Protokoll der Sitzung vom 25.08.2004

(Beifall bei CDU und FDP - Heinz Maurus [CDU]: So ist es!)

Sie wollen uns suggerieren, dass sich die Verwaltungsstrukturen ändern. Statt dessen führen Sie eine neue Struktur eines hauptamtlichen Mitarbeiters ein. Das bringt uns keinen Millimeter voran.

Unser Konzept steht. Wir sind bereit, Leitlinien zu erarbeiten, darüber zu diskutieren, wie Anreizsysteme in das FAG hinein oder neben dem FAG formuliert

(Klaus Schlie)

werden, damit diejenigen belohnt werden, die strukturell ihre Verwaltungsstrukturen und nicht ihre Gebietskulisse verändern. Die unsinnige Diskussion über die Veränderung der politischen Gebietskulisse

(Beifall der Abgeordneten Roswitha Strauß [CDU])

ist eine Diskussion, die wir überhaupt nicht führen. Sie ist völlig unsinnig. Sie zerstört jede ehrenamtliche Tätigkeit.

(Beifall des Abgeordneten Jürgen Feddersen [CDU])

Deswegen ist sie für uns absolut obsolet.

(Beifall bei CDU und FDP)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht.

(Klaus-Peter Puls [SPD]: Doch!)

- Es gibt nur einen Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung, Herr Abgeordneter Puls, und den haben Sie bereits geleistet. Das ist die Geschäftsordnung, die wir so beschlossen haben.

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Ich schließe damit die Beratung.

Ich lasse zunächst über den Tagesordnungspunkt 7 abstimmen. Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dies ist einstimmig so beschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 22. Der Bericht wurde gegeben. Soll dieser Bericht zur abschließenden Beratung an den Innen- und Rechtsausschuss überwiesen werden oder ist der Antrag mit der Berichterstattung erledigt?

(Klaus Schlie [CDU]: Er ist erledigt!)

- Er ist erledigt. Wer mit der Erledigungserklärung einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit sind dieser Antrag sowie der Bericht und die Aussprache einstimmig für erledigt erklärt worden.

Ich möchte jetzt zunächst die neue Besuchergruppe des Leichten Flackraketen-Lehrbataillons 610 aus Lütjenburg begrüßen. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen des Landes Schleswig-Holstein (Bestattungsgesetz - BestattG)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 15/3561 (neu)

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Dann eröffne ich die Grundsatzberatung. Das Wort hat die Ministerin für Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz, Frau Dr. Trauernicht-Jordan.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Schleswig-Holstein erhält ein Bestattungsgesetz. Es ersetzt und ergänzt Regelungen des Feuerbestattungsgesetzes von 1934, aus drei Verordnungen, Gewohnheitsrecht und öffentlichen und örtlichen Satzungen. Der unmittelbare Anlass dazu ist bekannt. Es gibt ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts, das einer Gemeinde die Eintreibung der Beerdigungskosten von einem Hinterbliebenen verweigerte, weil es der Landesverordnung einer gesetzlichen Grundlage fehle.

Dies zum Anlass genommen, haben wir ein völlig neues, modernes Gesetz auf den Weg gebracht, ein Gesetz, das verschiedenen Aspekten Rechnung trägt, etwa dem enormen Wandel der Bestattungskultur in den letzten Jahren. Hier ist einiges in Bewegung geraten. Dazu bedurfte es auch der Berücksichtigung von Entwicklungen und Diskussionspunkten um neue Bestattungsgesetze in anderen Ländern. Auch waren die bisherigen Regelungen zu hinterfragen und insbesondere von bürokratischen Belastungen kräftig zu entschlacken.

(Veronika Kolb [FDP]: Die Frage ist, wo und wie?)

Schon vor der Verbändeanhörung ist pressewirksam über den bestehenden Untergang der christlichen Leitkultur, die Verödung unserer Friedhöfe oder die Vernichtung von Arbeitsplätzen orakelt worden. Die Debatte ist ausgesprochen emotional geführt worden. Ich meine, an diesen Effekten kann keiner von uns ein Interesse haben. Derart überzogene Effekte werden Sie mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ganz sicher nicht befürchten müssen. Bei einem solchen Gesetz ist Sensibilität und Fingerspitzengefühl gefragt. Das vorliegende Gesetz wird diesem Anspruch meines Erachtens auch gerecht.

Letztlich werden viele Aspekte im Umgang mit unseren Verstorbenen berührt, zum Beispiel die individu

(Ministerin Dr. Brigitte Trauernicht-Jordan)

ellen Verhältnisse, familiäre Beziehungen, religiöse, weltanschauliche Aspekte, ethische Kernfragen. Trotz oder gerade wegen der großen Beunruhigung und der vielfältigen Debatten im Vorfeld war es richtig und wichtig, dass wir uns mit diesen Themen frühzeitig auseinander gesetzt haben und dazu eine Reihe von Anhörungen, Veranstaltungen und bilateralen Gesprächen mit allen interessierten Gruppen geführt haben.

Nach ausführlicher Anhörung und Debatte legen wir heute einen ausgewogenen und, wie wir meinen, zeitgemäßen Entwurf für das Leichen- und Bestattungswesen vor. Zugleich sorgen wir soweit als möglich für Deregulierung und Bürokratieabbau.

