Meine Damen! Meine Herren! Herr Präsident! Mit dem 1. Mai dieses Jahres sind zehn weitere Mitgliedstaaten der Europäischen Union beigetreten. Von diesem Beitritt profitieren auch die nationalen Minderheiten im Ostseeraum. Nach der Vertreibung und Zwangsumsiedelung im Gefolge des Zweiten Weltkrieges waren einige dieser Volksgruppen über Jahrzehnte stalinistischen Repressalien und starkem Anpassungsdruck ausgesetzt.
Jetzt ist die russische Volksgruppe selbst zu einer Minderheit in Estland und in Lettland geworden. Die Möglichkeit für diese Minderheiten, sich stärker zu entfalten und das Zusammenwachsen der Europäischen Union zu unterstützen, sind nunmehr für alle gewachsen. Umso mehr dürfen wir nicht vergessen, dass ein aggressiver Nationalismus, der sich am Ende der sowjetischen Fremdherrschaft Luft verschaffte, noch längst nicht überall überwunden ist, aber die Anstrengungen dafür sind überall erkennbar.
Dabei könnten doch gerade die Minderheiten in ihren Ländern beim kulturellen und wirtschaftlichen Austausch in diesem gemeinsamen Europa eine Brückenfunktion zu den alten Ländern der Europäischen Union übernehmen.
Mit der Rahmenkonstruktion und der Sprachencharta des Europarates liegen zwei wichtige Rechtsdokumente zum Schutz ethnischer und nationaler Minderheiten vor. Ziel muss es sein, mithilfe dieser beiden Elemente die Regionen kulturell, wirtschaftlich und politisch zu fördern.
Meine Damen, meine Herren, mit unserem fraktionsübergreifenden Antrag für einen Beauftragten für demokratische Entwicklung und Minderheitenangelegenheiten im Ostseeraum geht es uns nicht darum, das Prestigedenken einzelner Gruppen zu befriedigen. Wie die Vorbilder Südtirol, Katalonien und die Åland-Inseln zeigen, ist eine erfolgreiche Minderheitenpolitik in der Europäischen Union ein effizientes Mittel, um Regionen erfolgreich zu fördern. Umso mehr kann ein Beauftragter für demokratische Entwicklung und Minderheitenangelegenheiten im Ostseeraum bewirken, dass betroffene Staaten eine solche Person als Unterstützung für ihre Belange verstehen, ohne dass sich diese Staaten gleich in ihrer Souveränität angegriffen fühlen müssen.
Da Brüssel seine finanziellen Zuschüsse vermehrt auch direkt an Bundesländer und Regionen der Mitgliedstaaten überweist, wird eine solche Neuordnung der Zuständigkeiten nicht ausschließlich den Minderheiten nutzen.
Vergessen wollen wir nicht, dass auch die verbliebenen Deutschen in Polen ebenfalls wieder sichtbar und hörbar wurden, weil auch ihre Rechte als Minderheit bei unserem Nachbarn Polen Anerkennung gefunden haben.
Europa soll und muss nicht nur wirtschaftlich zusammenwachsen, es muss auch zu einer Wertegemeinschaft zusammenfinden. Dazu gehören neben den Menschenrechten auch die Minderheitenrechte. Ob durch das so genannte Kopenhagener Dokument der OSZE, durch das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten im Europarat oder durch den Minderheitenschutz im Rahmen der Garantien für die Rechte ethnischer und nationaler Gruppen und Minderheiten der EU: Der Schutz und die Förderung von Minderheiten wird erst dann mit Leben erfüllt, wenn die Bürgerinnen und Bürger Europas einen Ansprechpartner erhalten, der ihnen in Fragen des Minderheitenschutzes zur Seite steht.
Nach Überzeugung der FDP ist es deshalb eine wichtige Aufgabe der Europapolitik, die Minderheiten weiter zu fördern. Denn durch die Vielfalt der verschiedenen Volksgruppen mit ihren Sprachen und Kulturen bewahren wir nicht nur unser kulturelles Erbe, sondern wir erhalten damit ein besonderes Lebensgefühl in weiten Teilen der Europäischen Union.
