Protokoll der Sitzung vom 10.03.2004

Wir alle wissen, es geht ausschließlich um die Person des ehemaligen Landesrechnungshofspräsidenten, der ein besonderer Freund der Sozialdemokraten und Grünen deshalb geworden zu sein scheint, weil er dieser Regierung häufiger ins Stammbuch geschrieben hat, dass sie mit Geld nicht umgehen kann. So kam es dem Kollegen Neugebauer gerade recht, dass ein ehemaliger Präsident des Landesrechnungshofes begann, Unternehmen und Kommunen zu beraten. Theoretisch könnten Interessenkonflikte bestehen, schließlich prüft der Rechnungshof auch kommunale Finanzen.

Besagtem Kollegen Neugebauer reichte die theoretische Möglichkeit nicht, er verkündete in der Presse sein felsenfestes Urteil, dass ein Interessenkonflikt

(Wolfgang Kubicki)

bestehe. Seine Meinung wurde sozusagen zur felsenfesten Überzeugung an anderer Stelle.

(Martin Kayenburg [CDU]: Peinlich!)

Im Finanzausschuss stellte sich schnell heraus, Kollege Neugebauer, dass diese Behauptung haltlos war. Es besteht kein Interessenkonflikt. Der ehemalige Präsident des Landesrechnungshofes und der Landesrechnungshof hatten alles rechtlich Gebotene entschieden. Das ist erklärt worden. Sie hatten alles rechtlich Gebotene entschieden. Der Abgeordnete Neugebauer hatte sich gründlich blamiert und weil er das nicht auf sich sitzen lassen will, reden wir nun über den Gesetzentwurf, den er uns vorgelegt hat.

(Christel Aschmoneit-Lücke [FDP]: So ist es!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach § 85 a Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes hat ein ehemalige Beamter seiner letzten obersten Dienstbehörde solche Beschäftigungen und Erwerbstätigkeiten anzuzeigen, die im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Beamter stehen und durch die gleichzeitig dienstliche Interessen beeinträchtigt werden können - theoretisch. Die Antragsteller wollen, dass alle entsprechenden Anzeigen, die der Rechnungshof als oberste Dienstbehörde von seinen ehemaligen Mitgliedern bekommt, dem Finanzausschuss zugeleitet werden. Was soll der Finanzausschuss damit? Die Antragsteller lassen die Antwort vorsorglich offen.

Nach § 85 a Abs. 2 des Landesbeamtengesetzes muss die oberste Landesbehörde prüfen, ob bei einer angezeigten Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit die konkrete Gefahr besteht, dass dienstliche Interessen beeinträchtigt werden. Falls ja, muss die Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit verboten werden. Die Antragsteller wollen nun, dass der Landesrechnungshof seine diesbezüglichen Entscheidungen unverzüglich dem Finanzausschuss mitteilt. Was soll der Finanzausschuss damit? Die Antragsteller lassen die Antwort vorsorglich offen.

Soll der Finanzausschuss künftig seine Entscheidung an die Stelle der Entscheidung des obersten Dienstherrn setzen? Was soll damit passieren?

(Zuruf des Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD])

Die Antragsteller wollen zusätzlich, dass der Rechnungshof auf Verlangen des Finanzausschusses weitere Auskünfte geben und Akten vorlegen muss - personenbezogene Daten, versteht sich. Warum? Was soll der Finanzausschuss damit? Die Antragsteller lassen die Antwort vorsorglich offen.

Hierzu muss man wissen, dass eine große schleswigholsteinische Regierungsfraktion bereits ein Gerichtsverfahren in Sachen Aktenvorlage des Landesrechnungshofes mit Pauken und Trompeten verloren hat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir halten den Entwurf für überflüssig. Der Gesetzgeber darf sich nicht zum Handlanger der persönlichen Rache enttäuschter Abgeordneter machen,

(Beifall bei FDP und CDU)

denen der Rahmen des Gesetzes zu eng ist und denen richtige und gut begründete Aussagen eines unabhängigen Verfassungsorgans über ihre Politik nicht passen.

Der Entwurf verletzt unseres Erachtens den Gleichheitsgrundsatz; denn wenn ehemalige Mitglieder des Landesrechnungshofs so behandelt werden sollen, dann müsste Gleiches auch für andere herausgehobene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landes gelten, zum Beispiel Minister und Staatssekretäre.

(Zuruf von der CDU: Sehr richtig!)

Herr Kollege Neugebauer, wie ist das eigentlich mit der möglichen Verletzung der Neutralität des ehemaligen Innenministers, der jetzt Vorsitzender des Landessportverbandes ist,

(Beifall der Abgeordneten Christel Aschmo- neit-Lücke [FDP])

Mittel für den Sport - wie ich meine, zu Recht - einwirbt, obwohl er doch vorher Dienstvorgesetzter auch der Abteilung war, die heute darüber befindet?

