Es ist eine völlige Illusion, zu glauben, die Kommunen könnten alles alleine machen. Wir haben extreme Unterschiede bezüglich der Qualität der Infrastruktur für Fahrradmaßnahmen in den Kommunen festzustellen. Diesbezüglich ist Kommunalpolitik gefragt. In Kiel ist es zum Beispiel durch rote, grüne oder rotgrüne Stadtregierungen über Jahre hinweg gelungen, Aktivitäten zu entwickeln, die dazu geführt haben, dass eine ausgesprochen attraktive Fahrradinfrastruktur aufgebaut worden ist. Das ist nicht eine Frage des Geldes. Es geht dabei nämlich zum Beispiel auch um Fahrradstreifen, es geht um die Velorouten, die in Kiel gebaut worden sind, es geht um Fahrradständer. Was nützen uns die besten Fahrradwege, wenn die Fahrradständer so gestaltet sind, dass die Fahrräder kaputtgehen? Wir haben den berühmten Kieler Bügel, der ausgesprochen attraktiv ist. Das Ergebnis ist, dass bei der Umfrage des ADAC unter den Fachleuten zum Thema Fahrradverkehr Kiel unter allen deutschen Großstädten Platz zwei belegt hat. Bei der Bewertung des ADFC hat Kiel unter allen deutschen Großstädten Platz sechs belegt. Das ist ein ausgesprochen gutes Ergebnis. Neumünster hat auch ein gutes Ergebnis erreicht.
Lübeck hat ein schlechtes Ergebnis erreicht. Das muss man auch sagen. Dort ist es nicht gelungen, vernünftige Aktivitäten zu entfalten. Das Bewusstsein im Hinblick auf Fahrradverkehr ist dort leider nicht so gut entwickelt. Dort gibt es also Nachholbedarf.
Es gibt häufig auch die Tendenz, zu glauben, man müsste besonders teure Fahrradwege bauen. Alle Experten sagen Ihnen aber - Sie können das auch in den entsprechenden Fachrichtlinien für die Entwicklung des Fahrradverkehrs nachlesen -, dass günstigere Maßnahmen wie zum Beispiel Fahrradstreifen häufig wesentlich besser und sicherer für die Fahrradfahrer sind, was besonders für den fließenden Verkehr gilt, weil der Fahrradfahrer dann - anders als viele Kommunalpolitiker glauben - vom Autofahrer gesehen wird. Wir haben vor einigen Jahren eine neue Straßenverkehrsordnung erhalten. Diese neue Straßenverkehrsordnung besagt, dass schnelle Fahrradfahrer auf der Straße und nicht auf den Fahrradwegen fahren sollen, weil sie auf den Fahrradwegen Fußgängern, langsamen Fahrradfahrern, Kindern und alten
Leuten in die Quere kommen. In der Praxis bedeutet dies: Abbau des Verkehrszeichens Fahrradweg, stattdessen Ausweisung eines Fußgängerweges, der für den Fahrradverkehr freigegeben ist. Diese Richtlinie ist so, wie sie konzipiert worden ist, in einigen Städten umgesetzt worden. In vielen Städten und Orten Schleswig-Holsteins wird die Umsetzung dieser Richtlinie immer noch blockiert. Das muss man auch sagen. In dieser Hinsicht besteht großer Informationsbedarf, damit wir vorankommen.
Bei dem Programm für den Fahrradverkehr in Schleswig-Holstein - Frau Aschmoneit-Lücke, Sie haben gefragt, was ein einheitliches Radverkehrsnetz eigentlich sei - geht es auch um eine einheitliche Beschilderung. Auch diesbezüglich gibt es Unterschiede. Dort, wo das Land an der Förderung beteiligt ist - das ist im gesamten ZAL-Förderungsbereich der Fall -, haben wir mittlerweile weitgehend eine einheitliche Beschilderung.
