Protokoll der Sitzung vom 30.04.2004

(Lebhafter Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Ich erteile dem Herrn Abgeordneten Harms das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Kollege Benker hat eben gesagt, dass wohl eine namentliche Abstimmung bevorsteht.

Diese ist bereits angekündigt worden, Herr Abgeordneter; es wird eine geben.

Gut. Dann gehe ich davon aus, dass unser Antrag, alle drei Anträge an den Ausschuss zu überweisen, keine Mehrheit finden wird. Das ist schade, weil man damit der Sache am meisten gerecht geworden wäre.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spooren- donk [SSW])

Wir können an allen drei Anträgen herumpulen. Es liegen drei Anträge vor. Jeder wird den jeweils anderen Antrag zerreißen können und wollen. Deswegen

wäre es klüger gewesen, vernünftig miteinander zu reden und sich des Problems im Ausschuss anzunehmen.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spooren- donk [SSW])

Für den Fall, dass dies nicht so sein sollte und wir keine Mehrheit für unseren Antrag bekommen, die Anträge in den Ausschuss zu überweisen, möchte ich Folgendes sagen:

Grundlage sind naturschutzfachliche Argumente und damit nicht parteipolitische oder parteitaktische Argumente. Wir wollen keine Konflikte schüren noch sonst wie Öl ins Feuer gießen. Wir wollen auf der Grundlage der vorliegenden naturschutzfachlichen Gutachten und Stellungnahmen eine sachliche Diskussion führen, und zwar auf der Grundlage beider Stellungnahmen, sowohl der Stellungnahme, die für die Ausweisung ist, als auch der, die dagegen ist. Wir wollen es abwägen.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb ist eine Behandlung im Ausschuss nicht nur sinnvoll, sondern die einzig sachliche Alternative. Wir können es nicht politisch, sondern nur naturschutzfachlich entscheiden. Wenn dies politisch nicht gewollt ist und hier nur Spielchen gespielt werden sollen, so wird sich der SSW daran in keinster Weise beteiligen. Das werden wir dadurch deutlich machen, dass wir uns bei der Abstimmung der Stimme enthalten werden.

(Beifall beim SSW)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Todsen-Reese das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Erstes möchte ich sagen: Herr Nabel, ich finde es rührend, wie Sie sich um meinen Listenplatz sorgen. Ich glaube, Sie sollten sich lieber um Ihren eigenen kümmern.

Alle haben hier heute gesagt, wir bräuchten eine sorgfältige Prüfung der vorgelegten Gutachten und der gesamten Situation. Recht haben sie alle. Genau darum haben wir Fristverlängerung bis zum Ende des Jahres gefordert. Wenn Sie bei Ihrem Antrag bleiben, dass die Frist im Sommer 2004 endet, dann ist das, was Sie gesagt haben, alles nur Augenwischerei. Das nimmt Ihnen dann niemand mehr ab. Dahinter steht

(Herlich Marie Todsen-Reese)

auf Ihrer Seite eine Taktik zur Landtagswahl. Sie wollen das bis zur Sommerpause abarbeiten, um danach Ruhe zu haben. Diese werden Sie nicht bekommen. Dazu sitzen die Sorgen und die Verzweiflung bei den Menschen viel zu tief. Sie können auch sicher sein, dass wir sie dabei begleiten. Wir werden sie da nicht enttäuschen.

Lassen Sie mich noch einige Worte zu unserem Besuch in Brüssel sagen. Ich finde es schon interessant - das ist hier heute deutlich geworden -, wie eng offensichtlich die Verbindungen von der Generaldirektion zu Ihnen sind, wie da offensichtlich munter hin und her telefoniert worden ist. Das ist ja auch kein Wunder, wenn ich an die Duzfreundin unseres Staatssekretärs Knitsch denke. Wir hatten schon während unseres Gesprächs den Eindruck, dass genau das der Fall ist.

(Konrad Nabel [SPD]: Dafür werden Sie sich entschuldigen müssen!)

- Wenn sich einer bei uns zu entschuldigen hat, so kann ich darauf locker verzichten, Herr Minister. Aber Sie haben sich bei den Bürgerinnen und Bürgern hier in Schleswig-Holstein für das zu entschuldigen, was Sie ihnen in den letzten Monaten an Verdruss bereitet haben. Das wäre wirklich erforderlich.

Dann will ich noch ein Wort an Sie richten, Herr Astrup. Ich finde es ganz rührend, wie Sie hier Ihr Verständnis für die Bürgerinnen und Bürger in Ihrer Region artikulieren. Die kennen Sie. Darum sind Sie dann wahrscheinlich auch gewappnet. Sie müssten hier die richtigen Entscheidungen treffen. Darauf kommt es an. Das tun Sie leider heute mit Ihrem Antrag nicht.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Insofern war das, was Sie hier geschnackt haben, letztlich alles nur heiße Luft.

Lassen Sie mich noch kurz einige Worte zu Bayern in Verbindung mit dem sagen, Herr Minister, was Sie gesagt haben. Herr Minister, Sie haben gesagt, jedes Bundesland habe sich auf Termine verpflichtet. Ich frage Sie noch einmal, warum Sie sich auf einen Termin im Sommer - oder wie auch immer - verpflichtet haben. In Bayern gibt es zurzeit einen intensiven Dialog mit allen Beteiligten und Betroffenen. Aber in Bayern lässt man sich Zeit bis zum Herbst. Auch in Niedersachsen lässt man sich bis Ende des Jahres Zeit.

