Protokoll der Sitzung vom 30.04.2004

(Beifall bei FDP und CDU)

Dadurch, dass sich die Steuerpflicht nach der Zahl der Beschäftigten richten soll, würde der Druck auf die Unternehmen erhöht, die Anzahl der Beschäftigten zu verringern. Ich sagte das bereits. Kollege Kerssenbrock, wir fragen Herrn von Hielmcrone: Bei den freien Berufen geht überall dort, wo mehr als zehn Beschäftigte vorhanden sind, bereits die Frage um, ob man nicht durch Bürogemeinschaften und durch Verringerung der jeweiligen Angestelltenzahl erreichen kann, dass man einer möglichen Ausbildungsplatzabgabe ausweicht. Dies gilt besonders für die Anwalts- und Steuerberatungskanzleien. Sie haben jetzt bereits die Vorsorgemaßnahmen bei den Unternehmen und bei den Freiberuflern. Das ist kontraproduktiv gegenüber dem Ziel, das wir gemeinsam verfolgen, nämlich mehr Ausbildungsplätze zu schaffen.

(Beifall bei der FDP)

Wer will, dass noch mehr ausbildungswillige und ausbildungsfähige junge Menschen die Chance erhalten, einen Beruf zu erlernen, muss gegen die Ausbildungsplatzabgabe sein. Wir wollen, dass noch mehr ausbildungswillige und ausbildungsfähige junge Menschen die Chance erhalten, einen Beruf zu erlernen. Deshalb sind wir gegen die Ausbildungsplatzabgabe und deshalb wollen wir die Ausbildungsplatzabgabe verhindern. Deshalb fordern wir all diejenigen auf, unserem Antrag zuzustimmen, die auch wollen, dass noch mehr ausbildungswillige und ausbildungs

fähige junge Menschen die Chance erhalten, einen Beruf zu erlernen.

Ich bin gespannt, wie sich nach den großen Ankündigungen dieser „frauhaften“ Ministerpräsidentin und des Ministerpräsidenten aus Nordrhein-Westfalen, Peer Steinbrück, diese Landesregierung, die einmal der These gefolgt ist, erst das Land, dann die Partei, im Bundesrat verhalten wird. Wir werden sehen, dass diese starke Frau im Bundesrat das „Sowohl-alsauch“, das kraftvolle „Jein“ oder das Enthalten praktizieren wird, damit ihr Bundesvorsitzender keine Schramme kriegt. Sie kehrt damit den Spruch um, den Schröder vor sich hergetragen hat. Für sie gilt dann auch: Erst die Partei, dann das Land. Das können wir nicht dulden. Wir bitten Sie, unserem Antrag zuzustimmen.

(Anhaltender Beifall bei FDP und CDU)

Für den Antragsteller erteile ich dem Herrn Abgeordneten Geerdts das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

„Wer umgelegt worden ist, kann nicht mehr ausbilden. Die Ausbildungsplatzabgabe ist Irrsinn. Die vorhandenen Probleme mit Lehrstellen werden durch eine Ausbildungsplatzabgabe nicht einmal annäherungsweise gelöst.“

Dies ist ein Zitat des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten und früheren - wirklich dynamischen - Wirtschaftsministers Peer Steinbrück.

(Beifall bei CDU und FDP)

Die Gesellschaft muss jungen Menschen nach der Schule ein Angebot für eine berufliche Ausbildung machen. Die von der SPD und den Grünen geplante Ausbildungsplatzabgabe wird von uns als Weg, um dieses Ziel zu erreichen, vehement abgelehnt. Eine Ausbildungsplatzabgabe wird dazu führen, dass die berufliche Bildung in Deutschland dauerhaft verstaatlich wird. Die wesentliche Ursache für den Mangel an Ausbildungsplätzen liegt in einer verfehlten Wirtschafts- und Finanzpolitik des Bundes und des Landes Schleswig-Holstein.

