1995 hat sich Heide Moser - damals Arbeits- und Sozialministerin dieses Landes und übrigens verlassen von der SPD-Landtagsfraktion - klipp und klar hier an ein Rednerpult gestellt und gesagt: Nur Verdruss mit dem Ladenschluss. Frau Ministerin, vielleicht sollten Sie noch einmal alte Reden Ihrer Vorgängerin nachlesen, bevor Sie hier so ein merkwürdiges Konglomerat an Gesetzesversatzstücken vortragen. Ich hätte mir von Ihnen mehr Mut gewünscht. Das, was Sie uns hier sagen wollten, habe ich offen gestanden nicht verstanden. Vielleicht aber erklären Sie mir das irgendwann einmal ganz privat.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist Abstimmung in der Sache beantragt worden. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dieser Antrag ist einstimmig angenommen.
Ehe ich Tagesordnungspunkt 19 aufrufe, möchte ich darauf hinweisen, dass sich die Fraktionen darauf verständigt haben, heute noch den Tagesordnungspunkt 4 ohne Aussprache zu behandeln.
Antrag der Abgeordneten des SSW Drucksache 15/3599 Antrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 15/3613
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Frau Abgeordnete Spoorendonk hat das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist natürlich ärgerlich, dass dieser Antrag jetzt so kurz vor Ladenschluss kommt, aber dennoch: Er kommt! Man könnte sicherlich darüber streiten, ob das Danewerk auch einen clash of cultures, das heißt einen Zusammenstoß der Kulturen, darstellt, wie vom römischen Limes behauptet. Unstreitbar dürfte aber sein, dass wir es dabei mit dem größten archäologischen Denkmal Nordeuropas zu tun haben. Die Details bitte unserem Antrag und ich der Begründung zu entnehmen.
Das Danewerk hatte eine Gesamtlänge von 30 km. Auch das steht in der Begründung des Antrags. Davon sind heute etwa 20 km noch erhalten, allerdings in einem ganz unterschiedlichen Zustand. Wer sich nicht auskennt, wird somit häufig Schwierigkeiten haben, die Reste dieser Wallanlage in der Landschaft wieder zu finden.
Die Reste der Waldemarsmauer hingegen sind leicht zu finden. Die Ziegelmauer wurde von 1160 bis1182 unter dem dänischen König Waldemar dem Großen erbaut. Sie ist nachweislich das erste Bauwerk der Backsteinarchitektur in Nordeuropa. Sie wird, sagen die Archäologen, in ihren Ausmaßen von keinem anderen nordeuropäischen Bauwerk übertroffen.
1945 - als die deutsche Wehrmacht südlich vor dem Hauptwall einen Panzergraben anlegte - immer wieder militärisch genutzt wurde, so zum Beispiel im Zuge der deutsch-dänischen Kriege 1848-50 und 1864. Damit ist das Danewerk auch eines der prominentesten nationalen Symbole Dänemarks. Die Rekonstruktion der Schanze 14, einer Kanonenstellung von 1864, durch deutsche und dänische Soldaten muss auch vor diesem Hintergrund gewürdigt werden.
Insgesamt gilt, dass die seit vielen Jahren praktizierte überaus vorbildliche Zusammenarbeit deutscher und dänischer Archäologen und Historiker, wenn es um den Erhalt des Danewerk oder um Ausgrabungen geht, mehr als alles andere ein Indiz dafür ist, dass die deutsch-dänische Geschichte des Grenzlandes heute als unsere gemeinsame Geschichte verstanden wird. Dazu gehört auch die Tatsache, dass die Kulturorganisation der dänischen Minderheit, der Sydslesvigsk Forening, 1990 das Museum Danevirkegården einweihen konnte. Dieses Museum wird heute mit über 16.000 Besuchern jährlich als regionales Museum wahrgenommen. Seit 2003 bemüht man sich zudem auf lokaler Ebene, einen Archäologischen Park Danewerk ins Leben zu rufen. Das ist eine Initiative, die vom Kreis Schleswig-Flensburg, dem SSF und dem Archäologischen Landesamt ausgegangen ist. Einbezogen in diese Zusammenarbeit sind außerdem das Amt Haddeby, die Gemeinde Dannewerk sowie private Sponsoren.
