Protokoll der Sitzung vom 26.05.2004

(Zuruf des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Meine letzte Anmerkung: Laut Bericht der Landesregierung wird beim Bachelor-Studiengang für Präsenz- und Selbststudium einschließlich der vorlesungsfreien Zeit mit einer jährlichen Arbeitsbelastung von 1.800 Stunden gerechnet. Das ist das, was die Studenten insgesamt an Arbeitspensum zu leisten haben.

(Glocke des Präsidenten)

Ausweislich der Sozialerhebung des Studentenwerks arbeiten Studierende im Schnitt 400 Stunden im Jahr. Das sind zusammen 2.200 Stunden. Nach dem OECD-Bericht zur Beschäftigung in Deutschland leistet der normale Vollzeiterwerbstätige im Jahr ungefähr 1.460 Arbeitsstunden.

(Glocke des Präsidenten)

Diese Zahlen sollte man in Beziehung setzen. Auch darüber sollten wir im Ausschuss noch einmal reden.

(Beifall bei FDP und CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Ich schlage vor, den Bericht - wie beim vorherigen Tagesordnungspunkt - zur abschließenden Beratung an den zuständigen Bildungsausschuss zu überweisen. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 28 auf:

Veräußerung der Kommanditanteile an der GmbH & Co. KG NordwestLotto Schleswig-Holstein

Antrag der Landesregierung Drucksache 15/3439

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 15/3467

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Ich eröffne die Aussprache und erteile Herrn Abgeordneten Dr. Garg das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister! Würde alles so beschlossen, wie Sie es uns heute vorgelegt haben, dann lautete der Vorwurf der FDP und - wie ich annehme - der gesamten Opposition: Es ist mal wieder so weit: Die Landesregierung will kostbares Landesvermögen unter Preis verscherbeln, damit sie ihre Verschwendungssucht nicht zu stark einschränken muss.

(Beifall bei FDP und CDU)

Lieber Herr Finanzminister, ich meine es heute irgendwie gut mit Ihnen. Um Ihnen diesen Vorwurf zu ersparen und damit Lotto nicht „dran“ ist, sollten Sie sich Gedanken darüber machen, warum wir den Antrag gestellt haben. Wenn Sie es so machen wollen, wie Sie es im Moment vorsehen, dann ist Lotto in der Tat „dran“, verscherbelt zu werden. Jedoch gilt, wie immer bei diesen Geschäften, das geschieht nicht ganz. So richtig verkaufen wollen Sie Lotto ja nicht. Sie wollen NordwestLotto nur gegen bares Geld an die Investitionsbank übertragen. Also wollen Sie Lotto quasi an sich selbst verkaufen, denn die Investitionsbank ist eine öffentlich-rechtliche Anstalt des Landes Schleswig-Holstein. Als solche ist sie nicht auf Gewinn ausgerichtet. Sie dürfte also auch keine liquiden Mittel für den Kauf haben. Den Kaufpreis müsste sie über Kredite finanzieren. Den späteren Schuldendienst soll sie dann aus den Lotterieeinnahmen leisten.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, schauen wir uns einmal die prinzipielle Struktur dieses Geschäfts an: Die Landesregierung überträgt Eigentum des Landes auf die Investitionsbank. Die Investitionsbank nimmt einen Kredit auf und überweist das aufgenommene Geld dem Land. Irgendwie kommt einem doch diese Konstellation bekannt vor. Wer jetzt an den Immobiliendeal denkt, liegt völlig richtig. Das ist eine verdeckte Kreditaufnahme des Landes über einen ausgelagerten Schattenhaushalt und nichts anderes!

(Beifall bei FDP und CDU)

Beim so genannten Immobiliendeal hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Deshalb sind die Einnahmen aus dem Immobiliendeal auf die Kreditobergrenze nach Artikel 53 unserer Verfassung anzurechnen. Folglich ist davon auszugehen, dass dies auch auf den Lottoverkauf zutrifft. Davon steht allerdings nichts in Ihrem Antrag, Herr Dr. Stegner. Warum davon nichts darin steht, ist eigentlich auch verständlich: Erstens verweigern Sie immer noch die Einsicht in die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zum Immobiliendeal und zweitens ist Ihnen die Kreditobergrenze - sagen wir einmal - ohnehin

