Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass in Brüssel beschlossen wurde, dass die europäische Landwirtschaft reformiert werden muss, hat natürlich auch bei den schleswig-holsteinischen Landwirten für viel Unruhe gesorgt. Lange Zeit war nicht genau klar, in welche Richtung die Reise gehen wird. Was jedoch allen klar war, war die Tatsache, dass der Kuchen künftig mit mehreren geteilt werden muss und dass die Stücke somit immer kleiner werden.
Natürlich haben solche Beschlüsse auch Auswirkungen auf die Landwirtschaft in Schleswig-Holstein. Nun ist es aber endlich geschafft. Mit den Beschlüssen von Bundesrat und Bundestag wurde eine neue Ära in der Landwirtschaftspolitik in Deutschland auf den Weg gebracht. Die Kernpunkte dieser Agrarreform sind Entkoppelung, Cross Compliance und Modulation.
Der SSW hat sich früh in der Debatte um die Agrarreform sachlich und konstruktiv eingebracht. Der uns heute vorliegende Antrag von Rot-Grün baut auf die
Kernpunkte unseres Antrags zur Entkoppelung von Prämien in der Landwirtschaft und auf die durch uns seinerzeit initiierte Diskussion um die Modulation auf; Herr Kollege Wodarz hat ja auch schon etwas verklausuliert darauf hingewiesen. Herr Hildebrand, gerade hier in Schleswig-Holstein haben wir rechtzeitig Beschlüsse gefasst und aktiv an der Diskussion auf Bundesebene teilgenommen. Dafür, dass das so umgesetzt wurde, gilt unserem Umweltminister mein Dank.
Die Umgestaltung der Förderkulisse, das heißt weg von den reinen Direktzahlungen und hin zu einer marktorientierten Förderung, war für uns immer ein wichtiger Punkt. Mit dem im Agrarreformgesetz geregelten Regionalmodell wird das Ziel verfolgt, regional einheitliche Flächenprämien einzuführen. Es wird hierbei unweigerlich Einbußen bei den Landwirten geben. Langfristig bedeutet das aber auch, dass die Landwirte bei ihren Produktionsentscheidungen an Flexibilität gewinnen. Sie können dies durchaus als Chance auffassen, da ihnen hiermit neue Einkommensmöglichkeiten eröffnet werden. Am wichtigsten scheint mir hierbei aber, dass wir es mit der Agrarreform schaffen können, der landwirtschaftlichen Überproduktion entgegenzuwirken. Dadurch steigt die Chance, dass die Landwirte wieder vernünftige Preise für ihre Produkte erzielen können; denn gerade diese Überproduktion hat dazu geführt, dass die Nahrungsmittel heute nicht mehr vernünftig bezahlt werden.
Mit Cross Compliance wird das Ziel verfolgt, Direktzahlungen künftig an die Einhaltung bestimmter Standards zu binden. Damit wird ein größeres Augenmerk auf die Belange der Umwelt, des Tierschutzes sowie der Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit gelegt. Hier bin ich der Auffassung, dass unsere Landwirtschaft viele dieser Anforderungen bereits auf hohem Niveau erfüllt. Wir haben in Deutschland bereits moderne nationale Regelungen, mit denen es kein Problem sein dürfte, die geforderten Standards einzuhalten. Daher stimmen wir mit Rot-Grün überein, dass es mit Cross Compliance nicht zu einer Verschärfung von nationalen Regelungen kommen darf. Hier darf es keine Hintertür geben, die später zulasten unserer Landwirtschaft geht.
Als dritter Kernpunkt der Agrarreform ist die Modulation zu nennen, sprich: die Einbehaltung eines be
Über die Verwendung der Mittel entscheiden die Länder im Rahmen ihrer jeweiligen Programme. Durch die prozentuale Abschmelzung der Modulationsmittel und die Vielzahl der Verwendungsvorschläge wird aber bereits heute deutlich, dass wir eigentlich mehr Geld brauchen, als uns zur Verfügung steht. Für uns ist hierbei wichtig, dass wir die Akzeptanz für Naturschutzmaßnahmen nur steigern können, wenn wir diese auf sichere Beine stellen und die Landwirtschaft mitnehmen können. Wir sind der Auffassung, dass sich die Modulationsmittel genau für diesen Zweck durchaus anbieten.
Dass so weit reichende Veränderungen auch zu erheblichen betrieblichen Veränderungen führen können, mag jedem klar sein. Daher ist es - wie im Antrag formuliert - zu begrüßen, dass die Option eines Kombinationsmodells eröffnet werden soll. Es besteht durchaus die Möglichkeit, die Prämien in einem längerfristigen Zeitraum in einheitliche Prämien pro Hektar umzuwandeln. Für viele Betriebe in Schleswig-Holstein wird diese Option nicht unrelevant sein. Wir haben immer kritisiert, dass der von der Landesregierung gesetzte Zeitraum bis 2010 zu kurz ist. Hier wäre es wünschenswert gewesen, wenn wir den vom Gesetzgeber zur Verfügung gestellten Zeitraum bis 2012 voll ausgeschöpft hätten. Da der Gesetzgeber für Schleswig-Holstein eine Grünlandprämie von nur 86 € pro Hektar vorsieht, müssen wir die bestehenden Möglichkeiten ausschöpfen, um die Grünlandbetriebe in Schleswig-Holstein stärker zu fördern. Den im Gesetz festgelegten Spielraum sollten wir im Sinne der Grünlandbetriebe nutzen.
