ganzen Land. Insofern hat Schleswig-Holstein im Verhältnis zu den anderen Bundesländern schon einen ganz bedeutenden Schritt nach vorn getan. Glauben Sie mir als - wenn ich es einmal so sagen darf - „alter“ Fachfrau, dass ich das aus dem Blick der anderen Bundesländer gut beurteilen kann.
Wir sind hier also an einem historischen Zeitpunkt, in dem es zugegeben sehr wichtig ist, dass der Landtag einvernehmlich noch einmal das Signal aussendet, dass häusliche Gewalt gesellschaftlich geächtet ist und dass dahin gehend Einigkeit herrscht, dass der Kreislauf der Gewalt im Kindesalter beginnt. Sie haben gestern sehr intensiv über Rechtsextremismus diskutiert. Frau Fröhlich hat sich gerade noch einmal darauf bezogen. Ich teile diese Ansicht, dass dieser Kreislauf im Kindesalter durchbrochen werden muss. Kinder müssen eine Privatsphäre haben, die gewaltfrei ist.
Wenn die Politik und die Gesellschaft es nicht schaffen, gerade diese Privatsphäre für die Frauen und Kinder zu sichern, dann werden wir es sehr schwer haben im Kampf gegen rechte Ideologien und gegen rechte Gewalt. Deshalb ist die Erkenntnis richtig, die heute schon vorgetragen worden ist, dass nicht die Frauen und Kinder als Opfer diese Privatsphäre verlassen, sondern die Männer als Täter diesen gewaltfreien Raum akzeptieren und weggehen müssen.
Nun wollen Sie einen Modellversuch beschließen. Sie wissen, dass die Rechtslage bundesweit diskutiert wird. Wir gehen davon aus, dass auf der Basis des geltenden Landesrechts ein solcher Modellversuch durchgeführt werden kann. Wir wissen aber auch, dass das geltende Recht nur einen kurzen Platzverweis zulässt; ansonsten haben wir allenfalls eine Generalklausel im Gesetz.
Wir werden das gemeinsam beobachten müssen, aber wir werden gemeinsam auch die Verpflichtung haben insofern ist es nicht nur Ländersache -, gerade im Familienrecht eine klarere Rechtslage zu schaffen und das Instrument des Ehewohnungszuweisungsverfahrens so deutlich zu regeln, dass es mit dem Recht der Frauen und Kinder korrespondiert, in der Wohnung zu bleiben. Es darf nicht nur eine polizeiliche Maßnahme sein;
denn es kann nicht Aufgabe der einzelnen Polizeibeamten sein, auf Dauer diese Privatsphäre zu sichern.
Für die Polizeibeamten ist es besonders schwierig, in dieser sehr aufgeregten Situation sehr schnell diesen Platzverweis durchzusetzen.
Es sind viele Fachleute im Plenum, die sehr genau wissen, dass in dieser Situation der gewaltvollen Auseinandersetzung polizeiliche Eingriffsmöglichkeiten sehr klug und sehr ruhig durchgesetzt werden müssen. Daher sind wir uns darin einig, dass Fortbildungsmaßnahmen nicht neu angefangen werden müssen, sondern auch laufen. Ich habe damit schon angefangen. Dies ist eine sehr sensible Aufgabe, die auch nicht die Lösung ist.
Die Lösung liegt vielmehr in einer sorgfältigen, auf Dauer gerichteten familienrechtlichen Auseinandersetzung, die die Ehewohnung für Kinder und Frauen sichert und es nicht dem Zufall oder der Machtauseinandersetzung überlässt, dass dieser private Lebensund Erziehungsraum für die Kinder gesichert bleibt und Frauen - auch das haben Sie schon gesagt - nicht diejenigen sind, die flüchtend in ein Frauenhaus laufen müssen, während die Männer in der Wohnung bleiben und keine Notwendigkeit zur Einsicht in das haben, was geschehen ist.