In einigen Kreisen haben wir sie nicht, weil die Kreisverwaltungen eine entsprechende Umsetzung noch nicht vollzogen haben. Auch dort sind die Kommunen gefordert. Es geht nicht um die Frage der Masse des Geldes, sondern um die Frage der qualitativen Umsetzung. Auch das ist eine wichtige Angelegenheit.
Ich komme zum Schluss. - Es geht darum, das System Fahrradverkehr insgesamt zu stärken. Es geht darum, die Maßnahmen sinnvoll einzusetzen. SchleswigHolstein ist dabei auf einem guten Wege. Wir haben in den letzten Jahren durchweg 30 % unserer Straßenbaumittel für Fahrradwege eingesetzt. Darauf können wir stolz sein. In dieser Hinsicht sind wir vorbildlich. Ich glaube, das ist eine Politik, die sich sehen lassen kann, eine Politik, die letztlich auch Geld spart, denn jeder Fahrradfahrer bedeutet Einsparung von Geld im Straßenbau.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Anfang dieses Jahres haben wir hier im Landtag ausführlich über den Berichtsantrag und den Maßnahmenkatalog zur Förderung des Radverkehrs debattiert. Obwohl wir den damaligen Antrag von Rot-Grün nicht in allen Punkten mittragen konnten, war uns die Intention klar: Fahrradfahren attraktiver machen. Dies haben wir auch unterstützt. Doch die Debatte hat seinerzeit deutlich gemacht, dass es noch viele Lücken im Bereich der Fahrradverkehrs gibt, die es zu schließen gilt.
Heute liegt uns der Bericht der Landesregierung zum Programm "Fahrradfreundliches Schleswig-Holstein" vor, in dem dargestellt wird, wie die Landesregierung bisher vorgegangen ist und wie sie weiterhin vorzugehen gedenkt, um das Fahrrad zu einem echten Verkehrsträger zu machen.
Dabei möchte ich kurz auf den touristischen Aspekt eingehen. Der SSW hat bereits in früheren Debatten darauf hingewiesen, dass der Fahrradtourismus für Schleswig-Holstein zwar wichtig, aber nicht die Hauptattraktion in unserem Land ist. Obwohl immerhin 42 % der Urlauberinnen und Urlauber heute das Fahrrad für ihr Urlaubsvergnügen nutzen, gibt es andere Gründe, warum die Menschen Urlaub in Schleswig-Holstein machen. Dieses ist also nur ein Zusatznutzen.
Das soll uns aber nicht davon abhalten, weiterhin attraktive Angebote für Fahrradtouristen vorzuhalten. Das soll heißen, wir müssen den Fahrradtouristen jegliche Art von Infrastruktur bieten. So macht der Bericht auch an mehreren Beispielen deutlich, was alles geleistet wird, um die Regionen in SchleswigHolstein für diese Art Tourismus interessant zu machen.
So wird den Nutzern auf mehreren dieser Fernwegenetze ein kultureller und geschichtlicher Einblick in unser Land gegeben. Darüber hinaus wurden Magazine und Broschüren erarbeitet, die einen Überblick über „Bahn & Bike“- sowie „Bett & Bike“-Angebote geben. Derartige Maßnahmen sind richtig und notwendig, um Schleswig-Holstein für Fahrradtouristen erlebbar zu machen. Dies findet auch die Unterstützung des SSW.
immer noch die geringe tägliche Nutzung ist. Denn das Fahrrad ist für den größten Teil der Bevölkerung immer noch ein Verkehrsmittel, das nur zum Brötchenholen aus der Garage geholt wird. Daher müssen hier noch Anstrengungen unternommen werden, um das Fahrradfahren insgesamt attraktiver zu machen.
Dem Bericht ist zu entnehmen, dass vonseiten der Landesregierung zwar Initiativen in Gang gesetzt wurden, um das Fahrrad aus der Freizeitecke herauszuholen, aber er macht auch deutlich, dass diese Bemühungen derzeit noch nicht ausreichen. So gibt es insbesondere in den Ballungsräumen und Städten noch erhebliche Umsteigepotenziale vom Pkw auf das Fahrrad, die gefördert werden müssen.