Ich habe eingangs bereits auf die Verunsicherung in der Landwirtschaft hinsichtlich der EU-Agrarreform hingewiesen. Wie man sich vorstellen kann, war dies nicht nur auf nationaler Ebene, sondern auch auf europäischer Ebene eine politische Herausforderung. Mit dem Agrarreformgesetz haben wir jetzt endlich klare Regelungen. Letztendlich bedeuten diese, dass die Landwirtschaft jetzt Planungssicherheit bekommen hat, dass sie wirtschaftlicher arbeiten kann und dass sie endlich selber nach wirtschaftlichen Erwägungen entscheiden kann, wie sie sich entwickeln will. Ich glaube, das ist der richtige Weg. Deshalb werden wir dem Antrag zustimmen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren! Die Landwirtschaftspolitik dieser Landesregierung - ich will da auch meine Vorgängerinnen und Vorgänger einschließen - ist von Kontinuität geprägt. Sie ist vor allem von dem Motto geprägt: Das, was wir versprechen, das halten wir auch. Wir haben für die Landwirtschaft ein systematisches und in sich schlüssiges Konzept. Wir haben für die Landwirtinnen und Landwirte in unserem Land ein faires Angebot. Man muss deutlich unterstreichen: Im Bundesrat und im Bundestag war es möglich, dieses Konzept, das von mehr wirtschaftlicher Freiheit, von mehr Gerechtigkeit und von mehr Ökologie geprägt ist, parteiübergreifend zu verabschieden.
Ich erinnere daran: Wir hatten ein Vermittlungsverfahren, das zu diesem Tagesordnungspunkt keine halbe Stunde gedauert hat. Wir haben parteiübergreifende Beschlüsse im Bundesrat und im Bundestag, die zu dieser Reform gesagt haben: Ja, wir wollen sie. Ich finde es bedauerlich, dass hier in SchleswigHolstein Oppositionsfraktionen von CDU und FDP aus diesem Konsens für unsere Landwirtschaft ausscheiden.
Wir bieten mit dieser Reform eine längst überfällige Abkehr von Etiketten wie Überschussproduktion und vermeintlichen Fehlsubventionen, die viele Landwirte individuell vielleicht zu rationalem Verhalten bewegt haben. Volkswirtschaftlich und umweltpolitisch gesehen waren jedoch Fehlsteuerungen im System angelegt. Wir nehmen hier Abschied von einer Politik der 70er- und 80er-Jahre, die nur darauf gesetzt hat, der Staat wüsste durch seine Prämienmodelle genau, was zu produzieren sei und vor allem was unterschiedliche Formen der Produktion wert sein müssten. Das ist überholt. Das ist alter Dirigismus und das ist alte Bürokratie. Durch dieses System, was wir jetzt auf den Weg gebracht haben, werden die Freiheit und die Transparenz in der Landwirtschaftspolitik eindeutig erhöht.
Ich weiß, dass es bei uns in Schleswig-Holstein viele Landwirte gibt, die sich nicht so sehr in offiziellen Organen und Verlautbarungen wieder finden, wobei
Fritz Wodarz die Jüngeren in der Tat richtig zitiert hat. Viele Landwirte wissen aber, welche Chancen sie jetzt haben, wenn sie freier entscheiden können, wenn sie unterschiedliche Bereiche im Rahmen einer multifunktionalen Landwirtschaft jetzt für sich nutzen können; sei es in der Kulturlandwirtschaftspflege, sei es im Tourismus, sei es in der Energieproduktion. All das sind weitere Baustellen neben der Hauptsäule einer gesunden und qualitativ hochwertigen Nahrungs- und Lebensmittelproduktion, in der unsere Landwirtschaft in der Tat viel vorzuweisen hat.