Meine Damen, meine Herren, solange die einzelnen Regionen in der Europäischen Union immer noch eine zu geringe Bedeutung haben, ist es umso wichtiger, einen solchen Ansprechpartner für die einzelnen Volksgruppen des Ostseeraumes zu haben. Nur so
Umso schöner ist es, dass von Schleswig-Holstein aus eine gemeinsame Initiative ausgeht, um diese Vision zu unterstützen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir begrüßen die Initiative aller Parteien im hohen Hause, im Zuge der Ostseezusammenarbeit einen Beauftragten beziehungsweise eine Beauftragte für demokratische Entwicklung und Minderheitenangelegenheiten im Ostseeraum zu schaffen.
Die Notwendigkeit ergibt sich aus den Schwierigkeiten in den noch jungen Demokratien der Beitrittsstaaten beziehungsweise Russland, aus den gravierenden Minderheitenproblemen zum Beispiel in den baltischen Staaten mit ihren großen russischen Bevölkerungsanteilen.
Insbesondere freue ich mich, dass auch die CDU über ihren Schatten springen konnte und sich mit uns gemeinsam für diese Beauftragtenstelle stark macht.
Ich darf zunächst auf der Tribüne neue Gäste begrüßen, und zwar Damen und Herren vom Sozialverband Deutschland, Ortsverband Giekau. - Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
Ich darf nun der Abgeordneten Frau Anke Spoorendonk für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag das Wort erteilen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als im letzten Jahr bekannt wurde, dass der Ostseerat die 1994 eingerichtete Stelle eines Beauftragten des Ostseerates für demokratische Entwicklung, des so genannten CBSS Commissioner on Democratic Development, nach dem Auslaufen dieser Stelle Ende 2003 nicht wieder erneuern wollte, wurde diese Frage auch
auf Initiative des SSW im Landtag diskutiert. Sie war auch ein Thema auf der letztjährigen Ostseeparlamentarierkonferenz in Oulu. Von daher ist es nur folgerichtig, dass sich der Europaausschuss fraktionsübergreifend dafür ausgesprochen hat, für die diesjährige Ostseeparlamentarierkonferenz in Bergen einen Prüfantrag zu stellen, der die Problematik nochmals aufgreift, die seinerzeit dazu geführt hatte, die „Commissioner“-Stelle des Ostseerates einzurichten. Mit so einem Antrag sagen wir indirekt auch, dass es in den kommenden Jahren wesentlich sein wird, die parlamentarische Zusammenarbeit im Ostseeraum zu stärken. Wir sagen, dass demokratische Entwicklung und die Wahrung von Minderheitenrechten eine gesellschaftliche Verpflichtung sind.
Als Begründung für die Abschaffung der Beauftragtenstelle des Ostseerates wurde meines Wissens angeführt, dass mit der EU-Erweiterung alle Ostseeanrainerstaaten EU-Mitglieder sind, wodurch sich die genannte Beauftragtenfunktion erübrigte. Dass aus ganz anderen Gründen Ende der 90er-Jahre schon der Minderheitenansatz aus dem Aufgabenkatalog des „Commissioners“ herausgenommen war, füge ich nur am Rande hinzu. Nichtsdestotrotz hat die ehemalige Beauftragte des Ostseerates für demokratische Entwicklung, Helle Degn, eine hervorragende Arbeit für die Weiterentwicklung der demokratischen Prozesse in den jungen Demokratien in den baltischen Ländern und in den anderen Ostseeanrainerstaaten geleistet. Das Verhältnis zu Russland war immer ein Teil ihrer Arbeit. Ich greife das auf, was der Kollege Fischer gesagt hat. Es war schon beeindruckend zu hören, was sie uns in diesem Jahr beim Kieler-WocheGespräch zu sagen hatte. So viel zur Vorgeschichte unseres gemeinsamen Antrages.