nicht besonders wichtig. Fehlende Einsicht lässt allerdings Verfassungsbrüche nicht gleich rechtmäßig werden. Herr Dr. Stegner, Sie werden Verständnis dafür haben, dass unser Vertrauen in die finanzpolitischen und finanzwirtschaftlichen Fähigkeiten dieser Landesregierung eher begrenzt ist.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Wir sollten aus diesem Grund eine unabhängige Meinung einholen. Für solche Fragen hat das Land eigene unabhängige oberste Landesbehörden; nämlich den Landesrechnungshof. Deshalb möchten wir, die FDP-Fraktion, diesen beauftragen, Ihren Vorschlag zu überprüfen. Bei dieser Prüfung interessieren uns drei Bereiche ganz besonders:

Erstens. Wären die 60 Millionen € Einnahmen aus dem Verkauf wie Kredite zu behandeln und welche haushaltsrechtlichen Folgen hätte dies?

Zweitens. Welche finanzwirtschaftlichen Vorteile, Nachteile und Risiken für das Land ergeben sich aus der von der Landesregierung vorgeschlagenen Transaktionsstruktur?

Drittens. Maximiert die von der Landesregierung vorgeschlagene Transaktionsstruktur die Einnahmen des Landes? - Ich nehme an, an einer Maximierung der Einnahmen sind wir alle interessiert.

Es scheint uns ganz selbstverständlich, dass erstens die Landesregierung den Landesrechnungshof hierzu mit allen einschlägigen Unterlagen, Gutachten und so weiter versorgt, zweitens die Landesregierung alle diese Unterlagen gleichzeitig auch dem Finanzausschuss übergibt und drittens der Landtag nicht über den Antrag der Landesregierung entscheidet, bevor er ausreichend Gelegenheit hatte, das Ergebnis der Prüfung des Landesrechnungshofes zu bewerten, und die beiden Staatsverträge zum Lotteriewesen möglicherweise rechtskräftig geworden sind.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, in der Sache sind wir auch dafür, die Lottogesellschaft zu verkaufen. Anstatt die von der Landesregierung vorgeschlagene Scheinprivatisierung auf Pump bevorzugen wir allerdings eine echte Privatisierung, mit der die Einnahmen des Landes tatsächlich maximiert werden.

Wir bitten daher um Abstimmung über den Ihnen vorliegenden Antrag in der Sache.

(Beifall bei FDP und CDU)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Kähler das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bereits im Zusammenhang mit der Umstrukturierung der Landesbank hat der Finanzausschuss in den letzten Jahren unter anderem auch über eine mögliche Privatisierung von NordwestLotto diskutiert. Das Ergebnis dieser Diskussion ist der Beschluss des Landtages im Haushaltsgesetz 2004/05, Anteile an NordwestLotto zu veräußern.

Nach Auffassung der SPD-Fraktion ist ein wichtiger Aspekt Voraussetzung für diesen Beschluss gewesen: Im Interesse des Landes sollte die Veranstaltung von Glücksspielen beziehungsweise Lotterien und Wetten zumindest mittelbar in öffentlicher Hand belassen werden. Außerdem sollte der Einfluss des Landes in den entsprechend zu bildenden Gremien gewahrt bleiben.

Mit dem Antrag der Landesregierung, Drucksache 15/3439, sind diese Voraussetzungen gegeben.

(Beifall des Abgeordneten Günter Neuge- bauer [SPD])

Dass die Investitionsbank Rechtsnachfolgerin des NordwestLotto Schleswig-Holstein sein soll, begrüßt meine Fraktion. Dass die künftigen Konzessionsabgaben und die Lotteriesteuer an das Land abzuführen sind, versteht sich von selbst, ebenso dass die Höhe der Konzessionsabgabe einen wirtschaftlichen Betrieb gewährleisten muss. Die SPD-Fraktion bittet jedoch die Landesregierung, vor dem Erlass einer Landesverordnung diesen Entwurf dem Finanzausschuss zur Kenntnis zu geben und auch das Gutachten, mit dem die Unternehmensbewertung des Landesbetriebes NDL erfolgte, zuzuleiten.