Diese Landesregierung hat immer einen schrittweisen Übergang befürwortet. Ich will keinen Hehl daraus machen: Wir hätten uns das auch schneller vorstellen können. Mehrheiten und Kompromissbildung sind jedoch so, dass wir zu diesem Modell stehen und diesen Kompromiss und dieses Modell so mittragen. Ich will auch nicht verhehlen, dass einer der Punkte, die uns am meisten geschmerzt haben, nicht durchzusetzen war. Dies betrifft - wie schon von drei Vorrednern zu Recht erwähnt - die Grünlandbetriebe, die das wertvolle ökologische und vor allem bei uns Landschaft prägende Grünland bewirtschaften. Sie sind die Verlierer im Rahmen der alten Agrarpolitik. Sie sind die Gewinner der neuen Agrarpolitik, aber sie haben noch nicht das zugestanden bekommen, was eigentlich angemessen wäre. Das werden wir erst 2013 erreichen. Deshalb freue ich mich hier über die breite Unterstützung im Landtag. Dass die FDP darauf nicht näher eingegangen ist, heißt, dass sie entweder damit kein Problem hat oder es nicht verstanden hat. Ich freue mich aber über die breite Unterstützung im Landtag. Ich freue mich darüber, dass wir die Flexibilisierungsoption, für die Schleswig-Holstein eingetreten ist, auch nutzen wollen.
Wir gehen damit einen Schritt in die Richtung, um die zu honorieren, die durch ihre Arbeit für die Landschaft, für die Heimat und auch für die Ökologie wertvolle Beiträge leisten. Ich will auch jetzt schon daran erinnern: Wenn wir gleich über die Zukunft der Milchwirtschaft diskutieren, dann sind diese Flexibilisierungsoptionen eines höheren Prämienanteils für das Grünland nicht nur warme Worte, sondern bares Geld.
Wenn wir morgen noch einmal - was ich immer wieder gern tue - über Eiderstedt reden, dann wird klar: Das, was wir heute anbieten, ist für die Eiderstedter Grünlandlandwirte ein Akt gelebter Solidarität. Hier
Zum Schluss will ich meine Enttäuschung über den Beitrag des sonst sehr geschätzten Kollegen Ehlers nicht verhehlen. Die CDU ist zerrissen und gespalten zwischen Land und Bund. Im Bund - in Berlin - stehen Sie dazu. Hier im Land machen Sie sich vom Acker. Das ist Ihr Beitrag. Das ist eine Rückkehr in die 70er-Jahre, wie wir sie aus der Bildungs-, der Umwelt-, der Frauen- und auch aus der Personalpolitik kennen. Da ist nichts an Modernität, nichts an Kreativität, nichts an Ökologie und nichts an marktwirtschaftlicher Freiheit. Herr Ehlers sieht hier - ich zitiere - „überwiegende Nachteile“. Das ist keine moderne Politik für die Landwirtschaft in SchleswigHolstein.
Zu einem Kurzbeitrag nach § 58 Abs. 2 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Ehlers das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit Ernst Engelbrecht-Greve und Günter Flessner hatten wir Anwälte der schleswig-holsteinischen Landwirtschaft. Die haben unsere Interessen vertreten. Hier werden sie nur noch verwaltet und nicht mehr gestaltet.
Wir dürfen in der Gesamtdiskussion nicht vergessen, dass jeder Ackerbaubetrieb durch die EU-Agrarreform 120 € pro Hektar verliert.
Das führt zu Strukturbrüchen, insbesondere im Milchvieh- und Viehfutterbaubereich, insbesondere aber auch bei intensiv geführten Bullenmastbetrieben. Diese Betriebe wurden mit hohen Investitionen ausgebaut. Dabei wurde auf Planungssicherheit gesetzt. Jetzt sind sie die großen Verlierer der EU-Agrarreform. Auch das muss man hier in Schleswig-Holstein sagen!
Insgesamt führt dies zu Belastungen für intensiv weitergeführte Betriebe, auf die wir alle setzen. Diese
müssen die größte Belastung tragen. Das führt zu großen Umschichtungen und Nivellierungen. Insgesamt wird der gesamte ländliche Raum an Wirtschaftskraft verlieren.
Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 58 Abs. 2 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Matthiessen das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Weil der Kollege Ehlers jetzt zum wiederholten Male gesagt hat, hier wären Gelder für die schleswig-holsteinische Landwirtschaft verschenkt worden, möchte ich dazu die ganze Wahrheit sagen. Herr Hildebrand hat das auch erwähnt. Das, was hier behauptet wird, ist weniger als die halbe Wahrheit, es ist eine ganze Lüge.
Es ist nämlich so, dass Schleswig-Holstein durch die Agrarreform 1992 einen Prämienvolumenvorteil von über 50 Millionen hatte. Nach der großen Agrarreform der EU, in der die Produktbezogenheit, die dieses Prämienübervolumen ausgelöst hat, bei der die Produktbezogenheit der Transferleistungen wegfiel, müssen wir damit rechnen, dass ein Land wie das Saarland Ansprüche anmeldet, denn die haben viel weniger. Die haben im Verhältnis zu uns 30 % weniger an bundesdurchschnittlichen Prämien.
Ich sage: Wenn unser Agrarminister von diesen 50 Millionen bis 2013 wieder 32 Millionen zurückträgt, dann ist das ein gigantischer Erfolg, was Sie hier als Verschenken von Bauerngeldern, die im Übrigen Steuergelder sind, bezeichnen.