Deswegen bitte ich Sie, im Rahmen der künftigen weiteren Behandlung darüber nachzudenken, wie parallel zu den Unterstützungsmaßnahmen für Frauen und Kinder die Einsicht in die Schuld und in notwendige Veränderungen bei den Tätern nicht nur geweckt werden, sondern auch zu Handlungsschritten gelenkt werden kann.
Wir haben hier in Schleswig-Holstein Ansätze der Täterarbeit, nicht nur der Therapiearbeit. Es ist ja mehr als Therapie, die notwendig ist. Es ist aber noch eine sehr breite gesellschaftliche Aufklärungsarbeit notwendig, dass Männer, dass Väter es annehmen und nicht nur - wie in den Beispielen aus BadenWürttemberg ersichtlich - hinnehmen, dass sie aus der Ehewohnung verwiesen werden, aber keine Veränderung der Verhältnisse angehen und - wenn ich es salopp sagen darf - vielleicht in der nächsten Beziehung weitermachen. Wir müssen grundlegende Veränderungen schaffen.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, CDU, SSW und der Abgeordneten Dr. Heiner Garg [F.D.P.] und Christel Asch- moneit-Lücke [F.D.P.])
Damit treten wir in die Abstimmung ein. Wir stimmen jetzt über den Antrag des SSW in der Form des Änderungsantrages von SPD, CDU, F.D.P., BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW,
Drucksache 15/422, ab. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Dann ist dieser Antrag einstimmig angenommen.
Dann eröffne ich die Aussprache. - Das Wort für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Werner Kalinka.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Langzeitarbeitslosigkeit ist eine besonders bedrückende Belastung. Es ist wichtig, dass die Betroffenen wissen, ihr Problem ist unser Thema hier im Landtag. Frau Simonis hat in der Regierungserklärung angekündigt, bis 2005 solle niemand in diesem Land länger als sechs Monate arbeitslos sein. Diese Ankündigung ist prima; wir unterstützen sie sehr, wenn sie denn Wirklichkeit würde. Es ist jedoch auch Realität, dass derzeit in Schleswig-Holstein mehr als die Hälfte aller Arbeitslosen länger als sechs Monate arbeitslos ist.
Ich betrachte es als einen gewissen Realitätsverlust, wenn Herr Hentschel in einer Pressemitteilung feststellt, dass die jetzige Situation eine riesige Chance für Langzeitarbeitslose in diesem Land sei.
Die Landesregierung hat von 1988 bis 1999 720 Millionen DM einschließlich der Mittel vom Arbeitsamt und der EU-Fördermittel in die entsprechenden Programme gegeben. Seit 1997 haben wir im Lande die Tendenz, dass die Zahl derjenigen, die länger als sechs Monaten arbeitslos sind, größer wird als die Zahl derjenigen, die nur einer „normalen“ Arbeitslosigkeit unterliegen.
Laut Pressemitteilung der Sozialministerin vom 30. Juni wurden in diesem Jahr bis dahin 1.300 Vermittlungen in diesem Sektor vorgenommen. Das ist angesichts der Zahl von etwa 55.000 betroffenen Personen eine sehr geringe Zahl.
- Wenn innerhalb von sechs Monaten 1.300 Personen von insgesamt 55.000 vermittelt werden, dann ist das für mich keine erfreuliche Zahl. Das ist zu wenig!
Auch in diesem Haus ist davor gewarnt worden, dass der Haushalt 2001 in eine soziale Schieflage zu kommen drohe. Wenn wir uns die Arbeitsförderungsmaßnahmen anschauen, die in diesem Monat diskutiert werden, möchte ich auf zwei Aspekte besonders aufmerksam machen. Es ist zu befürchten, dass bei entsprechenden Gesellschaften die Stammarbeitskräfte kaum noch finanziert werden können, weil die Prämie - jedenfalls im Augenblick - allein vom Erfolg abhängig gemacht werden soll.