Als weitere Ausläufer dieser Zusammenarbeit können die Einbeziehung des Danewerks in die LSE-Analyse des Amtes Haddeby und die Arbeit der lokalen Leader-Plus AG betrachtet werden. Dreh- und Angelpunkt dieser unterschiedlichen Bemühungen sind das Archäologische Landesamt und das Landesmuseum, das nicht zuletzt durch den Einsatz neuer Forschungsmethoden den Komplex Haithabu vorangebracht hat. Dass Haithabu als Teil dieses imposanten Bodendenkmals verstanden werden sollte, das leuchtet - so denke ich - jedem ein, der sich ein bisschen auskennt.
Unser Antrag, das Danewerk als Weltkulturerbe anzumelden, ist also teils als Anerkennung dieser vielfältigen Initiativen aufzufassen. Teils wollen wir dem Ganzen eine gemeinsame Überschrift geben. Uns war von vornherein klar, dass wir es mit einem Projekt zu tun haben, das erst in zehn, 15 oder 20 Jahren zu einem Ergebnis führen kann. Ich bitte sehr darum, mir nicht unterstellen zu wollen, dass ich das nicht wüsste. Es mag sein, dass der Antrag dies klarer hätte formulieren können. Ich halte es aber mit dem britischen Philosophen Bertrand Russel, der sagte, dass Miss
verständnisse die Kommunikation fördern. Ich räume also ein, dass unsere Bitte um einen Sachstandsbericht missverstanden werden könnte. Uns geht es aber schlicht und ergreifend darum, dass noch in dieser Legislaturperiode ein Fundament für die weitere Arbeit zu Papier gebracht wird. Hier passt also wirklich die völlig abgedroschene Redewendung, dass der Weg das Ziel ist. Wir wollen somit keinen Druck ausüben, sondern dazu motivieren, den eingeschlagenen Weg mit uns allen gemeinsam zu gehen.
Zwei weitere Argumente spielen für uns dabei eine Rolle: Zum einen gibt es seit 1999 das Projekt Limes der vier Bundesländer Hessen, Bayern, RheinlandPfalz und Baden-Württemberg. Das ist ein Projekt, das hoffentlich spätestens im Sommer 2005 damit beschieden wird, dass der Limes in die UNESCOListe aufgenommen wird. Die Erfahrungen dieser vier Bundesländer sollten wir uns zunutze machen. Meines Wissens haben sie unter anderem gezeigt, welche Ausstrahlung so ein Projekt auf eine ganze Region haben kann.
Vor der Sommerpause - und das ist mein zweiter Punkt - hatten wir die Gelegenheit, den ersten Kulturwirtschaftsbericht des Landes zu debattieren. Vielen Dank, liebe Kollegin Schwarz! Daraus ging hervor, dass wir im Bereich Kulturtourismus noch viel tun können. Unser Antrag sieht also auch das Danewerk als touristisches Pfund, mit dem man unter dem Motto „Weltkulturerbe“ wuchern sollte.
Ich komme zum Schluss. - Nun liegt uns auch ein Antrag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor. Ich bitte darum, dass beide Anträge an den Bildungsausschuss überwiesen werden.
Dort können wir Detailfragen klären und hoffentlich einen parteiübergreifenden gemeinsamen Antrag erarbeiten.
Das wäre der Sache angemessen. Ihr angemessen wäre auch, wenn wir gemeinsam dazu stehen würden, dass die Voraussetzungen für die Aufnahme des Danewerks als Weltkulturerbe schon so konkret und weit gediehen sind, dass wir nicht bei null anfangen
müssten. Ich stehe hinter dem Engagement des Kollegen von Hielmcrone für Friedrichstadt, bitte aber darum, nichts von unserem Ansinnen zu verwässern.
- Lieber Kollege Kayenburg, es geht darum, dass wir uns auf das konzentrieren, was eine große Außenwirkung hat.