Ich möchte auf einige der konkreten Regelungspunkte eingehen.

Zunächst zur Trägerschaft! Im Referentenentwurf hatten wir auch private Trägerschaften von Friedhöfen zur Diskussion gestellt. Diese ist im Gesetzentwurf nicht mehr enthalten. Für uns war die Vermeidung einer weiteren wirtschaftlichen Belastung der bestehenden Friedhöfe ausschlaggebend. Wegen des Sicherstellungsauftrages hätten die Kommunen nämlich das Risiko des Scheiterns eines privaten Trägers tragen müssen. Das hat uns überzeugt. Deshalb nunmehr keine Öffnung.

(Rolf Fischer [SPD]: Sehr gut!)

Der zweite Punkt ist die Lockerung der Sargpflicht. Auch dies ist intensiv debattiert worden. „Sarg oder Leichentuch?“, war die Frage. Für alle oder nur für spezielle Gruppen?. Wir haben uns entschieden, die Bestattung ohne Sarg für Angehörige moslemischen Glaubens zu öffnen. Diese erhalten dazu die Möglichkeit. Wir verzichten auf die auch mit dem Referentenentwurf zur Diskussion gestellte Wahlfreiheit für alle zwischen Sarg- und Leichentuch. Unser Eindruck ist der: Dafür ist die Zeit nicht reif. Es fehlt an Akzeptanz. Deswegen die Begrenzung auf diejenigen, für die das aufgrund ihrer kulturellen Herkunft eine Schlüsselbedeutung hat.

Ein drittes Thema, ein ebenfalls ausgesprochen sensibles Thema, ist der Umgang mit Tod- und Fehlgeburten.

Der Entwurf, den wir Ihnen vorlegen, erhält die bestehende Möglichkeit zur Bestattung der Totgeborenen unter 1.000 g und - auf Wunsch der Eltern - der Fehlgeburten. Allerdings sagen wir: Es ist wünschenswert, dass es eine Pflicht der Krankenhäuser oder Hebammen zur Information über diese Bestattungsmöglichkeit gibt, weil sie auf der Basis der Ent

scheidung der Eltern selbst ja auch eine Form von Trauerarbeit darstellt.

Mir war bei diesem sensiblen Thema ausgesprochen wichtig, dass wir für diese zumeist sehr schwer zu bewältigenden Tot- und Fehlgeburten jede Form öffentlich verordneter Trauer vermeiden. Deswegen kein Zwang, sondern die Option und eine Erhöhung der Beratungspflicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mein letzter Punkt ist das Thema „keine Urnenfreigabe“. Trotz vieler Diskussionen in anderen Ländern gilt für mich: Urnen auf dem Kaminsims oder im Umzugswagen sind nicht mit unseren Vorstellungen von Bestattungskultur in Übereinstimmung zu bringen. Deswegen haben wir uns hier entschieden, keine Urnenfreigabe außerhalb des Friedhofs vorzusehen.

Ich hoffe, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir mit diesem Gesetzentwurf die Stimmungslage nicht nur der Bevölkerung und vieler Interessengruppen, sondern auch aller Fraktionen des Landtages treffen. Ich bin offen für eine Debatte im Ausschuss und freue mich darauf. Ich glaube aber, dass wir viel Zündstoff mit diesem Gesetzentwurf beseitigt haben. Ich hoffe auf reiche Unterstützung durch den Landtag.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Herrn Abgeordneten de Jager das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Ministerin hat es angesprochen, dass mit diesem Gesetzentwurf die Landesregierung den Versuch unternimmt, die verschiedenen Bestimmungen im Bestattungswesen zu bündeln und zu einem Gesetz zusammenzuführen. Es ist richtig, dass das geschehen muss. Das gibt auch die Gelegenheit, eine gesellschaftliche Diskussion über einige Fragen und Aspekte der Bestattungskultur in diesem Land zu führen. Es ist ebenfalls eine gute Gelegenheit, einige Bestimmungen zu überprüfen.

Ich glaube allerdings, man muss voranstellen, dass die Basis einer jeglichen gesetzlichen Neuregelung einzelner Bestimmungen nicht nur die Frage sein darf, welche Bestattungsarten der einzelne heute für sich beanspruchen kann, sondern es geht ebenso darum, abzuwägen, in welcher Weise sich Veränderun

(Jost de Jager)

gen auf das Erscheinungsbild unserer Friedhöfe und damit auf die Bestattungskultur insgesamt auswirken.

In der Bestattungskultur einer Gesellschaft bildet sich nicht nur das Verhältnis des Einzelnen zu seinem eigenen Tod ab, sondern auch der Umgang einer ganzen Gesellschaft mit dem Thema Tod überhaupt. Deshalb muss man aufpassen, dass gesetzliche Neuregelungen nicht zu Wirkungsverstärkern werden für gewisse gesellschaftliche Tendenzen zu einer weiteren Anonymisierung des Todes oder zu einer - teilweise ja schon vorhandenen - Entsorgungsmentalität.

Deshalb ist es richtig, dass die Landesregierung in dem vorliegenden Gesetzentwurf ursprünglich einmal angedachte Veränderungen, die noch im Referentenentwurf standen, korrigiert hat, etwa die allgemeine Abschaffung der Sargpflicht oder einer Privatisierung von Friedhöfen.