(Beifall bei CDU und FDP)

Die rot-grüne Koalition in Berlin ist sich über die Wirkung dieser Abgabe offenbar überhaupt noch nicht im Klaren. Diese Abgabe wird dazu führen, dass sich Unternehmen mit besonders anspruchsvollen

(Torsten Geerdts)

Ausbildungsberufen und damit verbundenen hohen Ausbildungskosten von der Ausbildung freikaufen werden, da dies betriebswirtschaftlich sinnvoller wäre.

Subventioniert werden dagegen Unternehmen, die nur eine relativ niedrig qualifizierte Ausbildung anbieten können. Die Politik von SPD und Grünen führt also zu einer sinkenden Ausbildungsqualität in Deutschland. Das können wir uns überhaupt nicht leisten.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wir stehen mit unserer Kritik an der Ausbildungsplatzabgabe nicht allein, sondern wir befinden uns in einer größer werdenden und teilweise auch sehr guten Gesellschaft. Selbst die Bundesminister Clement und Eichel haben sich gegen die Ausbildungsplatzabgabe ausgesprochen. Trotzdem hält die SPD auf Bundesebene an ihrem Vorhaben fest.

Müntefering muss seine eigene Parteilinke und seine Gewerkschaftsfreunde beglücken, damit er zumindest die eine Zusage, die er auf dem Bundesparteitag gegeben hat, noch halten kann. Die Interessen von Schulabgängerinnen und Schulabgängern kommen bei Ihrer Politik schlichtweg unter die Räder.

(Beifall bei CDU und FDP)

Die geplante Ausbildungsplatzabgabe ist aber nicht nur ein Schlag ins Gesicht für die junge Generation und die Wirtschaft im Land, nein, diese Ausbildungsplatzabgabe ist auch ein Schlag ins Gesicht für all diejenigen, die ehrenamtlich Kommunalpolitik in Schleswig-Holstein machen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Sollte dieses Gesetz so verabschiedet werden, würden auf die Stadt Neumünster jährlich 117.000 € an zusätzlichen Belastungen zukommen. Der Kreis Segeberg wäre mit 96.000 € dabei, auf den Kreis Ostholstein entfielen 90.000 €.

Herr Minister, warum können Sie diese Zahlen eigentlich nicht nennen? - Wir haben sie uns auch zusammengesammelt und herausbekommen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Der von der SPD gestellte Stormarner Landrat sagt zu den Plänen seiner eigenen Partei:

„Ob die Abgabe den Standort Deutschland stärkt, darf man wohl bezweifeln.“

Auf den Kreis Herzogtum Lauenburg kommt eine zusätzliche Belastung von 40.000 € zu. Schleswig zahlt die Zeche mit 98.000 € und Uetersen wäre mit 40.000 € mit von der Partie.

Ihre verfehlte Politik, meine Damen und Herren, ist eine teure Tasse Tee für die Kommunen. Ihre Politik in Berlin ist kommunalfeindlich und vernichtet Ausbildungsplätze auf allen Ebenen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Und wer sich die Stellenpläne in unseren Kreisen und Städten anschaut und die künftige Entwicklung vor Augen hat, der weiß, dass wir in den Verwaltungen jetzt schon über den eigenen Bedarf hinaus Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen. Viele von uns, die kommunalpolitisch tätig sind, erbringen diese Leistung vor Ort. Es wäre ein katastrophales Signal an die junge Generation, wenn Ihre Politik dazu führen würde, dass der Weg nach der schulischen Ausbildung gleich in die sozialen Sicherungssysteme führt. Junge Menschen hätten dann zu Recht Zweifel an der Leistungsfähigkeit und der sozialen Gerechtigkeit, wofür Ihre Partei, die Sozialdemokraten, einmal gestanden hat. Aber das ist längst Geschichte.

(Beifall bei CDU und FDP)

Bevor man jetzt einer Ausbildungsplatzabgabe das Wort redet - Sie nennen sie ja blumig „Umlage“ -, wäre es sinnvoll gewesen, einmal nachzufragen, wie viele Bewerberinnen und Bewerber in den vergangenen Jahren eigentlich Eignungstests bestanden haben. Auch dazu finden wir in Ihrem Bericht nur eine Nullnummer, keine konkrete Zahl.