Ich möchte in diesem Zusammenhang noch eines erwähnen. Wenn das Alter derjenigen, die in diesem Land Sozialhilfe beziehen müssen, bei knapp 50 % unter 25 Jahren liegt - also vor allem die Kinder des Personenkreises, über den wir hier sprechen, betroffen sind -, dann sollte uns diese Zahl zusätzlich ins Bewusstsein rücken.
Nach meiner Meinung ist es wichtig, dass wir über diese aktuellen Fragen einen Bericht der Landesregierung erhalten, was sie zu tun gedenkt, und dass wir darüber in der 7. Tagung - das ist mein Antrag - politisch diskutieren und streiten können.
Sie haben erklärt, Frau Moser, bis zum Ende der Legislaturperiode solle allen Arbeitslosen in den ersten sechs Monaten ihrer Arbeitslosigkeit ein Angebot unterbreitet werden. Dies ist eine feine Nuance gegenüber dem, was Frau Simonis gesagt hat, die nämlich gesagt hat, jeder solle einen Arbeitsplatz bekommen. Ich bin der Ansicht, dass wir uns über die Frage, was Sie nun genau meinen, austauschen müssen und dass ein weiterer Punkt eine Rolle in diesem Bericht spielen sollte: Die Frage der gesellschaftlichen Auswirkung auf diejenigen, die von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen sind. Dies ist ein Kreislauf der Betroffenen, der Familienprobleme, der Vereinsamung, des immer weiter Ins-Abseits-Kommens, der uns nicht gleichgültig sein kann. Deswegen ist das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit nicht nur ein Arbeitsmarktproblem, sondern auch ein gesellschaftspolitisches Problem, das in diese Diskussion einbezogen werden muss.
Diese soziale Gewichtung müssen wir in den nächsten Jahren bei unseren Maßnahmen im Land beachten und berücksichtigen. Viele Worte, viel Geld, aber wenig Erfolg reichen jedenfalls nicht aus. Deswegen möchten wir eine Debatte zu diesem Thema führen, das Thema in den Mittelpunkt der Betrachtung stellen und den Antrag der F.D.P.-Fraktion gern einbeziehen. Wir wollen Taten sehen - und weniger Worte.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es kommt darauf an, die Langzeitarbeitslosigkeit zu bekämpfen beziehungsweise deren Entstehung in Zukunft bereits im Vorfeld zu verhindern. Dies ist nicht nur eine immer wieder formulierte Aussage, sondern Bestandteil von politischem Handeln beziehungsweise der Arbeitsmarktpolitik, wie sie von der Europäischen Union, der Bundesregierung und auch der schleswigholsteinischen Landesregierung aktiv betrieben wird.
Mit dem Arbeitsmarktprogramm Arbeit für SchleswigHolstein 2000 sind viele Hoffnungen und Erwartungen verknüpft. Aktive Arbeitsmarktpolitik darf nicht in ihrem Engagement nachlassen. Die Entwicklung am Arbeitsmarkt bestärkt mich in der Überzeugung, dass die Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt für die meisten Arbeitsuchenden der richtige Weg ist. Es geht darum, Menschen Lebens- und Berufsperspektive zu geben. Richtig bleibt aber auch die Feststellung, dass auf Arbeitgeberseite oftmals erhebliche Vorbehalte gegen die Einstellung von Langzeitarbeitslosen bestehen.
Weiter bleibt festzuhalten, dass Langzeitarbeitslose vielfach auch über weitere Vermittlungserschwernisse verfügen, wobei sich die oft jahrelange Arbeitslosigkeit als eigenständiges Problem entwickeln kann. Hier bedarf es einer auf die Person - auf den von langfristiger Arbeitslosigkeit betroffenen Menschen - direkt zugeschnittenen individuellen Maßnahme, um die Arbeitsfähigkeit dieser Person zu bewahren, auszu