Wenn wir also erreichen wollen, dass das Fahrrad zu einem echten Verkehrsträger wird, muss auch für den täglichen Gebrauch die notwendige Infrastruktur vorgehalten werden. Das fängt mit den hohen Qualitätsanforderungen an die Fahrradwege an und erstreckt sich über das mangelhafte Angebot von ÖPNV und insbesondre SPNV für Fahrradfahrer.
Im Zusammenhang mit dem SPNV haben wir immer wieder kritisiert, dass Bahn & Bike gerade während der Berufspendlerzeiten ausgesetzt wird und dass die Mitnahmebedingungen hier verbessert werden müssen.
Derartige Verbesserungen sind nicht zum Nulltarif zu haben. Aber ich bin der Auffassung, dass hier weiterhin nach Lösungen gesucht werden muss, um die Angebote zu verbessern. Das heißt, dieses Kriterium gehört in Ausschreibungen hinein und muss dazu führen, dass die Fahrradmitnahme weitestgehend kostenlos ermöglicht wird. Wir müssen gerade im Hinblick auf Berufspendler weitere Schritte gehen, damit im täglichen Leben die Nutzung des Fahrrades eine Normalität wird. Das muss das eigentliche Ziel von Fahrradpolitik in Schleswig-Holstein sein.
Obwohl wir dem Bericht entnehmen können, dass derzeit bereits auf vielen Ebenen Maßnahmen angestoßen wurden, um Fahrradfahren attraktiver zu machen, müssen wir feststellen, dass dies noch nicht ausreicht, um aus dem Fahrrad einen echten Verkehrsträger zu machen. Genau an dem Punkt, dass das Fahrrad ein echter Verkehrsträger wird, müssen wir arbeiten.
Zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Benker das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe etwas vergessen; das möchte ich kurz nachtragen. Frau Aschmoneit-Lücke, Sie haben von Soll und Ist gesprochen. Ich habe das Gefühl, dass die Reden hier das Soll darstellen, aber wenn wir uns draußen oder an anderer Stelle unterhalten, gilt das Ist als die wirkliche Einschätzung des Radverkehrs und der Akzeptanz dessen, dass wir Fahrradland Nummer eins sind.
Als wir mit dem Agrarausschuss in den Niederlanden waren, haben alle Ausschussmitglieder mit Erstaunen festgestellt - das sagte Lars eben -, mit welcher Selbstverständlichkeit dort Fahrräder benutzt werden, und zwar unabhängig davon, ob Radwege vorhanden sind oder nicht. Deshalb kann man nicht immer nur darauf schielen, dass hier Geld, Bau und Administration erforderlich sind. Es ist vielmehr eine Frage der Motivation und zu dieser können wir alle beitragen.
Beigetragen haben zu dieser Veränderung alle vom Minister genannten engagierten Organisationen. Es waren nicht nur drei Fachtagungen, sondern insgesamt 12 Veranstaltungen, die von allen, die mit dem Radverkehr in Berührung kommen- aus den Städten, aus den Gemeinden -, gestaltet worden sind.
Die Landesregierung war gut beraten, mit einer Geschäftsstelle im Landesamt für Straßenbau und Verkehr eine Art Kompetenzzentrum zu errichten. Denn damit hat man einen zentralen Ansprechpartner, um dieses Engagement zu stärken.
Ich will mit meinem Dank für das Engagement aller Beteiligten - insbesondere dem der SPD-Fraktion und wenn Sie sich dem Applaus anschließen, dem des ganzes Hauses - schließen.
Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung dem Wirtschaftsausschuss - ich schlage vor: zur abschließenden Beratung - zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dies ist einstimmig so beschlossen.
Die Fraktion der FDP hat in der Sitzung des Innen- und Rechtsausschusses am 9. Juni erklärt, den Gesetzentwurf Drucksache 15/2068 zurückzuziehen.
Ich erteile zunächst der Berichterstatterin des Innen- und Rechtsausschusses, der Frau Abgeordneten Schwalm, das Wort.