Ich will Ihnen ein konkretes Beispiel nennen: Im Jahr 2003 sind insgesamt 123 Schulabgänger zu einem Eignungstest bei der Stadt Neumünster eingeladen worden. Diesen Test haben lediglich 41 Bewerberinnen und Bewerber bestanden. Im Jahr 2002 haben von 173 Bewerberinnen und Bewerbern 61 den Test bestanden, im Jahr 2001 von 125 Bewerberinnen und Bewerbern nur 35. Da liegen die wirklichen Probleme, Herr Minister,

(Beifall bei CDU und FDP)

sie liegen nicht allein im Bereich der Wirtschaft. Bevor Sie hier die Keule Ausbildungsplatzabgabe schwingen, schauen Sie sich erst einmal an, wie die Ausbildungsfähigkeit junger Menschen heute aussieht!

Schauen wir uns auch die Gesamtleistung der Kommunen im Bereich der beruflichen Ausbildung an. 100.000 junge Menschen finden hier einen Ausbildungsplatz. Setzen Sie diese Leistungsbereitschaft von Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern, aber auch von Oberbürgermeistern und Landräten nicht mutwillig aufs Spiel. Die Kommunen bekämpfen die Arbeitslosigkeit schon jetzt, indem sie 300.000 bis 400.000 Sozialhilfeempfängerinnen

(Torsten Geerdts)

und -empfängern Arbeit geben. Auch das ist eine gewaltige Leistung. Und es ist ein absoluter Skandal, dass nach Ihrem Gesetzentwurf in Berlin die geleistete Ausbildung im Beamtenbereich durch die geplante Abgabe überhaupt keine Berücksichtigung finden soll. Dies ist ein absoluter Skandal und ein weiterer Schlag ins Gesicht für all diejenigen, die kommunalpolitisch tätig sind.

(Beifall bei CDU und FDP)

Der vorgelegte Antrag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist aus Sicht der CDU-Fraktion überhaupt nicht zu akzeptieren. Eigentlich ist an diesem Antrag nur die Überschrift in Ordnung. Sie lautet nämlich: Ablehnung einer Ausbildungsplatzabgabe. Der Antrag lässt aber jedes Hintertürchen offen, um am Ende im politischen Verfahren der Zielrichtung der rot-grünen Bundesregierung doch noch zustimmen zu können.

Für die CDU-Landtagsfraktion bleibt es dabei: Diese Ausbildungsplatzabgabe schafft keinen einzigen zusätzlichen Ausbildungsplatz. Ganz im Gegenteil! Diese Abgabe wird einen Beitrag dazu leisten, dass Betriebe aussteigen und uns mitteilen werden: Macht euren Mist allein!

(Beifall bei CDU und FDP - Wolfgang Baasch [SPD]: Die meisten sind schon aus- gestiegen!)

- Viele sind ausgestiegen, Kollege Baasch, insbesondere sind die Gewerkschaften und die Sozialdemokratie in Deutschland aus der beruflichen Ausbildung ausgestiegen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Diese Ausbildungsplatzabgabe berücksichtigt nicht die Leistungen, die bisher schon sowohl von der Wirtschaft als auch von den Verwaltungen überall im Land erbracht worden sind.

Ich möchte den Neumünsteraner Oberbürgermeister zitieren; den Herrn zitiere ich nicht oft, aber an dieser Stelle hat er einmal Recht:

„Grundsätzlich sind alle Aktivitäten, dem Negativtrend auf dem Ausbildungsmarkt entgegenzuwirken, zu begrüßen. Ob allerdings eine mehr oder weniger pauschale Zwangsabgabe; wie im vorliegenden Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung und Förderung des Fachkräftenachwuchses … vorgesehen, der richtige Weg ist, muss doch sehr infrage gestellt werden.“

Und der Sozialdemokrat sagt weiter: