittlungsausschusses und unser Doppelhaushalt zusammenpassen. Alles ist im grünen Bereich. Das haben Sie heute nicht angezweifelt; das muss man auch einmal feststellen.

Die FDP hatte - so denke ich - den Antrag in der Hoffnung gestellt, dass das Ganze nicht zusammenpasst und sie dann rumkriddeln könnte. Das geht alles nicht auf, Herr Garg.

Sie haben hier vortragen, dass Ihre Bedenken aus dem Dezember richtig gewesen seien. Man hätte den Haushalt nicht verabschieden dürfen. Man hätte keinen Doppelhaushalt fahren dürfen. Dann schaue ich mich um. Und wer klatscht? - Gerade noch der Graf! Sonst klatscht niemand.

(Peter Lehnert [CDU]: Dann müssen Sie ge- nauer gucken! Holen Sie sich doch eine neue Brille bei Fielmann!)

Nicht einmal Ihre eigene Fraktion klatscht. Ihre These finde also keine breite Unterstützung - wenn ich es einmal so vorsichtig formulieren darf.

Wir müssen jetzt den Verlauf des Jahres abwarten. Ich kann Ihnen schon jetzt sagen, wie es ausgehen wird. Aus unserer Sicht wird es je nach Entwicklung von Steuereinnahmen und Konjunktur so sein: Wenn es positiv verläuft, wird Rot-Grün in Berlin dafür verantwortlich gemacht. Wenn es negativ verläuft,

liegt es natürlich an der Blockadepolitik von CDU und FDP. Sie werden es dann natürlich andersherum bewerten.

Es gibt - und dieser Aspekt kommt in der Debatte deutlich zu kurz - auch eine Reihe von Problemen, die die Ergebnisse des Vermittlungsausschusses mit sich bringen. Ich möchte ein Problem benennen, das aus den Neuregelungen für Alleinerziehende resultiert; meine Fraktion hat sich damit beschäftigt.

Es scheint nach unserer Recherche so zu sein, dass als Alleinerziehender nur noch gilt, wer Kinder unter 18 Jahre hat. In dem Moment, in dem ein Kind 18 Jahre alt wird - auch wenn es noch zur Schule geht, eine Ausbildung macht oder studiert -, zählt es nicht mehr als Kind. Das heißt, der Freibetrag geht verloren. Das empfinde ich schlicht als ein Unding. Ich hoffe, dass es den Berlinern gelingt, wie bisher bei den Freibeträgen eine Regelung analog zum Kindergeld zu finden, das bis zum Alter von 27 Jahren oder bis zum Ende der Ausbildung gezahlt wird.

In Verbindung damit - und das ist tatsächlich ein Rückfall in die 50er-Jahre - ist es so, dass Alleinerziehende zukünftig - so interpretieren wir das Einkommensteuergesetz - zu ihrer Gemeinde gehen und schriftlich darlegen müssen, dass sie nicht nur allein erziehend, sondern auch allein stehend sind. Das heißt, wenn eine allein erziehende Person mit einem Partner zusammenlebt oder ihre Mutter ins Haus holt, ist sie nicht allein erziehend im Sinne des Gesetzes und sie verliert dann die Freibeträge.

Völlig abstrus wird das Ganze, wenn eine Frau vier Kinder hat und eines davon 18 Jahre alt wird und nicht auszieht. Dann lebt nämlich eine andere erwachsene Person im Haushalt und der Anspruch auf diesen Freibetrag geht verloren.

Ich hoffe, dass wir uns noch über diese Problemfälle unterhalten und auf unsere Berliner zugehen und ihnen sagen, dass völlig abstrus sei, was dort veranstaltet werde. Das wird den Problemen und hohen Kosten von Alleinerziehenden nicht gerecht.

Insgesamt - ich komme zum Schluss - ist das Ergebnis des Vermittlungsausschusses als vertretbar bis positiv zu bewerten. Die Bürger und Bürgerinnen werden erneut in Höhe von 15 Milliarden € entlastet. Hartz IV geht jetzt in die Planung, sodass 2005 das neue Gesetz gilt.

Die Kommunen werden entlastet - zwar nicht in der Höhe, die wir uns erhofft haben, aber immerhin um 5 Milliarden €. Die Handwerksordnung wird liberalisiert; auch das wurde schon erwähnt. Es gibt erste Schritte hin zu einem Subventionsabbau. Aus meiner

(Monika Heinold)

Sicht ist sehr erfreulich, dass es zukünftig eine Mindestbesteuerung für Unternehmen mit hohen Gewinnen gibt und außerdem werden Steuervermeidungsmodelle weiter eingeschränkt beziehungsweise abgeschafft.

Ich bedanke mich an dieser Stelle gerade bei der CDU und bei der FDP dafür, dass sie dieses mitgetragen haben,

(Rainer Wiegard [CDU]: Was heißt hier „mitgetragen“? Das kommt von uns!)

weil es absolut notwendig dafür ist, dass der Staat auch wieder Einnahmen verzeichnen kann. In diesem Zusammenhang ist auch ein Mindesthebesatz für die Kommunen vorgeschrieben. Auch das ist ein Erfolg unserer gemeinsamen Bemühungen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Rainer Wiegard [CDU]: Schönen Dank! So ein Käse!)

Ich erteile Frau Abgeordneten Spoorendonk das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Nach einem monatelangen öffentlichen Hickhack und einem großen Show-Down gelang es dem Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat dann doch noch, im Dezember letzten Jahres zumindest ein minimales Ergebnis zu erzielen: Die dritte Stufe der Steuerreform wurde immerhin teilweise vorgezogen - wobei man sich scheinbar peinlicherweise in der Nachtsitzung um 1 Milliarde € zugunsten der Bürgerinnen und Bürger verrechnet hatte - und die Kommunen dürfen einen etwas höheren Anteil an der Gewerbesteuer behalten.

Dazu wurde eine ganze Reihe weiterer Gesetze beschlossen, zum Beispiel die Gesetze für Dienstleistungen am Arbeitsmarkt - Hartz III und IV -, eine kleine Änderung der Handwerksordnung und vieles mehr. Beschlossen wurde auch, dass die Minderheitenförderung des Bundes keine Subvention ist und damit auch nicht wie eine solche behandelt wird. Wir danken dem Finanzminister auch von dieser Stelle aus noch einmal für sein Engagement in dieser Sache. Das haben wir zuvor bereits öffentlich getan.

(Beifall der Abgeordneten Günter Neuge- bauer [SPD] und Monika Heinold [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Positiv an dem gesamten Vermittlungsprozess war die Erkenntnis, dass es also doch möglich ist, in Deutschland gemeinsame Reformen zu beschließen. Allerdings ist es schon jetzt zweifelhaft, ob wir dadurch den lang ersehnten Durchbruch erzielen.