Der Blick nach vorn geht jetzt sozusagen aus der Begründung des Antrages hervor. Menschenrechte, Minderheitenrechte und demokratische Entwicklung gehören zusammen. Die Minderheitenregelungen des deutsch-dänischen Grenzlandes sagen ja im Kern nichts anderes aus. Minderheitenpolitik, damit Demokratie, muss gelebt werden. Wenn wir im nächsten Jahr in vielen Veranstaltungen das 50-jährige Jubiläum der Bonn Kopenhagener Erklärungen feiern werden, dann sollten wir nicht vergessen zu sagen, dass diese Erklärungen immer nur so gut sind, wie wir sie leben. Gerade, um gemeinsame Werte und ethische Grundsätze im Ostseeraum weiter voranzubringen und um Fragestellungen dieser Art verstärkt in die Parlamente und in die Staaten hineinzutragen, macht es Sinn zu sagen: Die Ostseeparlamentarierkonferenz richtet eine Art Ombudsmannstelle ein.
Diese Initiative kann auch dazu beitragen, dass die Ostseeparlamentarierkonferenz insgesamt gestärkt wird. Bereits im vergangenen Jahr forderte die im finnischen Oulu veranstaltete Konferenz in einer Resolution den Ständigen Ausschuss der Konferenz auf, die Ostseeparlamentarierkonferenz als parlamentarische Dimension des Ostseerates zu stärken. Insgesamt geht es uns allen ja darum, dass die Nördliche Dimension in der EU und damit zusammenhängend auch die Ostseekooperation in Zukunft ein zentrales Element auch der deutschen Europapolitik sein sollte.
In diesem Zusammenhang wünschen wir uns, dass die Ostseepolitik der Landesregierung weiter gestärkt wird, auch auf der Verwaltungsebene. Denn nur so können wir nach außen hin dokumentieren, wie wichtig diese regionale „Außenpolitik“ ist, und den Einfluss auf die Bundesebene stärken.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich frage: Ist Abstimmung in der Sache gewünscht? - Abstimmung in der Sache! Wer dem interfraktionellen Antrag Drucksache 15/3598, Beauftragte(r) für demokratische Entwicklung und Minderheitenangelegenheiten im Ostseeraum, seine Zustimmung geben möchte, den darf ich um sein Handzeichen bitten. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das ist vom Haus einstimmig so beschlossen. Der Tagesordnungspunkt ist damit erledigt.
Ich gebe bekannt, dass sich die Fraktionen verständigt haben, die Tagesordnung wie folgt zu ändern: In der Abfolge der Beratung werden die Tagesordnungspunkte 25 und 31 getauscht. Das bedeutet, dass wir zunächst über Tagesordnungspunkt 25, Selbstverwaltung stärken - Rechtssicherheit schaffen, diskutieren und danach Tagesordnungspunkt 31, Bericht über die Unterrichtssituation im Schuljahr 2003/04, aufrufen werden.
Ich erteile zunächst dem Berichterstatter des Sozialausschusses, Herrn Abgeordneten Andreas Beran, das Wort.
- Ich frage, wer für Herrn Beran den Bericht des Sozialausschusses vortragen könnte? - Frau Silke Hinrichsen, Sie haben das Wort.
Vielen Dank für diesen ad hoc erteilten und ausführlichen Bericht. Gibt es Wortmeldungen zu diesem Bericht? - Das sehe ich nicht.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die antragstellende Fraktion der FDP erteile ich nunmehr unserem Kollegen Dr. Heiner Garg.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! In Ergänzung zum Verweis auf die Vorlage durch die Kollegin Hinrichsen: In der Vorlage steht, dass der Sozialausschuss mehrheitlich beschlossen hat, den Antrag der FDP-Fraktion abzulehnen. Bevor Sie das dann tun, möchte ich, dass Sie sich inhaltlich mit dem Kerngedanken unseres Antrages auseinander setzen. Möglicherweise kommen wir dann doch zu einer anderen Beschlussfassung.
Mit dem FDP-Antrag sollte Organhandel transparenter werden. Hierzu wollten wir durch eine weitere Anforderung an die Satzung der Selbstverwaltung sicherstellen, dass in Zukunft ein willkürliches Handeln der Mitglieder mit Organstatus ausgeschlossen ist. Der Rechtsaufsicht würde durch diese Satzungsklarstellung klare Anhaltspunkte gegeben, wann der durch die Selbstverwaltung selbst abgesteckte Spielraum überschritten worden ist.
Seitens der Landesregierung hat Finanzminister Dr. Ralf Stegner am Mittwoch, den 18. Februar 2004, in der 107. Sitzung des Landtages umfangreich zu