Zu dem Antrag der FDP nur Folgendes: Für meine Fraktion stelle ich den Antrag, auch die Drucksache 15/3467 an den Finanzausschuss zu überweisen. Dass der Landesrechnungshof prüfen kann, wann, was und wo er will, ist völlig klar. Ich hoffe nur, Herr Landesrechnungshofpräsident, dass Ihre Prüfung, wenn sie denn erfolgt, zeitnah durchgeführt wird und dass sich der Finanzausschuss möglichst schnell mit dem Ergebnis beschäftigen kann.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Arp das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon ein eigenartiger Vorgang, dass die Investitionsbank, eine reine Förderbank, die NordwestLotto-Gesellschaft kaufen und das Lottogeschäft in Zukunft betreiben soll. Eine Wohnungsbauförderungsgesellschaft - das ist die IBank auch heute im Wesentlichen noch - soll also das Lottogeschäft übernehmen.

(Zuruf des Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD])

- Herr Kollege Neugebauer, hören Sie bitte bis zum Ende zu! - Vielleicht gibt es ja Synergieeffekte: Jeder, der ein Wohnungsbaudarlehen beantragt, kauft auch gleich einen Lottoschein. Wenn er Glück hat, kann er mit dem Sechser im Lotto das Darlehen sofort ablösen.

(Beifall bei der CDU)

Die Förderbank, die zu 100 % dem Land gehört, soll nun für die Landesanteile am NordwestLotto 60 Millionen € zahlen. Dieses Geld muss die Investitionsbank aber erst einmal beschaffen, sich also de facto durch weitere Kreditaufnahmen neu verschulden. Das schwächt das Ergebnis der I-Bank und belastet letztlich wiederum das Land. Durch diese Umschichtung soll hier auf einfachem Wege Kapital beschafft werden, nichts anderes. Die Neuverschuldung wird dadurch billigend in Kauf genommen, wieder nach dem Motto wie schon immer: linke Tasche – rechte Tasche. Das kann nicht sein. Das erinnert - das hat auch Herr Kollege Garg von der FDP gesagt - wieder einmal sehr an frühere Sonderausschüttungen und an den Immobiliendeal im Jahre 1998.

Wir alle kennen den Verschuldungsgrad unseres Landes. Dieser wird jetzt durch die versteckte Kreditaufnahme weiter in die Höhe getrieben. Das Land ist eh schon pleite, wie uns selbst die Kollegin Heinold vor wenigen Wochen hier im Hohen Haus bestätigt hat.

Nebenbei hält es die Landesregierung in keiner Weise für nötig - deshalb bin ich der Kollegin Kähler sehr dankbar, dass sie soeben die Regierung auch noch einmal dazu aufgefordert hat -, uns besser zu informieren. Der Antrag der Landesregierung, der uns heute vorliegt, ist uns erst vor wenigen Tagen zur Beratung zugeleitet worden. Dabei geht es - ich wiederhole es - um weitere 60 Millionen € Belastung für das Land.

Im Juli 2002 haben wir erstmalig im Zusammenhang mit der Fusion der Schleswig-Holsteinischen und der Hamburgischen Landesbank zur HSH Nordbank

(Hans-Jörn Arp)

hier in diesem Hause darüber diskutiert und beraten. Das ist fast zwei Jahre her. Seitdem ist nichts mehr geschehen und wir haben nichts mehr zu dem Thema gehört. Inzwischen kann man die Umwandlung der Lottogesellschaft wohl als einen merkwürdigen Vorgang bezeichnen, um es gelinde zu sagen. Sie ist ein reines Stückwerk der Landesregierung. Nur scheibchenweise wurden uns Informationen preisgegeben. Ihre Salamitaktik, Herr Stegner, ist uns ja bekannt. Wir haben kaum Grundlagen zu einer Meinungsbildung gehabt.

(Zurufe der Abgeordneten Holger Astrup [SPD] und Renate Gröpel [SPD])

- Hört doch einmal zu, sonst müsst ihr das alles nachher im Protokoll nachlesen! Etliche Fragen bleiben offen.

Das Gutachten zur Wertermittlung liegt uns nicht vor. Wenn ihr es habt, seht ihr einmal: Das ist der Unterschied. Wieso soll die Veräußerung der Landesanteile 60 Millionen € betragen und nicht 40 Millionen € oder 20 Millionen €? Habt ihr das aus unserem Haushaltsantrag entnommen? - Wir wissen es nicht. Wie lauten die Gründungsverträge? - Bisher haben wir keinen davon gesehen. Warum eine Kommanditgesellschaft, Herr Minister, und keine GmbH?