(Beifall bei der FDP)

Wie ist das mit Lohmann, Gärtner und anderen - wir hatten ja eine ganze Reihe von Staatssekretären, die wir zwischenzeitlich verloren haben -, die einer Beschäftigung nachgehen, bei denen jedenfalls von vornherein nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie ihr dienstlich erworbenes Wissen mit einbringen?

(Zuruf des Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD])

Wie ist das in dieser Frage eigentlich? Gleiches muss gleich behandelt werden. Das bedeutet, da muss der Finanzausschuss fordern, auch diese Vorgänge regelmäßig auf seinen Tisch zu bekommen. Ansonsten wird klar, was hier gemeint ist,

(Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Genau!)

die Beeinträchtigung der Person Korthals - er hat heute Geburtstag; Glückwunsch auch von hier! -, der

(Wolfgang Kubicki)

sich hier nicht verteidigen und wehren kann in einer Schmutzkampagne, die ihresgleichen sucht.

(Beifall bei FDP und CDU)

Der Entwurf verletzt unseres Erachtens die Persönlichkeitsrechte ehemaliger Mitglieder des Rechnungshofes, weil ihre persönlichen Daten einfach so dem Finanzausschuss offenbart werden sollen. Dieser Datenstrom hat keinen Sinn, birgt aber die Gefahr des unzulässigen Umgangs mit diesen Daten. Der Entwurf schadet unserer politischen Kultur, denn er vermittelt den Eindruck, dass die derzeitige schleswigholsteinische Obrigkeit aus rein politischen Gründen die Möglichkeit erlangen will, politischen Einfluss auf ein unabhängiges und häufig für die Obrigkeit unbequemes Verfassungsorgan zu nehmen.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug [FDP])

Wir werden unsere Bedenken in den Ausschussberatungen konkretisieren.

Spätestens, liebe Kolleginnen und Kollegen, seit der Barschel-Affäre und ihren Folgen sollten wir wissen, wie wichtig Grenzen des politischen Einflusses der Obrigkeit auf persönliche Daten sind.

(Beifall des Abgeordneten Günther Hilde- brand [FDP])

Mit diesem Entwurf sollen sie überschritten werden. Wir werden den Gesetzentwurf ablehnen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Ich möchte zunächst auf der Tribüne unsere nächsten Gäste begrüßen: den Inner Wheel Club Oldenburg in Holstein und die Naturfreunde Neumünster. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Das Wort erteile ich jetzt der Frau Abgeordneten Heinold.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn man die Debatte im Finanzausschuss verfolgt hat und dann hier im Landtag die Debatte hört, glaubt man, auf zwei verschiedenen Veranstaltungen zu sein.

(Beifall beim SSW)

Wir waren uns im Finanzausschuss einig, dass der Wissenschaftliche Dienst gebeten wird zu prüfen, ob es eine Regelungslücke gibt oder nicht, und wir waren uns auch einig, dass man es zumindest als Rege

lungslücke bezeichnen kann. Darüber gab es überhaupt keinen Dissens. Weil der Finanzausschuss dies einvernehmlich festgestellt hat, mit Vertretern von FDP und CDU

(Beifall beim SSW - Zuruf des Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug [FDP])

- Ihr Vertreter war dabei, Herr Dr. Klug,

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Herr Kubicki war auch nicht im Finanzausschuss; der kann das auch nicht beurteilen -, haben wir den Wissenschaftlichen Dienst gebeten, uns einen Vorschlag zu machen, wie wir diese Lücke, wenn sie denn von uns als solche bezeichnet wird, schließen können. Daraufhin hat der Wissenschaftliche Dienst einen Vorschlag gemacht, wie man diese Lücke schließen kann. Ich gehe davon aus, dass unser Wissenschaftlicher Dienst - wie es hier Herr Kubicki und andere unterstellen - keinen Vorschlag macht, der erstens rechtlich und zweitens - wie es Herr Arp sagte - datenschutzrechtlich nicht haltbar ist.

Ich traue mir jedenfalls nicht zu, dem Wissenschaftlichen Dienst dieses per se zu unterstellen. Das möchte ich sehr deutlich sagen. Ich finde es auch ziemlich frech, das in dieser Absolutheit zu tun.

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Martin Kayenburg [CDU]: Das müssen ausgerechnet Sie sagen, Frau Heinold! Frech sind Sie, Frau Heinold!)

Jetzt haben wir einen Vorschlag vom Wissenschaftlichen Dienst, von Juristen.