(Holger Astrup [SPD]: Das stimmt doch ü- berhaupt nicht! - Weitere Zurufe von der SPD)

- Sie können sich ja auch einmal informieren! Mir ist aus journalistischen Kreisen gesteckt worden, Herr Nabel, Sie hätten irgendwo erzählt, es gäbe in Bayern große Austrittswellen. Auch dazu haben wir uns erkundigt. Das ist alles nur dumme Mär, mit der Sie Stimmung machen wollen. Das nützt Ihnen alles nichts.

Aber, Herr Nabel, bedanken will ich mich zum Schluss bei Ihnen ganz herzlich. Ich sage Ihnen: Ich bin gerne und aus tiefster Überzeugung der weibliche Robin Wood der Westküste. Dieses ist eine tolle Aufgabe. Er hat eine tolle Aufgabe wahrgenommen. Mein Verständnis als Abgeordnete besteht darin, für die Interessen der Menschen in unserem Land einzutreten. Dazu gehört sehr wohl auch das Eintreten für die Schöpfung und deren Bewahrung. Das ist eine tolle Aufgabe. Der stelle ich mich gerne weiterhin, nicht nur für die Westküste, sondern für ganz Schleswig-Holstein.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von der SPD: Und darüber hinaus!)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Kubicki das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! An der bisherigen Debatte hat mich am meisten der Einstieg des Kollegen Astrup beeindruckt; denn ich glaube, es muss - neben allen naturschutzrechtlichen Aspekten - immer auch um die Frage gehen, wie der Transport von Politik ist und wie und wo Menschen betroffen sind, ob sie existenzielle Ängste haben und ob diese begründet sind.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich wünschte mir, dass der Wirtschaftsminister des Landes Gelegenheit nimmt, auf einen Aspekt einzugehen,

(Zuruf des Abgeordneten Konrad Nabel [SPD])

den wir schon einmal angesprochen haben, Herr Kollege Nabel und den ich an Ihrer Stelle nicht einfach so wegschieben würde, weil er tatsächlich ein Begründungselement für existenzielle Sorgen der Menschen vor Ort ist.

Bei mir in der Kanzlei - ich höre, woanders auch; in den Reihen der SPD gibt es ja auch Leute, die in Kreditausschüssen von Sparkassen sitzen - ist Folgendes aufgelaufen: Wenn die Benennung von Gebieten

(Wolfgang Kubicki)

dazu führt, dass die Beleihungsfähigkeit der Flächen sinkt, mit anderen Worten, die Kreditvergabe erschwert wird beziehungsweise die Banken gesetzlich verpflichtet sind, Nachsicherung zu verlangen, dann ist das bereits eine existentielle Beeinträchtigung, über die ich mir, wenn ich davon betroffen wäre, Sorgen machen würde. Wenn das so ist, dann hilft die Aussicht auf eine Gewährung von 77 € pro Hektar auch nicht weiter,

(Beifall bei der FDP)

weil meine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, meine Investitionsfähigkeit tangiert wird und damit möglicherweise auf Dauer meine Existenz ruiniert wird. Wir können doch nicht sehenden Auges zulassen, dass so etwas geschieht, wenn es denn geschieht. Auch der Kollege Arp kennt aus eigener beruflicher Erfahrung solche Vorgänge. Ich wäre dankbar, Herr Minister, Sie würden uns erklären, dass es so etwas nicht gibt.

(Zuruf von Minister Dr. Bernd Rohwer)

Wenn das aber so ist, dann können wir doch nicht sagen, die existenziellen Ängste seien unbegründet. Dann können wir doch nicht sagen, die Landwirte werden auf Dauer mehr davon haben. Dann müssen wir doch viel genauer als bisher darauf achten, was wir in die Diskussion einbringen und was nicht.

(Beifall bei FDP und CDU)

Lars Harms, an sich waren wir dagegen, das in den Ausschuss zu überweisen. Aber wir sind jetzt für euren Antrag auf Ausschussüberweisung, damit wir darüber debattieren können.

Wir gehen über die Interessen Hunderter und Tausender von Menschen einfach hinweg.

(Konrad Nabel [SPD]: Quatsch!)

- Herr Nabel, ich höre von Ihnen, es gebe keine Beeinträchtigungen und die Leute sollten sich keine Sorgen machen. Wenn aber die Leute zur ihrer Sparkasse gehen und einen Kredit haben wollen, um ihren Hof weiter auszurüsten, dann wird ihnen gesagt, dass sie keinen weiteren Kredit bekommen und dass sie weitere Sicherheiten beibringen müssten, da anderenfalls die Kredite gekündigt würden. Diese Menschen sollen sich keine Sorgen machen? Diese Menschen sitzen nicht so trocken wie Sie. Sie müssen für ihr Einkommen noch arbeiten.

(Beifall bei FDP und CDU)

Ich erwarte, Lothar Hay und Holger Astrup - ich weiß ja und nehme das wirklich ernst, dass die Sozialdemokraten mit der Frage der Existenzsorgen von Leu

ten sehr sorgfältig umgehen -, dass wir uns über die Frage, was die Gebietsbenennung für Auswirkungen im Bankensystem hat, ernsthafter Gedanken machen als bisher.