Das tue ich jetzt, Frau Präsidentin. Aber ich möchte noch unbedingt loswerden, dass wir im Ausschuss ausloten sollten, ob daraus ein grenzüberschreitendes deutsch-dänisches Projekt gemacht werden kann. Die UNESCO lässt es zu. Es gibt unter anderem ein deutsch-polnisches Projekt, den Muskauer Park, der 2004 in die Liste der UNESCO-Weltkulturerben aufgenommen worden ist.
Das heißt, diese Möglichkeit gibt es und sie sollte unbedingt auch in die Beratungen einfließen. - Vielen Dank und Entschuldigung.
Bei allem Verständnis für die Schwierigkeiten, die daraus resultieren, dass die Uhr nicht funktioniert: Ich bitte wirklich, mein Klingeln ernst zu nehmen. Es ist in unser aller Interesse.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als ich vor den Sommerferien erwähnte, Friedrichstadt komme als Weltkulturerbe infrage, habe ich eigentlich nicht beabsichtigt, nun eine Art Wettrennen um weitere und vielleicht noch besseren Welterbestätten entstehen zu lassen.
Dennoch sollte wir nun den neuen Vorschlag des SSW als das, was er auch ist, anerkennen: nämlich als
Hinweis darauf, dass unser Land und auch der Landesteil Schleswig der Kultur des Landes viel zu geben haben und dass wir uns nicht verstecken müssen, ja sogar den Anspruch erheben, für die Kultur der Welt einen wichtigen Beitrag geleistet zu haben.
Das ist wichtig für unser Selbstverständnis. Denn immerhin ist das Land Schleswig-Holstein dasjenige, in dem nach dem Report „Perspektive Deutschland“ von McKinsey und anderen Kultur am geringsten als Stärkepotenzial wahrgenommen wird; hier besteht also ein Vermittlungsbedarf.
Ich habe Friedrichstadt als Weltkulturerbe zur Sprache gebracht, weil diese Stadt nicht nur ein einmaliges Stadtbild hat, sondern als religiöse Freistadt weltweit ein Vorbild für gelebte religiöse Toleranz sein kann. Friedrichstadt hat über Jahrhunderte bewiesen, dass es eben geht, dass Menschen friedlich miteinander leben können, ja sogar füreinander einstehen können, auch und gerade weil sie unterschiedlicher Religion und unterschiedlichen Bekenntnisses sind. Es ist ein Vorbild für die Welt - gerade heute. Friedrichstadt ist auch ein Vorbild und nicht nur eine lang gediente Fortifikationsanlage. Friedrichstadt erfüllt damit auch das sechste Kriterium als Welterbestätte.
Zudem würde das Prädikat einer Welterbestätte ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor sein, der für die Stadt von großer Wichtigkeit wäre und den sie auch verdient hätte. Denn sie hat sonst wenig Entwicklungsmöglichkeiten. Auch damit würden wir der Stadt Friedrichstadt bedeutend helfen.
Ich hätte mich also gefreut, sehr zu verehrende Frau Kollegin Spoorendonk, wenn gerade auch der SSW dieses Bemühen auch aus seinem Selbstverständnis als regionale Partei heraus unterstützt hätte.
Dennoch will ich die Bedeutung des Danewerks in historischer und politischer Hinsicht bis in unsere heutige Zeit nicht verkennen - übrigens auch als eines der größten Bodendenkmäler, die wir in Europa haben. Wenn es uns gelänge, beides - Friedrichstadt und das Danewerk - anerkannt zu bekommen, wäre dies natürlich auch ein Signal von nicht zu unterschätzender Bedeutung in den mittel- und nordeuropäischen Raum.
Der Hinweis, dass es einige Zeit dauern werde, bis Deutschland wieder Weltkulturerbestätten anmelden könne, ist sicherlich zutreffend, sollte uns aber nicht abschrecken, in diesem Sinne zu arbeiten. Denn sowohl Friedrichstadt als auch das Danewerk benötigen Zeit für die Vorbereitung dieser Maßnahme.